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Petrus

Simon Barjona, später bekannt als Kephas oder Petrus, wurde der führende Hauptapostel von Jesus Christus. Nach dem Tod Christi war er nachweislich der präsidierende Beamte über die frühzeitliche Kirche. In der heutigen Evangeliumszeit stellte er als auferstandenes Wesen die apostolische Vollmacht wieder her, als er sie auf den Propheten Joseph Smith und Oliver Cowdery übertrug.

Das Neue Testament enthält mehr Informationen über Petrus als über irgendeinen anderen Apostel. Dies bietet einige Hinweise auf sein geistiges Wirken, seinen Charakter und seine Beziehung zum Erretter. Im Gegensatz zu dem manchmal ungestümen, jüngeren Petrus, wie er in den Evangelien dargestellt wird, lassen sein späteres geistiges Wirken und die Briefe des Apostels einen reifen Führer mit geduldvollem Glauben erkennen. Er sorgt sich aufrichtig um das geistige Wohl der Herde, die Jesus ihm anvertraut hat (Johannes 21:15-17).  Unterschiede, die sich aus verschiedenen biblischen Berichten herleiten lassen, bleiben jedoch in der Darstellung von Petrus bestehen. Diese werden in wissenschaftlichen Analysen der Rolle und Theologie von Petrus hochgerechnet. Greift man auf die späteren Schriften der Christen aus dem zweiten und dritten Jahrhundert zurück, offenbaren diese andere Darstellungen von Petrus Stellung in der ursprünglichen Kirche. Daher kann man nicht mutmaßen, dass alles, was über ihn geschrieben wurde, genau den Tatsachen entspricht.

Ursprünglich kommt Petrus aus Bethsaida, einem kleinen Fischhafen irgendwo an der Nordküste des Sees Genezareth. Zur Zeit seiner Berufung zum Apostel lebte er mit seiner Frau und seiner Schwiegermutter in der Stadt Capernaum. Der Vorname von Petrus war Simon und sein Patronymikum war bar jona, was ihn als Sohn des Jona identifiziert (Matthäus 16:17). Der Name Simon (Simon) und der seines Bruders Andreas (Andreas) lassen sich aus den Griechischen Wiedergaben ihrer Namen herleiten. Petrus lebte in einer Region, wo zusätzlich zum heimischen Aramäisch auch Griechisch weitgehend als Sprache für Gewerbe und Handel verwendet wurde. Demnach könnte Petrus in der Sprache, in der seine biblischen Schriften später verfasst wurden, erfahren gewesen sein. Obwohl Petrus von Beruf Fischer war und Petrus und Johannes von den Ältesten der Sanhedrin als „ungelehrte und einfache Leute“ (Apostelgeschichte 4:13) bezeichnet wurden, waren die aus Galiläa stammenden Apostel gebildete Männer. Wahrscheinlich waren sie nicht ausgebildet wie normale Rabbis, aber sie hatten ein umfassendes, allgemeines Verständnis und Leistungsvermögen.

Petrus war einer der ersten Apostel Jesu. Seine neue Namensgebung, nämlich Simon, kennzeichnete eine besondere Berufung, die ihm ausgesprochen wurde. Gemäß jüdischer Tradition „deutet [dies] die Übertragung einer besonderen, göttlichen  Mission an“ (Winter, S. 5). Christus verlieh Simon Barjona den Titel Kephas. Johannes beschreibt dies wie folgt: „Kephas bedeutet: Fels (Petrus)“ (Johannes 1:42). Das Aramäische kefa und dessen Griechische Entsprechung, petros, sind gebräuchliche Nomen, die vor dieser Zeit nicht als eigentliche Namen benutzt wurden. Eine Auseinandersetzung zwischen katholischen und protestantischen Wissenschaftlern bezüglich der Definition von petros, „ein Fels oder Stein“ und petra, „eine große Gesteinsmasse“, hält nach langer Dauer weiterhin an (Winter, S. 6-25; Horsley, S. 29-41). Diese Worte betreffen nämlich den Namen von Petrus und seine Verbindung mit dem Wortspiel Christi: „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen“ (Matthäus 16:18). Gemäß der Lehre der Heiligen der Letzten Tage meinte Jesus mit dem Felsen Offenbarung und dass die Berufung des Petrus, nämlich ein Prophet zu werden und die Urkirche zu leiten, hier vorrausgesagt wird. Joseph Smith verwendete den Begriff „Seher“, um kephas zu definieren (JSÜ Johannes 1:42). Bruce R. McConkie (S. 133, 380-83) bezog dies auf die Vollmacht eines Sehers, kontinuierlich Offenbarung zu empfangen. Darüberhinaus verbindet er dies mit den Schlüsseln des Himmelreichs (Matthäus 16:19), die Petrus, dem führenden Apostel, auf dem Berg der Verklärung übertragen wurden. Dabei handelt es sich um einen Bericht, von dem eine Version direkt danach in Matthäus 17:1-13 zu finden ist.

Die Vorrangstellung von Petrus in der Urkirche rührte von apostolischer Vollmacht her. Sein erster Stand unter den zwölf Aposteln wird in verschiedenen Zusammenhängen deutlich. Zunächst erwähnen alle Namenslisten der Apostel im Neuen Testament Petrus an erster Stelle. Die Formulierung „Petrus und seine Gefährten“ steht für die Apostel (z.B. Lukas 8:45). Wunder, Gelegenheiten zu lehren und besondere Ereignisse (z.B. Matthäus 14:25-31; Markus 14:26-42; Lukas 5:1-10) drehen sich allein um Petrus, oder um ihn als Schlüssselfigur unter den Aposteln (Muren, S. 150). Nach der Gerichtsverhandlung Jesu vor Kaiphas blieb Petrus in der Nähe, wo es dunkel und kalt war. Obwohl er während der Verurteilung Jesu bestimmte Anschuldigungen einer Verbindung oder Mitgliedschaft  bei den Jüngern und eine Bekanntschaft mit Jesus verleugnete, war Petrus der erste Apostel, dem der auferstandene Christus erschien (Lukas 24:33-35; 1 Korinther 15:5).

Die Führungsposition des Petrus wird von Heiligen der Letzten Tage als Präsidentschaft angesehen. Zwei Präsidenten der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage haben das Amt des Petrus mit dem des Präsidenten des Kollegiums der Zwölf Apostel verglichen (McKay, S. 20; Kimball).

Die Apostel Jakobus und Johannes nahmen hinter Petrus eine zweitrangige Stellung ein. Gemeinsam hatten diese drei das Privileg, Jesus bei drei höchst heiligen Ereignissen zu begleiten: als Jesus die Tochter von Jairus von den Toten auferweckte (Markus 5:35-43), bei seiner Verherrlichung auf dem Berg der Verklärung (Matthäus 17:1-13; Markus 9:2-9) und bei seinem Leiden im Garten Getsemani (Markus 14:26-42). Heilige der Letzten Tage führen die Gegenwart von Petrus, Jakobus und Johannes bei diesen Ereignissen auf ihr Amt im Priestertum zurück, das sie unter den Aposteln trugen. Joseph Smith lehrte, dass der Erretter, Mose und Elias , als sie vor ihnen verklärt wurden, Petrus, Jakobus und Johannes die Schlüssel des Melchisedekischen Priestertums übergaben (LPJS, S. 158; siehe Berg der Verklärung).

Nach dem Tod Jesu leiteten Petrus, Jakobus und Johannes durch diese Vollmacht die Kirche im Namen Jesu Christi. Petrus präsidierte über die Wahl eines neuen Apostels, um Judas zu ersetzen (Apostelgeschichte 1:15-26) und über das geistige Wirken am Pfingsttag (Apostelgeschichte 2). Petrus stellte sich dem Sanhedrin gegenüber, vollbrachte Wunder und predigte das Evangelium Christi (Apostelgeschichte 3-4). Bei vielen dieser Handlungen war Johannes sein Mitarbeiter, obgleich Petrus die Führung übernahm. Durch wichtige Offenbarungen, die die Ausdehnung des Evangeliums bis zu den Andern (Apostelgeschichte 10) betrafen, wird die Berufung des Petrus als Prophet, Seher und Offenbarer offensichtlich (Muren, S. 150-52). Obwohl neuzeitliche Offenbarung manche Informationen in diesem Zusammenhang klarstellt, kann die Rolle des Petrus aufgezeigt werden. Durch ein gründliches Studium des Neuen Testaments und anderer frühzeitlicher Quellen für das Christentum wird die Bedeutung des Petrus, der über Kirchenräte präsidierte und die allgemeinen Bemühungen der Apostel lenkte, offenkundig (Brown, S. 9-16, 1973).

Aufgrund seines frühzeitlichen Amtes war es Petrus, der mit der Unterstützung von Jakobus und Johannes dazu beauftragt war, die apostolische Vollmacht in einer neuen Evangeliumszeit wiederherzustellen und Joseph Smith dieselben Priestertumsschlüssel, die Christus Petrus gegeben hatte, zu übertragen. Dadurch wurde die Vollmacht, Verordnungen zu vollziehen und die Errettung durch die Vollmacht des Priestertums, wiederhergestellt (siehe Melchisedekisches Priestertum: Wiederherstellung von).

Die zwei Briefe von Petrus im Neuen Testament enthalten eine Fülle von inspirierten und inspirierenden Lehren und Ermahnungen. Durchgehend werden in 1 und 2 Petrus Bedenken um die Errettung und Heiligung der Herde ausgesprochen. Diese erinnern die Gläubigen daran, dass dies nur durch die Erkenntnis Jesu Christi und die Ausübung der Verordnungen des Priestertums erlangt werden kann (bgl. LPJS, S. 297, 303-305; Muren, S. 153-56). Petrus liefert auch Informationen über die Errettung der Verstorbenen (1 Petrus 3:18-22; 4:6) und ermahnt alle Mitglieder der Kirche, heilig zu sein, die Herde zu weiden, demütig zu sein und ihre Errettung zu sichern, indem sie ihre Berufung und Erwählung sicher machen (1 Petrus: 4-5; 2 Petrus 1). Ein letztes Bedenken für das geistige Wohlergehen der Kirche kommt zum Ausdruck. Petrus warnt vor falschen Lehren, die individuelle Errettung gefährden (2 Petrus 2-3). Joseph Smith machte zu diesen Briefen folgende Bemerkung: „Von allen Aposteln schrieb Petrus in der erhabendsten Sprache“ (LPJS, S. 301).

BIBLIOGRAPHIE

Brown, Raymond E.; Karl Donfried; and John Reumann, eds. Peter in the New Testament. Minneapolis, Minn., 1973.

Brown, S. Kent. “James the Just and the Question of Peter’s Leadership in the Light of New Sources.” In Sperry Lecture Series, pp. 9-16. Provo, Utah, 1973.

Horsley, A. Burt. Peter and the Popes. Salt Lake City, 1989.

Kimball, Spencer W. “Peter, My Brother.” In BYU Speeches of the Year. Provo, Utah, 1971.

McConkie, Bruce R. Doctrinal New Testament Commentary, Vol. 1. Salt Lake City, 1978.

McKay, David O. Ancient Apostles. Salt Lake City, 1964.

Muren, Joseph C. “Peter.” In A Symposium on the New Testament. Salt Lake City, 1980.

Winter, Michael M. Saint Peter and the Popes. Westport, Conn., 1960.

JOHN FRANKLIN HALL