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DAS WORT DER WEISHEIT

Das Wort der Weisheit ist eine Offenbarung, die in Lehre und Bündnisse Abschnitt 89 veröffentlicht wurde. Den Heiligen der Letzten Tage wird darin Rat erteilt, wie sie ihre Gesundheit erhalten können. Der Verzicht auf jegliche Form von Alkohol, Tabak, Kaffee und Tee stammt aus dieser Offenbarung und unterscheidet die aktiven Heiligen der Letzten Tage äußerlich mehr als alle anderen Praktiken.

Die Schule der Propheten traf sich am 27. Februar 1833 im Laden von Newel K. Whitney in Kirtland im Staate Ohio. Dort empfing Joseph Smith die Offenbarung, die in ihrer Einleitung als „ein Wort der Weisheit“ bezeichnet wird. Der Prophet erhielt diese als Antwort auf die Frage nach dem Gebrauch von Tabak, den einige Männer in der Schule benutzten. Die Offenbarung erklärt, dass sie „infolge der Schlechtigkeit und der bösen Absichten, die im Herzen von verschwörerischen Menschen vorhanden sind und sein werden” (LuB 89:4) speziell für die heutige Zeit gegeben wurde. Das Wort der Weisheit begrenzte den Gebrauch von Alkohol auf Wein für das Abendmahl und Spirituosen, um den Körper zu waschen. Es beschränkte den Nutzen von Tabak auf die Behandlung von Prellungen und kranken Rindern. Heiße Getränke (später als Kaffee und [schwarzen]Tee definiert) waren „weder für den Körper noch für den Bauch“ bestimmt (LuB 89:9). Das Wort der Weisheit gab zusätzlichen Rat zum Gebrauch von Fleisch, welcher auf den Winter oder Zeiten von Hungersnot beschränkt werden sollte (LuB 89:12-13). Als Grundnahrungsmittel für den Menschen (LuB 89:14, 16-17) betont die Offenbarung den Gebrauch von Getreide, besonders Weizen, sowie von Obst und Gemüse in ihrer jeweiligen Jahreszeit („Kraut“ Vers 11; cf. 59:17-18). Das Wort der Weisheit erklärt weiter, dass einige „Kräuter“ auf der Erde wachsen, um menschliche Leiden zu heilen (LuB 89:8-11). Die Mitglieder der Kirche sollen Alkohol, Tabak, [schwarzen] Tee oder Kaffee nicht zu sich nehmen und andere Lebensmittel mit Sparsamkeit gebrauchen.

Diejenigen, die diesem Rat folgen und die anderen Gebote Gottes halten, erhalten die Verheißung, dass sie „Gesundheit in ihrem Nabel und Mark für ihre Knochen [empfangen werden]“, dass sie „laufen und nicht ermüden [werden] und gehen und nicht ermatten [werden]“, dass sie „Weisheit und große Schätze der Erkenntnis finden [werden], selbst verborgene Schätze“ und dass „der zerstörende Engel an ihnen vorübergehen wird … und sie nicht töten wird“ (LuB 89:18-21; cf.Dan. 1:3-20; 2:19-30).

Die Verheißungen, die mit dem Wort der Weisheit einhergehen, sind sowohl von zeitlicher, als auch geistiger Natur. Bessere Gesundheit gilt als die zeitliche und eine engere Beziehung zu Gott als die geistige Verheißung. Diese Verheißungen spiegeln die Sorge der Kirche um das zeitliche und geistige Wohl ihrer Mitglieder wider und reflektieren Gottes Besorgnis um den physischen Körperzustand jedes Menschen. Sie weisen auf Aspekte anderer religiöser Gesundheitsvorschriften hin, die bestimmte Nahrungsmittel aus gesundheitlichen und geistigen Gründen untersagen.

In der 1835er Ausgabe der Lehre und Bündnisse weist die Einleitung der Offenbarung darauf hin, dass das Wort der Weisheit eher als Rat oder Grundsatz, denn als verbindliches Gebot gegeben wurde. Die Offenbarung erklärt jedoch, dass es „der Fähigkeit der Schwachen und der Schwächsten unter allen Heiligen [angepaßt wurde]“ (LuB 89:3). Von den späten 1830er Jahren bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden diese Lehren nur unregelmäßig eingehalten. Die Kirche bestärkte ihre Führer darin, den Mitgliedern ein Vorbild zu sein und auf Alkohol, Tabak, Tee und Kaffee zu verzichten. Sie verkündete während dieser Zeit allerdings keine verbindliche Kirchenpolitik.

Angeführt von den protestantischen Kirchen in Amerika betrachtete die Prohibitionsbewegung den Alkoholkonsum eher als ein politisches denn moralisches Problem. Die Bewegung verstärkte das Interesse der Kirche am Wort der Weisheit. Es gibt Hinweise darauf, dass die Präsidenten John Taylor, Joseph F. Smith und Heber J. Grant die Einhaltung des Wortes der Weisheit als Voraussetzung für das Betreten des Tempels oder die Berufung zu einem Amt in der Kirche fördern wollten. Im Jahr 1930 wurde der Verzicht auf Alkohol, Tabak, Kaffee und Tee eine offizielle Voraussetzung für einen Tempelschein. Der Verzicht  auf diese Substanzen ist heutzutage für einen Tempelschein, Priestertumsämter und andere Kirchenberufungen erforderlich. Denjenigen, die das Wort der Weisheit nicht befolgen, drohen jedoch keine anderen kirchlichen Maßnahmen.

Andere Aspekte der Ernährung, die im Wort der Weisheit zu finden sind, haben bislang nicht so viel Aufmerksamkeit erhalten wie die Enhaltungsvorschriften. Obwohl einige Führer wie John A. Widtsoe die Vorteile einer Vollkornernährung betont haben, haben die Mitglieder der Kirche keine besonderen Essgewohnheiten entwickelt. Es wird jedoch angenommen, dass der Gebrauch von Vollkornflakes unter den Heiligen der Letzten Tage höher ist als bei anderen Leuten.

Das Aufkommen von Cola-Getränken zu Beginn des 19. Jahrhunderts konfrontierte die Kirche mit kalten Getränken, die Koffein enthalten. Koffein ist eine schädliche Substanz, die im Kaffee und [schwarzen] Tee enthalten ist und diese deshalb unannehmbar macht. Obwohl die Kirche keine offizielle Stellung eingenommen hat, haben Kirchenführer den Mitgliedern geraten Koffein und andere suchterzeugende Chemikalien zu vermeiden.

Die Kirchenführer warnen generell vor dem Gebrauch solcher Drogen wie Marihuana und Kokain und dem Missbrauch von rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Obwohl das Wort der Weisheit keine dieser Substanzen im Besonderen erwähnt, wurden die Heiligkeit des Körpers und die schädliche Wirkung, die chemische Substanzen auf diesen haben, als eine Erweiterung des Wortes der Weisheit hervorgehoben.

Viele der Gesundheitsvorteile, die mit dem Halten des Wortes der Weiheit in Verbindung stehen, wurden erst im späten 20. Jahrhundert entdeckt. Während des Ersten Weltkriegs verbreitete sich der Gebrauch von Zigaretten unter Männern und während des Zweiten Weltkriegs auch unter Frauen. In den frühen 1950er Jahren wurde die Verbindung von Zigarettenrauch und Lungenkrebs belegt. Doch erst Mitte der 1960er Jahre erfolgten offizielle Angaben von Wissenschaftlern, die diese Beziehung als Ursache bestätigten. Seitdem sind viele andere Krankheiten mit dem Rauchen von Zigaretten in Verbindung gebracht worden. Dazu gehören verschiedene Krebsarten in der Mundhöhle, im Kehlkopf, in der Speiseröhre, in der Leber, in der Blase und in der Bauchspeicheldrüse; Magengeschwüre; koronare Herzleiden; chronische Bronchitis; Kindersterblichkeit und chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen.

Forschungsstudien haben festgestellt, dass die Heiligen der Letzten Tage ein wesentlich geringeres Risiko haben, diese Krankheiten zu entwickeln (30-80 Prozent geringer als die restliche Bevölkerung der Vereinigten Staaten). Menschen, die auf den Genuss dieser Substanzen verzichten, haben ebenfalls ein viel kleineres Gesundheitsrisiko als Menschen die diese Substanzen benutzen. Nur wenige Gesundheitsrisiken sind eindeutig mit dem Genuss von Tee und Kaffee in Verbindung gebracht worden. Einige Angaben deuten darauf hin, dass der Verzicht auf Kaffee das Risiko für Magengeschwüre, Bauchspeicheldrüsenkrebs und koronare Herzleiden verringert. Einige Studien schätzen, dass diejenigen, die das Wort der Weisheit befolgen, ihre Lebenserwartung um sieben Jahre verlängern.

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JOSEPH LYNN LYON