Von Adam (Mose 6:8) bis Johannes dem Offenbarer hat der Herr seine Worte an Propheten kundgetan, denn “Nichts tut Gott, der Herr, ohne daß er seinen Knechten, den Propheten, zuvor seinen Ratschluß offenbart hat“ (Amos 3:7; vgl. Num. 12:6-8; Jere. 23:18). Prophezeiung bezieht sich somit auf das durch Propheten erhaltene Wort Gottes, und dass Propheten seine bevollmächtigten Mittler zwischen Gott und den Menschen sind.
Der Herr berief Menschen, die oft ein ein normales Leben führten, als seine Propheten und offenbarte ihnen sein Wort auf unterschiedliche Art und Weise: von Angesicht zu Angesicht, durch seine Stimme, durch himmlischen Boten, Träume oder durch Inspiration. Häufig erfuhren die Propheten des Herrn Wort durch symbolische Anschauung, wie z.B. die Visionen eines himmlischen Rates, einer Gerichtsszene, oder Betrachtungen der Vergangenheit, Gegenwart und Zunkunft. Aus diesem Grund wurden sie häufig als „Hervorsager“ und „Vorhersager“ bezeichnet. Von Zeit zu Zeit wurden biblische Prophezeiungen dichterisch ausgedrückt. Diese göttlichen Kundgebungen sind reich an Sinnbildern, Metaphern, Symbolen, Anspielungen und weiteren literarischen Figuren. Neben den Offenbarungen der Bibel gibt es weitere zeitgemäße Schriftstücke, die in der Köstlichen Perle, dem Buch Mormon und in Lehre und Bündnisse bewahrt worden sind.
Die Propheten der Bibel dienten oft als Mittler des Bundes. Propheten wie Adam, Henoch, Noach, der Bruder Jareds, Abraham und Mose handelten für den Herrn und etablierten seinen Bund unter den Menschen. Diese Diener des Herrn verkündeten sein Evangelium und riefen ihre Zeitgenossen zur Umkehraug und forderten sie auf, einen Bund mit dem Herrn zu schließen. Ihre inspirierten Schilderungen beinhalten zukünftige Segnungen sowie Verfluchungen gemäß dem Bedingungsgehorsam ihres Bundes. Nachfolgende Propheten wie Lehi, Ether, Jesaja, Jeremia, König Benjamin und Johannes der Täufer, erneuerten den Bund. Sie warnten das in verschiedenen Stadien des Abfalls befindliche Bundesvolk umzukehren und den Verpflichtungen ihres Bündnisses nachzukommen oder die Konsequenzen ihres Ungehorsams zu ziehen: Strafgericht,Vernichtung, und Zerstreuung.
Biblische Propheten predigten betreffs der Gegenwart, indem sie ihren Blick auf die Zukunft richteten. Göttliche Kundgebungen hinsichtlich Vernichtungen wurden mit Aussagen der Hoffnung ausgeglichen. Sie sahen den Abfall und die Wiederherstellung, die Zerstreuung und Sammlung Israels, das Kommen Christi und sein Sühnopfer und die vorhergehenden Zeiten des Drangsals vor seinem zweiten Kommen voraus (Jakob 4:4; Mosia 13:33; LuB 20:26; Apg. 3:21). Zusammen mit den Anklagen gegen das Bundesvolk Israel haben viele Propheten in ihrer Rolle als Sprachrohr des Herrn Kundgebungen an fremde Nationen gerichtet, und somit den universellen Charakter ihrer Botschaft bestätigt (Amos 9:7). Die meisten biblischen Propheten richteten ihre unbeliebten Kundgebungen betreffs Umkehr an Einzelne oder ganze Gemeinschaften, was natürlich den derzeitigen vorherrschenden sozialen, politischen und religiösen Werten, sowie Ausübungen und Institutionen, widersprach. Demzufolge wurden sie durch diejeningen verfolgt oder getötet, deren Glaubensvorstellung und Verhalten sie abgeurteilt hatten.
Von Anfang an hat der Herr sich keinerlei Grenzen betreffs seiner Fähigkeit Propheten nach seinem Gutdünken zu berufen, auferlegt. „Und ich tue das, um vielen zu beweisen, daß ich derselbe bin gestern, heute und immerdar ... Und weil ich ein Wort gesprochen habe, braucht ihr nicht zu meinen, daß ich nicht noch ein anderes sprechen könne; denn mein Werk ist noch nicht beendet und wird es auch nicht sein bis zum Ende des Menschen, auch nicht von der Zeit an und für immer“ (2. Ne. 29:9). Göttliche Kundgebungen haben nicht in der Bibel mit Maleachi aufgehört, sondern wurden mit dem Kommen Johannes des Täufers fortgesetzt (Matt. 13:57; Lk. 7:39; 1 Ne. 10:4). Darüberhinaus setzte sich diese prophetische Tradition auf der westlichen Hemisphäre bis zur Vernichtung der Nephiten um 400 n.Chr, fort. Joël prophezeite hinsichtlich der zukünftigen Wiederherstellung des Prophezeiens: „Danach aber wird es geschehen, daß ich meinen Geist ausgieße über alles Fleisch. Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein, eure Alten werden Träume haben, und eure jungen Männer haben Visionen“ (Joël 3:1). Petrus bestätigte die Erfüllung dieser Prophezeiung zur Zeit des Pfingstereignisses. Sie wurde wiederum durch den Engel Moroni bekräftigt als er mit dem Propheten Joseph Smith sprach (JSLg 1:41).
Schriften der Heiligen der Letzten Tage zitieren, interpretieren und weisen auf jene alten Prophezeiungen hin, die die Bedeutsamkeit einer wiederhergestellten Kirche unterstreichen. Zum Beispiel, wesentliche Prophezeiungen, die im Kanon der Bibel nicht verzeichnet sind, wie die des Joseph in Ägypten (2 Ne. 3), und die des Zenos (Jakob 5), sind durch das Buch Mormon bewahrt worden. Nephi1 (z.B. 1 Ne. 20-22; 2 Ne. 11-24), Jakob (2 Ne. 7-8), Abinadi (Mosia 14-15), und Christus (3 Ne. 20-25) zitieren ausgiebig aus Jesaja und liefern viele inspirierte Auslegungen (Siehe Jesaja: Berichte im Buch Mormon). In Lehre und Bündnisse befasste sich Joseph Smith mit speziellen Fragen betreffs Jesaja 11 (LuB 113) und dem Buch der Offenbarung (LuB 77). Via göttlicher Kundgebungen bestätigte er die Erfüllung dieser und weiterer biblischer Prophezeiungen der Endzeit im Rahmen der Wiederherstellung des Evangeliums. Die Vision Daniels vom Stein der „ohne Zutun von Menschenhand... vom Berg losbrach“ (Daniel 2:45) gehörte auch dazu (LuB 65:2). Ferner bestätigte er, dass das Kommen Jesajas in Maleachi 4:5-6 durch sein Erscheinen im Kirtland Tempel 1836 in Erfüllung gegangen ist (LuB 110).
BIBLIOGRAPHIE
Jackson, Kent, ed. Studies in Scripture, Vol. 4. Salt Lake City, 1991.
Lindblom, Johannes. Prophecy in Ancient Israel, 2nd ed. Oxford, 1978.
Sperry, Sidney B. The Voice of Israel's Prophets. Salt Lake City, 1952.
DAVID R. SEELY