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TEMPEL

[Folgende Artikel sind in diesem Eintrag enthalten:

Gottesverehrung und Handlungen in Tempeln der Heiligen der Letzten Tage

Geschichte der Tempel der HLT von 1831 bis 1990

Tempelweihungen der Heligen der Letzten Tage

Tempelverwaltung

Bedeutung und Funktion der Tempel

TEMPEL VERSCHIEDENER ZEITALTER

Die ersten vier Artikel beziehen sich auf Tempel gemäß der Tradition der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Siehe auch Haus der Begabung; Kirtland Tempel; Freimaurer und der Tempel; Nauvoo Tempel und Salt Lake Tempel. Der fünfte Artikel behandelt die allgemeinen Bedeutungen und Funktionen der Tempel in Weltreligionen. Der abschließende Artikel diskutiert insbesondere altertümliche Tempel, einschließlich der Gemeinsamkeiten zwischen den alten Tempeln der Israeliten und den Tempeln der Heiligen der Letzten Tage.

Siehe auch Taufe für Verstorbene; Begabung; Ahnenforschung; Garments; Allerheiligste; Ehe: Ewige; Gebetskreis; Erlösung der Toten; Siegelung; Tempelverordnungen und Waschungen und Salbungen.]

GOTTESVEREHRUNG UND HANDLUNGEN IN TEMPELN DER HEILIGEN DER LETZTEN TAGE

Im religiösen Leben der Heiligen der Letzten Tage sind der Vollzug von Verordnungen im Tempel und das Trachten nach dem Willen des Herrn eine heilige und bedeutungsvolle Form der Gottesverehrung. Im Tempel werden heilige Wahrheiten gelehrt und einzelne Mitglieder schließen sowohl für sich selbst als auch stellvertretend für Verstorbene (in der Geisterwelt können sie sich entscheiden, ob sie diese stellvertretende Arbeit annehmen oder ablehnen möchten) feierliche Bündnisse im Namen Jesu Christi. Gehorsam gegenüber Tempelbündnissen und Andacht beim Vollzug von Tempelverordnungen bringen Frieden in dieser Welt und die Verheißung ewigen Lebens in der kommenden Welt.

In jedem Tempel gibt es besondere Bereiche für die verschiedenen Verordnungen. Ein großes Taufbecken, was auf den Rücken von zwölf bildhauerisch bearbeiteten Ochsen steht (vgl. 1 Könige 7:25), wird für die Taufe für Verstorbene verwendet. In anderen Bereichen gibt es abgetrennte Räume, wo man rituell gewaschen und gesalbt wird, bevor man die Begabung empfangen kann. In älteren Tempeln sind die größeren Räume verziert, um die Schöpfung, den Garten von Eden, diese Welt und das Terrestiale Reich zu repräsentieren. In solchen Räumen der Begabung sehen und hören die Teilnehmer symbolische Darstellungen. Es werden schauspielerisch Szenen vorgeführt, die darstellen von wem und wozu die Erde erschaffen wurde. Außerdem wird erklärt, was man tun muss, um wieder in der Gegenwart Gottes weilen zu können. Die Teilnehmer schließen Bündnisse und empfangen Verheißungen und Segnungen. Dies ist als der Empfang der Begabung bekannt. Der Prophet Joseph Smith lehrte, dass diese Begabung notwendig sei, um fähig zu sein „alle Dinge zu überwinden“ (LPJS, S. 91). Ein Schleier trennt symbolisch den terrestialen Raum vom celestialen Raum, welcher durch seine Möbel und Dekorationen den Frieden, die Schönheit und die Herrlichkeit der höchsten Herrlichkeit des Himmels andeutet. Im Tempel gibt es auch kleinere Siegelungsräume, wo Tempeleheschließungen und Siegelungen für die Lebenden und stellvertretend für die Verstorbenen feierlich begangen werden. Manche Tempel haben auch einen Raum im oberen Teil, wo feierliche Versammlungen stattfinden können.

Der erste Besuch im Tempel, um seine eigene Begabung zu empfangen, ist ein großes Ereignis im Leben eines Heiligen der Letzten Tage. (Kinder betreten den Tempel nur, um an ihre Eltern gesiegelt zu werden, oder um mit mindestens 12 Jahren für Verstorbene getauft zu werden.) Vollzeitmissionare empfangen ihre Begabung kurz bevor sie ihren Missionsdienst beginnen. Andere Mitglieder tun dies in der Regel kurz vor einer Tempelehe, oder, wenn sie unverheiratet sind, zu einer Zeit im Leben, wenn sie reif genug sind. Alle Heiligen der Letzten Tage, die in den Tempel gehen, müssen würdig sein. Männer müssen zudem das Melchisedekische Priestertum tragen.

Nachdem jemand seine oder ihre eigene Begabung empfangen hat, wird dieses Mitglied ermutigt, wiederzukommen und häufig durch den Tempel zu gehen, um dieselben Verordnungen zu Gunsten Verstorbener, die sie zu Lebzeiten nicht empfangen haben, wiederholt zu erfahren. Bei jedem Besuch im Tempel vertritt ein Tempelbesucher eine Person seines Geschlechts. Dieser selbstlose Dienst von „Befreier[n]...auf [dem] Berg Zion“ (vgl. Obadja 1:21) ist verwurzelt im Glauben an die buchstäbliche Auferstehung und das Leben aller Menschen nach dem Tod.

Nach ihrer Weihung sind Tempel der HLT der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich, sondern nur Heiligen der Letzten Tage. Sogar unter den Mitgliedern selbst sprechen die Heiligen der Letzten Tage außerhalb des Tempels nicht über Details der Tempelzeremonien, da diese heilig sind. Im Tempel gehen Gottesverehrer durch eine Reihe von Schritten, die den Rückzug von der Welt und das Eintreten in die Behausung der Gottheit symbolisieren. Um einzutreten, zeigen sie ihren Tempelschein vor und wechseln ihre Straßenkleidung, so dass sie ganz in weiß gekleidet sind. Sie kommunizieren nur mit leiser Stimme, solange sie sich in diesem heiligen Gebäude aufhalten. Tempel sind sonntags nicht geöffnet, weil der Sabbattag der Gottesverehrung im Heim und in Kirchenversammlungen gewidmet ist.

Für denjenigen, der beim Betreten des Haus Gottes „reine Hände hat und ein lauteres Herz“ (Psalm 24:4) und „ein reuiges Herz und einen zerknirschten Geist“ (3 Nephi 9:20; vgl. Psalm 51:17) und keine negativen Gefühle gegenüber anderen hat (Matthäus 5:23-24), ist der Tempel ein idealer Ort für meditative Gottesverehrung, Erneuerung, Gebet und stillen Dienst. Der Herr beschrieb sein Haus als „ein Haus des Betens, ein Haus des Fastens, ein Haus des Glaubens, ein Haus des Lernens, ein Haus der Herrlichkeit, ein Haus der Ordnung, ein Haus Gottes“ (LuB 88:119). Die Andacht im Tempel lädt den Geist demütiger Gottesverehrung und Heiligkeit ein. In der Ruhe des Haus des Herrn beten diejenigen im Stillen, die sich danach sehnen, das Wort des Vaters zu hören und von ihm erhört zu werden. Sie können sich auch feierlichen Bittgesuchen zu Gunsten von Kranken, Bedrängten und denjenigen anschließen, die nach Inspiration und Führung trachten (vgl. 1 Könige 8:30-49; siehe auch Gebetskreis).

Die Worte, die bei der Begabung ausgesprochen werden, geben „die Antworten der Ewigkeit“ (Hinckley, S. 37), die fest mit der Perspektive aller Kinder Gottes zusammenhängen. Die Worte legen ewige Prinzipien dar, um ein jedes Dilemma im Leben zu lösen. Sie weisen den Weg, wie man Christus ähnlicher werden und sich stufenweise für das Leben mit Gott qualifizieren kann. Dort werden die Gesetze des neuen und immerwährenden Bunds gelehrt – Gesetze des Gehorsams, des Opferns, der Ordnung, der Liebe, der Keuschheit und der Weihung. Im Tempel lernt man mehr über die heiligen Rollen von Männern und Frauen zueinander und im ewigen Plan Gott Vaters. Man empfängt eine solide Perspektive bezüglich des sich wiederholenden Lebensmusters und entwickelt eine größere Liebe für seine Vorfahren sowie für die gesamte Menschheit.

Diese Zuflucht vor der Welt ist für Heilige der Letzten Tage Teil die Erfüllung einer alten Prophezeiung, dass „am Ende der Tage...der Berg mit dem Haus des Herrn...festgegründet [steht]... Zu ihm strömen alle Völker“ (Jesaja 2:2). Im Haus des Herrn trachten glaubensvolle Mitglieder der Kirche danach zu verstehen, wen sie verehren und wie sie verehren sollen, so dass sie zu gegebener Zeit im Namen Christi zum Vater kommen und von seiner Fülle empfangen können (LuB 93:19).

BIBLIOGRAPHIE

Derrick, Royden G. Temples in the Last Days. Salt Lake City, 1987.
Edmunds, John K. Through Temple Doors. Salt Lake City, 1978.
Hinckley, Gordon B. “Why These Temples?” Ensign 4 (Aug. 1974):37-41.
Leone, Mark P. “The New Mormon Temple in Washington, D.C.” In Historical Archaeology and the Importance of Material Things. Charleston, S.C., 1977.
Madsen, Truman G. “The Temple and the Restoration.” In The Temple in Antiquity, ed. Truman G. Madsen. Provo, Utah, 1984.
Packer, Boyd K. The Holy Temple. Salt Lake City, 1980.
Talmage, James E. The House of the Lord. Salt Lake City, 1976.

IMMO LUSCHIN

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GESCHICHTE DER TEMPEL DER HLT VON 1831 BIS 1990

Heilige der Letzten Tage bauen Tempel. Ihre Geschichte ist eine Geschichte von der Planung und dem Bau von Tempeln, oftmals trotz extremen Widerstandes. Eine frühzeitliche Offenbarung erklärte, dass „mein Volk allzeit das Gebot [hat], meinem heiligen Namen ein solches Haus zu bauen“ (LuB 124:39-40). In den letzten Wochen seines Lebens bestätigte der Prophet Joseph Smith: „Wir brauchen Tempel mehr als alles andere“ (Journal History of the Church, 4. Mai 1844).

Die Funktion der Tempel der Heiligen der Letzten Tage stimmt in einigen Aspekten mit der Funktion des alten Offenbarungszeltes und mit den biblischen Tempeln überein, welche als heilige Orte geweiht wurden. Dort würde sich Gott persönlich seinem Volk offenbaren (Exodus 25:8, 22) und Opfergaben und heilige Priestertumsverordnungen können dort vollzogen werden (LuB 124:38). Obwohl die Bibel nicht die genaue Bedeutung und das genaue Ausmaß dieser Riten erklärt, versteht sich, dass das Opfern durch Blutvergießen dem höchsten Opfer Jesu Christi vorausging.

Das Neue Testament verwendet zwei Wörter, die mit Tempel übersetzt werden: naos für die heilige Stätte und hieron für den allgemeinen Grund und Innenhof. Obwohl Jesus energisch den Missbrauch des Tempelhofs verurteilte, hatte er dennoch großen Respekt vor der heiligen Stätte, die er als „Haus meines Vaters“ (Johannes 2:16) oder als „mein Haus“ (Matthäus 21:13) bezeichnete. Seine Reinigung des Tempels und Anklage des Missbrauchs (Johannes 2:13-16; Matthäus 21:12-13) bezogen sich vielmehr auf das hieron als das naos.

WIEDERHERSTELLUNG DES GOTTESDIENSTES UND DER VERORDNUNGEN DES TEMPELS. Heilige der Letzten Tage bauten ihren ersten Tempel in Kirtland in Ohio. Eine feierliche Zeremonie zur Ecksteinlegung im Jahre 1833 kennzeichnete den Beginn des Tempelbaus. Über einen Zeitraum von etwa drei Jahren opferten die Heiligen ihr Vermögen, ihre Zeit und ihre Energie, um das Haus des Herrn zu bauen (das Wort „Tempel“ wurde zu dieser Zeit nicht allgemein verwendet). Obwohl das Äußere des Tempels einem typischen Treffpunkt Neu Englands ähnelte, hatte sein Inneres einige einzigartige Merkmale. Eine Offenbarung bestimmte, dass das Gebäude zwei große Räume haben sollte. Die untere Halle sollte eine Kapelle sein während die obere Halle für schulische Zwecke bestimmt war (LuB 95:8, 13-17). Für die heiligen Zeremonien gab es noch keine Vorschriften, denn diese sollten später noch offenbart werden.

Erwähnenswerte geistige Segnungen folgten auf die Jahre des Opferns. Die Wochen kurz vor der Weihung des Kirtland Tempels zeugten von bemerkenswerten geistigen Offenbarungen. Am 21. Januar 1836, als sich Joseph Smith und andere in dem beinahe fertiggestellten Tempel versammelten, empfingen sie Waschungen und Salbungen. Sie sahen viele Visionen, einschließlich einer Vision vom Celestialen Reich. Sie lernten, dass alle, die ohne Kenntnis vom Evangelium gestorben waren, es aber angenommen hätten, wenn sie dazu die Gelegenheit gehabt hätten, Erben dieses Reiches seien (LuB 137:7-8). Dies war die erste Offenbarung über die Erlösung der Toten in den letzten Tagen und ein Hauptprinzip der Lehre im Bezug auf die Verordnungen in den Tempeln der HLT.

Am Sonntag, dem 27. März 1836, wurde der Kirtland Tempel geweiht. Gegen Ende des tagelangen Dienstes las Joseph Smith das Weihungsgebet, das ihm zuvor offenbart worden war (LuB 109). Im Anschluss an dieses Gebet sang der Chor „Der Geist aus den Höhen“, ein Kirchenlied, das zu diesem Anlass von William W. Phelps geschrieben worden war (siehe Anhang, „Gesangslieder“). Nachdem man das Abendmahl ausgeteilt hatte und einige Mitglieder Zeugnis gegeben hatten, erhob sich die Gemeinde und rief aus „Hosanna, Hosanna; Hosanna, Gott und dem Lamm!“ Förmliche Weihungsgebete, der Gesang dieses Kirchenliedes und der Hosannaruf kennzeichnen seither alle Tempelweihungen (siehe Hosannaruf).

Eine Woche nach seiner Weihung trugen sich am 3. April bezeichnende Erscheinungen im Kirtland Tempel zu. Jesus Christus erschien und nahm den Tempel an. Dann erschienen Mose, Elias und Elijah und stellten spezifische Priestertumsmächte wieder her (LuB 110). Durch die Siegelungsschlüssel, die Elijah wiederherstellte, konnten die auf Erden vollzogenen Priestertumsverordnungen für die Lebenden und die Toten auch im Himmel gebunden oder gesiegelt werden. Dies half dabei, die Herzen der Väter und Kinder einander zuzuwenden (Maleachi 4:5-6).

Zur Zeit als Joseph Smith den Tempelbau in Kirtland plante, verfolgte er auch aufmerksam die Entwicklungen in Missouri. Im Jahre 1831 hatte er einen Eckstein für einen zukünftigen Tempel in Independence im Kreis Jackson gelegt. Dieser wurde als „Zentrum“ Zions ausersehen (LuB 57:3). Im Juni 1833 fertigte er einen Bauplan für die Stadt Zion an, gemäß dem vierundzwanzig Tempel oder heilige Gebäude im Zentrum der Stadt gebaut werden würden, um eine Reihe verschiedener Priestertumsfunktionen zu erfüllen. Als die Heiligen der Letzten Tage gezwungen waren im Herbst aus Jackson County zu fliehen, wurden alle Pläne, die Stadt Zion und dessen Tempel aufzubauen, aufgeschoben.

Im Jahre 1838 wurden die Ecksteine für einen Tempel in Far West im Norden Missouris gelegt. Diese Struktur war für die Sammlung der Heiligen gedacht, um Gott anzubeten (LuB 115:7-8). Jedenfalls vermied die Verfolgung diesen Bau.

Der Nauvoo Tempel, der 1846 geweiht wurde, war der erste Tempel, welcher für die kürzlich wiederhergestellten heiligen Verordnungen für die Lebenden und die Toten entworfen wurde. Stellvertretende Taufen für Verstorbene wurden im Jahr 1840 eingeführt. Sie wurden zunächst im Mississippi vollzogen, bis im Erdgeschoss des Tempels ein Taufbecken fertiggestellt war. Im Jahr 1842 verlieh der Prophet die ersten Bagabungen im Versammlungsraum über seinem Laden aus roten Ziegelsteinen (LPJS, S. 237). Zu dieser Zeit empfingen nur Lebende die Begabung. Diese Zeremonie war ein Rückblick auf die Geschichte der Menschheit seit der Schöpfung und betonte die hohen Maßstäbe, welche für die Rückkehr in die Gegenwart Gottes erforderlich sind. Die ersten Siegelungen oder Eheschließungen von Paaren für die Ewigkeit wurden ebenfalls zu etwa dieser Zeit durchgeführt. Dann wurden alle diese Tempelarbeiten eingestellt bis der Tempel fertiggestellt war.

Die Außenwände des Tempels waren nur teilweise fertiggestellt, als ein Mob Joseph Smith und seinen Bruder Hyrum 1844 ermordeten. Der Märtyrertod verursachte jedoch nur eine temporäre Unterbrechung des Tempelbaus. Obwohl die Heiligen wussten, dass man sie bald zwingen würde, Nauvoo zu verlassen und sie so den Zutritt zum Tempel verlieren würden, waren sie willig etwa eine Million Dollar auszugeben, um die Vision ihres Propheten, nämlich die Errichtung des Haus des Herrn, wahrzumachen. Bis Dezember 1845 waren die Räumlichkeiten im Tempel ausreichend fertiggestellt, so dass dort Begabungen verliehen werden konnten. Während der nächsten acht Wochen empfingen 5500 Personen diese Segnungen, obwohl sie sich eilig auf ihren Auszug Richtung Westen vorbereiteten. Brigham Young und andere Amtierende blieben Tag und Nacht im Tempel. Um Ordnung zu bewahren, bestand Heber C. Kimball darauf, dass nur diejenigen mit einer offiziellen Einladung in den Tempel gelassen werden sollten. Dies kennzeichnete wahrscheinlich den Beginn der Tempelscheine.

TEMPEL GANZ OBEN AUF DEN BERGEN.

Der Tempelbau blieb eine hohe Priorität für die Pioniere, als sie ihre anstrengende Reise durch die Rocky Mountains fortsetzten. Nur vier Tage nachdem sie das Salzseetal erreicht hatten, wählte Brigham Young einen Platz für den Tempel aus. Es gab temporäre Regelungen für das Verleihen der Begabung bis dieser Tempel fertiggestellt werden konnte. 1855 wurde auf dem Tempelplatz ein aus Lehmstein gefertigtes Haus der Begabung eröffnet. Präsident Young erklärte, dass dort nicht alle Verordnungen angemessen vollzogen werden konnten. Mitte der 1870er Jahre ermutigte er die Heiligen jedoch, mit dem Bau anderer Tempel in Utah fortzufahren.

Der Platz für den Tempel in St. George war sumpfig, doch Brigham Young bestand darauf, dass er dort gebaut werden sollte, weil die Stelle von einem alten Propheten aus dem Buch Mormon bestimmt worden war (Aussage von David H. Cannon, Jr., 14. Oktober 1942, zitiert in Kirk M. Curtis, „Geschichte des St. George Tempels“, Masterarbeit, Brigham Young University, 1964, S. 24-25). Eine alte, mit Blei gefüllte Kanone wurde im Stegreif zu einer Rammanlage umfunktioniert, um Steine in den sumpfigen Boden zu rammen. Im Jahre 1877 wurde der St. George Tempel als erster Tempel in Utah fertiggestellt. Die Begabungen für die Verstorbenen wurden dort im Januar diesen Jahres feierlich eingeführt. Somit konnten die Heiligen diese wichtigen Verordnungen stellvertretend für ihre Ahnen vollziehen.

Aufgrund der zunehmenden Zahl an Begabungen für die Verstorbenen, wurde die grundlegende Bauart der Tempel verändert und dieser Verordnung angepasst. Der Logan Tempel und der Manti Tempel (1884 und 1888 geweiht) haben große obere Versammlungsräume und eine Reihe kleinerer unterer Räume, welche speziell für die Vorführung der Anweisungen für die Begabung vorgesehen waren. Wandgemälde stellen verschiedene Stufen im ewigen Fortschritt des Menschen dar. Aufgrund der politischen Feindseligkeit von außen im Jahre 1888, weihten Kirchenführer den Manti Tempel vorerst in privaten Zeremonien. Bei der öffentlichen Einweihung, die bald danach stattfand, berichteten Mitglieder der Versammlung unübliche geistige Erlebnisse, einschließlich dem Vernehmen von Engelschören.

Die Fertigstellung des Salt Lake Tempels hob die Stimmung der Heiligen während finsterer Tage der Verfolgung. Steine am äußeren Teil des großen Tempels repräsentieren auf symbolische Weise die Grade der ewigen Herrlichkeiten und andere Evangeliumsprinzipien. Die mittlere Ostturmspitze trägt eine Statue des Engels Moroni, was die Offenbarung des Johannes in Bezug auf einen himmlischen Vorboten symbolisiert, der das Evangelium in die Welt bringt (Offenbarung 14:6). Das Innere enthält Versammlungsräume für Ratssitzungen der Generalautoritäten. Am Nachmittag vor der Tempelweihung am 6. April 1893 wurden Besucher verschiedenen Glaubens zu einer Rundführung im Tempel eingeladen. Solche Tage der offenen Tür vor der Einweihung haben an Bedeutung zugenommen und haben sich im 20. Jahrhundert zum Regelfall entwickelt.

TEMPEL IM ZWANZIGSTEN JAHRHUNDERT

Während des ersten Drittels des zwanzigsten Jahrhunderts wurden Tempel häufiger weiter entfernt vom Hauptsitz der Kirche gebaut, was zugleich die Ausbreitung und das Wachstum der Kirche wiederspiegelte. Präsident Joseph F. Smith sprach von dem Bedarf, die Tempelsegnungen auch für weitverstreute Heilige zugänglich zu machen, damit sie nicht so oft Tausende von Meilen westwärts durch die Berge reisen müssten, um diese zu empfangen. Die Tempel, die zu dieser Zeit gebaut wurden, waren vergleichsweise klein und hatten weder Türme noch große Versammlungsräume.

Präsident Smith, der als junger Mann eine Mission auf Hawaii erfüllt hatte, wählte den Standort des Tempels in Laie auf der Insel Oahu aus. Da es auf der Insel an üblichen Baumaterialien mangelte, wurde der Tempel aus verstärktem Beton gebaut. Er wurde 1919 eingeweiht, einem Jahr nach dem Tod von Präsident Smith. Inzwischen hatte auch der Bau des Tempels in Cardston in Alberta, Kanada, begonnen. Nach seiner Einweihung im Jahre 1923 organisierten Kirchenmitglieder aus Oregon und Washington jährliche Fahrten zu diesem Tempel. Solche waren die Vorläufer von Tempelfahrten, weche ein zunehmend wichtiger Bestandteil religiöser Aktivität der Mitglieder wurden, die nicht nahe dieser heiligen Gebäude lebten.

Bei der Einweihung des Arizona Tempels in Mesa im Jahre 1927 ersuchte Präsident Heber J. Grant göttliche Segnungen für die Amerikanischen Ureinwohner und andere gegenwärtige Nachfahren der Völker aus dem Buch Mormon. 1945 wurden die Begabung und andere Tempelsegnungen dort auf Spanisch durchgeführt. Es war das erste Mal, dass man diese Zeremonien in einer anderen Sprache als Englisch vollzog. In den folgenden Jahrzehnten reisten Mitglieder aus den südwestlichen Vereinigten Staaten, Mexiko und sogar aus dem weit entfernten Zentralamerika nach Mesa, um an den Tempelsessionen in spanischer Sprache teilzunehmen.

Präsident Grant genehmigte auch Standorte für Tempel in Kalifornien und Idaho. Obwohl der Bau des Idaho Falls Tempels im Jahre 1937 begann, verzögerten die Knappheit an Baumaterial während des Zweiten Weltkriegs seine Vollendung bis 1945.

Der rapide Zuwachs von Kirchenmitgliedern in Südkalifornien während und nach dem Zweiten Weltkrieg führte zum Bau des Los Angelos Tempels, dem zu dieser Zeit größten Tempel der Kirche. Dieser Tempel wurde 1956 geweiht und war der erste Tempel des 20. Jahrhunderts, in dem es oben einen großen Raum gab, in dem Priestertumsführer feierliche Versammlungen durchführten. Zusätzlich stand eine Statue des Engels Moroni auf seiner 78 Meter hohen Turmspitze. Der Bauplan sah vor, dass der Engel in südöstliche Richtung blicken sollte, ebenso wie der Tempel selbst. Präsident David O. McKay bestand jedoch darauf, dass die Statue genau gen Osten gerichtet werde. Die meisten (jedoch nicht alle) Tempel der HLT sind nach Osten gerichtet. Dies ist ein Symbol für das erwartete zweite Kommen Christi, welches Jesus mit einem Blitz im Osten verglich (Matthäus 24:27). Mitglieder in Kalifornien betrachten diesen Tempel als die Erfüllung der Prophezeiung Brigham Youngs, dass man eines Tages vom Haus des Herrn aus über die Ufer des Pazifiks hinwegsehen wird und dass die Tempel einen mittigen Turm haben würden sowie reflektierende Wasserbecken und Pflanzen auf den Dächern.

DIE ERSTEN TEMPEL IN ÜBERSEE.

Die Entscheidung Tempel in weiter Ferne zu bauen signalisierte einen neuen Schwerpunkt. Obwohl Kirchenführer jahrzehntelang den überseeischen Heiligen geraten hatten, nicht nach Amerika zu pilgern, sondern die Kirche dort aufzubauen, wo sie sich befinden, waren ihnen die Segnungen des Tempels in ihren Heimatländern nicht zugänglich. Der Schweizer Tempel 1955 in der Nähe von Bern errichtet und die Tempel in Neuseeland und London1958 errichtet, deckten teilweise diesen Bedarf. Der Gebrauch von Film und Projektoren erlaubte, dass die Verordnung der Begabung an ein und demselben Ort vollzogen werden konnte und nicht unbedingt durch eine Abfolge wandbemalter Räume. Präsident McKay hatte bekanntgegeben, dass zukünftige Tempel kleiner sein würden, damit mehr in der Welt gebaut werden könnten. Darüberhinaus konnten diese Zeremonien als Film in verschiedenen Sprachen und mit einer kleinen Gruppe von teilnehmenden Tempelarbeitern durchgeführt werden.

Diejenigen, die für die Standortbestimmung dieser Tempel verantwortlich waren, waren davon überzeugt, dass sie göttliche Unterstützung bekamen. Die Amtspersonen der Schweizer Mission erfuhren verlängerte Schwierigkeiten bei dem Erhalt einiger Standorte, die sie ausgewählt hatten, und ersuchten den Herrn um seine Hilfe. Unverzüglich fanden sie einen größeren Bauplatz zum halben Preis. Kurz darauf erfuhren sie, dass sich die ursprüngliche Stelle aufgrund des unerwarteten Baus einer Autobahn durch einen Teil des Grundstücks ungünstig gewesen wäre. Als der ursprüngliche Preis für das Tempelgrundstück in Neuseeland zu überteuert zu sein schien, prüften stellvertretende Anwälte der Besitzer und der Kirche nochmals die Angelegenheit und kamen unabhängig voneinander auf denselben geringeren Betrag. Ingenieure warnten davor, den London Tempel an der Stelle zu bauen, die Präsident David O. McKay ausgesucht hatte, weil es zu schwammig war. Jedoch wurde in angemessener Tiefe genügend Grundgestein entdeckt, um das Fundament abzustützen.

NEUZEITLICHE TEMPEL IN NORDAMERIKA.

Während des Jahrzehnt von 1964 bis 1974 weihte die Kirche vier weitere Tempel in den Vereinigten Staaten. Der Oakland Tempel (1964) war von den Heiligen in Nordkalifornien freudig und eifrig erwartet worden. Vierzig Jahre zuvor hatte Elder George Albert Smith, als er in San Francisco war, von dem Tag gesprochen, an dem ein wunderschöner Tempel die östlichen Hügel der Bucht überragen würde. Dieser würde ein Leuchtturm für Schiffe sein, die durch das goldene Tor fahren. Während des Zweiten Weltkriegs wurde ein Grundstück auf den hohen Oakland Hügeln erhältlich. Allerdings vergingen zwei Jahrzehnte bevor das Wachstum der Kirche in diesem Gebiet den Bau eines Tempels rechtfertigte. Der Oakland Tempel nutzt heute Filmprojektoren, um die Zeremonie der Begabung zu präsentieren. Drei große Räume ermöglichen, dass große Gruppen diese Unterweisungen gleichzeitig empfangen können.

Obwohl frühere Führer von zukünftigen Tempeln in Ogden und Provo gesprochen hatten, kam die Bekanntmachung dieser zwei Tempel in Utah für viele Heilige der Letzten Tage überraschend. Kirchenführer erklärten, dass der Salt Lake Tempel über seine Kapazität hinaus in Anspruch genommen wurde. Daher würde der Bau zwei neuer Tempel in der Nähe den großen Ansturm verringern und die Heiligen in Ogden und Provo hätten eine kürzere Anreisezeit. Als die Tempel fünf Jahre später fertiggestellt waren, gab es in jedem von ihnen sechs Räume für die Begabung. Somit konnte alle zwanzig Minuten eine weitere Gruppe die Vorführung beginnen, wodurch bis zu sechzig Sessionen täglich durchgeführt werden konnten.

Der Washington D.C. Tempel, nahe der U.S. Hauptstadt, deckte nicht nur den Bedarf der Heiligen, die in den Oststaaten und in Kanada lebten, sondern wurde auch zu einem Denkmahl für die wiederhergestellte Kirche. Architekten entwarfen ihn als eine moderne und leicht erkennbare Nachahmung des bekannten sechstürmigen Stils des Salt Lake Tempels. Seine 88 Meter hohe östlich mittige Turmspitze ist von allen Tempeln der HLT die höchste Spitze der Welt. Der Washington Tempel besaß einen Komplex von sechs Begabungsräumen. Er wurde der zweite Tempel des 20. Jahrhunderts, der im Obergeschoss einen großen Versammlungsraum für das Priestertum hatte.

Während der 1970er Jahre wurden der Arizona Tempel und einige weitere Tempel umgestaltet, so dass zur Vorführung der Begabung Filmprojektoren benutzt werden konnten. Da dies erhebliche Renovierungsarbeiten waren, wurden für Besucher Tage der offenen Tür veranstaltet, bevor die Tempel erneut geweiht wurden. Im selben Jahrzehnt begann der Bau drei weiterer Tempel in Nordamerika. Der Seattle Tempel (1980 geweiht) war der erste Tempel in der U.S. Nordwest Pazifik Region. Der Jordan River Tempel (1981) war der zweite Tempel im Salzseetal. Der Mexico Tempel (1983) zeichnet sich durch seinen Maya`schen Baustil aus. Bei der Einweihung des Mexico Tempels hatte Elder Ezra Taft Benson das drängende Gefühl, das Buch Mormon zu betonen. Dieses Leitmotiv wurde später charakteristisch für sein geistiges Wirken als Präsident der Kirche.

WELTWEITE AUSBREITUNG.

Im Jahre 1976 wurden zwei Offenbarungen (heute LuB 137 und 138) den Standardwerken zugefügt. Eine verzeichnete Joseph Smiths Vision der Celestialen Herrlichkeit aus dem Jahre 1836. Bei der anderen Aufzeichnung aus dem Jahre 1918 handelte es sich um Präsident Joseph F. Smiths Vision vom Erretter. Darin organisiert Christus die Rechtschaffenen, damit sie sein Evangelium in der Welt der ausgestoßenen Geister predigen. Beide Visionen trugen zum Verständnis der Heiligen von der Erlösung der Toten bei. Außerdem war es ein neuer Auslöser für eine noch nie dagewesene Zunahme des Tempelbaus.

Pläne für den Bau der Tempel in Sao Paulo und Tokio, die ersten Tempel in Südamerika und Asien, waren bereits bekanntgegeben worden. 1980 beschleunigte sich der Tempelbau drastisch als die Erste Präsidentschaft verkündete, dass sieben neue Tempel gebaut werden sollten. Dazu gehörten der erste Tempel in den Südoststaaten der USA, zwei weitere Tempel in Südamerika und vier im Pazifikraum. Im folgenden Jahr wurden Pläne für neun weitere Tempel bekanntgegeben. Jeweils zwei Tempel sollten in den USA, Europa und Lateinamerika gebaut werden sowie ein weiterer jeweils in Korea, auf den Philippinen und in Südafrika. Bis 1984 wurden Pläne für zehn weitere Tempel bekanntgegeben, einschließlich des Tempels in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Diese Tempel waren kleiner als die meisten, die in früheren Jahrzehnten errichtet worden waren. Da viele zur gleichen Zeit gebaut wurden, ist ihr Baustil sehr ähnlich.

Die meisten dieser neuen Tempel wurden dort gebaut, wo sie den Lebenden die Segnungen des Tempels zugänglich machten, auch wenn sie nicht erheblich viel zur Anzahl an Verodnungen für die Verstorbenen beisteuerten. Mehr Tempel als je zuvor waren nun auf der ganzen Welt in Reichweite der Heiligen der Letzten Tage. Die Heiligen begrüßten den Bau dieser Tempel mit Dankbarkeit und Freude. Als Präsident Spencer W. Kimball beispielsweise die Absicht bekanntgab, den Sao Paulo Tempel bauen zu lassen, gab es ein höhrbares Aufatmen, dass durch die zahlreiche Versammlung ging, die sich zur Zonenkonferenz in Brasilien zusammengefunden hatte. Tränen strömten während sich Familien überall im Saal vor lauter Freude über diese Neuigkeit in den Armen lagen. Kirchenführer wiesen darauf hin, dass Mitglieder anstatt ihren Lebensverdienst zu opfern, um einen weit entfernten Tempel zu erreichen, nun eine andere Art von Opfer bringen müssten, nämlich Zeit zu finden, um regelmäßig in den Tempel zu gehen.

Heilige der Letzten Tage erwarten, dass diese rapide Ausbreitung des Tempelbaus weiter fortfahren wird. Heilige Tempelverordnungen sollen allen zugänglich gemacht werden. Brigham Young prophezeite, dass zur Zeit des Milleniums Tausende von Tempeln die Erde bedecken würden. Zu dieser Zeit würden Zehntausende Gläubige rund um die Uhr hineingehen und heilige Verordnungen vollziehen.

TEMPELSEGNUNGEN FÜR DIE VERSTORBENEN.

Als die Heiligen in Nauvoo stellvertretend für ihre nahen Verwandten Taufen vollzogen, waren die Informationen über sie bereits zugänglich. Schwierigere genealogische Forschung wurde allerdings notwendig, damit Kirchenmitglieder ihre Verantwortung, für die Tempelsegnungen all ihrer verstorbenen Verwandten zu sorgen, erfüllen konnten, so weit es ihnen möglich war, diese zurückzuverfolgen. Die Einführung der Bagabungen für die Verstorbenen im Jahre 1877 beanspruchte weitaus mehr Zeit als die Taufen. Sie spiegelten eine bezeichnende Intensivierung der Verpflichtung aller Kirchenmitglieder gegenüber dem Tempel wider.

Zunächst hatten die Heiligen stellvertretend nur für ihre eigenen verstorbenen Verwandten oder Freunde Verordnungen vollzogen. Wilford Woodruff erklärte jedoch, als er die Entwicklung des stellvertretenden Dienst im St. George Tempel regelte, dass der Herr den Mitgliedern erlauben würde, einander bei dieser wichtigen Arbeit zu helfen.

Eine weitere Erneuerung kam während des frühen 20. Jahrhunderts, als diejenigen, die in weit entfernten Missionsgebieten lebten, die Erlaubnis erhielten, die Namen von geliebten Verstorbenen zum Tempel zu schicken. Dort würden andere Stellvertreter die Verordnungen für sie vollziehen. Kirchenführer ermahnten daraufhin die Mitglieder, die in der Nähe eines Tempels lebten, sich Zeit zu nehmen, um diesen selbstlosen Dienst zu verrichten. Im Salt Lake Tempel hatte es beispielsweise erst nur eine Begabungssession pro Tag gegeben. Bis 1921 hatte sich die Häufigkeit jedoch auf vier erhöht und 1991 fanden zehn Sessionen pro Tag statt.

Mit der zunehmenden Tempelzahl stieg auch die Anzahl der Bagabungen, welche vollzogen wurden. In den 1960er Jahren wandten sich daher Kirchenführer an Angestellte der genealogischen Gesellschaft Utahs, um Namen von mikroverfilmten, lebenswichtigen Aufzeichnungen zu erhalten, damit diese für die Tempelarbeit zugänglich waren. In den frühen 1970er Jahren wurden dreiviertel aller Namen für die Tempelverordnungen auf diese Weise übermittelt.

Damit sich die Mitglieder leichter an der Beschaffung von Namen für den Tempel beteiligen konnten, durften sie 1969 Namen einzeln übermitteln statt nur in Familiengruppen. Computer konnten dabei helfen, Familienbeziehungen zu bestimmen. Ab 1978 wurden kleine Gruppen von Kirchenmitgliedern dazu berufen, sich jede Woche einige Stunden an dem Programm zur Namensfindung zu beteiligen. Dabei kopierten sie Namen und Daten von den Aufzeichnungen auf Mikrofilm. Auf diese Weise wurden die meisten Namen für die Tempelarbeit von Mitgliedern geliefert und seltener von Professionellen im Hauptsitz der Kirche. 1988 wurde die 100 millionste Begabung für Verstorbene vollzogen. Über fünf Millionen Begabungen wurden in demselben Jahr durchgeführt.

DAS HAUS DES HERRN.

Wie das alte Volk Israel betrachten Heilige der Letzten Tage Tempel als heilige Stätten, die dazu bestimmt sind, dass man dort hingehen, näher zu Gott kommen und von ihm Offenbarungen und Segnungen erhalten kann (LuB 97:15-17; 110:7-8). Das Gebäude an sich (die äußere Baustruktur) ist nicht ausschlaggebend für dessen Heiligkeit. Die geistige Atmosphäre im Tempel wird vielmehr von den eintretenden Personen sowie von den heiligen Verordnungen und Anweisungen, die dort empfangen werden, bestimmt. Wenn Mitglieder dieses heilige Haus betreten und ihre Gedanken darauf gerichtet sind, anderen zu dienen, dann wird ihr eigenes Verständnis klarer und sie empfangen Lösungen für persönliche Probleme.

Aufgrund der geistigen Natur der Tempelarbeit ist die persönliche Vorbereitung unbedingt notwendig. Heilige der Letzten Tage dringen auf die Heiligkeit der Zeremonien im Tempel. Dies steht im Einklang mit dem alten Brauch, wonach beispielsweise nur bestimmte, qualifizierte Personen befugt waren, das heilige Offenbarungeszelt zu betreten. Die Aufgabe örtlicher Kirchenführer bei der Ausstellung von Tempelscheinen ist nicht lediglich die Würdigkeit und Vorbereitung jedes Einzelnen einzuschätzen, sondern auch die Heiligkeit des Tempels zu wahren.

BIBLIOGRAPHIE

For a scholarly treatise of temples and their ordinances, see James E. Talmage, The House of the Lord (Salt Lake City, 1962); Boyd K. Packer in The Holy Temple (Salt Lake City, 1980) explains the spirit and importance of temple work; Richard O. Cowan in Temples to Dot the Earth (Salt Lake City, 1989) traces the history of LDS temples and temple service. For an in-depth discussion of some of the ancient background, see Hugh Nibley, Message of the Joseph Smith Papyri: An Egyptian Endowment (Salt Lake City, 1975); N. B. Lundwall, Temples of the Most High (Salt Lake City, 1971) includes dedicatory prayers and descriptive data about individual temples; Royden G. Derrick in Temples in the Last Days (Salt Lake City, 1987) has a collection of essays on temple-related topics; and Laurel B. Andrew explains architectural influences in her Early Temples of the Mormons (Albany, N.Y., 1989).

RICHARD O. COWAN

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EINWEIHUNGEN DER HLT TEMPEL

Eine Tempelweihung ist eine höchst heilige zeremonielle Inkraftsetzung in der Kirche. Dadurch wird das Gebäude vor Beginn der Tempelarbeit dem Herrn geweiht. Seit der Weihung des Kirtland Tempels im Jahre 1836 bis 1990 sind 46 Tempel eingeweiht worden.

Die Weihung eines Tempels ist eine Zeit großer Freude und ein geistiges Fest. Männer, Frauen, und manchmal Kinder, die in dem zugehörigen Gebiet des Tempels leben, und einen eigenen Tempelschein haben, werden zu Sessionen eingeladen, die im oder neben dem Tempel abgehalten werden. Diese Zeremonien werden einige Male wiederholt, um allen einen Platz zu bieten, die teilnehmen können. Die meisten kommen mit einem Geist des Fastens und Betens. Die Zeremonien schließen heilige chörische Wechselgesänge mit ein, wie beispielsweise Evan Stephens „Holiness Becometh the House of the Lord“ und besondere Ansprachen von den Generalautoritäten. Ein förmliches Weihungsgebet wird mit apostolischer Vollmacht gesprochen. Geschichtlich umfassen diese Gebete den ganzen Durchlauf der heutigen Evangeliumszeit, indem sie göttliche Segnungen für alle Menschen erflehen, sowohl für die Lebenden als für auch die Toten. Häufig prophezeiten sie auch weltliche Ereignisse (siehe LuB 109).

Zu einem bestimmten Zeitpunkt bei der Tempelweihung erhebt sich die Versammlung und ruft vereint dreimal „Hosanna, hosanna, hosanna, Gott und dem Lamm“, wobei alle mit einem weißen Taschentuch winken (siehe Hosannaruf). Diesen feierlichen Ausdruck führte Joseph Smith in Kirtland ein (siehe LuB 19:37; 36:3; 39:19). Er erinnert an das Lobpreisen der Nachfolger Jesu als dieser vom Ölberg herabkam (Matthäus 21:1-11) und auch an den Ausruf der Menschenmenge in Amerika, als sie den Tempel im Land Überfluss umringten und riefen: „Gesegnet sei der Name des Allerhöchsten Gottes!“ (3 Nephi 11:17). Außerdem ist es eine Parallele zur Weihung des Tempel Salomos, bei der „zum Lob und Preis des Herrn“ Gesang und Musikinstrumente eingesetzt wurden (2 Chroniken 5:11-14).

Die Weihung eines Tempels ist letztlich eine Weihung der Menschen. Im Geiste des Opferns bauen sie ihn und mit demselben Geist vollziehen sie darin heilige Verordnungen. Die Weihung unterscheidet den Tempel von allen anderen Kirchengebäuden. Er wird zu einer heiligen Stätte, nicht für den regulären Gottesdienst am Sabbat, sondern für den täglichen Vollzug von Tempelverordnungen.

Alle Gaben des Geistes und des heiligen Priestertums, die in den Schriften Erwähnung finden, haben sich zu dem einen oder anderen Zeitpunkt in verschiedener Weise manifestiert, als der Geist ausgegossen wurde. Dazu zählen Tempelweihungen, Visionen, Offenbarungen, Heilungen, Urteilsvermögen und Prophezeiungen. Ebenfalls gehören die Früchte des Geistes dazu, nämlich Liebe, Freude, Frieden, Langmut, Güte, Demut und Glaube. Für Heilige der Letzten Tage ist es bei solchen Ereignissen so, als ob die weltlichen und himmlischen Tempel zusammenkommen und als ob das Frohlocken verstorbener würdiger Menschen sich mit dem von Lebenden vermischt. Diese Erfahrungen und der darauffolgende Dienst in den Tempeln führen zu „der Gemeinschaft mit Gott, dem Vater und mit Jesus, dem Mittler des neuen Bundes“ (LuB 107:19). Sie sind weltliche Äußerungen celestialer Einheit. Präsident Wilford Woodruff schrieb: „Das größte Ereignis des Jahres [1893] war die Weihung des großartigen Salt Lake Tempels. Die Macht Gottes manifestierte sich...und viel wurde offenbart“ (Tagebuch von Wilford Woodruff, 31. Dezember 1893, HDC).

BIBLIOGRAPHIE

Woodbury, Lael. “The Origin and Uses of the Sacred Hosanna Shout.” Sperry Lecture Series. Provo, Utah, 1975.

D. ARTHUR HAYCOCK

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VERWALTUNG DES TEMPELS

Die Verwaltung und das interne Funktionieren eines Tempels sind so aufgebaut, dass es den Glauben von Mitgliedern der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage daran wiederspiegelt, dass jeder Tempel in jeder Hinsicht „das Haus des Herrn“ ist. Nur in geweihten Tempeln können gewisse heilige Verordnungen vollzogen, bestimmte Bündnisse zwischen den Menschen und Gott, sowie die Verheißung gewisser Segnungen vermittelt werden. Dadurch kann jemand den Zweck des Erdenlebens besser verstehen, sowie das letztliche Schicksal der Menschheit und die Bedeutung der Aneignung Christus ähnlicher Eigenschaften hier in der Sterblichkeit.

DAS BETRETEN DES TEMPELS.

Alle, die den Tempel betreten, müssen würdige Mitglieder sein, die eine ordnungsgemäße Beglaubigung von Kirchenführern, dem Bischof und dem Pfahlpräsidenten, haben. Der Tempelschein eines Einzelnen oder die Bescheinigung, um den Tempel zu betreten, wird bei der Ankunft dem zuständigen Tempelarbeiter vorgezeigt. Die Unterschriften werden bestätigt und das Gültigkeitsdatum überprüft. Ein Tempelschein wird jährlich erstellt und ist ein Jahr lang gültig.

Alle im Tempel, sowohl Tempelarbeiter als auch Tempelbesucher, tragen weiße Kleidung und es besteht kein weltlicher Unterschiede bezüglich der Kleidung. Alle werden dazu angehalten mit leiser Stimme zu sprechen und belanglose Gedanken und Unterhaltungen zu vermeiden, die von der geistigen Atmosphäre in der heiligen Stätte ablenken.

Der Tempel wird nicht für den Sonntagsgottesdienst genutzt, sondern als heiliges Gebäude, wo Verordnungen vollzogen und Bündnisse in stiller Würde geschlossen werden können, jenseits der Sorgen und dem Lärm der Welt. Sonntags ist der Tempel geschlossen. An diesem Tag veranstalten die Mitglieder den Gottesdienst und lernen in den Versammlungshäusern ihrer Gemeinden. Normalerweise ist der Tempel am Montag auch geschlossen. An diesem Tag wird er in Vorbereitung auf die geplanten Öffnungszeiten gereinigt und gewartet.

ALLGEMEINE AUFSICHT.

Alle Tempel werden unter Leitung der Ersten Präsidentschaft der Kirche und dem Kollegium der Zwölf Apostel verwaltet. Das Tempelinstitut ist unter der Leitung der Ersten Präsidentschaft und mit der Anleitung des Führungsrates des Priestertums das ausführende Organ und für die Aufsicht aller Tempel zuständig. Besondere Aufmerksamkeit wird folgendem gewidmet:

- Angemessener Vollzug aller Verordnungen des Tempels, gemäß dem Vorbild der Schriften, wie es die Erste Präsidentschaft genehmigt hat

- Aufrechterhaltung, Wartung und Sicherheit des Tempels und des Tempelgeländes

- Technische Anlagen aller Tempel, besonders audiovisuelle Ausstattung und Computer

- Arbeitsklima des Personals in allen Tempeln

- Budget Angelegenheiten

- Überwachung der Kleidungsbestände des Tempels

- Betrieb der Wäschereien und Cafeterien in Tempeln

TEMPELPRÄSIDENTSCHAFT UND TEMPELARBEITER

Der Tempelpräsident wird erwählt und von der Ersten Präsidentschaft der Kirche zu seinem Amt berufen. Dies ist eine Kirchenberufung für gewöhnlich zwei bis drei Jahre. Üblicherweise dient die Frau des Tempelpräsidenten als Präsidentin des Tempels. Der Präsident hat zwei Ratgeber und die Präsidentin wird von zwei Assistentinnen unterstützt. Jeder Tempel hat einen Tempelrekorder.

DER TEMPELFÜHRUNGSRAT

Der Tempelpräsident, seine Ratgeber, die Tempelpräsidentin und die Schreiber bilden den Tempelführungsrat. Sie treffen sich wöchentlich, um das meiste zu planen. Weiteres entscheidendes Personal kann bei Bedarf zu diesem Treffen eingeladen werden.

EHRENAMTLICHE ARBEITER

Jeder Tempel ist stark auf freiwillige Diener angewiesen, die bei der Durchführung der Tempelverordnungen helfen. Ein großer Tempel kann etwa um die zweitausend ehrenamtliche Diener beschäftigen. Diesen Dienern (für Verordnungen) werden gewöhnlich zwei Sechs-Stunden-Schichten pro Woche zugeteilt. Sie helfen Tempelbesuchern bei der Teilnahme an Taufen, Konfirmationen, Bagabungssessionen und Tempelsiegelungen.

Alle diese Diener werden von ihren örtlichen Priestertumsführern empfohlen. Jede Person, die empfohlen wurde, wird von der Ersten Präsidentschaft Name für Name bestätigt. Diese Prozedur betont wie wichtig es ist, dass diejenigen, die ausgewählt wurden, im Tempel mithelfen. Jeder Tempeldiener wird schließlich mit Bedacht vom Tempelpräsidenten oder einem seiner Ratgeber interviewed. Wenn alles in Bezug auf persönliche Würdigkeit, Einstellung und Fähigkeit zufriedenstellend ist, setzt er denjenigen durch Händeauflegen ein. Somit wird die Vollmacht übertragen, die erforderlich ist, um bei Tempelverordnungen zu amtieren.

EINARBEITUNG VON TEMPELDIENERN

Der Tempelpräsident strebt danach, dass alles, was im Tempel passiert, in vollständiger Harmonie mit den Wünschen und Festlegungen geschieht, wie sie in der Schrift und von der Ersten Präsidentschaft der Kirche zusammengefasst werden. Der Tempel ist ein „Haus der Herrlichkeit“, „der Ordnung“ und „ein Haus Gottes“ (LuB 88:119). Jeder Tempeldiener unterzieht sich einem anfänglichen Einarbeitungsprogramm. Dabei lernt er die Handlungen und Worte der auszuübenden Verordnungen und Bündnisse auswendig und übt sie. Zusätzlich zu den anfänglichen Anweisungen erhält er fortwährendes Training, um sicherzustellen, dass alles jeden Tag in der rechtmäßigen Weise ausgeübt wird. Jegliches Training findet auf eine ruhige und milde Weise statt.

Jede Schicht (vierzig bis achtzig Diener) trifft sich zu Beginn jedes Tages zum Gebet, das eine geistige Gesinnung einlädt und Anweisung für die anschließende Arbeit erlaubt. Gewöhnlich werden einige Minuten dieses Treffens dem Anschlusstraining gewidmet. Alle, die beauftragt sind, andere einzuarbeiten, werden vorsichtig und gebetserfüllt von der Tempelpräsidentschaft und der Tempelpräsidentin ausgewählt.

TEMPELSIEGLER

Ein Siegler hat die Vollmacht Familien im Tempel für Zeit und alle Ewigkeit zu siegeln – Ehemänner und Ehefrauen aneinander und Kinder an Eltern. Der Vorgang, wobei Familien für Zeit und Ewigkeit aneinander gesiegelt werden, ist der wesentliche Zweck der Tempelarbeit und ein wichtiger Grundstein der Glaubenslehre der Heiligen der Letzten Tage. Würdige männliche Mitglieder, die ihren Glauben, ihre Fähigkeit und ihre Redlichkeit bewiesen haben, können als Tempelsiegler berufen werden. Jegliche dieser Berufungen und Bevollmächtigungen kommt von der Ersten Präsidentschaft der Kirche.

DAS TAUFBECKEN

Das Taufbecken des Tempels wird für stellvertretende Taufen genutzt. Dazu werden Lebende stellvertretend für Verstorbene getauft, die ohne die Gelegenheit, diese heilige Verordnung zu empfangen, durch die Sterblichkeit gegangen sind. Durch dieses grundlegende Programm können Mitglieder der Kirche für ihre verstorbenen Vorfahren diese Arbeit verrichten. Allerdings ist eine bewiesene nahe Verwandtschaft nicht notwendig, damit diese Arbeit gültig ist. Männer sind Stellvertreter für Männer, ebenso Frauen für Frauen.

Taufen für die Verstorbenen beziehen häufig junge Leute im Alter von 12 bis 17 Jahren mit ein. Nach Vereinbarung verbringen sie zwei bis drei Stunden im Taufraum des Tempels, während jeder für etwa zwanzig Verstorbene getauft wird. Alle tragen ausschließlich weiße Taufkleidung, nehmen an einem kurzen Gottesdienst teil und führen dann die stellvertretenden Taufen durch. Diejenigen, die bei der Durchführung der Taufen mithelfen, schließen meist die zur Gruppe gehörenden, männlichen Begleitpersonen mit ein.

Man geht davon aus, dass alle Personen in der Geisterwelt, für welche die Tempelarbeit stellvertretend vollzogen wurde, vom Evangelium und seinen Verodnungen gehört haben werden (siehe Erlösung der Toten; Tempel: Bedeutungen und Funktionen von Tempeln).

Bibliographie

Packer, Boyd K. The Holy Temple. Salt Lake City, 1980.
Talmage, James E. The House of the Lord. Salt Lake City, 1968.

ROBERT L. SIMPSON

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BEDEUTUNG UND FUNKTION DER TEMPEL

Der Tempel ist der ursprüngliche, zentrale, heilige Ort, welcher der Gottesanbetung und der Vervollkommnung seines Bundesvolkes geweiht ist. Im Tempel können die Glaubenstreuen Bündnisse mit dem Herrn schließen und seinen heiligen Namen anrufen. Dies geschieht auf die vom Herrn bestimmte Art und auf die reine und makellose wiederhergestellte Weise, die sich von der (Art) der Welt unterscheidet. Der Tempel wird so gebaut, dass er die organisierenden Prinzipien des Universums repräsentiert. Die Schule ist der Ort, an dem die Sterblichen etwas über diese Dinge lernen. Der Tempel ist Modell, im übertragenen Sinne, eine Darstellung des Musters und des Wandels des Erdenlebens. Er ist ein fest gegründetes Modell, das verglichen mit anderen Formen und Traditionen, einschließlich der älteren, gültig bleibt und lehrreich ist.

DER KOSMISCHE PLAN

Seit frühester Zeit wurden Tempel als maßstabgetreue Modelle des Universums gebaut. Die früheste, bekannte Erwähnung des lateinischen Begriffs templum stammt von Varro (116-27 v. Chr.), für den es ein Gebäude bezeichnete, welches speziell zur Deutung der Himmelszeichen konzipiert wurde – eine Art Observatorium, wo man seine Orientierung am Universum findet. Die Wurzel tem- deutet im Griechischen und Lateinischen ein „Schneiden“ oder eine Überschneidung zweier Linien im rechten Winkel zueinander an. Daher deutet er den Ort an, wo die vier Bereiche der Welt zusammenkommen und alte Tempel mit Bedacht so ausgerichtet wurden, dass sie „den Gedanken einer vorhergeschaffenen Harmonie zwischen einem celestialen und einem terrestialen Bild ausdrücken (Jeremia, zitiert in CWHN 4:358). Gemäß Varro gibt es drei Tempel: einen im Himmel, einen auf Erden und einen unter der Erde (De Lingua Latina 7.8). Entsprechend der universalen Auffassung von Tempeln sind diese drei identisch. Einer wurde genau über dem anderen gebaut, wobei sich der irdische Tempel in der Mitte von allem befindet. Dies repräsentiert „den Himmelspol, um welchen sich alle Himmelsbewegungen drehen, den Knoten, der Erde und Himmel zusammenbindet, den Sitz universaler Herrschaft“ (Jeremia, zitiert in CWHN 4.358). Hier treffen sich die vier Hauptrichtungen und hier kommen die drei Welten miteinander in Kontakt. Ob in der Alten Welt oder der Neuen, die Idee der drei vertikalen Ebenen und vier horizontalen Regionen dominierte die gesamte Funktion solcher Tempel und der Gesellschaften, die sie bildeten und führten.

Das Wesentliche des Tempels Salomos war nicht heidnischen Ursprungs, sondern eine Kontaktstelle mit der anderen Welt. Diese stellte einen „reichen kosmischen Symbolismus“ dar, „welcher größtenteils in der späteren Israelitischen und Jüdischen Tradition verlorenging“ (Albright, zitiert in CWHN 4:361),. Die zwölf Ochsen (1 Könige 7:23-26) repräsentieren den Kreis des Jahres und die drei Stufen des großen Altars repräsentieren die drei Welten. Gemäß dem Talmud existierte der Tempel in Jerusalem wie Gottes Thron und das Gesetz selbst bereits vor der Grundlegung der Welt (Pesahim 54a-b). Seine Maße waren alle heilig und vorgeschrieben, wobei strenge Regeln bestimmten, dass der Tempel der östlichen Himmelsrichtung zugewandt sein musste.

An seine Beschaffenheit als kosmisches Zentrum wird in vielen Passagen des Alten Testaments und in mittelalterlichen Darstellungen der Stadt Jerusalem und der Heiligen Grabstätte lebhaft erinnert. Diese zeigen den Tempel als exaktes Zentrum oder Nabel der Erde. In bewusster Nachahmung sowohl jüdischer als auch christlicher Vorstellungen ließen sich die Muslime in Mekka die Kaaba einfallen, als „nicht nur das Zentrum der Erde, [sondern] das Zentrum des Universums.... Jeder Himmel und jede Erde hat sein Zentrum, welches von einem heiligen Platz als dessen Nabel markiert ist“ (von Grunebaum, zitiert in CWHN 4:359). Was auf Erden gebunden ist, ist im Himmel gebunden. Vom Tempel in Jerusalem gingen Ideen und Traditionen aus, die sich in den gesamten jüdischen, christlichen und moslemischen Welten finden lassen.

DER ORT DES KONTAKTS

Als das rituelle Zentrum des Universums betrachtete man den Tempel ursprünglich als den einen Punkt auf Erden, an dem Männer und Frauen mit höheren Sphären Kontakt aufnehmen konnten. Die frühesten Tempel waren nicht, wie einst angenommen, permanente Aufenthaltsorte, an denen die Göttlichkeit verweilte. Es waren Orte, an denen Menschen zu bestimmten Zeiten versuchten mit den oberen Mächten in Kontakt zu kommen. Der Tempel war ein Gebäude, „welches die Götter durchschritten, um von ihrem celestialen Wohnort zu ihrem irdischen Aufenthaltsort überzugehen... Die Zikkurat ist demnach nichts weiter als eine Stütze für das Gebäude auf ihrer Spitze. Sie ist die Treppe, die von den oberen zu den unteren Welten führt“. Sie ähnelte einem Berg, denn „der Berg selbst war ursprünglich ein Ort des Kontakts zwischen dieser und der oberen Welt“ (Parrot, zitiert in CWHN 4:360).

Nachforschungen über die ältesten Tempel, die auf prähistorischen Siegeln repräsentiert sind, führen zu dem Schluss, dass diese Gebilde „gigantische Altare“ waren. Beide wurden gebaut, um die Aufmerksamkeit der oberen Mächte (die Brandopfer waren eine Art Rauchzeichen) aufzuerwecken und als „die Treppe, welche Gott bei der Antwort auf Gebete nutzte, um auf die Erde herabzusteigen...was zu einer Erneuerung des Lebens in all seinen Formen führte“ (Amiet, zitiert in CWHN 4:360). Der erste Zweck erweckt den Eindruck, dass Türme und Stufen für Altare in der Hoffnung darauf gebaut wurden, Kontakt mit dem Himmel aufzunehmen (Genesis 11:4).

Zur gleichen Zeit ist der Tempel ein Ort des Zusammenkommens mit der unteren Welt. Er ist der Punkt, an dem der Übergang zwischen beiden möglich ist. Einige Wissenschaftler haben erwähnt, dass die Schlüssel von Petrus (Matthäus 16:19) nur die Schlüssel des Tempels sein können. Viele Studien haben das Grab, den Tempel und den Palast jeweils als den Ort identifiziert, an welchem die Mächte der anderen Welt zum ewigen Wohl der Menschheit eingesetzt werden (vgl. CWHN 4:361). Die Tore der Hölle kommen nicht gegen den einen an, der alle diese Schlüssel innehat, obgleich ein Großteil der Kirche auf Erden leiden möge. Tempelriten sind ausnahmslos die Riten der Vorfahren und die Hauptpersonen sind die ersten Eltern des Geschlechts (siehe beispielsweise Huth, zitiert in CWHN 4:361, n. 37).

DAS RITUELLE DRAMA

Die unverfälschten und ursprünglichen Tempelriten sind dramaturgische Wiederholungen der Ereignisse, die den Anbeginn der Welt kennzeichnen. Dieses Erschaffungsdrama war kein einfaches Drama, denn ein unverzichtbarer Teil der Geschichte sind der rituelle Tod und die Auferstehung des Königs sowie sein endgültiger Triumph über den Tod als Priester und König. Der König repräsentiert den Gründer und den ersten Elternteil der Menschheit. Darauf folgt eine Form des hieros gamos, eine rituelle Hochzeit, zu dem Zweck die Menschheit zu zeugen. Dieses nun bekannte „Jahresdrama“ ist weitgehend bewiesen worden – in der Memphis Theologie Ägyptens, in den babylonischen Neujahrsriten, im großen weltlichen Fest der Römer, in der panegyris und den Anfängen des griechischen Dramas, in den Tempelschriften von Ras Schamra und in den mythologischen Zyklen der Kelten. Diese Riten wurden ausgeführt, „weil die Gottheit – der „erste Vater“ der Rasse – so einst im Anfang handelte und uns gebot das Gleiche zu tun“ (Mowinkel, zitiert in CWHN 4:362).

Das Theaterstück im Tempel ist im Wesentlichen ein Stück mit Problemstellungen. Es weist einen zentralen Kampf auf, welcher verschiedene nachahmende Formen annehmen mag – Spiele, Rennen, Scheinkämpfe, Verkleidung, Tänze, oder Spiele. Der Held wird temporär von den Mächten der Finsternis besiegt und wird vom Tod übermannt. Als er aber aus den Tiefen Gott anruft, „steht er wieder auf und läßt den falschen König und falschen Messias hinrichten“ (Weinsinck, zitiert in CWHN 4:363). Diese Auferstehung ist als Leitmotiv erforderlich für diese Riten, dessen Zweck der endgültige Sieg über den Tod ist. Diese Riten werden jährlich wiederholt, weil die Problemstellung des Bösen und des Todes für die Menschheit andauert.

EINWEIHUNG

Einzelne Pilger, die sich damit plagten die Wässer des Lebens zu erreichen, welche dem Tempel entsprangen, waren nicht nur passive Zuschauer. Sie kamen, um Kenntnis und Erneuerung, nämlich die persönliche Erlangung ewigen Lebens und ewiger Herrlichkeit, zu erhalten. Einzelne Menschen versuchten dieses Ziel durch Reinigung (Waschen), Initiation und Verjüngung zu erreichen, was Tod, Wiedergeburt und Auferstehung symbolisiert.

In Salomos Tempel wurde ein großes bronzenes Taufbecken für rituelle Waschungen benutzt. In der zweiten Tempelära verbrachten die Menschen in Jerusalem viel Zeit mit dem Untertauchen und den Waschungen. Die Taufe ist eine spezifische Verordnung, die immer in Verbindung mit dem Tempel erwähnt wird. „Bei der Taufe wird man ein Christ“, schreibt Cyril, „genauso wie man in Ägypten durch denselben Ritus ein Osiris wird“ (Patrologiae Latinae 12:1031), was bedeutet, durch Waschung zur Unsterblichkeit zu gelangen. Die Taufe, von der hier die Rede ist, ist vielmehr eine Waschung als eine Taufe, da es nicht durch Untertauchen geschieht. Gemäß Cyril folgt darauf eine Salbung, die aus jedem Anwärter sozusagen einen Messias macht. Die Salbung der Braue, des Gesichts, der Ohren, der Nase, der Brust, etc. repräsentieren „die Kleidung des Anwärters in die schmückende Ausstattung des Heiligen Geistes, „welcher dennoch nicht die Waschung davon abhält ein wirkliches Garment zu diesem Anlass zu empfangen (CWHN 4:364). Darüber hinaus wurde gemäß Cyril der Anwärter daran erinnert, dass die gesamte Verordnung „als Nachahmung der Leiden Christi“ gilt, wodurch „wir ohne Schmerzen durch bloße Nachahmung der Nägel, die in seine Hände und Füße geschlagen wurden, leiden: der Antitypus der Leiden Christi“ (Patrologiae Graecae 33:1081). Die Juden lehrten einst, dass Michael und Gabriel alle Sünder aus der unteren Welt heraufführen werden: „Sie werden sie waschen und salben, ihre Wunden aus der Hölle heilen und sie in wunderschöne, reine Garments kleiden und sie in die Gegenwart Gottes bringen“ (R. Akiba, cited in CWHN 4:364).

VERLUST DER TEMPELVERORDNUNGE

Das Verständnis vom Tempel und seinen alten Riten wurde schließlich korrumpiert und ging aus einigen Gründen verloren.

Sowohl Juden als auch Christen litten aufgrund der Geheimhaltung ihrer Riten massiv unter ihren Feinden. Aufgrund ihrer Heiligkeit, lehnten die Juden es beständig ab, über ihre Riten zu sprechen oder diese preiszugeben. Dies verursachte Missverständnisse und öffnete ungezügeltem Betrug die Tür: Gnostische Sekten behaupteten, dass sie die verlorenen Riten und Verordnungen der Apostel und Patriarchen aus alter Zeit hatten. Splittergruppen und -parteien bildeten sich. Ein gemeinsamer Grund für die Kirchenspaltung sowohl unter Juden als auch Christen war die Behauptung einer bestimmten Gruppierung, als einzige noch die Geheimnisse Gottes zu besitzen.

Die Riten wurden zum Zweck verschiedener Interpretationsschulen. In der Tat ist die Mythologie größtenteils ein Versuch den Ursprung und die Bedeutung von Ritualen zu erklären, welche die Menschen nicht mehr verstehen. Beispielsweise berichtet der Talmud von einem frömmigen Juden, der Jerusalem voller Abscheu verließ. Da die Gelehrten sich nicht über die Riten im Tempel einigen konnten, fragte er sich: „Welche Antwort werden die Israeliten Elias geben, wenn er kommt?“ (Pesahim 70b; über die Rolle des Elias, siehe A. Wiener, The Prophet Elijah in the Development of Judaism [London, 1978], pp. 68-69).

Nachahmung und widerrechtliche Aneignung ritueller Elemente waren weit verbreitet. Die frühen christlichen Väter behaupteten, dass heidnische Gegenücke von älteren legitimen Quellen gestohlen worden waren und nahezu jede bedeutende Mythologie berichtet von einem großen Thronräuber, der die Welt regiert.

Vergleichende Studien haben ein gemeinsames Muster in allen alten Religionen entdeckt und haben die Vorgänge der Verbreitung von Ideen überall in der Welt verfolgt. Es war bisher eine lange und arbeitsaufwendige Aufgabe, den originalen Prototypen der verstreuten Teilstücke zu rekonstruieren, doch dabei ensteht ein unverkennbares Muster (CWHN 4:367).

Der Rekonstruktionen großer Menschensammlungen bei eindrucksvollen zeremoniellen Anlagen für Riten, die zur Erneuerung des Lebens auf Erden geweiht wurden, sind überraschend einheitlich. Erstens gibt es konkrete Belege, nämlich die Kulisse und die Eigenschaften des Dramas: Megalithen; riesige, künstliche Erdhügel oder Pyramiden, welche künstlichen Bergen gleichkommen; Stein und die Anordnung von Gräben mathematischer Erfahrenheit, welche Zeit und Raum zueinander in Beziehung setzen; Passagengräber und große Tholoi, oder gewölbte Grabmäler; heilige Straßen; Überreste von Verkaufsständen, Tribünen, mit einer Prozession verbundene Wege und Tore – diese bestehen in ehrfürchtiger Kombination mit all ihrem kosmischem Symbolismus fort.

Zweitens gibt es weniger konkrete Belege für Gebräuche, Volksfeste und alte Schriften, welche gemeinsam Erinnerungen dramatischer Chorfeiern der Schöpfung heraufbeschwören. Dies findet in dem großen Lied der Schöpfung seinen Höhepunkt; rituelle Wettbewerbe zwischen Leben und Tod, Gut und Böse sowie Licht und Finsternis, gefolgt von der triumphierenden Krönung des Königs, um im neuen Zeitalter zu regieren, der Stammvater der Rasse durch eine heilige Ehe; Bündnisse; Initiationen (einschließlich der Waschung und Kleidung); Opfer und Sündenböcke, damit die Menschen ein Jahr der Schuld und der Unreinheit loswerden; und verschiedene Formen von Prophezeiungen und orakelhafter Beratung für den neuen Lebenskreislauf.

ANDERE FUNKTIONEN DES TEMPELS

Vieles, was den Tempel umgibt, war nicht für seine Form und Funktion bedeutend, sondern war das unvermeidliche Produkt seiner Existenz. Die Wörter „Hotel“, „Hospital“ und „Templer“ gehen zurück zu diesen wohltätigen Organisationen, die sich der Kranken und besorgten Pilger annahmen, die heilige Stätten bereisten. Bankfunktionen enstanden im Tempel, da Pilger Opfergaben darbrachten und ihr Geld für Tiere eintauschen mussten, die sie opfern wollten. So kommt das Wort „Münze“ vom Tempel der Juno Moneta, dem heiligen Zentrum der Römischen Welt. Dazu führten reger Tauschhandel zu den großen Jahresriten zu einer jährlichen Messe, wobei alle Verträge erneuert werden mussten und wo Händler, Handwerker, Darsteller und Marktschreier ihre Ware anboten.

Schauspieler, Dichter, Sänger, Tänzer und Athleten waren ebenfalls Teil des Tempellebens. Das wetteifrige Element (das agonale) war dabei für den Kampf mit dem Bösen wesentlich und sorgte für höchst berühmte und aufregende Aspekte der Feierlichkeiten. Das hauptsächliche Drama des Tempels, der Akt, wurde von priesterlichen Tempelschauspielern und königlichen Personen gespielt. Die Schöpfung wurde mit einem Schöpfungslied gefeiert oder einem Gedicht – das Wort „Dichten“ bedeutet „schaffen“- von einem Chor gesungen, der einen Kreis bildete und beim Singen tanzte, wie es das Griechische Wort zeigt (CWHN 4:380).

Der Tempel war auch das Zentrum des Lernens, wozu zunächst die himmlischen Anweisungen zählen, die dort empfangen wurden. Das Museon oder Zuhause der Musen repräsentierte jede Fachrichtung: Astronomie, Mathematik, Architektur und Kunstwissenschaft. Die Menschen reisten von Schrein zu Schrein während sie Weisheit mit den Weisen austauschen, so wie Abraham es in Ägypten tat. Seit der Garten von Eden oder das Leitmotiv des „goldenen Zeitalters“ für dieses rituelle Paradies erforderlich war, hat es auf den Tempelgeländen Bäume und Tiere gegeben, die häufig von weit entfernten Orten gesammelt wurden. Im Mittelpunkt der Tempelschule stand die Bibliothek, die heilige Aufzeichnungen enthielt, einschließlich der „Bücher des Lebens“, der Namen aller Lebenden und Toten sowie liturgische und wissenschaftliche Werke.

Die Tempelriten erkannten das Gesetz Gottes auf Erden durch seinen Bevollmächtigten und Nachkommen, den König, der sowohl den ersten Menschen als auch jeden Menschen repräsentierte, der zu Gericht saß. So machte er den Tempel zum ultimativen Sitz und zur Auflage des Gesetzes und der Regierung. Menschen kamen an den heiligen Orten zusammen, um Verträge und Bündnisse zu schließen und Streitigkeiten zu schlichten.

DER TEMPEL UND ZIVILISATIONEN. All dies deutet an, dass der Tempel die Quelle und nicht eine Ableitung des Zivislisierungsprozesses ist. Wenn es keinenTempel gäbe, gäbe es kein wahres Israel. Gäbe es keinen wahren Tempel, wäre die Zivilisation selbst nichts als eine leere Hülle – eine materielle Struktur der Zweckmäßigkeit und Tradition allein, beraubt vom lebenden Organismus in ihrem Zentrum, welcher ihr einst Leben gab und es zum Blühen brachte.

Viele weltliche Institutionen von heute beinhalten Strukturen, die sie von alten Tempeln abgeschaut haben. Die Tempelwirtschaft ist lange mit dem Rest verdreht worden: Feiern der Freude und des Überflusses wurden zu Orgien; heilige Riten der Ehe wurden pervers; Lehrer der Weisheit wurden hochmütig und selbstgerecht, was zeigte, dass alles in dieser Welt verdorben werden kann. Wie Aristoteles sagt, je besser das Original, desto teuflischer die korrumpierte Version.

DIE WIEDERHERSTELLUNG UND DER TEMPEL

Tempel der Heiligen der Letzten Tage verkörpern gänzlich die unverdorbene Funktion und Bedeutung des Tempels. Hat der Prophet Joseph Smith etwa all dies wieder erfunden, indem er die Bruchstücke der Juden, Orthodoxen, Freimaurer, Gnostiker, Hindus, Ägypter usw. neu zusammenstellte? Tatsächlich waren nur wenige Bruchstücke zu seiner Zeit verfügbar. Diese dürftigen Bruchstücke kommen auch nicht von allein zusammen, um ein Ganzes zu bilden. Heilige der Letzten Tage sehen in der Vollständigkeit und Perfektion der Lehren von Joseph Smith in Bezug auf den Tempel einen sicheren Hinweis auf göttliche Offenbarung. Dies wird auch am Entwurf des Salt Lake Tempels ersichtlich. Man kann seine drei Ebenen erwähnen; seine östliche Orientierung; seine zentrale Lokalisierung in Zion; einen Messingsee auf dem Rücken von zwölf Ochsen, welche die Wässer halten, wodurch die Toten von Stellvertretern ins ewige Leben übergehen; Räume, die für Zeremonien bestimmt sind, wobei die Schöpfung der Erde einstudiert wird; und viele andere symbolische Kennzeichen.

Die eigentliche Arbeit, die im Inneren des Tempels getan wird, ist ein Beispiel für die Idee des Tempels. Tausende von Männern und Frauen dienen ohne Hintergedanken. Hier kommen Zeit und Raum zusammen. Grenzen verschwinden zwischen dieser und der nächsten Welt, zwischen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Feierliche Gebete werden im Namen Jesu Christi an den Allmächtigen gesprochen. Was hier gebunden ist, ist jenseits gebunden. Nur hier können die Tore geöffnet werden, um die Verstorbenen zu entlassen, die auf ihre errettenden Verordnungen warten. Hier kommt die gesamte Familie der Menschen zu einem gemeinsamen Unternehmen zusammen. Die Aufzeichnungen der Menschen finden sich zeitlich so weit zurück wie die Nachforschungen gekommen sind. Eine Arbeit, die von der gegenwärtigen Generation getan wird, versichert ihnen und ihren verwandten Verstorbenen, dass sie in der Zukunft die Ewigkeiten gemeinsam verbringen werden. Hier kann man seit vielen Jahrhunderten zum ersten Mal einen authentischen Tempel erblicken, der im vollsten und reinsten Sinn des Wortes wie ein Tempel funktioniert.

BIBLIOGRAPHIE

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Nibley, Hugh W. “What Is a Temple?” In CWHN 4:355-87.
Nibley, Hugh W. “The Hierocentric State.” Western Political Quarterly 4 (June 1951):226-53.
Nibley, Hugh W. Message of the Joseph Smith Papyri. Salt Lake City, 1975.
Packer, Boyd K. The Holy Temple. Salt Lake City, 1980.
Talmage, James E. The House of the Lord. Salt Lake City, 1962.
For a lengthy bibliography on temples, see Donald W. Parry, Stephen D. Ricks, and John W. Welch, Temple Bibliography, Lewiston, N.Y., 1991.

HUGH W. NIBLEY

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TEMPEL VERSCHIEDENER ZEITALTER

Das Zentrum der Gemeinde im alten Israel und anderen Teilen des alten Nahen Ostens war der Tempel, eine uralte Institution. Seine Bauart repräsentierte ständig die Errungenschaft der Herrschaft eines Königs. Daher war es das bedeutendste Ereignis zur Herrschaftszeit Salomos, welches jegliche seiner anderen Errungenschaften absolut in den Schatten stellte (1 Könige 6-8). Außerdem war es ein bedeutendes Ereignis bei der Gründung der Nephitischen Monarchie (2 Nephi 5:16-18). Die Präsenz des Tempels repräsentierte Stabilität und Zusammenhalt innerhalb der Gemeinde, die dessen Riten und Zeremonien für ein angemessenes Funktionieren der Gesellschaft als unbedingt notwendig erachteten. Umgekehrt vorzeichnete und symbolisierte die Zerstörung eines Tempels und die Einstellung seiner Riten die Auflösung seiner Gemeinde und den Entzug der Gunst Gottes. Der Fall Jerusalems und seines Tempels (586 v. Chr.), samt dem Verlust seiner heiligen Schätze, symbolisierte wie kein anderes Ereignis die Katastrophe, die Juda befiel. Nach der Rückkehr der Juden aus dem Exil in Babylon (ca. 500 v. Chr.) erinnerten die Propheten Haggai und Sacharja ihr Volk unaufhörlich daran, dass sich ihr Versagen einen Tempel wiederaufzubauen durch keine andere Errungenschaft wettmachen liesse. Tempel waren so bedeutend, dass weitere gebaut wurden, wenn die Entfernung oder andere Umstände die Gottesanbetung im Tempel zu Jerusalem unmöglich machten. Somit wurden israelitische Tempel in Arad in der Nähe von Beersheba, in Elephantine und Leontopolis in Ägypten gebaut. Auch wurde ein nephitischer Tempel im Land Nephi errichtet.

Einige Studien haben gezeigt, dass gewisse charakteristische Merkmale regelmäßig in den Tempeln des alten Nahen Ostens immer wieder auftauchen. Zu den Merkmalen, die identifiziert wurden und durch die sich der Tempel im Stil und in der heiligen Struktur von Versammlungshäusern wie der Synagoge oder der Kirche unterscheidet, gehören: (1) der Tempel wird auf separatem, sakralem und geweihtem Boden gebaut; (2) der Tempel und seine Rituale sind von einem Geheimnis umgeben; (3) der Tempel ist in die Richtung der vier Weltregionen ausgerichtet; (4) der Tempel vermittelt durch seine Architektur den Gedanken des Aufstiegs in den Himmel; (5) Gott offenbart die Pläne für den Tempel einem König oder Propheten; und (6) der Tempel ist ein Ort des Opferns (Lundquist, S. 57-59).

Heilige der Letzten Tage erkennen unter diesen Merkmalen einige, die sowohl für alte israelitische Tempel als auch für ihre eigenen charakteristisch sind. Beispielsweise werden die Orte der alten israelitischen und der neuzeitlichen Tempel als heilig betrachtet, wobei der Zugang nur demjenigen gewährt ist, „der reine Hände hat und ein lauteres Herz“ (Psalm 24:3-6; vgl. Psalm 15; Jesaja 33:14-16; siehe Tempelscheine). Wie das Offenbarungszelt und der Tempel im alten Israel sind viele Tempel der Heiligen der Letzten Tage einer bestimmten Richtung zugewandt, nämlich mit dem zeremoniellen Haupteingang Richtung Osten (die Inschrift „Heiligkeit dem Herrn“ neuzeitlicher Tempel weist darauf hin). Alte israelitische Tempel wurden in drei Abschnitte eingeteilt, wobei jeder stufenweise eine höhere Ebene repräsentierte, die von der Unterwelt bis zum Himmel reichte. Ein ähnlicher Symbolismus läßt sich bei den Tempeln der Heiligen der Letzten Tage ebenfalls feststellen. Der Bauplan für den Tempel Salomos wurde König Salomo offenbart. Auf ähnliche Weise wurden Pläne für viele Tempel der Heiligen der Letzten Tage durch Offenbarung empfangen.

Was geschah innerhalb der antiken Tempel? Der Tempel ist ein Ort des Opferns, einer Handlung, die im alten Israel gut dokumentiert wurde. Tieropfer gibt es nicht in den Tempeln der Heiligen der Letzten Tage, weil das Blutopfern mit dem Tod Jesu abgeschafft wurde (3Nephi 9:19). Dennoch lernen die Heiligen der Letzten Tage in ihren Tempeln ein gebrochenes Herz und einen zerknirschten Geist als Opfer darzubringen (3 Nephi 12:19). Hinzu kommt, dass Könige, Tempelpriester und Tempelgänger im Inneren der Tempel im alten Nahen Osten eine Waschung und Salbung empfingen. Sie wurden gekleidet, gethront und symbolisch in die Gegenwart der Gottheit eingeführt und begannen somit ewiges Leben. Im alten Israel wie auch anderswo äußern sich diese Details am besten in der Weihung des Priesters und der Krönung des Königs. Die Tempelverordnungen bei den Heiligen der Letzten Tage werden im Zusammenhang mit ewiger Herrschaft von Königen, Königinnen und des Priestertums.

Die Merkmale der Anbetung im Tempel, wie oben beschrieben, gibt es auch in vielen anderen Kulturen aus alter bis heutiger Zeit. Gemäß Präsident Joseph F. Smith haben sich diese Ähnlichkeiten nach bestem Wissen von einer gemeinsamen alten Quelle aus verbreitet:

Zweifellos brachte die Nachkommenschaft Adams die Kenntnis dieses Gesetzes (des Opferns) und anderer Riten und Zeremonien in alle Länder, wo sie mehr oder weniger bis zur Flut rein verblieben und fortbestanden. Durch Noach, einen „Priester der Rechtschaffenheit“, wurden sie an seine Nachfolger weitergegeben und so bis in alle Nationen und Länder ausgebreitet.... Wenn die Ungläubigen Lehren und Zeremonien haben, die denen in den Schriften ähneln, beweist es nur, dass es sich um die Traditionen der Väter handelt, die weitergegeben wurden,...und dass die Väter bis zur letzten Generation an den Kindern festhalten werden, obgleich die Kinder in Dunkelheit und sexuelle Perversion geraten mögen bis man nur noch eine ganz geringe Ähnlichkeit mit ihrer Herkunft, die göttlich war, wahrnehmen kann [JD 15:325-26].

Als Jesus die Händler aus dem Tempel trieb, den er als „das Haus meines Vaters“ (Johannes 2:16) bezeichnete, spiegelte dies sein Bestehen auf die Heiligkeit der Heiligtümer im alten Israel wider. Weder die Erklärung von Stephanus noch die von Paulus, dass „der Höchste nicht in dem [wohnt], was von Menschenhand gemacht ist“ (Apostelgeschichte 7:48; 17:24; vgl. Jesaja 66:1-2), beinhalten eine Ablehnung des Tempels. Sie beinhalten vielmehr ein Argument gegen die Auffassung, dass Gott auf eine Struktur beschränkt werden könne. Salomo sagte bei der Weihung des Tempels in Jerusalem auf ähnliche Weise: „Siehe, selbst der Himmel und die Himmel der Himmel fassen dich nicht, wie viel weniger dieses Haus, das ich gebaut habe“ (1 Könige 8:27; 2 Chronik 6:18). Erst im vierten Jahrhundert n. Chr. konnten Christen auf den Ölberg hinweisen, „wo ihrer Aussage nach die heilige Stätte des Herrn, nämlich der Tempel, gebaut werden soll und wo er für immer stehen wird...wenn, wie sie sagen, der Herr mit dem himmlischen Jerusalem am Ende der Welt kommen wird“ (Nibley, S. 393).

Während der Gedanke des Tempels in dem späteren jüdisch-christlichem Bewusstsein ein wenig unterging, geriet er nie vollständig in Vergessenheit. Wie Hugh Nibley hervorhebt, spürte die Christliche Kirche, dass sie keinen angemessenen Ersatz für den Tempel besaß. Jerusalem verblieb im Zentrum mittelalterlicher Weltkarten, worauf der Ort des Tempels manchmal auch angezeigt wurde. Als die Kreuzritter die heiligen Stätten in Jerusalem befreiten, wurde der Ort des Tempels gleich nach der Heiligen Grabstätte besucht, obwohl es dort für über 1000 Jahre lang keinen Tempel gegeben hatte (Nibley, S. 392, 399-409).

Juden und Christen, die die Vision vom Wiederaufbau des Tempels in Ezechiel buchstäblich ernst nehmen, erwarten an diesem Ort Gottes geplanten Wiederaufbau eines zukünftigen Tempels sowie die Wiederherstellung bestimmter Stämme Israels (Ricks, S. 279-80). Während das jüdische Leben ohne den Tempel nach seiner Zerstörung durch die Römer in 70 v. Chr. weiterging, behielt es eine kennzeichnende Rolle in ihren Gedanken und Studien. In der modernen Zeit bleibt der Tempel für einige Juden wichtig, die damit fortfahren ihre heiligen Schriften, die sich darauf beziehen, zu studieren.

BIBLIOGRAPHIE

Lundquist, John M. “The Common Temple Ideology in the Ancient Near East.” In The Temple in Antiquity, ed. T. Madsen, pp. 53-74. Provo, Utah, 1984.
Nibley, Hugh W. “Christian Envy of the Temple.” In CWHN 4:391-433.
Ricks, Stephen D. “The Prophetic Literality of Tribal Reconstruction.” In Israel’s Apostasy and Restoration: Essays in Honor of Roland K. Harrison, ed. A. Gileadi, pp. 273-81. Grand Rapids, Mich., 1988.

STEPHEN D. RICKS