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REYNOLDS GEGEN DIE VEREINIGTEN STAATEN

Reynolds gegen die Vereinigten Staaten (98 U.S. 145 [1879]) war die erste Entscheidung des U.S. Obersten Bundesgerichts, in der es den “free exercise”-Text [freie Religionsausübung] des Ersten Zusatzartikels zur amerikanischen Verfassung interpretierte. Das Gericht interpretierte die Garantie zur freien Ausübung der Religion äusserst eng und machte daher die Unterdrückung der MEHREHE, die von den Mormonen praktiziert wurde, legal.

Das Morrill-Gesetz <Morrill-Gesetz>(vom 1. Juli 1862, 12 Stat. 501), aufgrund dessen Bigamie in den U.S. Territorien für gesetzeswidrig erklärt wurde, war einzig und allein zu dem Zweck verabschiedet worden, um den Mormonen die Mehrehe zu verbieten. Der Erste Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung besagt jedoch ausdrücklich, daß der amerikanische Kongress “kein Gesetz verabschieden soll ..., das die Religionsfreiheit verbietet.” Der Fall Reynolds stellte die Gesetzgeber vor die Frage, ob das Bigamie-Bundesgesetz verfassungsgerecht gegen eine Person angewendet werden konnte, die die Mehrehe aus religiöser Pflicht praktizierte. Das Gericht entschied dafür.

George Reynolds, ein Utah-Immigrant aus England, Privatsekretär Brigham YOUNGS war mit zwei Ehefrauen verheiratet und wurde im März 1875 für schuldig befunden, gegen die Antibigamie-Vorschrift des Morrill-Gesetzes verstoßen zu haben. Der Oberste Gerichtshof des Utah-Territoriums hob die Entscheidung aus verfahrensrechtlichen Gründen auf (United States versus Reynolds, 1 Utah 226 [1875]), aber in einer zweiten Verhandlung wurde Reynolds abermals für schuldig befunden und zu zwei Jahren Gefängnishaft und einer Geldstrafe von 500 Dollar verurteilt. Das Oberste Bundesgericht erklärte das Urteil für rechtmässig.

In Anlehnung an die “Religionsfreiheit-Klausel”, schrieb der Vorsitzende des Obersten Bundesgerichts, Morrison R. Waite <Waite, Morrison R.>, daß “der [amerikanische] Kongress keine legislative Gewalt über bloße Meinungsäußerung besitze, daß er jedoch entscheiden könne, wann eine Handlung gegen gesellschaftliche Verpflichtungen verstoße oder die gute Ordnung untergrabe” (98 U.S. 164). Diese Trennung zwischen gesetzlich geschütztem religiösem Glauben und gesetzlich nicht geschützter Handlung wurde jahrzehntelang eingehalten, und bis heute ist diese spezifische Auslegung betreffs Mehrehe Gesetz in den USA. Im Jahre 1940 entschied ein Gericht jedoch, daß religiöse Handlungen ebenfalls als Religionsfreiheit angesehen werden können (Catwell versus Connecticut, 310 U.S. 296).

Das Morrill-Gesetz war keine wirksame Waffe gegen die Mehrehe, weil es schwierig war, aufgrund von Zeugenaussagen die Existenz von Mehrehen zu beweisen. Die Reynolds-Entscheidung bahnte jedoch den Weg für weitere Bundesgesetze, die leichter durchzusetzen waren und “ungesetzlichen Beischlaf” unter Strafe stellten, der Kirche das Körperschaftsrecht entzog und ihr Eigentum beschlagnahmte. Schließlich erkannte die Kirche auf Anweisung ihres Propheten und Präsidenten, Wilford WOODRUFF <Woodruff, Wilford>, die Gesetze als rechtmäßig an und gab die Mehrehe auf.

[Siehe auch MEHREHE, GESETZGEBUNG GEGEN DIE ...; MANIFEST VON 1890.]

BIBLIOGRAPHIE

Davis, Ray J. “Plural Marriage and Religious Freedom: The Impact of Reynolds versus the United States.” Arizona Law Review 15, 1974, S. 287–306.

Firmage, Edwin Brown. Zion in the Courts. Urbana, Illinois, 1988. S. 151–159.

ROBERT E. RIGGS