Home

PERSÖNLICHKEITEN IM BUCH MORMON

[Die Erfahrungen, Gedanken, Gefühle und Charaktereigenschaften einiger Personen werden im Buch Mormon ans Licht gebracht. In diesem Buch steht Jesus Christus im Mittelpunkt; vgl. Jesus Christus im Buch Mormon.

Der grundlegende Prophet war Lehi. Artikel, die ihn und Mitglieder seiner Familie betreffen, siehe Lehi; Laman; Nephi; Jakob und Ischmael. Lehis Frau Sariah und andere Frauen im Buch Mormon betreffend, siehe Frauen im Buch Mormon.

Der letzte König der Nephiten (153-90 B.C.) war Mosia. Artikel über seinen Groβvater, Vater und Bruder, siehe Mosia, Benjamin, Helaman. Von 90 B.C. bis 321 A.D. blieben die Aufzeichnungen der Nephiten im Besitz von Almas Nachkommen; siehe Alma 1; Alma 2; Helaman 2; Helaman 3; Nephi 2; Nephi 3; Nephi 4. Die letzten nephitischen Propheten, Heerführer und Geschichtsschreiber waren Mormon und sein Sohn Moroni, benannt nach einem früheren Hauptmann namens Moroni.

Vier weitere Propheten spielen im Buch Mormon eine bedeutende Rolle; siehe Abinadi; Amulek; Samuel der Lamanit und Jareds Bruder. Zitate von Propheten aus alter Zeit im Buch Mormon beinhalten Ezias; Jesaja; Josef; Mose; Neum; Zenock und Zenos. In Bezug auf verschiedene Völkergruppen im Buch Mormon, siehe Völker im Buch Mormon; Jarediten; Lamaniten; Mulek und Nephiten. Siehe auch Namen im Buch Mormon.]

-----------------------------------------------------------------

Abinadi

Abinadi war sowohl ein mutiger Prophet (150 B.C.) als auch der bekannteste Märtyrer im Buch Mormon. Sein geistliches Wirken sowie seine Hinrichtung, die im Herzstück des Buch Mormons wiedergegeben werden, verdeutlichen den starken Kontrast zwischen dem rechtschaffenen König Benjamin und dem schlechten König Noa. Alma war ein bekehrter Augenzeuge, der die wichtigsten Aussagen Abinadis selbst vernahm und kurz darauf niederschrieb (Mosia 17:4).

Abinadi gehörte zu einer kleinen Gruppe zurückgezogener Nephiten, die eine Generation zuvor aus Zarahemla zurückgekehrt waren, um die Stadt Nephi und dessen Tempel wieder von den Lamaniten zurückzuerobern. Die Stadt Nephi war schon immer die Hauptstadt der Nephiten. Sowie die Ausschreitungen des abtrünnigen Königs der Nephiten und dessen Priester zunahmen, gebot der Herr Abinadi ihr abscheuliches Verhalten öffentlich zu verurteilen. Abinadi prophezeihte darüberhinaus ihre Gefangenschaft und Bedrängnis. Dafür wurde er von König Noa zum Tode verurteilt, doch es gelang ihm noch rechtzeitig zu entkommen.

Es ist nicht bekannt, wo er im Exil gelebt hat (oder: wo er sich solange aufhielt/versteckt hielt). Ähnlichkeiten im Wortgebrauch zu König Benjamin (vgl.  Mosia 16:1; 3:20; 16:5; 2:38; 16:10–11; 3:24–25) könnten darauf hinweisen, dass Abinadi einige Zeit mit ihm und seinem Volk in Zarahemla verbracht hat (Worte Mormons 1:16-17) oder während dieser Zeit ähnliche Offenbarungen empfing.

Auf Gebot des Herrn betrat Abinadi zwei Jahre später wiederum die Stadt Nephi, um zu prophezeihen. Diesmal hatte er sich durch eine Verkleidung unkenntlich gemacht. Vor einer Menschenmenge verfluchte er im Namen des Herrn die reuelosen Menschen, ihr Land und ihr Getreide. Unerschrocken sagte er die Zerstörung und die demütigende Gefangenschaft voraus und erinnerte an das Leiden des Volkes Israel in Ägypten. Mit einem mächtigen Fluch, womit schon im alten Nahen Osten diejenigen die Bündnisse brachen, verdammt wurden,  bezeugte er, dass das Leben Noas soviel wert sein würde „wie ein Kleid in einem heiβen Ofen“ (Mosia 12:3).

Die Menschen ergriffen Abinadi, fesselten ihn und brachten ihn zu Noa. Abinadi wurde vorgeworfen, Lügen über den König und falsche Prophezeihungen zu verbreiten. Beide Anschuldigungen verstieβen gegen ihr Gesetz, das Gesetz des Mose (Mosia 13:23, Ex. 20:16, Deut. 18:20-22). Diese zweifache Anschuldigung machte das darauf folgende Gerichtsverfahren scheinbar umso komplizierter. Der König war gewöhnlich für diplomatische, die Priester für religiöse Angelegenheiten zuständig.

Der erste Prozess konzentrierte sich zunächst auf die Anschuldigung falscher prophetischer Rede. Die Priester forderten Abinadi auf, Jesaja 52:7-10 zu deuten. Ihrer Ansicht nach bedeutete diese Schriftstelle, dass Gott ihren eigenem Volk „Frieden“ und „Rettung“ versprochen hatte. Obwohl Jesaja diejenigen lobte, die eine „frohe Botschaft“ verkündeten, kamen sie zu dem Schluss, dass Abinadi Unwahrheiten verbreitete. Gemäβ einer solchen Deutung widersprach Abinadis Fluch Jesajas Worten und wurde von den Priestern als falsch und rechtswidrig angesehen (Mosia 12:20-24).

Abinadi widerlegte die Anschuldigungen der Priester auf verschiedene Weise. Er sagte, dass sie das Gesetz missverstanden und dem Gesetz gegenüber ungehorsam waren. Er schlussfolgerte, dass Erlösung Gehorsam gegenüber dem Gesetz erfordert und wies sie darauf hin, dass sie das grundlegende Gesetz des Bundes, nämlich die 10 Gebote, nicht gehalten hatten. Auf wundersame Weise widerstand Abinadi dem Versuch des Königs ihn zum Schweigen zu bringen „und sein Gesicht leuchtete mit überaus starkem Glanz wie das des Mose, als er auf dem Berg Sinai war“ (Mosia 13:5). Dann zitierte er Jesaja 53 und erklärte dessen Bezug auf das Kommen des Messias.

Abinadis prophetische Rede gehört zu den mächtigsten Worten im Buch Mormon. Er bschrieb die „Gestalt“ und das Kommen Gottes als das Kommen des Sohnes im Fleisch wie es in Jesaja 52:14 und 53:2 erwähnt wird (Mosia 12:34;14:2). Deshalb „wird er der Vater und der Sohn“ (Mosia 15:1-5). Er lehrte auch, dass Gott leiden wird wie ein „Lamm, das man zum Schlachten führt“ (Jesaja 53:7; Mosia 14:7). Die Priester stellten Abinadi noch viele Fragen über Jesaja 52:7-10. Er bekundete, dass diejenigen „die seine Generation verkünden“ (vgl. Mosia 15:10) und „Frieden verkündigen“ (vgl. Mosia 15:14) Propheten Gottes sind. Diese und alle anderen, die auf ihre Worte hören, sind Gottes „Nachkommen“ (Mosia 15:11, 13). Sie bringen wahrhaftig eine „frohe Boschaft“ von der Errettung, der Erlösung, dem Trost durch Christus und der Herrschaft Gottes am Tag des Gerichts.

Indem er sich auf Jesajas Worte bezog, zeigte Abinadi, dass Gott das Volk Noas nicht erlösen könne, da sie sich stur gegen seine Göttlichkeit aufgelehnt hatten. Wahre Erlösung erlangt man jedoch nur durch Umkehr und die Anerkennung Christi. Ausserdem machte Abinadi deutlich, dass seine Phrophezeihungen den Worten Jesajas, die von den Priestern zitiert wurden, nicht widersprachen.

Noa verlangte die Hinrichtung Abinadis offensichtlich aufgrund seiner falschen Aussagen gegenüber ihm, dem König. Ein junger Priester namens Alma verteidigte tapfer die Wahrhaftigkeit der Worte Abinadis, woraufhin er aus dem Land vertrieben wurde.

Die Gerichtsverhandlung wurde für drei Tage unterbrochen. Abinadi wurde solange im Gefängnis gehalten.

Als der Prozess wiederaufgenommen wurde, wurde Abinadi mutmaβlich der Gotteslästerung beschuldigt (Mosia 17:8), was ein weiterer Hauptverstoβ gegen das Mosaische Gesetz war (Lev. 24:10–16).  Noa gab ihm die Gelegenheit seine Worte zu widerrufen, doch Abinadi lehnte es ab, Gottes Botschaft zu widerrufen, auch wenn ihm das Todesurteil drohte.

Abinadis Worte schüchterten König Noa ein, weshalb er Abinadi freilassen wollte. Die Priester hingegen beschuldigten Abinadi noch eines vierten Vergehens, nämlich der Verunglimpfung des Königs (Mosia 17:12; Ex. 22:28). Aus diesem Grund verurteilte Noa Abinadi, sodass die Priester ihn geiβelten und verbrannten. Unter dem Mosaischen Gesetz war es üblich, dass die Ankläger selbst das Urteil vollstreckten. Dennoch war der Feuertod eine auβergewöhnliche Art der Hinrichtung. Dies spiegelte das mutmaβliche Vergehen Abinadis wider: Er wurde verbrannt genauso wie er vorausgesagt hatte, dass Noas Leben soviel wert sein würde wie ein Kleid in einem heiβen Ofen. Kurz vor seinem Tod prophezeite Abinadi, dass das gleiche Schicksal seine Ankläger befallen würde. Diese Prophezeiung hatte sich schon bald erfüllt (Mosia 17:15–18; 19:20; Alma 25:7–12).

Mindestens drei Personen erinnerten die Nephiten an Abinadi:

  1. Alma, der von Abinadi bekehrt wurde, war ein Prophet Gottes. Er lehrte Abinadis Worte über den Tod und die Auferstehung Christi, die Auferstehung der Toten, die Erlösung des Volkes Gottes (Mosia 18:1-2) und die mächtige Herzenswandlung aufgrund ihrer Bekehrung (Alma 5:12). Durch Almas Nachkommen beeinflusste Abinadi die Nephiten noch Jahrhunderte lang.
  2. Ammon sah mit eigenen Augen die Hinrichtung von 1005 Menschen, die er selbst bekehrt hatte (Alma 24:22). Er erinnerte daran, Abinadi sei der erste gewesen, der wegen „seines Glaubens“ (Alma 25:11; vgl. Mosia 17:20; siehe auch Mosia 7:26-28) den Märtyrertod erlitten habe. Dies wurde als der wahre Grund seiner Hinrichtung anerkannt, da sich die Anschuldigung der Priester, nämlich die Verunglimpfung des Königs, als falsch erwiesen hatte.
  3. Mormon, der den Niedergang und die Vernichtung der Nephiten 500 Jahre später miterlebte, erinnerte sich an Abinadis Prophezeiung über die Schlechtigkeit des Volkes. Er sah vorraus, dass Sünde und Schlechtigkeit in ihrem Land zunehmen würden, sodass sie völlig vernichtet werden würden (Morm. 1:19; vgl. Mosia 12:7-8).

BIBLIOGRAPHIE

Welch, John W. “Judicial Process in the Trial of Abinadi.” Provo, Utah: FARMS, 1981.

Zusätzliche Quelle

Matthews, Robert J. “Abinadi: Prophet and Martyr.” Ensign, April 1992, 25–30.

LEW W. CRAMER