Home

Tabernakelorgel

Die Tabernakelorgel in SALT LAKE CITY gehört zwar nicht zu den größten Orgeln der Welt, ist aber sicherlich eine der berühmtesten aller Orgeln. Dank der langjährigen wöchentlichen Radio- und später auch Fernsehsendung »Music and the Spoken Word« haben wohl mehr Menschen die Tabernakelorgel als irgendeine andere Orgel der Welt gehört. Die tagtäglichen Vorführungen, die seit 1915 von vielen Millionen Besuchern des Tempelplatzes besucht werden, sowie andere öffentliche Konzerte oder die Darbietungen während der Generalkonferenz erhöhen laufend die Zahl der Menschen, die von diesem ungewöhnlichen Instrument beeindruckt werden.

Die heutige Tabernakelorgel wurde 1948 von der Bostoner Orgelbaufirma Aeolian-Skinner unter der Leitung ihres Chefs G. Donald Harrison errichtet. Hauptverantwortlich für den Bau der Orgel war eigentlich Tabernakelorganist Alexander Schreiner, der gemeinsam mit seinen Kollegen Frank Asper und Roy Darley das Ziel vor Augen hatte, am Tempelplatz eine Orgel bauen zu lassen, die den berühmtesten Orgeln der Welt um nichts nachstehen sollte. In Anbetracht des großartigen Lobes vieler Orgelfachleute und der allgemeinen Öffentlichkeit dürfte ihnen dies wohl gelungen sein.

Die heutige Orgel ist die neueste einer Reihe hervorragender Tabernakelorgeln. Der Orgelbauer der Pionierzeit, Joseph Ridges (1827-1914) baute die erste Tabernakelorgel im Jahr 1867. Einige Pfeifen und Teile dieser ersten Orgel sowie die ihrer Nachfolgerinnen sind noch Bestandteil der heutigen Orgel, und zwar nicht nur, um Gegenwart und Vergangenheit miteinander zu verknüpfen, sondern wegen der phantastischen Qualität dieser Teile. Der größte Teil der alten Pionierorgel ist der mittlere Teil des Gehäuses. Die berühmten goldfarbenen Orgelpfeifen, die aus in Utah gefällten Bäumen hergestellt wurden, sind noch heute in Verwendung. Im Laufe der Jahre wurde das Gehäuse zwar vergrößert, man hat sich aber stets an den Stil der Originalorgel gehalten, der der berühmtesten Orgel der damaligen Zeit – der Orgel in der Boston Music Hall – nachempfunden ist.

Im Jahr 1885 wurde die Orgel von Neils Johnson vergrößert. Später, um die Jahrhundertwende wurde die Orgel mitsamt vieler Pfeifen und Teile aus der Pionierzeit von der Firma Kimball neu gebaut. Im Jahr 1915 wurde von der Firma Austin wiederum eine neue Orgel gebaut, die während der ersten Radioübertragungen aus dem Tabernakel im Jahr 1930 zu hören war.

Die meisten Orgelhistoriker halten die heutige Tabernakelorgel für das beste und vollkommenste Beispiel der klassischen amerikanischen Orgelbaukunst, deren wichtigster Vertreter G. Donald Harrison war, der nach dem 2. Weltkrieg damit seine größten Erfolge verzeichnete. Alexander Schreiner zeigte sich davon dermaßen beeindruckt, daß er die Ansicht vertrat, daß eine typisch amerikanische Orgel, die den europäischen und englischen Orgelbautraditionen entstammte, für das Tabernakel wohl am geeignetsten sei.

Die heutige Tabernakelorgel besteht aus 11.623 verschiedenen Pfeifen, die in 147 Stimmen (Tonfarben) und 206 Pfeifenreihen angeordnet sind. Sie sind in 8 verschiedene Gruppen eingeteilt und werden von einem Spieltisch mit fünf Manualen zu je 61 Tasten sowie zweiunddreißig Fußpedalen bedient. Alle acht Gruppen befinden sich hinter der riesigen Verkleidung auf der Westseite des Tabernakels. Ausnahme ist das Antiphon, das sich im Dachstuhl an der Ostseite befindet und dessen Schall aus den Öffnungen zwischen den mittleren Balkonsitzen austritt. Die längste Pfeife ist beinahe 11 Meter lang, die kürzeste knapp einen halben Zentimeter. Die Pfeifen sind aus Holz, Zink sowie verschiedenen Zinn- und Bleilegierungen.

Zwischen 1985 und 1989 hat die Firma Schoenstein und Co. aus San Francisco eine Generalrenovierung der Tabernakelorgel durchgeführt, in deren Verlauf das gesamte Orgelwerk neu gestimmt, ein neuer Spieltisch sowie siebzehn zusätzliche Pfeifenreihen eingebaut wurden.

BIBLIOGRAPHIE

Bethards, Jack M. »The Tabernacle Letters.« The Diapason (Juni 1990), S. 14-17; (Juli 1990), S. 8,9; (August 1990), S. 10,11.

Callahan, Charles. The American Classic Organ: A History in Letters. The Organ Historical Society, Richmond, Virginia, 1989.

Owen, Barbara. The Mormon Tabernacle Organ: An American Classic. Salt Lake City, 1990.

JACK M. BETHARDS