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SONNTAGSSCHULE

In der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage hält jede örtliche Gemeinde oder jeder Zweig wöchentlich eine Sonntagsschule ab. Sie dauert ungefähr eine Stunde. Jeden Sonntag versammeln sich Gemeindemitglieder in der Kapelle des Gemeindehauses, um zu beten und zu singen. Darauf folgen Religionsklassen für Mitglieder ab zwölf Jahren. Jüngere Kinder besuchen währenddessen die Primarvereinigung. Die Sonntagsschulklassen bieten eine Plattform für Diskussionen, Sozialisation und die Einbeziehung von Evangeliumsgrundsätzen in das tägliche Leben. Der Lehrplan für Erwachsene beinhaltet eine Evangeliumsklasse, die auf den Standardwerken der Schriften beruht, eine Evangeliumsaufbauklasse und ausgewählte alternative Klassen über Familiengeschichte, Lehrerfortbildung und Familienbeziehungen. Die Klassen für die Jugendlichen zwischen zwölf und achtzehn Jahren sind koedukativ und konzentrieren sich auf Evangeliumsgrundsätze, Lehren des Erlösers, Kirchengeschichte, Schriftstudium und das Leben und die Lehren neuzeitlicher Propheten. Unter der Leitung einer dreiköpfigen Sonntagsschulpräsidentschaft in jeder Gemeinde oder jedem Zweig werden Mitglieder berufen, um üblicherweise über mehrere Jahre als Lehrer zu dienen.

ANFÄNGE DER SONNTAGSSCHULE. Nach der Organisation der Kirche im Jahr 1830 waren die meisten Sonntagsversammlungen allgemeine Treffen für alle Mitglieder und Besucher. Wenn das Wetter gut war, wurden die Versammlungen normalerweise im Freien abgehalten. Zum Beispiel merkte der Prophet Joseph Smith am 3. Juli 1842  in Nauvoo, Illinois, an: „Heute Morgen habe ich am Hain ungefähr 8000 Menschen unterwiesen“ (HC 5:56). Kleinere Gruppen trafen sich zu Hause oder in Gebäuden. Diese Versammlungen beinhalteten typischerweise Gebet, Gesang, das Nehmen vom Abendmahl und Predigen.

Vor dem Auszug aus Nauvoo, der dem Märtyrertod Joseph und Hyrum Smiths im Jahr 1844 folgte, trafen sich ein paar kleine Sonntagsschulgruppen regelmäßig in zerstreuten Gemeinschaften, besonders in Nauvoo, Kirtland und in verschiedenen Städten in England. Aber erst nachdem die Heiligen 1847 im Salzseetal angekommen waren, nahm die Sonntagsschule langsam ihre heutige Form an.

Im Mai 1849 fing Richard Ballantyne an, Pläne für eine Sonntagschule zu gestalten, um junge Leute in den Evangeliumsgrundsätzen und Schriften zu unterrichten. Einige Jahre zuvor hatte er in seinem Heimatland, Schottland, eine Sonntagsschule in der presbyterianischen Kirche (Relief Presbyterian Church) organisiert, in der er zuvor Mitglied gewesen war. Da Ballantyne keinen passenden Ort für solch eine Versammlung in der Nachbarschaft von Salt Lake City fand, baute er ein Haus, in dem er wohnen und auch gleichzeitig die Sonntagsschule abhalten konnte. Heute gedenkt in Salt Lake City ein Mahnmal an der nordöstlichen Ecke der Straßen 100 West und 300 Süd des Ortes der ersten Sonntagsschule. Das ursprüngliche Gebäude maß 18 mal 20 Fuß und war mit hölzernen Bänken und einem steinernen Kamin ausgestattet.

Am Sonntag, den 9. Dezember 1849, versammelte Ballantyne eine Gruppe von 50 Kindern in seinem neuen Zuhause, um sie aus den Schriften zu unterweisen. Über seine Absicht schrieb Ballantyne: „In den jungen Leuten liegt Wachstum. Der in ihr Herz gepflanzte Same bringt eher Frucht hervor als ein Same, den man in Herz pflanzt, das schon älter ist“ (Sonne, S. 51). Es beunruhigte ihn, Kinder am Sabbat spielen zu sehen und er hatte das Gefühl, ihr geistiges Wachstum werde vernachlässigt. Er fügte hinzu: „Ich wollte sie in einer Schule versammeln, in der sie nicht lesen und schreiben lernen sollten, sondern die Güte Gottes und das wahre Evangelium der Errettung durch Jesus Christus kennen lernen sollten“ (Sonne, S. 51).

Im darauffolgenden Jahr beendete die Vierzehnte Gemeinde, in der Richard Ballantyne als zweiter Ratgeber zu Bischof John Murdock diente, den Bau ihres Gemeindehauses. Die schnell wachsende Sonntagsschule wurde von dem Ballantyne Haus in das neue Gebäude verlegt. Die expandierende Sonntagsschule wurde in kleinere Klassen mit zusätzlichen Lehrern aufgeteilt. Viele andere im Tal folgten bald Ballantynes Beispiel. Jede Sonntagsschule arbeitete relativ autonom, war aber generell der Leitung eines Gemeindebischofs unterstellt. 

Als 1858 die Johnston-Armee (Siehe Utah Expedition) in das Salzseetal einzog, wurde die Sonntagsschulbewegung unterbrochen und viele der Heiligen zogen in den Süden oder in andere Siedlungen. Als sich in den frühen 1860ern die militärische Situation stabilisierte, wurden Sonntagsschulen und andere Sabbatsversammlungen wieder aufgenommen. 1870 besuchten 15.000 Jugendliche und Erwachsene mehr als 200 Sonntagsschulen.

DESERET SONNTAGSSCHULE VEREINIGUNG. Die ersten Sonntagsschulen wurden  unabhängig abgehalten und entwickelten ihre eigenen Lehrpläne und administrativen Richtlinien. Kirchenführer erkannten jedoch den Wert einer zentralen Organisation und organisierten am 11. November 1867 eine Sonntagsschul-Vereinigung. Präsident Brigham Young und Daniel H. Wells, ein Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft, nahmen mit Elder George A. Smith, Wilford Woodruff, George Q. Cannon vom Kollegium der Zwölf Apostel und Brigham Young jr., der 1968 ein Mitglied im Kollegium wurde, daran teil. 

Bei diesem Treffen wurden erste Schritte in Richtung einer permanenten Organisation unternommen. Elder Cannon wurde der Generalleiter der Deseret Sonntagsschul-Vereinigung. Ein dreiköpfiges Komitee sollte über geeignete Bücher für den Sonntagsschulgebrauch entscheiden. Des Weiteren wurden ein Generalsekretär und zwei korrespondierende Sekretäre eingeteilt und ab Juni 1872  in Salt Lake City monatliche Versammlungen von Lehrern und Leitern durchgeführt. 1877 wurde ein dreiköpfiger Sonntagsschulausschuss hinzugefügt und 1879  auf sechs Mitglieder erweitert. 

Die Organisation war verantwortlich für Unterrrichtsthemen und Quellenmaterial, Pünktlichkeit, Benotung, Preise und Belohungen, den Gebrauch von Liedern, die von Kirchenmitgliedern komponiert waren, die Berichtführung und Erhöhung der Teilnahme, die Entwicklung eines elementaren Katechismus und Bibliotheken. Sie finanzierte außerdem die Veröffentlichung administrativer Richtlinien und Materialien für den Gebrauch im Klassenzimmer. Dies führte zu einer vermehrten Einheitlichkeit in der Verwaltung und dem Unterrichtsinhalt der Sonntagsschule.

Die Deseret Sonntagsschul-Vereinigung finanzierte außerdem nach Möglichkeit Bemühungen außerhalb ihres Bereiches für einzelne Schulen. Die Deseret Sonntagschul-Musikvereinigung wurde mit einer Bläserband gegründet mit Charles J. Thomas als Leiter. Die Musikvereinigung hatte künstlerischen und finanziellen Erfolg, obwohl sie nicht lange bestehen blieb. Zu diesem Erfolg trugen viele bei, deren Kompositionen einen bleibenden Eindruck auf die Kirchenmusik hinterließen, darunter Evan Stephens, George Careless und Joseph J. Daynes. Ab 1874 wurden jährliche Musikfestivals im Tabernakel von Salt Lake City präsentiert. Ähnliche Festivals wurden in vielen der größeren Siedlungen finanziert. Ein Buch der Musikvereinigung (Union Music Book) wurde veröffentlicht. Es beihaltete hunderte originale Musikstücke.

1866, bevor die Deseret Sonntagsschul-Vereinigung gegründet wurde, begann die private Veröffentlichung des Juvenile Instructors (Jugendlehrers) mit Elder Cannon als Herausgeber. Frühe Ausgaben beinhalteten Katechismen über die Bibel, das Buch Mormon und Lehre und Bündnisse. Seine Seiten boten außerdem eine Vielzahl musikalischer Kompositionen, redaktionelle Belehrungen und andere Hilfen für die Evangeliumsunterweisung. Als die Deseret Sonntagsschul-Vereinigung sich weiter entwickelte, wurde der Juvenile Instructor ihre offizielle Stimme. Im Januar 1901 erwarb die Deseret Sonntagsschul-Vereinigung den Juvenile Instructor von der Familie Cannon. Sie veröffentlichte jedoch weiterhin unter diesem Namen, bis 1929 der Name in Instructor (Lehrer) geändert wurde.

Mit der Zunahme der Pfähle an Größe und Anzahl wurde es üblich, einen Pfahl-Sonntagsschulleiter zu berufen, um örtliche Sonntagsschulen innherhalb der Pfahlgrenzen zu beaufsichtigen.

ABENDMAHL IN DER SONNTAGSSCHULE. Nachdem die Kirche 1830 organisiert worden war, wurde das Abendmahl ein traditioneller Teil der Sabbatversammlungen auf Gemeinde- oder Pfahlbasis. In erster Linie besuchten Erwachsene diese Versammlungen. Nach und nach wurden diese durch Abendmahlsversammlungen in der Gemeinde ersetzt. Anfang 1877 bat Präsident Brigham Young die Bischöfe und ihre Ratgeber, die Teilnahme an der Sonntagsschule und dem Abendmahl allen Kindern unter acht Jahren sowie allen über diesem Alter, die getauft und als Mitglieder der Kirche bestätigt waren, zu gewähren. 1890 wurde das Austeilen des Abendmahls in der Sonntagsschule abgeschafft, als die drei Sonntagsversammlungen in einen dreistündigen Block zusammengelegt wurden.

WACHSTUM DER SONNTAGSSCHULEN. Als Cannon, der Sonntagsschulleiter, am 12. April 1901 starb, übernahm Lorenzo Snow, Präsident der Kirche, seine Position. Aber Präsident Snow starb nach einigen Monaten. Präsident Joseph F. Smith wurde für beide Positionen sein Nachfolger. 

1844 fingen die Pfahl-Sonntagschulleiter an, monatliche Versammlungen für die Beamten und Lehrer für Unterweisung und Koordination durchzuführen. Zweimal im Jahr fanden Generalversammlungen der Deseret Sonntagsschul-Vereinigung in Verbindung mit den Generalkonferenzen der Kirche statt. 

Anfang 1900 fügte die Sonntagsschule fünf weitere Klassen für ältere Kinder und Jugendliche hinzu. 1904 führte die Sonntagsschule im Pfahl Weber eine Erwachsenenklasse ein. Kurz darauf wurden die Erwachsenenklassen ein fester Bestandteil des Sonntagsschulprogramms.

Als 1918 Joseph F. Smith starb, wurde Elder David O. McKay der Generalleiter der Sonntagsschule. Ihm folgte George D. Pyper, der bis 1943 diente. Weitere Leiter waren Milton Bennion (1943-1949), George R. Hill (1949-1966) und David Lawrence McKay (1966-1971).

SONNTAGSSCHULKORRELATION. Als die Kirche sich auf der ganzen Welt ausbreitete, wurde der Sonntagsschulausschuss vergrößert. Seine Mitglieder reisten viel, um örtliche Führer in den unterschiedlichen Ländern, Sprachen und Kulturen zu unterstützen und zu unterweisen. Das Wachstum der Anzahl der Sonntagsschuleinheiten und der Anwesenheit kommt dem Wachstum der Kirche gleich.

Über die Jahre hat sich die Bemühung entwickelt, alle Kirchenfunktionen und –programme in eine einheitliche Koordination unter der Leitung des Priestertums zu ziehen. Die Deseret Sonntagsschul-Vereinigung, die eine Hilfsorganisation war, hatte mit beträchtlicher Autonomie unter separater organisatorischer Führung gearbeitet und Korrespondenz und Anweisungen direkt an örtliche Führer gesendet. Im April 1971 gründete die Kirche jedoch einen die ganze Kirche umfassenden Koordinationsrat, der aus Komitees für drei Altersgruppen (Kinder, Jugendliche und Erwachsene) bestand. Dieser Rat sollte die Lehrpläne innerhalb der Priestertums- und Hilfsorganisationen der Kirche korrelieren.

Im Juni 1971 wurde Russell M. Nelson als Generalleiter berufen mit Joseph B. Wirthlin und Richard L. Warner als Assistenten. Durch die Korrelationsbewegung angespornt brachten sie zwischen 1971 und 1979 dynamische Veränderungen in die Organisation der Sonntagsschule. Um den Übergang der Sonntagsschule in einen integrierten Teil der weltweiten, vereinheitlichten Kirchenorganisation unter der Leitung des Priesterums widerzuspiegeln, wurde ihre Name von Deseret Sonntagsschul-Vereinigung in Sonntagsschule geändert. Der Titel „Leiter“ wurde in Präsident geändert, um mit der traditionellen Terminologie in den Priesterums- und Hilfsorganisationen übereinzustimmen.

Das Planen und Schreiben der Lehrpläne wurde koordiniert und zentralisiert. Die separaten Generalversammlungen der Sonntagschule wurden abgebrochen und die Kommunikation zu den Sonntagschulführern fand grundsätzlich durch die Priestertumskanäle statt. Die Häufigkeit regionaler Besuche von Mitgliedern des Ausschusses nahm beträchtlich ab. Materialien und Programme wurden vereinfacht und verdichtet. Die Pfahlausschüsse und Gemeinde Sonntagsschulfakultäten nahmen an Größe ab und die Berichterstattung wurde vereinfacht, indem Gemeinde Sonntagsschulbeamte den Priestertumsführern der Gemeinde verantwortlich waren und nicht den Leitern der Pfahl-Hilfsorganisationen. 

Für die Evangeliumsklasse der Erwachsenen wurde ein Achtjahreszyklus für die Unterweisung aus den Schriften eingerichtet. Später wurde dieser auf vier Jahre reduziert und konzentrierte sich jedes Jahr auf das Studium von jeweils (1) dem Alten Testament und der Köstlichen Perle, (2) dem Neuen Testament, (3) dem Buch Mormon und (4) Lehre und Bündnisse und der Kirchengeschichte.

1979 trat Elder Hugh W. Pinnock, ein Siebziger, die Nachfolge von Russell M. Nelson als Präsident an. Dies führte das Muster ein, eine Generalautorität als Generalpräsident der Sonntagsschule dienen zu lassen. Dadurch wurde die ganzheitliche Integration der Organisation als einen korrelierten Arm der priestertumsgeführten Sonntagsschulbemühungen weltweit vervollständigt. 

Seitdem ist die Anwesenheit in der Sonntagsschule jedes Jahr gestiegen. 1990 gab es weltweit17.676 Sonntagschulen der Kirche mit mehr als 4,7 Millionen Mitgliedern die über elf Jahre alt waren. 

LOYD B. POELMAN