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ZEUGNIS ABLEGEN

Unter den Mitgliedern der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ist das Zeugnis ablegen oder geben der verbale Ausdruck über das Wissen von Wahrheit bezüglich der Göttlichkeit Jesu Christi, der Wiederherstellung der Fülle des Evangeliums in unserer Zeit und der Segnungen, die daraus resultieren, dass man die Evangeliumsgrundsätze befolgt. Es ist ein göttlicher Auftrag, Zeugnis „in meinem Namen...mit Herzensfeierlichkeit, im Geist der Sanftmut“ zu geben (LuB 100:7). Heilige der Letzten Tage geben oft ihr Zeugnis, wenn sie in der Kirche lehren, wenn sie Mitglieder anderen Glaubens die Evangeliumsgrundsätze erklären sowie in der monatlich stattfindenden Fast- und Zeugnisversammlung.

In der Kirche ist es überall üblich, Zeugnis zu geben, wenn man das Evangelium Jesu Christi lehrt. Dies gründet sich auf zwei grundlegende Ansichten. Erstens ist es die vorrangige Verantwortlichkeit der Mitglieder, einander zu lehren (LuB 88:118), anstatt nur von einem formellen Lehrer oder Pfarrer abhängig zu sein. Zweitens ist die Macht, die Menschen dazu bewegt, so zu leben, wie Christus es lehrte, die Macht des Heiligen Geistes und nicht die Macht der Logik oder Redegewandtheit von Evangeliumslehrern: „Denn wenn jemand durch die Macht des Heiligen Geistes spricht, so trägt die Macht des Heiligen Geistes es den Menschenkindern ins Herz“ (2 Ne 33:1). Zeugnis geben stimmt mit der Unterweisung des Herrn an Jesaja überein: „Ihr seid meine Zeugen – Spruch des Herrn. Ich allein bin Gott“ (Jes 43:12).

Heilige der Letzten Tage, die in der Abendmahlsversammlung sprechen oder Klassen in den Organisationen der Kirche unterrichten (z.B. Sonntagsschule, Primarvereinigung, Frauenhilfsvereinigung, Junge Damen und Junge Männer, Priestertum) sind dazu angehalten, ihre Präsentationen durch das persönliche Zeugnis zu belegen, dass das von ihnen Gesagte wahr ist. Wenn Zuhörer ein unter dem Einfluss des Heiligen Gesites gegebenen Zeugnis hören, befähigt es sie, die Botschaft unter dem Einfluss des Geistes intellektuell und geistig zu verstehen (1 Kor 2:11, LuB 50:17-24, 100:6-10).

Vor allem Missionare der Heiligen der Letzten Tage verlassen sich auf das Zeugnis geben und weniger auf Logik oder Geschick, um ihre Zuhörer zu erreichen. Brigham Youngs Bericht über seine eigene Bekehrung zum Evangelium als ein HLT-Missionar, Eleazar Miller, sein Zeugnis gab, zeigt die Wirkung, die dieser Glaube und Brauch hat: „Wenn mir jedes Talent, Fingerspitzengefühl, Weisheit und Rafinesse dieser Welt mit dem Buch Mormon geschickt worden wäre und seine Wahrheit mir in der überschwänglichsten und irdischsten Redegewandtheit erklärt worden wäre mit dem Versprechen, es durch Lernen und weltliche Weisheit zu beweisen, wären sie für mich nur wie Rauch gewesen, der aufsteigt, um zu verschwinden. Aber als ich einen Mann ohne Redegewandtheit oder Talent für Rhetorik sah, der nur sagen konnte, ‚Ich weiß durch die Macht des Heiligen Geistes, dass das Buch Mormon wahr und Joseph Smith ein Prophet des Herrn ist!‘, erleuchtete der von diesem Menschen ausgehende Heilige Geist mein Verständnis und Licht, Herrlichkeit und Unsterblichkeit lagen vor mir. Ich wurde von ihnen umringt, von ihnen erfüllt und ich wusste für mich selbst, dass das Zeugnis dieses Menschen wahr ist [JD 1:90].

Fast- und Zeugnisversammlungen werden normalerweise in jeder Gemeinde der Kirche als Teil der Abendmahlsversammlung am ersten Sonntag des Monats abgehalten und geben allen Mitgliedern die Möglichkeit, ihr Zeugnis zu geben. In diesen Versammlungen erhält niemand vorher den Auftrag, eine Ansprache vorzubereiten. Stattdessen kann jedes Mitglied, welches den Wunsch dazu verspürt, sich vor die Versammelten stellen und davon Zeugnis geben, was es  gelernt hat, so zu leben, wie Christus es lehrte.  Mitglieder nehmen an dieser Versammlung typischerweise fastend teil, d.h. sie verzichten für mindestens zwei aufeinanderfolgende Mahlzeiten auf Essen und Trinken. Junge Kinder haben in der Primarvereinigung, Jugendliche auf Jugendkonferenzen oder Familienabenden, Missionare auf unterschiedlichen Konferenzen und alle Mitglieder in einer weiten Vielfalt von Situationen die Möglichkeit, Zeugnis zu geben. 

Das verbale Zeugnis ist die Grundlage des Glaubens und mit dem schriftlichen Zeugnis wird es der Kern der Schriften. Glaube kommt, indem man „das Wort des Herrn“ hört oder liest. Lehre und Bündnisse sagt: „Und was auch immer sie, bewegt vom Heiligen Geist, reden werden [sei es aufgezeichnet oder geschrieben oder nicht], wird heilige Schrift sein“ und „die Macht Gottes zur Errettung“ (LuB 68:4). Der Prophet Joseph Smith sagte: „Keine Generation wurde jemals durch ein totes Zeugnis errettet oder zerstört, auch kann sie es nicht werden, außer durch ein lebendiges Zeugnis“ (WJS, S. 159). Außerdem lehrte er, das lebendige Wort des Herrn habe „solch einen Einfluss über den menschlichen Verstand, dass es ohne ein anderes Zeugnis überzeugt“ (WJS, S. 159). „Glaube kommt, indem man das Wort Gottes durch die Zeugnisse der Diener Gottes hört“ und es wird „immer durch den Geist der Prophezeiung und Offenbarung begleitet“ (WJS, S. 3). Diese Prinzipien sind der Hintergrund für die Beständigkeit der Methode, im Kirchenleben Zeugnis zu geben.

Die Muster des Zeugnisgebens in den alten Kirchen stimmen recht gut mit der heutigen Praxis überein. Zum Beispiel sagte der Apostel Paulus, er sei „entschlossen, bei euch nichts zu wissen außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten“ und seine Botschaft war „nicht Überredung durch gewandte und kluge Worte, sondern war mit dem Erweis von Geist und Kraft verbunden“ (1 Kor 2:2-5). In frühen christlichen Quellen (z.B. die Didache) kann man von Abendmahlsversammlungen oder Festen lesen, bei denen Lieder gesungen wurden und im Anschluss die Möglichkeit bestand, sein Zeugnis zu geben (Davies, S. 342-43). Der Buch Mormon Prophet Alma2 kam zu dem Schluss, dass der einzige Weg, sein Volk aus Selbstsucht und Stolz wiederzugewinnen, darin lag, „sie mit reinem Zeugnis [zu] bedräng[en]“ (Alma 4:19). Amulek gab auf eine Weise Zeugnis, die dem heutigen Zeugnisgeben der Heiligen der Letzten Tage gleichkommt: „Und nun siehe, ich will euch aus mir selbst bezeugen, daß dies alles wahr ist. Siehe, ich sage euch, daß Christus unter die Menschenkinder kommen wird, um die Übertretungen seines Volkes auf sich zu nehmen und daß er für die Sünden der Welt sühnen wird; denn der Herr, Gott, hat es gesagt“ (Alma 34:8).

BIBLIOGRAPHIE

Davies, J. G., ed. The Westminster Dictionary of Liturgy and Worship. Philadelphia, 1986.

Stoker, H. Steven, and Joseph C. Muren, comps. Into Your Heart Like Fire. Ogden, Utah, 1975.

CLAYTON CHRISTENSEN