Während der Generalkonferenz der Kirche in Salt Lake City am 6. Oktober 1849 wurden Apostel Erastus Snow <Snow,
Erastus> und Peter Olsen Hansen <Hansen, Peter Olsen> nach
Skandinavien auf Mission berufen. John Erik Forsgren <Forsgren, John
Erik> bat ebenfalls darum, in seine schwedische Heimat zurückgeschickt zu
werden. Ihnen schloß sich George Parker Dykes <Dykes, George Parker> an,
der bereits als Missionar in England arbeitete. Diese vier Männer führten die
Kirche offiziell in Skandinavien ein. Die Kirche war von Anfang an erfolgreich,
besonders in den Jahren von 1850 bis 1870 und 1947 bis 1967. Sehr viele
Mitglieder der Kirche wanderten zwischen 1861 und 1891 und auch nach dem
Zweiten Weltkrieg in die Vereinigten Staaten aus. Ende 1990
lebten dennoch über 20.000 Mitglieder in sieben Pfählen und 119 Gemeinden und
Zweigen in Skandinavien. Ein Tempel befindet sich in
Västerhaninge in Schweden. 57% der Bekehrten in Skandinavien sind Frauen und 43% Männer.
DIE ERSTEN BEKEHRTEN. Hansen kam am 12. Mai 1850 als erster in
Kopenhagen an und besuchte sogleich die Baptistengemeinde. Die ersten Dänen,
die sich bekehren ließen, waren Mitglieder dieser Gemeinde. Elder Snow, Elder
Forsgren und Elder Dykes kamen am 14. Juni 1850 an.
Elder Forsgren besuchte seine Familie in der schwedischen
Stadt Gävle und taufte am 26. Juli 1850 seinen Bruder Peter Adolf Forsgren
<Forsgren, Peter Adolf> - die erste HLT-Taufe in Skandinavien. Am 12. August wurden acht Männer und
sieben Frauen in Öresund bei Kopenhagen getauft. Der
erste dänische Zweig wurde einen Monat darauf mit fünfzig Mitgliedern in
Kopenhagen gegründet.
Elder Dykes reiste nach Ålborg in das norddänische Jütland, wo er ebenfalls Kontakt mit einer Baptistengemeinde aufnahm. Als erster schloß sich Hans Peter Jensen <Jensen, Hans
Peter> der Kirche an. Er war ein prominenter Baptist, dem eine Eisengießerei
gehörte, in der über hundert Männer arbeiteten. Seine
Bekehrung wurde weit bekannt, und innerhalb von vier Wochen hatte der Zweig Ålborg
sechzig Mitglieder.
Der norwegische Schiffskapitän Svend Larsen <Larsen,
Svend> lernte die Kirche in Ålborg kennen. Elder Snow lehrte ihn das
Evangelium in der Wohnung von Bruder Jensen und schrieb in sein Tagebuch, daß
ihm eine innere Stimme zugeflüstert habe, daß dies ein Mann Gottes sei. Er
wurde am 23. September 1851 in Ålborg getauft und war das erste norwegische
Mitglied der Kirche. Larsen unterstützte die Missionsarbeit in Norwegen und
holte am 11. September 1851 Hans F. Peterson <Peterson, Hans F.> als ersten HLT-Missionar nach Norwegen. Dieser taufte
den Schmiedemeister Johan Olsen <Olsen, Johan> und dessen Gesellen Peter
Adamsen <Adamsen, Peter> am 26. November in Risør. Mit Hilfe von
Missionaren aus Dänemark wurde die Arbeit nach Brevik und Fredrikstad
ausgeweitet. Dort schloß sich Svend Peter Larsen <Larsen, Svend Peter>,
Stiefsohn eines prominenten Methodisten in Fredrikstad, der Kirche an. Seine
Frau, Berthine Randine <Larsen, Berthine Randine>, ließ sich vier Tage
später taufen. Obgleich manche Menschen starken Widerstand leisteten und die
Missionare hin und wieder kurz inhaftiert wurden, wuchs die Kirche auch
weiterhin. Der erste Zweig in Norwegen wurde am 16. Juli 1852
in Risør gegründet. In den nächsten sechs Jahren wurden Zweige in Fredrikstad,
Brevik, Christiania (Oslo), Drammen, Stavanger, Halden, Trondheim und Bergen
gegründet.
Der Missionsarbeit von John Erik Forsgren wurde in Schweden
schnell ein Ende gesetzt, als er und Mikel Johnson des
Landes verwiesen wurden und nach Kopenhagen fahren mußten. Der erste wirklich
erfolgreiche Missionar in Schweden war Anders W. Winberg <Winberg, Anders
W.>, der im April 1852 in Skåne zu missionieren begann und am 24. April 1852
in Skönabäck mit 36 Mitgliedern den ersten Zweig gründete. Bald darauf gründete
er Zweige in Malmö, Lomma und Lund. Am 25. Juni 1853 wurde der Distrikt Skåne gegründet.
Zwei junge Isländer, Thorarinn Halflidasson <Halflidasson,
Thorarinn> und Gumundur Gudmundsson <Gudmundsson, Gumundur>, die 1851
in Dänemark getauft worden waren, wurden von Elder Snow in ihr Heimatland
zurückgeschickt und begannen dort zu missionieren. Benedikt Hanson <Hanson,
Benedikt> und seine Frau ließen sich taufen, aber als Halflidasson beim
Fischfang ertrank, besaß auf Island niemand mehr die zum Taufen nötige
Priestertumsvollmacht. Am 10. April 1853 kam Johann P.
Lorenzen <Lorenzen, Johann P.> aus Kopenhagen nach Island und setzte die
Missionsarbeit fort. Er gründete am 19. Juni 1853 einen Zweig in Island, aber
die Kirche hatte kaum Erfolg.
Bis 1853 hatte die Kirche in allen skandinavischen Ländern, außer in Finnland, Fuß gefaßt. Im Jahre 1876 wurden
Carl August und John E. Sundström <Sundström, Carl August und John E.> aus Stockholm nach Finnland berufen. Sie gründeten
einen kleinen Zweig in Larsmo, hatten aber große Schwierigkeiten, weil es in Finnland keine Religionsfreiheit gab. Schweden
hatte 600 Jahre lang in Finnland geherrscht, aber von
1809 bis 1917 war Finnland russisches Großherzogtum. Die Behörden
beschlagnahmten HLT-Bücher und Traktate. Die finnischen Postämter öffneten
Pakete, nahmen die schwedische HLT-Zeitschrift Nordstjärnan <Nordstjärnan,
schwedische Kirchenzeitschrift> heraus und schickten das Packpapier an die
Abonnenten mit der Erklärung, Mormonenliteratur dürfe nicht nach Finnland eingeführt
werden. Im Jahre 1903 weihte Apostel Francis M. Lyman <Lyman, Francis M.
weiht Finnland> Finnland für die Verkündigung des Evangeliums, aber erst
nach dem Zweiten Weltkrieg war die Missionsarbeit wirklich erfolgreich. C.
Fritz Johansson <Johansson, C. Fritz> und Karl Lagerberg <Lagerberg,
Karl> wurden im Mai 1946 nach Finnland berufen, und Apostel Ezra Taft BENSON
<Benson, Ezra weiht Finnland> weihte das Land erneut am 16. Juli 1946 in
Larsmo, wo bereits ein kleiner Zweig gegründet worden
war. Henry A. Matis <Matis, Henry A.> wurde im August 1947 als erster Missionspräsident der Finnland-Mission berufen.
Ende 1990 gab es in Finnland zwei Pfähle und eine Mission.
AUSWANDERUNG. Seit 1852 sind viele Mitglieder aus Skandinavien in die Vereinigten
Staaten ausgewandert. Besonders im 19. Jahrhundert
veranlaßten Armut, Hungersnot, Verfolgung und Hoffnungslosigkeit viele Heilige
der Letzten Tage dazu, nach einer besseren Existenz zu suchen. Viele zog der
“Geist der Sammlung” ins “verheißene Land” Utah, wo
sie Religionsfreiheit fanden und ihre Religion leben konnten, ohne verspottet
oder verfolgt zu werden.
Die Auswanderer stellten für die Kirche im Westen Amerikas
eine wesentliche Bereicherung dar. Von 1850 bis 1950
wanderten 27.000 Mitglieder aus Skandinavien aus. Bei Mitzählung der
noch nicht getauften Kinder unter acht Jahren wäre die
Zahl noch viel höher gewesen. Die Hälfte der Einwanderer kam aus Dänemark, ein
Drittel aus Schweden und die übrigen aus Norwegen. Aus Island kam weniger als ein Prozent. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 1950 waren
mindestens 45% der Mitglieder wenigstens teilweise skandinavischen Ursprungs.
UNVEREINBARKEIT DER UNTERSCHIEDLICHEN KULTURELLEN
GEGEBENHEITEN. Zu einem besseren Verständnis der Situation
der damaligen Missionare in Skandinavien gehört das Wissen, daß Mitte des 19. Jahrhunderts die liberale Bewegung in Skandinavien besonders einflußreich war. Am 5. Juni 1849, nur wenige Monate vor
Ankunft der ersten HLT-Missionare in Dänemark, hatte König Frederik VII. die neue dänische Verfassung unterzeichnet, die Rede-,
Presse- und Religionsfreiheit garantierte. In Norwegen wurde bereits 1845 ein
sogenanntes Dissidenten-Gesetz verabschiedet, das allen christlichen Glaubensgemeinschaften Religionsfreiheit zusicherte. Sobald die
Mormonenmissionare zu predigen begannen, stellten jedoch einige Geistliche und
Staatsbeamte die Frage, ob man die Heiligen der Letzten Tage als Christen bezeichnen könne. Am 4. November
1853 beschloß das oberste norwegische Gericht, daß den Mormonen unter dem
Dissidenten-Gesetz keine Religionsfreiheit zugebilligt werden könne. Die
Missionare wurden verhaftet und bestraft, weil sie
predigten, tauften oder das Abendmahl reichten. Weil sie die Strafen nicht
bezahlen konnten, blieben sie im Gefängnis, lasen die heiligen Schriften,
sangen Kirchenlieder und belehrten die Gefängniswärter, die den Missionaren oft
freundlich gesinnt waren und sie in den besten Zellen unterbrachten. In
Schweden bestand seit 1858 beschränkte Religionsfreiheit, aber erst 1958
gestand man der Kirche vollständige gesetzliche Religionsfreiheit zu. Die
Mehrehe <Mehrehe> war für Skandinavier ein ernstes Problem. Selbst nach
Erlaß des Manifests aus dem Jahre 1890 dauerte es sehr lange,
bis die Öffentlichkeit davon überzeugt war, daß Mormonen sich an die Gesetze
hielten, fleißig arbeiteten und strenge sittliche Grundsätze vertraten. Das
Recht auf völlige Religionsfreiheit wurde den Heiligen der Letzten Tage in
Skandinavien nur allmählich zugestanden. Die von den Geistlichen und Beamten so lange gehegten Ressentiments wandelten sich erst nach
und nach in Achtung und in einigen Fällen sogar in Bewunderung für die Kirche
um, die sich jetzt voll entfalten und in allen skandinavischen Ländern alle
Verordnungen und heiligen Handlungen vollziehen darf.
ÜBERSETZUNGEN. Die Missionare in
Kopenhagen verwendeten die offiziellen Bibelübersetzungen, waren sich jedoch
bewußt, daß das Buch Mormon ins Dänische übersetzt
werden müsse. F.E. Bordings Bogtrykkeri druckte im Mai 1851 die Übersetzung von
Peter Olsen Hansen und Elder Snow. Es handelte sich dabei um die erste
Übersetzung des Buches Mormon in eine Fremdsprache.
Weil die Norweger Dänisch lesen
können, wurde das Buch Mormon erst 1950 ins Norwegische übersetzt. Die erste
schwedische Übersetzung wurde 1878 veröffentlicht, die erste finnische 1954. In Island wurden 1981 ausgewählte Textabschnitte veröffentlicht. Die Bücher
“Lehre und Bündnisse” und “Die Köstliche Perle” sind in allen skandinavischen Sprachen erhältlich.
VERÖFFENTLICHUNGEN IN SKANDINAVIEN. Peter Olsen Hansen schrieb das erste in Skandinavien
veröffentlichte Traktat En Advarsel til Folket (Den Menschen eine
Warnung). Nach Elder Snows Ankunft im Jahr 1850 schrieb dieser Eine
Stimme der Wahrheit, ein Werk, das Hansen als En Sandheds Røst übersetzte und das mehrmals neu aufgelegt wurde. Skandinaviens Stjerne (Der Skandinavische Stern) erschien 1851 und war die erste offizielle
Veröffentlichung der Kirche in Skandinavien. Später wurde das Heft in Den
Danske Stjerne (Der Dänische Stern) umbenannt und heißt jetzt Stjernen <Stjernen, dänische Kirchenzeitschrift>. Im Jahre 1990 begann die
Veröffentlichung der norwegischen Zeitschrift Lys Over Norge <Lys Over Norge, norwegische Kirchenzeintschrift> (Licht
über Norwegen) und des finnischen Valkeus <Valeus, finnische
Kirchenzeitschrift>. Die schwedische Zeitschrift heißt Nordstjärnan <Nordstjärnan, schwedische Kirchenzeitschrift> (Der Polarstern). Bereits 1851 wurde das erste HLT-Gesangbuch in Dänisch
veröffentlicht.
GENERALAUTORITÄTEN, DIE AUS SKANDINAVIEN
STAMMEN. Drei gebürtige Skandinavier sind Generalautoritäten geworden:
Anthon H. Lund <Lund, Anthon H.>, geboren in Ålborg in Dänemark, wurde
1889 Apostel und war von 1903–1921 Ratgeber in der Ersten
Präsidentschaft; John A. Widtsoe <Widtsoe, John A.>, geboren in Dalöe auf
der Insel Fröya in Norwegen, war von 1921 bis 1952 Apostel, und Christian D.
Fjeldsted <Fjeldsted, Christian F.> aus Kopenhagen in Dänemark, war von
1884 bis 1905 Mitglied des Siebzigerkollegiums.
MISSIONEN UND PFÄHLE. Der Hauptsitz der
Kirche in Skandinavien war Kopenhagen. Alle
Mitteilungen aus Salt Lake City wurden vom dortigen Missionsbüro
weitergeleitet. Als die Mitgliederzahl zunahm,
wurden Zweige in Distrikte zusammenfaßt. Im Jahre 1900 bestand die
Skandinavien-Mission aus sechzig Zweigen und neun Distrikten: Drei in Dänemark
(Kopenhagen, Århus und Ålborg), drei in Schweden (Stockholm, Göteborg und
Skåne) und drei in Norwegen (Christiania, Bergen und Trondheim). Selbst nachdem
Tausende Heiliger der Letzten Tage ausgewandert waren, gab es in Skandinavien
noch 4535 Mitglieder und 165 Missionare. Die Schweden-Mission wurde am 1. Juli
1905 von der Skandinavien-Mission getrennt, und die Norwegen-Mission am 1. April 1920 gegründet.
Im Herbst 1939 wurden die amerikanischen Missionare aus Europa
abgezogen, und Einheimische übernahmen die Führung der Missionen: Orson B. West
<West, Orson B.> in Dänemark, Olaf Søsteby <Søsteby,Olaf>
in Norwegen und C. Fritz Johansson <Johansson, C. Fritz> in Schweden.
Obgleich Dänemark und Norwegen zwischen 1940 und 1945 von deutschen Truppen
besetzt waren, konnten einheimische Mitglieder die Kirchenarbeit fortsetzen. Als 1945 und 1946 die neuen amerikanischen
Missionspräsidenten eintrafen, fanden sie die Missionen trotz der
Kriegseinwirkungen in gutem Zustand vor.
Am 15. Februar 1946 begann Elder Ezra
Taft Benson <Benson, Ezra Taft> unter den Heiligen der Letzten Tage in
Skandinavien Nahrungsmittel und Kleidung zu verteilen. Viele Mitglieder
wanderten nach dem Zweiten Weltkrieg in die Vereinigten Staaten aus. Die meisten
verfügten über eine gute Bildung und gaben gute Arbeitsplätze auf, um nach Zion
zu kommen. Das Wachstum der Kirche in den letzten Jahren hat dazu geführt, daß
jetzt in allen skandinavischen Ländern Pfähle
bestehen. Die ersten Pfähle waren: Kopenhagen (gegr. am 16. Juni 1974),
Stockholm (gegr. am 20. April 1975), Oslo (gegr. am 22. Mai 1977) und Helsinki
(gegr. am 16. Oktober 1977).
DER STOCKHOLM-TEMPEL. Im Jahre 1985 weihte die Kirche den
Tempel in Västerhaninge (Schweden), 29 km südlich von Stockholm. John und Edna Fluge Langeland <Langeland, John und Edna>,
Amerikaner norwegischer Abstammung, wurden Tempelpräsident und Tempeloberin. Skandinavische Mitglieder, die einen Tempelschein besitzen, können die heiligen
Verordnungen in ihrer jeweiligen Landessprache empfangen. Der Stockholm-Tempel
machte es europäischen Heiligen der Letzten Tage zum ersten Mal möglich, für
Zeit und Ewigkeit gesiegelt zu werden, ohne vorher auf dem Standesamt getraut
werden zu müssen. Mit Pfählen, Gemeinden und dem Tempel in Västerhaninge erfreuen
sich die skandinavischen Mitglieder aller Möglichkeiten, die die Kirche zu bieten vermag.
BIBLIOGRAPHIE
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Experience with Mormonism, 1842–1920. New York,
1984.
Jenson, Andrew. History of the Skandinavian
Mission. Salt Lake City, 1927.
Mulder, William. “Mormons from Scandinavia 1850–1905.” Dissertation, Harvard University, 1955.
Mulder, William. Homeward to Zion: The Mormon Migration
from Scandinavia. Minneapolis, 1957.
Zobell, Albert L. jun. Under the
Midnight Sun: Centennial History of Scandinavian Missions. Salt Lake City, 1950.
JOHN LANGELAND