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VORTRÄGE ÜBER DEN GLAUBEN

Unter dem Titel „Vorträge über den Glauben“ wurden diese sieben „Vorträge über Theologie“ (HC 2:176) in der Ausgabe der Lehre und Bündnisse von 1835 abgedruckt. Vorher wurden sie im Winter 1834-1835 der Schule für die Ältesten in Kirtland, Ohio vorgelegt. Die Schule wurde organisiert, um Kirchenführern und Missionaren zu helfen „sich als Boten Jesu Christi zu [qualifizieren], bereit zu sein seinen Willen auszuführen und die Frohe Botschaft allen zu bringen, die ihre Augen, Ohren und Herzen öffnen würden“, indem sie „vollkommener in den großartigen Angelegenheiten Gottes unterwiesen wurden (HC 2:169-70, Siehe auch Schule der Propheten).

Die Vorträge sprechen drei Hauptthemen an: „Erstens Glauben selber - was er ist, zweitens den Gegenstand auf dem er ruht, und drittens die Wirkungen, die davon ausgehen“ (Dahl und Tate, S. 31). Der erste Vortrag erklärt, was Glauben ist, der zweite zeigt, wie die Erkenntnis über Gott zuerst in die Welt gelangte, und verfolgt diese Erkenntnis von Adam bis Abraham. Der dritte und vierte Vortrag besprechen die nötigen und unveränderbaren Eigenschaften Gottes, der fünfte handelt von der Natur Gottes des Vaters, seines Sohnes Jesus Christus und des Heiligen Geistes. Der sechste lehrt, dass das Erlangen des Glaubens zur Erlösung von dem Wissen abhängt, dass man gottgefällig lebt. Diese Erkenntnis kann man nur erlangen, wenn man willens ist, alles Irdische zu opfern. Der siebte Vortrag behandelt die Früchte des Glaubens: Perspektive, Macht und schließlich Vervollkommnung. In der Ausgabe der Lehre und Bündnisse von 1835 umfassen die sieben Vorträge 74 Seiten. Die Vorträge sind in numerierte Paragraphen unterteilt, in denen die Grundsätze aufgezählt und unterstützende Schriftstellen zitiert werden. An die ersten fünf Vorträge schließen sich Listen mit Fragen und Antworten an, die die besprochenen Grundsätze wieder aufgreifen. Diese Katechismen sind etwa so lang wie die Vorträge selber.

Keine klaren Beweise dokumentieren, wer tatsächlich die Vorträge geschrieben  hat. Neuere Autorschaft-Studien schreiben die Abfassung der Vorträge „hauptsächlich Sidney Rigdon zu“, Joseph Smith habe großen Anteil daran gehabt und andere vielleicht einigen Einfluss. Willard Richards' Geschichte legt Joseph Smiths enge Beteiligung an den Vorträgen nahe. Er berichtet, dass Joseph im November „damit beschäftigt“ war, „Vorbereitungen für die Schule für die Ältesten zu treffen, wo sie in den großartigen Dingen Gottes vollkommener unterwiesen werden mögen“ (HC 2:169-70). Dieselbe Quelle besagt, dass im Januar 1835 Joseph dabei war „die Vorträge über Theologie für die Veröffentlichung vorzubereiten“ (HC 2:180). Aus diesen Verweisen und anderen Umständen scheint es einleuchtend, dass die Vorträge mit Joseph Smiths Zustimmung vorbereitet und veröffentlicht wurden (Dahl und Tate, S. 7-10; 16, Nr. 8).

Bis 1921 wurden die „Vorträge über den Glauben“ in fast allen englisch-sprachigen Ausgaben der Lehre und Bündnisse und in vielen, aber nicht allen nicht-englischen Ausgaben gedruckt. Eine Einführung in der Ausgabe der Lehre und Bündnisse von 1921 erklärt, dass die Vorträge entfernt worden waren, weil „sie nie der Kirche vorgelegt oder von ihr als etwas anderes akzeptiert wurden als theologische Vorträge oder Aufgaben“ (Siehe Lehre und Bündnisse Ausgaben). Die Entscheidung mag auch dadurch beeinflusst gewesen sein, was viele Leser als Konflikte zwischen Aussagen über die Gottheit im fünften Vortrag und gewissen späteren Offenbarungen wahrnehmen (LuB 130, Dahl und Tate, S. 16-19). Andere sehen diese Konflikte mehr als scheinbar als real an und haben Unterschiede auszugleichen versucht (R. Millet, in Dahl und Tate, S. 221-40).

Die „Vorträge über den Glauben“ sind für die HLT-Gemeinschaft viermal getrennt von den Lehre und Bündnissen veröffentlicht worden: 1840-1843 von Parley P. Pratt in England, 1940 von dem Zusammensteller N. B. Lundwall in Salt Lake City, 1985 von der Deseret Book Company, Salt Lake City und 1990 von dem Zentrum für Religiöse Studien an der Brigham Young Universität. Sie wurden zweimal getrennt von schismatischen Gruppen veröffentlicht: 1845-1846 von Sidney Rigdon (in Pittsburgh, bald nachdem er die Kirche verlassen hatte) und 1952 von der Reorganisierten Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Die Veröffentlichung des Zentrums für Religiöse Studien enthält eine neu herausgegebene Version der Vorträge, die das Lesen des Textes erleichtern soll. Diese Ausgabe bietet Tabellen mit Textvergleichen, die alle Textveränderungen identifizieren, die in verschiedenen Abdrucken der Vorträge von 1835 bis 1990 vorgenommen wurden. Sie enthält auch eine Zusammenfassung historischer Informationen, eine Besprechung der Lehren jedes Vortragthemas und eine umfangreiche Bibliographie (Dahl und Tate).

Die meisten Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage kennen den Text der „Vorträge über den Glauben“ nicht, obwohl viele Auszüge daraus erkennen mögen, die ab und zu in Ansprachen oder Schriften der Führer und Schriftgelehrten zitiert werden. Eine Stichprobe dieser Zitate, wie sie in der Ausgabe von 1990 gedruckt wurde, folgt: Vortrag Eins 1. Glauben [ist] der erste Grundsatz offenbarter Religion und die Grundlage aller Rechtschaffenheit. 9. Glauben ist die Zusicherung, die Menschen haben, von der Existenz von Dingen, die sie nicht gesehen haben und…der Grundsatz des Handelns in allen intelligenten Wesen. 12. Wie der Glaube der Beweggrund allen Handelns in zeitlichen Belangen ist, so ist er es auch in geistigen Angelegenheiten. 13. Aber Glauben ist nicht nur der Grundsatz des Handelns, sondern er ist auch der Grundsatz der Macht in allen intelligenten Wesen, ob im Himmel oder auf Erden. 15. Der Grundsatz der Macht, der in Gott existierte, durch den er die Welten schuf, war Glauben.

Vortrag Zwei 55. Man bemerke, dass das Ausmaß der Erkenntnis in Bezug auf Gottes Charakter und Herrlichkeit von dem Eifer und der Glaubenstreue eines Menschen abhängen wird, nach ihm zu suchen, nachdem man die wichtige Tatsache erfahren hat, dass es einen Gott gibt, der alles erschaffen und erhalten hat, bis man wie Enoch, der Bruder Jareds und Mose Glauben an Gott und Kraft mit ihm erlangen wird, ihn von Angesicht zu Angesicht zu begegnen.

Vortrag Drei 2-5. Wir wollen hier bemerken, dass drei Dinge notwendig sind, wenn ein vernünftiges und intelligentes Wesen Glauben an Gott zum Leben und zur Erlösung ausüben soll. Erstens die Idee, dass er tatsächlich existiert, zweitens eine korrekte Vorstellung seines Charakters, seiner Vollkommenyheiten und Eigenschaften, drittens eine tatsächliche Erkenntnis, dass der Lebensweg, den man einschlägt, seinem Willen entspricht.

Vortrag Vier 11. Ohne die Erkenntnis von allem wäre Gott nicht fähig irgendeinen Teil seiner Schöpfungen zu erretten. Denn die Erkenntnis, die er von allem vom Anfang bis zum Ende hat, befähigt ihn, dieses Verständnis, durch das sie am ewigen Leben teilhaben können, seinen Schöpfungen zu geben. Wenn die Menschen nicht die Vorstellung hätten, dass Gott alle Erkenntnis hat, wäre es ihnen unmöglich, Glauben an ihn auszuüben. 13. Es ist auch notwendig, dass die Menschen eine Vorstellung von der Existenz der charakteristischen Gerechtigkeit in Gott haben sollten, um Glauben an ihn zum Leben und zur Erlösung zu üben. Denn ohne die Vorstellung von der Existenz der charakteristischen Gerechtigkeit in der Gottheit könnten die Menschen nicht genügend Vertrauen darin setzen, sich seiner Führung und Leitung zu unterstellen. Sie würden nämlich mit Angst und Zweifel erfüllt, sofern nicht der Richter der ganzen Erde das Rechte täte, und somit würden die Angst oder der Zweifel, die in ihrer Vorstellung existieren, die Möglichkeit vereiteln, Glauben an ihn zum Leben und zur Erlösung auszuüben. Aber wenn die Vorstellung von der Existenz der charakteristischen Gerechtigkeit in der Gottheit gut in ihren Gedanken verankert ist, lässt sie keinen Raum für Zweifel im Herzen. Und der Verstand wird befähigt sich dem Allmächtigen ohne Furcht und ohne Zweifel und mit dem unerschütterlichsten Vertrauen daran glaubend, dass der Richter der ganzen Erde gerecht sein wird, anzuvertrauen.

Vortrag Fünf 2. Zwei Personen machen die große, unvergleichliche, regierende und höchste Macht über alles aus, durch die alles erschaffen und gemacht wurde,…. Sie sind der Vater und der Sohn: Der Vater ist ein Wesen aus Geist, Herrlichkeit und Macht, der Vollkommenheit und die Fülle besitzt. Der Sohn, der im Schoße des Vaters war, ist eine Person mit einer Hülle, geformt wie ein Mensch in der Form und im Ebenbild eines Menschen, oder besser gesagt: Der Mensch wurde nach seinem Abbild geschaffen. Er ist auch das genaue Ebenbild der Person des Vaters und besitzt die gesamte Fülle des Vaters oder dieselbe Fülle mit dem Vater. Er wurde von ihm gezeugt und war von vor Anbeginn der Welt ordiniert, um eine Besänftigung für die Sünden all jener zu sein, die an seinen Namen glauben würden. Aufgrund des Fleisches wird er der Sohn genannt. …Er hat dieselben Vorstellungen wie der Vater—diese Gedanken sind der Heilige Geist, der Zeugnis ablegt vom Vater und vom Sohn. Diese drei sind eins, oder mit anderen Worten, diese drei machen die große, einzigartige regierende und höchste Macht über alles aus. Frage & Antwort 15. Machen der Vater, der Sohn und der Heilige Geist die Gottheit aus? Ja.

Vortrag Sechs 2. Es ist für jeden von äußerster Wichtigkeit eine tatsächliche Erkenntnis davon zu haben, dass sein Lebenskurs mit dem Willen Gottes in Einklang steht, um ihn zu befähigen jenes Vertrauen in Gott zu haben, ohne das niemand das ewige Leben erlangen kann. 4. Das war die Situation der Heiligen Gottes und wird es immer sein. Sofern sie nicht die tatsächliche Erkenntnis haben, dass der Kurs, den sie einschlagen, mit dem Willen Gottes in Einklang steht, werden sie geistig erschöpft und ermatten. 7. Wir müssen bemerken, dass eine Religion, die nicht das Opfern von allem erfordert, niemals genug Macht haben würde, den zum Leben und zur Erlösung nötigen Glauben hervorzubringen. Denn von den Anfängen der Menschheit an konnte der zum Genuss des Lebens und der Erlösung nötige Glauben nie ohne das Opfern alles Irdischen erreicht werden. Gott hat es so festgesetzt, dass die Menschen durch dieses Opfer, und nur durch dieses Opfer, das ewige Leben genießen können. Und durch das Opfern alles Irdischen erkennt der Mensch erst wirklich, dass er tut, was Gott gefällt. 12. Aber jene, die dies Gott nicht geopfert haben, wissen nicht, dass der Kurs, den sie verfolgen, ihm gefällt. Denn was auch immer ihr Glaube oder ihre Meinung sein mag, es ist eine Angelegenheit des Zweifelns und der Unsicherheit in ihren Gedanken. Und wo Zweifel und Unsicherheit herrschen, gibt es keinen Glauben, und kann es ihn auch nicht geben. Zweifel und Glauben existieren nämlich nicht gleichzeitig in derselben Person. So kann jemand, dessen Gedanken Zweifel und Furcht beinhalten, kein unerschütterliches Vertrauen besitzen, und wo es kein unerschütterliches Vertrauen gibt, ist der Glaube schwach. Und wo der Glaube schwach ist, können die Menschen nicht gegen alle die Opposition, Schwierigkeiten und Leiden ankommen, denen sie begegnen werden, um Gottes Erben und Miterben mit Christus Jesus zu sein. Aber sie werden geistig ermüden, und der Widersacher wird Macht über sie haben und sie vernichten.

Vortrag Sieben 19. Alles, was sich auf das Leben und die Göttlichkeit bezieht, ist eine Auswirkung des Glaubens. 20. Wenn der Glauben kommt, bringt er  seine Begleiter mit - Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten, Lehrer, Gaben, Weisheit, Erkenntnis, Wunder, Heilungen, Zungen, Auslegung von Zungen usw. Alle diese erscheinen, wenn der Glauben auf der Erde erscheint, und sie verschwinden, wenn der Glaube von der Erde verschwindet. Denn dies sind die Wirkungen des Glaubens und sie sind und werden immer mit ihm einhergehen. Denn wo Glauben herrscht, da ist auch die Erkenntnis Gottes, mit allem, was dazu gehört: Offenbarungen, Visionen und Träume, wie alles  andere Notwendige, so dass die Gläubigen vervollkommnet werden und die Erlösung erlangen können [Dahl und Tate, S. 31-104].

Der Prophet Joseph Smith, Oliver Cowdery, Sidney Rigdon und Frederick G. Williams, die die erste Ausgabe der Lehre und Bündnisse zusammenstellten, sagten im Vorwort zu den „Vorträgen über den Glauben“, „dass das Werk—kurz gesagt—die Hauptpunkte der Religion enthält, zu der wir uns bekennen“, und dass „wir versucht haben… unseren Glauben darzustellen, obwohl in wenigen Worten, und wenn wir das sagen, vertrauen wir demütig darauf, dass er der Glaube und die Grundsätze dieser Gesellschaft als ganzer widerspiegelt“ (Dahl und Tate, S. 29-30).

Obwohl es unmöglich ist, die Langzeitwirkung der Vorträge auf HLT-Glaubens- und Lehrgrundsätze abzuschätzen, veranlasste das Produzieren der Vorträge frühe Kirchenführer dazu, einiges von dem zu artikulieren und zusammenzuführen, was sie von den Offenbarungen der Wiederherstellung mit dem Verständnis der Bibel, die sie vom amerikanischen Christentum geerbt hatten, gelernt hatten. Obwohl die meisten Heiligen der Letzten Tage diesen Vorträgen nur wenig Beachtung geschenkt haben, haben andere sie recht ernst genommen und ihre Bedeutung unterstrichen. Der HLT-Schriftgelehrte und Apostel Bruce R. McConkie schrieb in Bezug auf die Vorträge: „Sie wurden selber nicht als Offenbarungen klassifiziert, aber in ihnen findet man einige der besten Aufgabenmaterialien, die je über die Gottheit vorbereitet wurden: über den Charakter, die Vollkommenheiten und die Eigenschaften Gottes, über den Glauben, Wunder und Opfer. Alle, die das Evangelium gründlich studieren, können sie mit großem Nutzen studieren“ (MD, S. 439). Die Neuveröffentlichung der Vorträge von 1990 signalisiert den Wunsch einiger HLT-Schriftgelehrter, Interesse an ihrer historischen und Lehrbedeutung für die Kirche zu wecken.

BIBLIOGRAPHIE

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LARRY E. DAHL