Durch das US-Bundesgesetz, “National Trails Act”, aus dem Jahr 1986 wurde die etwa 2100 km lange Route von Nauvoo im Bundesstaat Illinois bis nach Salt Lake City im Bundestaat Utah zur “Nationalhistorischen Pionierroute” mit dem offiziellen Namen: The Mormon Pioneer National Historic Trail erklärt. Der allgemeinen Auffassung entgegen wurde die berühmte Route jedoch nicht von den Mormonen geschaffen. Die Heiligen der Letzten Tage schufen nur wenige Pionierrouten. Sie folgten Territorialwegen und Indianerpfaden durch Iowa, ebenso zeitweise der Oregon-Route vom Missourifluß nach Fort Bridger im heutigen westlichen Wyoming und dem Pfad der verunglückten Reed-Donner-Gruppe, die ein Jahr vorher von Fort Bridger bis an den Großen Salzsee gezogen war. Obgleich die Heiligen der Letzten Tage die Route nicht gebahnt haben und Strecken davon zeitweilig als Concil Bluffs Road, The Omaho Road, The Great Platte River Road oder sogar als nördlicher Zweig des Oregon Trails bezeichnet wurden, ist die gesamte Strecke heute als The Mormon Trail bekannt, weil 23 Jahre lang mindestens 70.000 Heilige der Letzten Tage (niemand weiß die genaue Zahl) diese Route benutzten, weil ihr “Auszug” sehr dramatisch war und weil sie verschiedene Strecken dieser Route zu einer großen Straße verbanden (Siehe EINWANDERUNG UND AUSWANDERUNG).
Die Route besteht aus zwei unterschiedlichen Strecken:
1. Die ungefähr 425 km lange Strecke von Nauvoo am Mississippi entlang durch Iowa zur heutigen Stadt Council Bluffs am Missouri. Diese Strecke wurde verhältnismäßig selten benutzt, hauptsächlich von Heiligen der Letzten Tage, die 1846 aus Illinois flohen, aber auch von einigen Einwanderern, die 1853 von Keokuk in Iowa “absprangen” ebenso 1856–1857 von sieben “HANDCART COMPANIES” aus Iowa City, die die Route der Mormonenpioniere im heutigen Lewis, im Kreis Cass im Bundesstaat Iowa, bereisten. Tausende weiterer Heiliger der Letzten Tage kamen durch Iowa auf alternativen Routen von 1846 oder auf anderen Wegen, die aber alle irgendwo in West-Iowa zur Route von 1846 führten.
2. Die etwa 1650 km lange Trans-Missouri-Strecke vom heutigen Ort North Omaha (früher WINTER QUARTERS) und Florence in Nebraska durch Nebraska und Wyoming nach Utah. Diese Strecke wurde ab 1847 sehr häufig benutzt, bis im Jahre 1869 die transkontinentale Eisenbahnstrecke fertiggestellt wurde. Wie in Iowa entstanden alternative Routen, und alle HLT-Einwanderer benutzten die Trans-Missouri-Route ganz oder teilweise.
Der Treck der Jahre 1846–1847 von Nauvoo nach Salt Lake City ist zwar der weitaus bekannteste Teil der 23 Jahre lang andauernden Migration der Mormonen auf dem Landweg, ist aber nur ein Teilabschnitt der Geschichte. Von 1848 bis 1868 zogen HLT-Immigranten vom Missouri nach Westen und gründeten oder benutzten mindestens ein Dutzend Abreiseorte und folgten vielen anderen Routen wie dem Oxbow Trail (1849–1864), dem Mormon Grove Trail (1855–1856) und dem Nebraska City Cutoff (1864–1866). Alle diese Strecken mündeten jedoch über kurz oder lang in die Route der Mormonenpioniere. Als die Union-Pacific-Eisenbahn ab 1865 von Omaha nach Westen vordrang, nahmen Heilige der Letzten Tage 1867 und 1868 die Bahn von Omaha zu vier verschiedenen Endstationen: North Platte in Nebraska, Julesburg in Colorado sowie Laramie und Benton in Wyoming. Von diesen Stationen aus reisten sie dann auf der Route der Mormonenpioniere.
Über das eintönige, abwechslungslose, etwas hügelige zentrale Tiefland von Iowa folgte die Route der Mormonenpioniere des Jahres 1846 hauptsächlich den primitiven Territorialstraßen bis Bloomfield im Kreis Davis und dann den schlechten Pottawattamie-Indianerpfaden von einer Wasserstelle zur nächsten, immer 80 km innerhalb der heutigen Grenze des Bundesstaats Missouri. Heute kann man diese Strecke der Pionierroute nur schwer wiederfinden, nicht wegen des Geländes, sondern weil moderne Straßen nur selten parallel zu dieser Route verlaufen und weil Felder die meisten Spuren verwischt haben.
Westlich des Missouriflusses zogen die Heiligen der Letzten Tage durch die Flußtäler, über das Grasland, das Flachland, die Steppe, Wüste, Berge und durch die Wälder in den Westen. Topographisch verlief die Route über das zentrale Flachland und die Hochebenen von Ost- und Zentral-Nebraska, dann durch die Hochlandsenke von West-Nebraska und Ost-Wyoming, durch die Senke von Wyoming, durch die mittleren Rocky Mountains und schließlich hinein in die Wüstentäler des “Great Basin” [das große Becken im Westen].
Vom Missouri folgten die Mormonenpioniere den breiten, flachen Tälern des Loupe- und Platteflusses fast 1000 km zur heutigen Stadt Casper in Wyoming, dann am Sweetwaterfluß 150 km entlang zum South-Paß, an den Nebenflüssen des Sandy- und Black-Fork-Flusses entlang bis nach Fort Bridger und schließlich im Zickzack durch eine Reihe von Schluchten ins Tal des Großen Salzsees.
So wie in Iowa ist auch in Nebraska kaum noch etwas von der Route der Mormonenpioniere erhalten geblieben, aber moderne Straßen verlaufen parallel dicht neben der alten Route. Mit geeigneten Landkarten kann man jedoch in Wyoming noch große Strecken dieser alten Route entdecken, denn das rauhe Gelände hat die Wagenspuren besser bewahrt und wenig ist durch die Landwirtschaft verwischt worden. Obgleich in Utah moderne Straßen dicht an der Route entlang verlaufen, sind dort nur noch wenige der Originalwagenspuren zu sehen.
BIBLIOGRAPHIE
Kimball, Stanley B. Historic Sites and Markers Along the Mormon and Other Great Western Trails. Urbana, Illinois, 1988.
Kimball, Stanley B. und Hal Knight. 111 Days to Zion. Salt Lake City, 1978.
Stegner, Wallace. The Gathering of Zion; The Story of the Mormon Trail. New York, 1971.
STANLEY B. KIMBALL