Home

WELLS, EMMELINE B.

Als Herausgeberin der Zeitschrift Woman’s Exponent <Woman’s Exponent, Frauenzeitschrift>setzte sich Emmeline B. Wells (1828–1921) fast vier Jahrzehnte lang mit starker Überzeugung für Frauenrechte und die Förderung der Frauen ein. Auch als FHV-Präsidentin der Kirche - ein Amt, das sie zehn Jahre innehatte -, als Frauenrechtlerin und politische Aktivistin des Bundesstaates Utah vertrat sie die Interessen der Frauen.

Schwester Wells wurde am 29. Februar 1828 in Petersham im Bundesstaat Massachusetts geboren. Ihre Eltern waren David und Deiadama Hare Woodward <Woodward, David und Deiadama, Eltern von Emmeline Wells>. Bereits in frühen Jahren erfuhr sie sowohl persönliche Tragik als auch öffentliche Anerkennung. Beides sollte sich im Laufe ihres Lebens mehrmals wiederholen. Ihr Vater starb, als sie vier Jahre alt war, und sein Tod sowie die äußeren Umstände ihrer Bekehrung zur Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzen Tage zehn Jahre später waren für das junge Mädchen eine schreckliche Erfahrung. Andererseits verfügte Emmeline über eine gute Schulbildung, was für Mädchen damals noch die Ausnahme war. Bereits als Vierzehnjährige wurde sie Lehrerin. Als sie jedoch am 29. Juli 1843 im Alter von fünfzehn Jahren den nur um zwei Monate älteren James H. Harris <Harris, James H.> heiratete und mit ihm, seinen Eltern und anderen Heiligen der Letzten Tage nach NAUVOO zog, nahm ihre Laufbahn als Lehrerin ein Ende. Nach der Ermordung Joseph SMITHS <Smith, Joseph>, sechzehn Monate nach ihrer Trauung, verließen ihre Schwiegereltern sowohl Nauvoo als auch die Kirche. Der Sohn des jungen Ehepaares, Eugene Henri Harris, starb kurz nach seiner Geburt. James Harris verließ Nauvoo, um Arbeit zu suchen, kehrte jedoch nie zurück. Viele Jahre später erfuhr Schwester Wells, daß er bei einem Unfall auf See im Indischen Ozean ertrunken war.

Emmeline B. Wells fand Trost im Unterrichten. Zwei ihrer Schüler waren die Kinder von Bischof Newel K. Whitney und dessen Frau Elizabeth Ann. Im Februar 1845 heiratete Newel Whitney <Whitney, Newel K. heiratet Emmeline Wells> Emmeline Wells in MEHREHE. Er war 33 Jahre älter als sie, starb 1850 (zwei Jahre nach ihrer Ankunft im Salzseetal) und ließ sie mit zwei kleinen Mädchen zurück.

Schwester Wells’ dritte Ehe im Jahr 1852 dauerte länger, war jedoch nicht immer befriedigend. Sie wollte Schutz und Stabilität und bat deswegen Newel K. Whitneys Freund, den prominenten Kirchenführer Daniel H. Wells <Wells, Daniel H. heiratet Emmeline Whitney>, sie zur Frau zu nehmen. Dieser war bereits mit sechs Frauen in Mehrehe verheiratet, und da er viele berufliche und kirchliche Verpflichtungen hatte, sahen sich die beiden nur selten. Obgleich sie drei Töchter hatten (zwei starben als junge Erwachsene), erfuhr Schwester Wells erst spät in ihrer Ehe die Liebe und Geborgenheit, nach der sie in all den Jahren vergeblich getrachtet hatte.

Emmeline Wells fand Erfüllung in ihrer Arbeit im Gemeinwesen und entdeckte ihre Lebensaufgabe im Kampf um das Frauenwahlrecht und anderer Frauenrechte. Sie sagte: “Ich will alles tun, was in meiner Macht steht, um die Lage meiner Mitmenschen, besonders die der Frauen, zu verbessern.”(Tagebuch, 4. Januar 1878.) Ihr schriftstellerisches Talent entwickelte sich, als sie für das Woman’s Journal schrieb, einerfeministischen Mormonenzeitschrift, die 1872 gegründet worden war. Im Jahr 1877 wurde Emmeline B. Wells Herausgeberin des Woman’s Journal und hatte diese Position 37 Jahre lang inne.

Im Jahr 1879 wurde Emmeline Wells als eine der beiden Vertreterinnen aus Utah zur Frauenrechtskonferenz in die Hauptstadt Washington entsandt. In den folgenden Jahren nahm sie wiederholt an weiteren Konferenzen teil und sprach zu den Delegierten. Sie schloß Freundschaft mit den Führerinnen der amerikanischen Frauenrechtsbewegung Elizabeth Cady Stanton <Stanton, Elizabeth Cady, Frauenrechtlerin> und Susan B. Anthony <Anthony, Susan B., Frauenrechtlerin>, die von ihren Fähigkeiten beeindruckt waren. Sie wurde zu mehreren Ämtern innerhalb der “National Woman Suffrage Association” (Nationalen Frauenrechtsbewegung), im “International Council of Women” (Internationaler Frauenrat), und als Präsidentin der Frauenrechtsbewegung von Utah gewählt. Im Jahr 1899 wurde sie gebeten, die Vereinigten Staaten auf der Londoner Konferenz des Internationalen Frauenrats zu vertreten und zu den Delegierten zu sprechen.

Emmeline Wells war fast 83 Jahre alt, als sie 1910 als Präsidentin der Frauenhilfsvereinigung der Kirche berufen wurde. Sie hatte in dieser Organisation bereits vorher zwanzig Jahre lang als Generalsekretärin und in den siebziger Jahren als Leiterin des Getreidevorratsprogramms der FHV gedient. Ihre Amtszeit war - wie ihr Leben - bittersüß. Im Jahr 1912 wurde ihr von der Brigham Young Universität die Ehrendoktorwürde für Literaturwissenschaft verliehen. Zwei Jahre später stellte sie die Veröffentlichung der Zeitschrift Woman’s Exponent, der sie ihr halbes Leben gewidmet hatte, ein, denn die FHV lehnte ihren Vorschlag, die Zeitschrift zu deren offiziellen Organ zu machen, ab. Zum Gedenken des Verkaufs von über 130.000 Zentner Weizen seitens der FHV an die amerikanische Regierung während des Ersten Weltkriegs, beehrten der amerikanische Präsident Woodrow Wilson <Wilson, Woodrow, US-Präsident> und seine Frau 1919 Schwester Wells mit einem Besuch in deren Heim. Ironischerweise wurde der FHV noch im selben Jahr die Zuständigkeit für das Getreidevorratsprogramm entzogen.

Schließlich wurde Emmeline Wells im Alter von 93 Jahren nach schwerer Krankheit aus ihrem Amt als Präsidentin der FHV entlassen. Seit Emma Smith war sie die erste Präsidentin, die nicht in ihrem Amt verstorben war. Als sie erfuhr, daß man sie entlassen hatte, erlitt sie einen Schlaganfall und starb drei Wochen später am 25. April 1921. Nach ihrem Tod wurden ihr zwei weitere Ehren zuteil: Eine Trauerfeier im TABERNAKEL (sie war die zweite Frau, die auf diese Weise geehrt wurde) und die Aufstellung einer von den Frauen Utahs gestifteten Marmorbüste im Regierungsgebäude des Bundesstaates Utah mit der Inschrift: “Eine große Seele, die uns gedient hat.”

BIBLIOGRAPHIE

Madsen, Carol Cornwall. “A Mormon Woman in Victorian America.” Dissertation, University of Utah, 1985.

———. “Emmeline B. Wells: Romantic Rebel.” In Supporting Saints: Life Stories of Nineteenth-Century Mormons. Hrsg. von D. Cannon und D. Whittaker. Provo, Utah, 1985, S. 305–341.

Wells, Emmeline B., Tagebücher. Abteilung Archive and Manuskripte, Harold B. Lee Library, Brigham Young University, Provo, Utah.

CAROL CORNWALL MADSEN

MARY STOVALL RICHARDS