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SYMBOLIK

Das Wort „Symbol“ enstammt dem Griechischen súmbolon, was buchstäblich „etwas zusammenwerfen“ bedeutet, aber auch als „Kennzeichen“ übersetzt werden kann. Vertragspartner, zum Beispiel, brechen ein súmbolon, einen Knochen oder ein Zahlstäbchen entzwei und fügen es später wieder zusammen. Jedes Stück würde somit seinen Eigentümer bezeichnen und die „zusammengeworfenen“ Hälften als die Verschmelzung jener beiden Identitäten verbildlichen.  Demzufolge bewirkt dieses Konzept eines „Symbols“ (Einheit, Trennung, Wiederherstellung) ein Modell gemäß der Liebe, des Sühnopfers, der Trennung und Wiedervereinigung; des ursprünglichen Eins-Sein mit Gott, irdische Trennung, und letztendliche Rückkehr in die Gegenwart Gottes (Siehe Vergötterung, Frühe Christen).  Darüber hinaus weist diese Deutung der Sinnbildlichkeit darauf hin, dass das Verständnis hinsichtlich irgendeines Symbols die „Zusammenwerfung“ einer konkreten irdischen mit der einer transzendenten geistigen Dimension voraussetzt.  Platons Idee, dass Erkenntnis Erinnerung (einer vorirdischen Existenz) (Meno, 81 c-d) sei, ist hier von Bedeutung. 

Symbole spielen im Leben Heiliger der Letzten Tage eine wichtige Rolle.  Aus ihrem Glauben heraus ertellt sich das übergreifende Thema, dass alles sein Gleichnis hat, „und alles ist erschaffen und gemacht worden, daß es von mir Zeugnis gebe, sowohl das, was zeitlich ist, als auch das, was geistig ist; das, was oben in den Himmeln ist, und das, was auf der Erde ist, und das, was in der Erde ist, und das, was unter der Erde ist—oben wie unten: Alles gibt Zeugnis von mir“ (Mose 6:63).  Der Gebrauch von Symbolen unter Heiligen der Letzten Tage bekräftigt ihre religiösen Wurzeln, kulturelle Verbindungen, und ihren Lebensmodus.  Obwohl er der hebräischen Tradition näher steht, wie es bei den meisten christlichen Kirchen nicht der Fall sein würde, er aber gleichzeitig viele altherkömmliche christliche Sinnbilder meidet, ist der Symbolismus der Heiligen der Letzten Tage eingenständig unter den neuzeitlichen Religionen. 

Da die Gottesdienste Heiliger der Letzten Tage im Wesen nicht-liturgisch sind, und außer Weihnachten, Ostern und Sonntag (Sabbat) sich nicht nach dem herkömmlichen christlichen Kalender richten, sind viele christliche Symbole in den religiösen Ausübungen der Heiligen der Letzten Tage abwesend. Und obwohl das Sühnopfer und die Kreuzigung Jesu Christi Kern ihrer Schriften und Theologie ist, sind althergebrachte Sinnbilder, wie das Kreuz oder der Abendmahlskelch nicht hervorstechend. Demnach meiden sie auch die reichlich vorhandenen ikonographischen Gegenstände traditioneller Kirchen; insbesondere Zeichen, Wahrzeichen, Farben, Verhaltensformen und Symbole, die sich während des Mittelalters und der Renaissance entwickelten. 

Jedoch besteht die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage auf biblische Symbole wie die Taufe (mit der dazugehörigen Idee des Todes, des Begräbnis, und der Wiedergeburt), das Abendmahl (mit den verbindlichen Konzepten des Blutes und des Körpers Christi), und die Ehe (welche beides, menschliche sowohl wie göttliche Einheitlichkeit darstellt).

Einige Sinnbilder innerhalb der Kirche entstammen dem Buch Mormon.  Die eiserne Stange z.B. steht als Symbol für das Wort Gottes, wenn sich der Mensch dem Baum des Lebens nähert (1 Ne. 8:19).  Der Liahona, d.h. der Kompass oder Zeiger, den die Nephiten während ihrer Reise benutzten (1 Ne. 16:10; Alma 37:38-39), verbildlicht  inspirierte Führung durch geistige Empfindsamkeit.  Das große und geräumige Gebäude stellt die Verderbtheit irdischer Werte dar (1 Ne. 8:31).  Und, obwohl der kosmische Baum ein universelles Symbol ist, beschreibt das Buch Mormon ihn einzigartig als die Liebe Gottes (1 Ne. 11:21-23).

Die Geschichte der Kirche, besonders die Zeitspanne des Exodus vom Mittleren Westen und der Ansiedlung im Gebiet der Rocky Mountains, wurde zum Urquell verschiedener Symbole.  Planwagen und Handkarren wurden Sinnbilder des Glaubens, der Tapferkeit und der Aufopferung der Pioniere; die Seemöwe ein Symbol wundersamer Befreiung von Naturkatastrophen; der Tabernakel, Suche nach einem Zufluchtsort; der Bienenkorb, Fleiss und Einfallsreichtum wahrer Anhänger Christi, usw.   

Die Architektur der meisten Gemeindehäuser der Heiligen der Letzten Tage ist schlicht und homogen. Es gibt zwar Spitzen auf ihren Dächern aber kein Kreuz. Nur wenige Gebäude sind kreuzförmig gestaltet, und fast kein einziges Kirchengebäude verfügt über farbige Glasfenster. Ferner, stellen sie im Inneren ihrer Gemeindehäuser, dem schlichten Stil Neuenglands entsprechend, kein Kreuz oder weitere religiöses Sinnbilder zur Schau. Kommunion oder Abendmahlstisch wird auch schlicht gehalten und nur mit einem weißen Tuch verziert. Er befindet sich mit dem normalerweise gegenüberstehenden Gestühl auf gleicher Ebene, was Laiendienst und kongregationalistische Grundsätze betont.  

Die Tempel der Heiligen der Letzten Tage, Struktur und heiligen Handlungen gemäß, spiegeln die Herrlichkeit Gottes wieder.  Ihre Eingänge sind beschriftet mit, „Das Haus des Herrn / Heilig dem Herrn,“ und verbildlichen beides, eine Zufluchtsstätte aus der Welt und das Himmlische. Der Nauvoo Temple hat einen aus Sonnen-, Mond- und Sternsteinen bestehendes Fries das die drei Grade der Herrlichkeit symbolisieren soll. Tempel, die zur Pionierszeit in Utah errichtet wurden, verfügen über aufwändige Spitzen und Zinnen, Basreliefe, und farbige Glasfenster, die meistens etwas sinnbildliches enthalten. Oft werden Tempel auf einer Erhöhung oder in der Nähe eines Wassers errichtet, um nicht nur eine Erhöhung über das Irdische andeuten zu wollen, sondern auch dessen Getrenntheit von der Welt, einschließlich das unermessliche Wunder der Erlösung und die Erhöhung durch Jesu Christi, das lebendige Wasser. 

Auch das Innere eines Tempels ist reich an Symbolik und weist hauptsächlich auf die fortschreitenden Stufen des Erlösungsplanes hin.  An Hand von Filmen und Wandmalereien, wird die Schöpfung der Erde, der Garten Eden, die telestiale oder jetzige Welt, die terrestriale Welt nach diesem Leben, und das celestiale Reich oder der Wohnort Gottes symbolisch dargestellt.  Mit dem Tempel verbindet man auch das Symbol des Allsehenden Auges (das Auge der Vorsehung) und dem Handgriff.  Wie so manche Symbole im Mormonismus, bestehen gewisse Parallelen zu der Symbolik der Freimaurer. Aber auch hier haben sie keineswegs ihren Ursprung.  Denn deren Deutung ist dem Glaubenskontext Heiliger der Letzten Tage völlig fremd. 

Die Tempel der Kirche haben Taufbecken, die auf den Rücken von zwölf Oxen ruhen und symbolisch die zwölf Stämme Israels darstellen.  Die Räume, wo Eheschließungen und Siegelungen vollzogen werden, sind mit Altaren and Spiegeln ausgestattet. Anwesende können ihre Reflektion in diesen Spiegeln, welche die ewigwährende Ehe und Familieneinheit darstellen, schrittmäßig bis ins ad infinitum verfolgen. Zum Schluss des Tempelgottesdienstes treten die Teilnehmer vom terrestrialen- durch einen Vorhang, welcher den Übergang vom Zeitlichen ins Ewige symbolisiert, in den celestialen Raum ein.

Somit ist auch der Tempelgottesdienst mit seinen heiligen Symbolen, Zeichen, Kennzeichen, Kleidung, Bündnisse, dramatische Darstellungen und dem Gebetskreis überaus symbolisch. Die vereinigende Bindung dieser ganzen Symbolik ist der Grundsatz der Zentralität.  Alles weist darauf hin, sich Jesus Christus als Mittelpunkt unseres Lebens eigen zu machen.  Die Darstellung dieses Privilegs geht dem symbolischen Eintritt in die celestiale Welt und der Gegenward Gottes voraus. 

Da Heilige der Letzten Tage über zusätzliche Schriften verfügen und einer außergewöhnlichen Theologie, die zwar Ähnlichkeiten mit- sich aber gleichzeitig von jüdisch-christlichen Ursprüngen distanziert, wird die Kirche Jesu Christi weiterhin ihre eigenständige Symbolik vertreten. 

TOM COMPTON

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