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VISION, DIE ERSTE VISION

Die Wiederherstellung des Evangeliums dieser heutigen Evangeliumszeit beginnt mit der ersten Vision des Propheten Joseph SMITH <Smith, Joseph> als Gott dem Propheten im Frühjahr 1820 in einem Wald in der Nähe der Ortschaft Palmyra <Palmyra> im Bundesstaat New York erschien.

Joseph Smith berichtet, daß er in seinem zwölften Lebensjahr begann, sich über die Notwendigkeit der Erlösung Gedanken zu machen und daher veschiedene religiöse Gemeinschaften untersuchte. Kurz nachdem seine Familie nach Manchester <Manchester, die Familie Smith zieht nach Manchester> umgezogen war, nahm er eine ungewöhnliche religiöse Erregung in dieser Gegend wahr, was sowohl Uneinigkeit im Ort als auch unter seinen Familienangehörigen verursachte. Als sich die Bekehrten verschiedenen Glaubensgemeinschaften anschlossen, fiel ihm auf, daß die scheinbar guten Gefühle, die sie füreinander gehabt hatten, in einem “Wortkrieg und Meinungsstreit gänzlich untergingen” (JSLg 6). Verwirrt und besorgt fragte er sich: “Falls irgendeine dieser Parteien recht hat - welche ist es, und woran soll ich sie erkennen?” (Backman, S. 156,162,168; Jessee, S. 198.)

Joseph Smith forschte in der Heiligen Schrift und fand im Jakobusbrief folgende Aufforderung zum Gebet: “Fehlt es aber einem von euch an Weisheit, dann soll er sie von Gott erbitten” (Jak 1:5). Später berichtete er: “Nie ist einem Menschen eine Schriftstelle mit mehr Gewalt ins Herz gedrungen als diese damals mir” (JSLg 12). Er begab sich in einen Wald in der Nähe der väterlichen Farm und kniete sich zum Gebet nieder (Backman, S. 156).

Kurz darauf mußte Joseph Smith mit einer satanischen Gewalt ringen, aber er wurde durch göttliche Hilfe gerettet. Er fuhr fort, Gott anzurufen und berichtet: “Ich sah gerade über meinem Haupt eine Säule aus Licht, heller als die Sonne, allmählich herabkommen, bis es auf mich fiel.” Sofort war er von der erdrückenden Finsternis befreit (JSLg 16). Im Licht sah er zwei Gestalten “von unbeschreiblicher Helle und Herrlichkeit”, die einander “von Haupt bis Füßen vollkommen glichen” (JSLg 17; WENTWORTH-BRIEF; Backman, S. 169). Eine dieser Gestalten nannte seinen Namen, deutete auf die andere und sagte: “Dies ist mein geliebter Sohn. Ihn höre!” (JSLg 17). Daraufhin erfuhr Joseph Smith, daß ihm durch Christus, der die Sünden der ganzen Menschheit auf sich genommen hat, auch seine Sünden vergeben seien. “Siehe ich bin der Herr der Herrlichkeit. Ich wurde für die Welt gekreuzigt, so daß alle, die an meinen Namen glauben, ewiges Leben haben können” (Backman S. 157). Es wurde ihm auch versichert, daß Christus wahrhaftig und in Kürze wiederkommen würde, “um alles zustande zu bringen, was Propheten und Apostel verkündet haben.” (Backman, S. 157, 167, 169; Jessee, S. 6.) Als Joseph Smith sich gefaßt hatte, fragte er, welcher von allen Glaubensgemeinschaften er sich anschließen solle. Ihm wurde gesagt, er dürfe sich keiner anschließen, denn alle verkündeten “falsche Lehren”. “Sie haben zwar die äußere Form der Frömmigkeit, aber sie leugnen deren Kraft” (vgl. 2. Tim 3:5). Ihm wurde auch verheißen, “daß ihm die Fülle des Evangeliums zu einem künftigen Zeitpunkt offenbart würde.” (JSLg 17–20; Backman, S. 163, 169; Jessee S. 213.) Als er den Wald verließ, war - so erinnerte sich Joseph Smith - “meine Seele von Liebe erfüllt” und viele Tage lang “empfand ich große Freude, und der Herr war mit mir”. (Backman S. 157)

Joseph Smiths Seelenfrieden war jedoch nur von kurzer Dauer. Außer seinen Angehörigen verachteten ihn zunächst alle, denen er von seinem Erlebnis erzählte. Mit der bitteren Verurteilung und Ablehnung, die sein Erlebnis bei anderen hervorrief, hatte er nicht gerechnet.

In den Jahren 1832 bis 1842 schrieb bzw. diktierte der junge Prophet mehrere Male den Bericht seiner ersten Vision, und zwar jeweils unter anderen Voraussetzungen. Die beiden letzten Fassungen waren zur Veröffentlichung bestimmt. Die einzelnen Fassungen enthalten manchmal mehr, manchmal weniger Einzelheiten. So schrieb er 1832 beispielsweise, er habe vor seiner ersten Vision in der Heiligen Schrift geforscht und sei zu dem Schluß gekommen, daß keine religiöse Gemeinschaft das neutestamentliche Christentum verkünde. (Backman, S. 156; Jesse S. 5.) Im Bericht aus dem Jahr 1838 schreibt er, er habe sich oft gefragt: “Welche von all diesen Parteien hat recht, oder haben sie allesamt unrecht?” Später fügte er diesem Bericht in Klammern hinzu: (“Bis zu diesem Zeitpunkt war mir nie bewußt geworden, daß sie allesamt unrecht hatten.”) (JSLg 10, 18; Jessee, S. 198, 200.)

Die Heiligen der Letzten Tage sind von der Echtheit dieser Vision fest überzeugt und glauben daran, daß Gott sich Joseph Smith persönlich offenbart hat. Im Zusammenhang mit Berichten aus der Bibel und den anderen heiligen Schriften sehen sie darin eine Parallele zu den Visionen des Mose und den Gotteserscheinungen im Buch Mormon. Joseph Smith selber verglich sein Erlebnis mit dem des Apostel Paulus <Paulus> (JSLg 24; TPGS S. 151).

Stephen L. Richards <Richards, Stephen L.>, vormals Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft der Kirche, hat gesagt, daß die Lehren der Kirche “von der Wahrheit der Ersten Vision durchdrungen sind.” Sie untermauern die Lehre eines anthropomorphen Gottes und theomorphen (=in göttlicher Gestalt existierenden Menschen), von der Beziehung der göttlichen Wesen zueinander und von fortwährender Offenbarung. Gebete der Kirchenmitglieder, ihre Kirchenlieder, ihre Gottesdienste und heiligen Handlungen sowie ihre Eschatologie sind alle in diesem Bewußtsein verankert. Die erste Vision bestätigt das Zeugnis der jüdischen Propheten, daß Visionen dem sterblichen Menschen Zugang zu Gott ermöglichen, daß die Majestät, Herrlichkeit und Macht Gottes unbeschreiblich groß ist und daß die biblischen Berichte von Menschen, die mit Gott von Angesicht zu Angesicht gesprochen haben, keine an den Haaren herbeigezogenen Metaphern sind. Sie bestätigt ebenfalls das Zeugnis der Apostel im Neuen Testament, daß Gott der Vater und Gott der Sohn zwei getrennte Wesen sind, die sich den Söhnen und Töchtern Gottes so offenbaren, wie sie in Wirklichkeit sind, und daß Gott der Sohn das Ebenbild seines Vaters und Gott der Vater das Ebenbild seines Sohnes ist. (Siehe auch VISIONEN DES PROPHETEN JOSEPH SMITH .)

BIBLIOGRAPHIE

Backman, Milton V. jun. Joseph Smith’s First Vision. Salt Lake City, 1980.

Smith, Joseph. The Personal Writings of Joseph Smith. Zusammengestellt und herausgegeben von Dean Jessee. Salt Lake City, 1984.

MILTON V. BACKMAN, JR.