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TAUFE FÜR DIE VERSTORBENEN

[Dieser Eintrag besteht aus zwei Artikeln:

TAUFE FÜR DIE VERSTORBENEN: BRAUCH DER HLT

TAUFE FÜR DIE VERSTORBENEN: ALTE QUELLEN

Der erste Artikel verfolgt die Entwicklung der Lehre der HLT von der Taufe für die Verstorbenen. Im zweiten Artikel diskutiert der Dekan der Harvard Theologieschule den Brauch in alten Zeiten.]


TAUFE FÜR DIE VERSTORBENEN: BRAUCH DER HLT

Die Taufe für die Verstorbenen ist die stellvertretende Ausführung der Taufverordnung für einen Verstorbenen. Joseph Smith sagte, „Wenn wir einen Mann im Namen des Vaters [und] des Sohnes und des Heiligen Geistes zur Vergebung von Sünden taufen können, dann ist es ebenso unsere Pflicht als Vertreter zu handeln und zur Vergebung von Sünden stellvertretend für unsere verstorbenen Verwandten getauft zu werden, die nicht vom Evangelium oder dessen Fülle gehört haben“ (Kenney, S. 165). 

In der Kirche war die erste öffentliche Bestätigung der Verordnung der Taufe für die Verstorbenen Joseph Smiths Leichenpredigt für Seymour Brunson im August 1840 in Nauvoo. Darin sprach er zu einer Witwe, die einen Sohn verloren hatte, der nicht getauft worden war. Im Gegensatz zur vorherrschenden Tradition, dass alle Ungetauften verdammt sind, nannte er den Grundsatz „frohe Nachricht von großer Freude“. Die ersten Taufen für die Verstorbenen in der heutigen Zeit wurden im Mississippi in der Nähe von Nauvoo vollzogen. 

Offenbarungen, welche die Lehre und Praktiken erläutern, wurden von Zeit zu Zeit gegeben: 

1. Dies war ein Brauch aus dem Neuen Testament (1 Korinther 15:29; vgl. LuB 128; Siehe Taufe für die Verstorbenen: Alte Quellen). 

2. Das geistige Wirken Christi in der Geisterwelt war zum Nutzen derer, die gestorben waren, ohne das Evangelium oder dessen Fülle gehört zu haben (1 Petrus 4:6; Siehe Erlösung der Toten). 

3. Solche Taufen müssen in Taufbecken im Tempel vollzogen werden, die diesem Zweck geweiht sind (LPJS, S. 308; vgl. LuB 124:29-35). Im November 1841 wurde das Taufbecken im noch nicht vollendeten Nauvoo Tempel geweiht. 

4. Der Wortlaut des Taufgebets ist derselbe wie der für die Lebenden, jedoch wird „für die Verstorbene“ bzw. „für den Verstorbenen“ hinzugefügt. 

5. Bei stellvertretenden Taufen müssen Zeugen anwesend sein und ein Bericht muss in den Kirchenarchiven aufbewahrt werden (LuB 128:3, 8). 

6. Frauen müssen für Frauen und Männer müssen für Männer getauft werden.

7. Nicht nur die Taufe, sondern auch die Konfirmierung und die höheren Tempelverordnungen können ebenfalls stellvertretend vollzogen werden (LPJS, S. 362-63).

8. Das Gesetz der Entscheidungsfreiheit bleibt in dieser und in der kommenden Welt unberührt. Demnach haben diejenigen, die stellvertretende Dienste empfangen, das Recht die Verordnungen anzunehmen oder abzulehnen. 

In den jungen Jahren der Kirche wurden stellvertretende Taufen nur für direkte blutsverwandte Vorfahren durchgeführt. Dabei ging man gewöhnlich nicht mehr als vier Generationen zurück. Heute lassen sich Heilige der Letzten Tage nicht nur für ihre eigenen Vorfahren taufen, sondern auch für andere Personen, die nicht mit ihnen verwandt sind. Dazu nutzen sie das Programm für den Auszug von Namen. Der Brauch spiegelt das Sehnen von Kindern nach ihren Eltern und das der Eltern nach ihren Kindern wider und auch Gefühle von Nächstenliebe für andere, damit sie die Fülle der Segnungen des Evangeliums Jesu Christi empfangen. Aus der Perspektive von HLT ist diese göttlich bevollmächtigte Taufverordnung ein Ausdruck von Liebe und hat ewige Bedeutung, was auch immer man tun mag, um zu trauern, eine ehrenvolle Beerdigung zu vollziehen, jemanden in Ehren zu halten, oder sich an Verstorbene zu erinnern.

DAVID H. BURTON


TAUFE FÜR DIE VERSTORBENEN: ALTE QUELLEN

In seinem ersten Brief an die Korinther schrieb Paulus: „Wie kämen sonst einige dazu, sich für die Toten taufen zu lassen? Wenn Tote gar nicht auferweckt werden, warum lässt man sich dann taufen für sie?“ (Conzelmann, 1 Korinther 15:29). 

Dieser Vers ist Teil der Argumentation von Paulus gegen diejenigen, die eine zukünftige Auferstehung verleugneten (vgl. 2 Timotheus 2:18, Justin, Dial. 80). Er bezieht sich auf einen Brauch stellvertretender Taufe, einen Brauch für den wir keinen anderen Beweis in den Paulusbriefen haben, oder in anderen Schriften des  Neuen Testaments, oder in frühen Christlichen Aufzeichnungen. Übersetzer haben über die Tatsache gerätselt, dass Paulus scheinbar diesen Brauch akzeptiert. Zumindest betrachtet er es nicht als angebracht dies als ketzerisch zu verurteilen. Paulus bezieht sich jedoch deutlich auf eine bestimmte Gruppe innerhalb der Kirche, die er wegen Unbeständigkeit zwischen Brauch und Lehre anklagt. 

Einen Brauch stellvertretender Taufe für die Verstorbenen (Zum Beispiel unter den Markionitern, 150 n. Chr.) kannten und betrachteten die alten Berichterstatter als ketzerisch. Somit interpretierten sie die Worte von  Paulus in 1 Korinther 15:29 so, als würden sie solche Bräuche nicht unterstützen, oder irgendeine Glaubenslehre, die darin enthalten ist. Über die Jahre überdauerten ihre Interpretationen und nahmen zu (B. M. Foschini berichtet und bewertet 40 verschiedene Erläuterungen dieses Verses). Die meisten griechischen Väter dachten, dass „die Toten“ sich auf den eigenen Körper beziehen. Andere haben den Vers so interpretiert, dass sie sich auf Heiden beziehen, die nach der Taufe trachten, „um sich wieder zu vereinen“ mit verlorenen, christlichen Verwandten. Wiederum schlagen andere verschiedene Satzstrukturen vor: „Was werden sonst diejenigen, die getauft werden, erreichen? Etwas bloß für ihre verstorbenen Körper?“

Sobald sich einmal der theologische Druck von später möglichen Entwicklungen des Brauchs und der Lehre weniger einschränkend anfühlt, scheint der Text deutlich genug über einen Brauch stellvertretender Taufe für die Verstorbenen innerhalb der Kirche zu sprechen. Dies ist die Sichtweise der meisten zeitgenössischen, kritischen Ausleger. Solch einen Brauch kann man als teilweise Übereinstimmung mit der Bezugnahme von Paulus darauf verstehen, wie heidnische Ehepartner und gemeinsame Kinder in Mischehen von den christlichen Partnern geheiligt und gereinigt werden (1 Korinther 7:14). Häufig nahm man Bezug auf 2 Makkabäer 12:39-46, wo Judas Makkabäus „die Auferstehung beachtet“ und für seine verstorbenen Kameraden das Sühnopfer macht. (Dies war genau die Passage, welche Dr. Eck zugunsten des Fegefeuers in seiner Dabatte mit Martin Luther im Jahre 1519 in Leipzig nutzte. So wurde es Teil des Grundes, weshalb Protestantische Bibeln die Apokryphen ausschlossen, oder sie einem Anhang zuteilten.)

Dem könnte man hinzufügen, dass die nächste Verbindung im Argument von Paulus für eine zukünftige Auferstehung sein eigener Märtyrertod war (1 Korinther 15:30-32). Dabei handelte es sich um einen Märtyrertod, über den Paulus gewiss denkt, dass er eine stellvertretende Wirkung hatte (Philipper 2:17, Römer 15:16, vgl. Kolosser 1:24). 

Solch eine Verbindung mag bewusst oder unbewusst sein. In beiden Fällen scheint es ziemlich vernünftig, dass sich die Anmerkung von Paulus auf einen Brauch einer stellvertretenden Taufe für die Verstorbenen bezieht. 

BIBLIOGRAPHIE

Conzelmann, H. 1 Corinthians. Hermeneia Series. Philadelphia, 1975.
Foschini, B. "Those Who Are Baptized for the Dead; 1 Cor. 15:29." Catholic Biblical Quarterly 12 (1950):260-76, 378-88; 13 (1951):46-78, 172-98, 276-85.

KRISTER STENDAHL