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TABERNAKELCHOR

Der Tabernakelchor der Kirche entstand in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Salt Lake City. Er besteht aus über 300 Sängern, die aus einer großen Gruppe von Freiwilligen sorgfältig ausgewählt werden. Die Mitglieder des Chors setzen freigebig und unentgeltlich ihre Zeit und ihr Talent bei Proben und Auftritten ein. Der Chor hat eine beträchtliche Zahl an Auftritten und Aufnahmen hinter sich, ist jedoch wahrscheinlich am bekanntesten durch seine wöchentliche Radio- und Fernsehsendung „Music and the Spoken Word“, einer Zusammenstellung von inspirierender Musik und Botschaften. Der Chor tritt regelmäßig im Tabernakel auf dem Tempelplatz auf und ist an der musikalischen Gestaltung aller Generalkonferenzen der Kirche beteiligt.

Die Entstehung des Tabernakelchors entsprang dem Wunsch und Bemühen der Mitglieder in den Anfängen der Kirche, die geistlichen als auch die informellen Versammlungen mit angemessener Musik zu bereichern (siehe Musik). Nur vier Monate nach der Organisation der Kirche im Jahr 1830 begann man, Lieder für den Unterricht und den Gottesdienst zusammenzustellen (siehe Hymns und Hymnody), und ein Chor wurde bereits 1836 anlässlich der Weihung des Kirtland-Tempels gegründet.

Als die Heiligen der Letzten Tage begannen, in Richtung Westen zu ziehen, ließ Präsident Brigham Young sogar in der Vorhut Musiker mitziehen. Infolgedessen sang ein Chor erstmalig bei einer Konferenz im Salzseetal am 22. August 1847, neunundzwanzig Tage nachdem die erste Gruppe eingetroffen war.

Die anfänglichen Chöre im Alten Tabernakel (errichtet 1851) und im heutigen Tabernakel (vollendet 1867) waren, nach späteren Maßstäben, klein und undiszipliniert. Nachdem George Careless 1869 zum Dirigenten ernannt wurde, begann der Tabernakelchor zu gedeihen. Careless stellte den ersten großen Chor mit insgesamt 304 Sängern zusammen, indem er, anlässlich der Generalkonferenz am 8. Oktober 1873, kleinere Gruppen aus anderen Gegenden zu den fünfundachtzig Sängern in dem Tabernakelchor in Salt Lake City hinzufügte. Damit entstand die Vision eines Chores, der der Größe des Tabernakels entsprach. Frühere Dirigenten, die Careless den Weg geebnet hatten, waren u.a. John Parry (1849-1854), Stephen Goddard (1854-1856), James Smithies (1856-1862), Charles John Thomas (1862-1865) und Robert Sands (1865-1869).

Nach Careless kamen Ebenezer Beesley (1880-1889) mit Thomas C. Griggs als Assistenten, Evan Stephens (1889-1916) mit Horace S. Ensign als Assistenten, Anthony C. Lund (1916-1935) mit B. Cecil Gates und Albert J. Southwick als Assistenten, J. Spencer Cornwall (1935-1957) mit Albert J. Southwick, D. Sterling Wheelwright, John R. Halliday und Richard P. Condie als Assistenten, Richard P. Condie (1957-1974) mit Jay E. Welch als Assistenten, Jay E. Welch (1974) mit Jerold D. Ottley als Assistenten und Jerold D. Ottley (seit 1975) mit Donald H. Ripplinger als festem Gastdirigenten.

Während seiner Amtszeit vergrößerte Evan Stephens  den Chor von ca. 125 zu über 300 Sängern, wodurch der Chor zu der führenden Musikorganisation in Salt Lake City wurde. Um diese größere Zahl an Sängern platzmäßig unterbringen zu können, wurde die Sitzverteilung des Chors im Tabernakel zu dem heutigen abgestuften Halbkreis umgestaltet. Unter Stephens ging der Chor 1893 auch erstmalig außerhalb des Bundesstaats , und zwar nach Chicago, auf Tournee, womit der Chor seine nunmehr traditionelle Rolle als Abgesandter für die Kirche und die Gegend annahm.

Anthony C. Lund führte eine solide Stimmbildung für die Sänger und einen europäischen Chorklang ein. Sein Spezialgebiet war Musik, bei der Disziplin und die Berücksichtigung von Feinheiten im Vordergrund stehen. J. Spencer Cornwall bemühte sich darum, das künstlerische Niveau des Chors zu heben, den Klang zu verbessern, indem er ihn einheitlicher machte, und das Repertoire von kaum mehr als hundert Stücken auf fast tausend Stücke zu vergrößern. Unter seiner Leitung wurde der Chor als Konzertorganisation aktiv und veröffentlichte 1949 seine erste Schallplatte. Richard P. Condie beschleunigte die Aufnahmetätigkeiten des Chores und erweiterte den Tourneeplan in beträchtlichem Maße. Unter seiner Leitung entwickelte der Chor den sogenannten „Tabernakelchor-Sound“, einen voluminösen, romantischen, gefühlvollen Klang. Jerold D. Ottley hat den traditionellen Klang des Chors verfeinert und ihn dabei flexibler, präziser und dynamischer gemacht, wodurch er nun die Feinheiten auch der anspruchvollsten Chorliteratur ausdrücken kann.

Seit dem Einbau der ersten Orgel im Tabernakel im Jahr 1867 (siehe Tabernacle Organ) sind Organisten, die zu den besten Musikern der Kirche zählen, zur Begleitung des Chores ernannt worden. Die Organisten gaben ebenfalls Konzerte, spielten bei Versammlungen der Kirche und politischen Veranstaltungen und komponierten (siehe Musiker).

Der Chor hat einen tief greifenden Einfluss auf die Musik innerhalb der Kirche genommen. Durch seinen durchweg hohen künstlerischen Anspruch, die häufige Verwendung von Liedern aus dem Gesangbuch und von Arrangements dieser Lieder und die beispielhafte Art, wie der Chor anderen durch Musik dient, sorgt er auch weiterhin für Anleitung, Inspiration und Ermutigung der Kirchenmusiker und der Mitglieder, denen sie dienen.

Der Chor probt jeden Donnerstagabend zwei Stunden lang, um sich auf die wöchentlichen Sendungen vorzubereiten, und trifft sich nach Bedarf dienstagabends, um für Studioaufnahmen, Konzerte, Touren und Generalkonferenzen der Kirche zu üben. Etliche Mitglieder des Chors besitzen eine akademische Musikausbildung, und viele andere haben eine professionelle Gesangsausbildung. Alle Mitglieder des Chors sind kompetente Musiker und Musikerinnen aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten.

Der Chor hat über 130 Aufnahmen und mehrere Filme und Videobände veröffentlicht. Fünf Aufnahmen des Chors haben die „goldene Schallplatte“ verdient. Am populärsten war die 1959 veröffentlichte Aufnahme „The Battle Hymn of the Republic“ mit dem Philadelphia Orchestra, für die der Chor mit einem Grammy ausgezeichnet wurde.

Viele angesehene und bekannte Persönlichkeiten, Solisten, und Dirigenten sind mit dem Chor aufgetreten, darunter  Eugene Ormandy, Jerome Hines, Sherrill Milnes, Marilyn Horne und Maurice Abravanel.

Die erste bedeutende Tour des Chors gipfelte in einem Auftritt bei der World’s Columbian Exposition in Chicago 1893. Seitdem ist der Chor innerhalb der USA in zweiunddreißig Staaten und dem District of Columbia aufgetreten. Außerhalb der Vereinigten Staaten ist der Chor in Kanada, Australien, sechzehn europäischen Staaten, Asien, Süd- und Zentralamerika, im Südpazifik und in Skandinavien auf Tournee gewesen. Der Chor ist auf dreizehn Weltausstellungen und –expositionen, bei der Amtseinführung von vier Präsidenten der Vereinigten Staaten und bei zahlreichen weltweiten Fernsehübertragungen und besonderen Verantstaltungen aufgetreten. Der Präsident der Vereinigten Staaten George Bush sagte anlässlich der Sechzigjahrfeier wöchentlicher Fernsehauftritte des Chores, dass der Chor „einer der größten Schätze Amerikas“ sei. Der Chor hat den Status einer festen Institution Amerikas erreicht.
[Siehe auch Mormon Tabernacle Choir Broadcast („The Spoken Word“).]

BIBLIOGRAPHIE

Calman, Charles Jeffrey, and William I. Kaufman. The Mormon Tabernacle Choir. New York, 1979.
Petersen, Gerald A. More Than Music: The Mormon Tabernacle Choir. Provo, Utah, 1979.

K. NEWELL DAYLEY