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Stadtplanung

Stadtplanung im Sinne der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage begann mit dem Propheten Joseph SMITH, der die Vorteile dessen erkannte, in einem kompakten Gemeinwesen anstatt auf weit auseinandergelegenen Farmen zu leben. Viele seiner Ideen wurden in verschiedenen Formen bei der Gründung der HLT-Siedlungen in Missouri, Illinois und im amerikanischen Westen umgesetzt. In diesen Siedlungen gab es stets Bildungseinrichtungen, Wirtschaftsgenossenschaften, Kunsteinrichtungen und Kirchen.

Joseph Smiths Vorstellungen in Bezug auf Stadtplanung sind in einem von ihm 1833 verfertigten Dokument festgehalten, das »City of Zion«-Plan hieß und folgendermaßen aussah: Ein Gittermuster mit quadratischen Häuserblöcken, breite Straßen (40 Meter breit), pro Häuserblock zwei sich diagonal gegenüberliegende Häuser, die ein jedes auf eine andere Straße blicken, Häuser mit einheitlichen Ziegel- oder Steinhäusern, acht Meter Abstand von jedem Haus zur Straße, Vorgärten, Hintergärten, Farmanlagen außerhalb der Stadtgrenze sowie Tempel, Schulen und andere öffentliche Gebäude in der Stadtmitte.

Obwohl Joseph Smith nicht angab, woher seine Stadtplanungsideen stammten, ist anzunehmen, daß er seine Vorstellungen eigenen Erfahrungen als auch dem Alten Testament entnommen hatte, wo in Numeri beschrieben steht, wie Mose die Stämme Israels rings um das Offenbarungszelt lagern ließ. Sein Ziel bestand eindeutig in der Schaffung eines Gemeinwesens, in denen Zusammenarbeit und religiöse Einheit gefördert wurden, so wie er sie in seinen Offenbarungserlebnissen über Zion gesehen hatte.

Der kurz nach der Erstellung dieses Stadtplans vermessene, von der HLT-Bevölkerung besiedelte Stadtteil von KIRTLAND, OHIO, entsprach ziemlich genau den Vorgaben des Planes. Andere von Joseph Smith beeinflußte Städte wichen allerdings davon ab. Die Heiligen der Letzten Tage in FAR WEST, Missouri, (1836-1839) teilten ihre Stadt in Viertel zu je vier Teilen mit je vier Häuserblocks ein.Vier 40 Meter breite Straßen führten zum in der Stadtmitte gelegenen, quadratischen Stadtplatz. Es gab jedoch auch schmälere Straßen. Die im Bundesstaat Illinois gelegene Stadt NAUVOO (1839-1846) glich Far West, wobei aber nur die beiden Hauptstraßen über 17 Meter breit waren.

Unmittelbar nach ihrer Ankunft im SALZSEETAL im Jahr 1847 erteilte Präsident Brigham YOUNG Anweisungen bezüglich der Stadt SALT LAKE CITY. Sein Plan entsprach insofern dem »City of Zion«-Plan, als die Häuserblocks gleich groß waren, aber anstatt der zwanzig Grundstücke pro Block, jedes einen halben Acre groß (ein amerikanischer Acre = 4047 Quadratmeter), sollte jeder Block in acht Parzellen zu je 1,25 Acres eingeteilt werden. Wie bei Joseph Smith sollten alle Straßen 40 Meter breit sein, die Häuserfront abwechselnd auf je eine andere Straße blicken und einen Abstand von sieben Metern vom Bürgersteig aufweisen. Der Hauptunterschied lag aber darin, daß die einzelnen Parzellen viel größer waren. Jeder Stadtteil bekam eine kleine Farm mit Tieren, Ställen und Gärten. Der schnelle Zustrom von Siedlern führte schon früh zur erneuten Teilung der Großparzellen.

Andere Siedlungen (siehe KOLONISIERUNG) folgten dem Muster von Salt Lake City, wobei die Größe der Häuserblöcke, Parzellen und Straßen aber den örtlichen Bedürfnissen entsprechend bestimmt wurde. Während in den meisten Orten das gitterartige Muster dem Orginalplan entsprechend den Haupthimmelsrichtungen gemäß angelegt wurde, lag die Straßenbreite je nach Ort bei 22 bis 40 Meter, die Größe der Häuserblocks bei vier bis zehn Acres und die der Einzelparzellen bei eineinhalb und über ein Acre. Obwohl sich die Mormonenorte in kleineren Einzelheiten voneinander unterschieden, so waren sie doch gekennzeichnet von großen Grundstücken, breiten Straßen und großen Häuserblocks, die diese Orte von anderen Siedlungen des amerikanischen Westens abheben. Diese Siedlungsform förderte später die Urbanisierung, indem sie Platz für vier Fahrspuren bot und groß angelegte Bauprojekte in den Innenstädten ermöglichte.

Der Hang zum großzügig angelegten Bauen hat auch in den kleinen ländlichen Orten des amerikanischen Westens zu einer typischen Stadtbauentwicklung geführt. Die breiten Straßen wurden meistens nur zweispurig asphaltiert und wiesen sieben bis zehn Meter breite Seitenstreifen aus Unkraut oder Schotter auf. Die meisten Dorfbewohner verwenden die großen Grundstücke fast nur für kleine Gemüsegärten, Ställe oder Koppeln. Die noch aus dem neunzehnten Jahrhundert bestehenden Nebengebäude werden oft als Sehenswürdigkeiten stehengelassen. Wo das Bevölkerungswachstum zur Parzellierung der zu den Großgrundstücken gehörenden Seitenstreifen geführt hat, bleibt der mittlere Teil des Grundstücks meist unbebaut und wird zum Teil als Garten verwendet, bis als Folge der steigenden Grundstückskosten dicht aneinander gebaute Wohnungen errichtet werden.

Die Stadtplanung im Einflußbereich der Mormonenkultur ist Ausdruck der Mormonen-Migration quer durch Amerika. Joseph Smiths Plan verband seine kulturelle Abstammung aus den Dörfern Neu-Englands mit den für die Gegend von Philadelphia typischen rechtwinkelig angelegten Städten. Brigham Young übernahm das Gittermuster und paßte es den Anfordernissen der am landwirtschaftlichen Existenzminimum lebenden Menschen Utahs an, was zur Entstehung der Großparzellen und Kleinfarmen innerhalb des Stadtbereiches führte. Joseph Smith hatte Ziegel- oder Steinhäuser vorgesehen; Brigham Young empfahl Häuser aus Adobe (=Lehmstein, Luftziegel). Die alten Mormonendörfer bestehen fast ausschließlich aus Adobe-, Ziegel- und Steinhäusern, und sogar die heutigen modernen Vororte der Mormonenstädte weisen unverhältnismäßig viele Massivziegelbauten auf. Die gewaltigen Maßstäbe der Stadtbaupläne von Joseph Smith und Brigham Young sowie die abstandsmäßig einheitlichen Häuserfronten und Ziegelbauten machen die Mormonendörfer zu einer Besonderheit der amerikanischen Stadtplanung.

BIBLIOGRAPHIE

Jackson, Richard H. »The Mormon Village: Genesis and Antecedents of the City of Zion Plan.« BYU Studies 17, Winter 1977, S. 223-240.

Nelson, Lowry. The Mormon Village: A Pattern and Techniques of Land Settlement. Salt Lake City, 1954.

Ricks, Joel Edward. Forms and Methods of Early Mormon Settlements in Utah and Surrounding Regions, 1847-1877. Logan, Utah, 1964.

RICHARD H. JACKSON