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WOODRUFF, WILFORD

Nach seiner Berufung ins Kollegium der Zwölf Apostel im Jahre 1839 arbeitete Wilford Woodruff an einer Reihe von kirchlichen und weltlichen Aufgaben. Er arbeitete mit bei der Veröffentlichung der Times and Seasons <Times and Seasons, Zeitschrift in Nauvoo> und des Nauvoo Neighbor <Nauvoo Neighbor, Zeitschrift in Nauvoo> in Illinois, sowie der Zeitschrift Millennial Star <Millenial Star, Zeitschrift in England> und des Buches “Lehre und Bündnisse” in England. Er saß im Stadtrat von Nauvoo, war Militärgeistlicher der Nauvoo-Legion <Nauvoo-Legion> und Mitglied des RATES DER FÜNFZIG <Rat der Fünfzig>. Er war Mitglied der Pioniergruppe der Heiligen der Letzten Tage, die am 24. Juli 1847 das SALZSEETAL erreichte. Zweiundzwanzig Jahre lang diente er in der Territorialregierung von Utah and einundzwanzig Jahre lang war er Mitglied des Territorialrates. Er war Mitglied des Aufsichtsrates der “Zion’s Cooperative Mercantile Institution” (ZCMI), Vorsitzender einer Anklagejury in Salt Lake City, Präsident der “Cooperative Stock Company Association”, Präsident der wissenschaftlichen Gesellschaft “Universal Scientific Society” und Vorsitzender des “Medical Board of Examiners” im Utah-Territorium.

Trotz der vielen Verantwortungen, wegen der er oft nicht zu Hause sein konnte, sorgte er vorbildlich für seine große Familie. Da er in den Jahren lebte, in denen die MEHREHE <Mehrehe> unter den Heiligen der Letzten Tage praktiziert werden durfte, heiratete er fünf Frauen: Phoebe Whittemore Carter <Carter, Phoebe Whittemore, Ehefrau Wilford Woodruffs>, Mary Ann Jackson <Jackson, Mary Ann, Ehefrau Wilford Woodruffs>, Emma Smoot Smith <Smith, Emma Smoot, Ehefrau Wilford Woodruffs>, Sarah Brown <Brown, Sarah, Ehefrau Wilford Woodruffs> und Sarah Delight Stocking <Stocking, Sarah Delight, Ehefrau Wilford Woodruffs>, die ihm 33 Kinder gebaren. Kummer und Probleme zu Hause blieben ihm nicht erspart. Eine seiner Ehefrauen, Mary Ann Jackson, ließ sich von ihm scheiden, eine andere Ehefrau sowie dreizehn Kinder starben vor ihm. Seine Auffassung vom Familienleben offenbart sich in den Worten an eine seiner Töchter: “Wir alle erwarten, daß wir nach dem Tod ewig zusammenleben werden. Ich meine, daß wir uns alle, Eltern und Kinder, tüchtig anstrengen sollen, einander glücklich zu machen solange wir leben, damit wir uns [nach dem Tod] keine Vorwürfe machen brauchen.” (Brief vom 16. September 1894 an Blanche Woodruff.)

Neben seinen öffentlichen und häuslichen Aufgaben betätigte sich Wilford Woodruff als begeisteter Farmer. Seine Farm bei Salt Lake City, die aus einem Garten, einem Obstgarten und einer Herde Kühe und Schafe bestand, reichte gut für den Unterhalt seiner Familie. Er betrachtete die Farmarbeit als Berufung und Beruf. Vierzehn Jahre lang war er Präsident der “Deseret Agricultural and Manufacturing Society”, der Veranstalterin der jährlichen Landwirtschaftsmesse, und im Jahre 1855 wurde er zum Präsidenten der Gartenbauvereinigung “Utah Territorial Horticultural Society” ernannt. Er tauschte Information und Pflanzen mit Gärtnern in den USA und Europa aus und trachtete danach, eine bestimmte Baumart oder einen Ernteertrag zu verbessern oder Pflanzen zu züchten, die in dem trockenen Klima der großen Täler des amerikanischen Westens gedeihen konnten. Wilford Woodruff war nicht besonders groß (in seinen besten Jahren wog er 61 Kilogramm), aber er konnte tüchtig zupacken. Wenn er nicht für die Kirche unterwegs war, arbeitete er auf seiner Farm und dies fast bis zu seinem 90. Lebensjahr.

Zu seinen wenigen Freizeitbeschäftigungen zählten Aktivitäten im Freien. Schon in Connecticut und dann später auch in Utah angelte und jagte er gern. Im August 1892 berichtete er in der Zeitschrift Forest and Stream über ein Erlebnis beim Angeln am Weber-Fluß in den Uinta-Bergen. Innerhalb von vier Stunden hatte er zwanzig Forellen gefangen, von denen vier über zwei Kilo wogen. Eine fünf Kilo schwere Forelle entwischte ihm, weil er sie an dem steilen Ufer nicht an Land bringen konnte.

Nach dem Tod von Präsident John TAYLOR <Taylor, John stirbt 1887> im Jahre 1887 führte Wilford Woodruff die Kirche zuerst als Präsident des Kollegiums der Zwölf Apostel weiter. Auf der Generalkonferenz der Kirche im April 1889 wurde er im Alter von 82 Jahren als Präsident der Kirche bestätigt. Er hatte nicht damit gerechnet, seinen jüngeren Vorgänger zu überleben und meinte, seine Berufung sei ein Beweis dafür, daß der Allmächtige “die Schwachen der Welt” erwähle, um sein Werk voranzubringen. (Wilford Woodruffs Tagebuch, 25. Juli, 1887.) Ein Bekannter schrieb: “Er war weder so gebildet noch so redegewandt wie Präsident John Taylor, aber er besaß eine ernste, ehrliche Begeisterung für seine Aufgaben, womit er seine Zuhörer überzeugte.” (Cowley.)

Wilford Woodruff wurde in einem kritischen Abschnitt der Kirchengeschichte zu deren Präsident ordiniert. So wie andere Kirchenführer hatte er sich vor dem Tod Präsident Taylors aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, um aufgrund der GESETZGEBUNG GEGEN DIE MEHREHE seitens der amerikanischen Regierung der Gefängnishaft zu entgehen. Im Sommer 1890 hatte die Regierung Gesetze erlassen, die es ermöglichten, die Kirche als öffentliche Körperschaft aufzulösen, ihren Besitz zu beschlagnahmen und viele Kirchenführer zu verhaften. Durch die Gesetze gegen die Mehrehe war die Kirche fast vollständig ihrer Handlungsmöglichkeiten verlustig gegangen. Wochenlang “rang” Präsident Woodruff “mächtig mit dem Herrn im Gebet” und dann, am 24. September 1890, nachdem er in einer Vision die Folgen mangelnder Entscheidungsfreudigkeit seitens der Kirche erkannt hatte, erließ er das berühmte MANIFEST <Manifest von Präsident Woodruff erlassen> von 1890, mit dem er die Ausübung der Mehrehe offiziell unterband. (LuB, Amtliche Erklärung Nr. 1.) Am 25. September schrieb er in sein Tagebuch: “Ich habe als Präsident der Kirche einen Punkt in meinem Leben erreicht ... wo ich zu handeln gezwungen bin, um die Kirche zu retten. ... Nachdem ich mich im Gebet an den Herrn gewandt und von seinem Geist Inspiration empfangen habe, habe ich folgende Proklamation veröffentlicht...” Sodann gab er seine Absicht kund, sich den Gesetzen des Landes zu beugen “und meinen Einfluß unter den Mitgliedern der Kirche, über die ich präsidiere, geltend zu machen, damit sie ebenfalls [den Gesetzen] gehorchen.” (Wilford Woodruffs Tagebuch, 25. September 1890.)

Seine Entscheidung führte allmählich zu einer Lösung der Streitfragen, die zwischen der Kirche und der amerikanischen Regierung bestanden, befreiten ihn jedoch nicht von der Bürde, die auf den Schultern des alternden Präsidenten der Kirche ruhte. Die finanzielle Last, die der Kirche durch den Kampf gegen die Mehrehe aufgebürdet worden war, die Fertigstellung des SALT-LAKE-TEMPELS <Salt-Lake-Tempel fertiggestellt>, die Anforderungen des Erziehungswesens der Kirche, die wachsenden Wohlfahrtskosten infolge der Depression von 1893 sowie die Investitionen in die Wirtschaft von Utah verursachten scheinbar unüberwindbare Schwierigkeiten. Im Jahre 1893 schrieb er einem Freund: “Ich habe noch nie in meinem Leben einen Tag erlebt, an dem ich von Sorge um die Finanzen und meine Verantwortungen dermaßen überwältigt war wie heute.” (Brief an W.H. Atkins und Familie, 10. August 1893.) Wilford Woodruff erlebte die finanzielle Entlastung der Kirche, die er sich so sehr erhofft hatte, nicht mehr. Er starb am 2. September 1898 im Alter von 91 Jahren in San Franzisko, wohin er sich von Zeit zu Zeit zurückzog, um sich von den Unpäßlichkeiten des Alters zu erholen.

Obgleich Präsident Woodruffs Amtszeit zuweilen überschattet wurde von Mitarbeitern, die redegewandter und im Finanzwesen und in der Politik besser bewandert waren als er, war seine Feder das Werkzeug, das 1896 zur EIGENSTAATLICHKEIT UTAHS führte und der Kirche die Türen zu Fortschritt und Wachstum im 20. Jahrhundert öffnete. In seiner Amtszeit erreichte die Kirche auch noch andere Meilensteine. Im Jahre 1890 führte er den Religionsunterricht an Schultagen ein, der später durch das Seminar- und Institutsprogramm der Kirche ersetzt wurde. Er beaufsichtigte die Fertigstellung des Salt-Lake-Tempels und präsidierte bei dessen Weihung im Jahre 1893. Er übertrug den Bischöfen und Pfahlpräsidenten die Verantwortung für die Ausstellung von Tempelscheinen, durch die einem Heiligen der Letzten Tage bestätigt wird, daß er würdig ist, den Tempel zu besuchen. Zuvor hatte nur der Präsident der Kirche diese Vollmacht innegehabt. Der Fasttag, der bisher am ersten Donnerstag im Monat abgehalten worden war, wurde nun auf den ersten Sonntag verlegt. Im Jahre 1896 unterzeichnete Präsident Woodruff ein “politisches Manifest”, das alle Generalautoritäten der Kirche anwies, ein politisches Amt erst dann anzunehmen, wenn sie sich mit einem präsidierenden Beamten der Kirche beraten hatten.

Während er über die Heiligen der Letzten Tage in England präsidierte, verfaßte er eine Erklärung, die eine gebührende Grabinschrift für Wilford Woodruff darstellen würde: “Der Mormonismus hat mich sozusagen gänzlich überwältigt, denn er bedeutet mein Leben, meine tägliche Nahrung, und ich erwarte, daß ich weder im Leben noch im Tod irgendetwas anderes sein werde, als ein Mormone. ... Es sieht zweifellos wie ein wunderbares Werk, ja, ein Wunder aus, daß ein unbekannter, ungebildeter Müller ... an der Spitze von Zehntausenden Heiligen der Letzten Tage steht.” (Brief an Aphek Woodruff, 18. April 1845.)

BIBLIOGRAPHIE

Cowley, Matthias F. “President Wilford Woodruff.” Ansprache vor der Universitätsgemeinde in Chicago, Illinois, 4. Oktober 1925, MSS HDC.

Jessee, Dean C. “Wilford Woodruff.” In The Presidents of the Church. Hrsg. L. Arrington, S. 117–143. Salt Lake City, 1986.

Woodruff, Wilford. “History of Wilford Woodruff.” Deseret News 8, Juli/August 1858.

———. “The Autobiography of Wilford Woodruff.” MSS HDC.

———. “The Autobiography of Wilford Woodruff.” Tullidge’s Quarterly Magazine 3, Oktober 1883–Juli 1884, S. 1–25, 121–137, 302–311.

———. “Wilford Woodruff’s Journal, 1833–1898.” Hrsg. Scott G. Kenney, maschinengefertigtes Manuskript, 9 Bd. Midvale, Utah, 1983–1984.

DEAN C. JESSEE