Die Primarvereinigung ist ein organisiertes Programm für die religiöse Unterweisung und Beschäftigung von Kindern in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ab dem achtzehnten Lebensmonat bis zu ihrem 12. Geburtstag. Ihr Zweck besteht darin, Kindern das Evangelium Jesu Christi zu lehren und ihnen zu helfen danach zu leben.
URSPRÜNGE. Im Sommer 1878 wollte Aurelia Spencer Rogers, eine Mutter aus Farmington, Utah, den Eltern bei der Unterweisung ihrer Kinder im Evangelium helfen. Sie äußerte ihr Anliegen gegenüber Eliza R. Snow, der Präsidentin der Frauenhilfsvereinigung der Kirche: „Könnte es nicht eine Organisation für kleine Jungen geben, worin man sie lehrt bessere Männer zu werden?“ (Rogers, p. 208). Schwester Snow legte die Angelegenheit Präsident John Taylor vor und dieser genehmigte die Einrichtung der Organisation.
Unter der Leitung von örtlichen Kirchenführern wurde die Primarvereinigung am 11. August 1878 mit Aurelia Rogers als Präsidentin gegründet. Am 25. August fand die erste Versammlung der Primarvereinigung in Farmington statt. 224 Jungen und Mädchen kamen zusammen, und wurden über Gehorsam, Glaube an Gott, Gebet, Pünktlichkeit und gute Manieren belehrt. Mädchen nahmen auch Teil, damit der Gesang „so gut klang wie er sollte“ (Rogers, p. 209).
FRÜHE PRIMARVEREINIGUNGEN. Innerhalb kurzer Zeit wurden im gesamten Gebiet weitere Primarvereinigungen organisiert. Bis Mitte der 1880er Jahre waren Primarvereinigungsgruppen in nahezu jeder Siedlung der HLT organisiert worden. Die Frauen der Kirche erhielten die Verantwortung, das Programm der Primarvereinigung zu organisieren und durchzuführen. Der Großteil des wöchentlichen Programms war Liedern, Gedichten und Aktivitäten gewidmet, die die Kinder vortrugen. Generalbeamte der Primarvereinigung nahmen bis in die 1890er Jahre noch keine beaufsichtigende Führungsrolle ein. Es gab nur wenig lehrplanmäßiges Material, obwohl die meisten Primarvereinigungen ein Gesangbuch und ein Buch mit Melodien nutzten sowie ein Fragebuch zum Alten und Neuen Testament mit Fragen und Antworten, welche Eliza R. Snow 1881 erstellt hatte. In vielen Ortschaften blieben Kinder im frühen Teenageralter weiterhin in der Primarvereinigung und dienten dort oft als Sekretäre.
1890-1939. Während dieser Zeit nahmen die Generalbeamten der Primarvereinigung die Führungsrolle in der Entwicklung der Primarvereinigung ein. Louie B. Felt (1880-1925), die erste Präsidentin über die gesamte Primarvereinigung der Kirche, und ihre Ratgeberin und Nachfolgerin May Anderson (1925-1939) trachteten nach einer professionellen pädgogischen Schulung. Sie waren der Reformpädagogik gegenüber aufgeschlossen und starteten eine Lehrplanentwicklung und Schulung von Lehrern. Die Generalbeamten regten örtliche Primarvereinigungen zur Einrichtung verschiedener Klassen nach Altersstufen an mit angemessenem Unterricht für die jeweiligen Entwicklungsstufen der Kinder. Sie starteten die Veröffentlichung des Kindermagazins Friend (1902). Zunächst enthielt es Unterrichtspläne und Anweisungen für Leiter. Nach ein paar Jahren waren auch Geschichten, Anleitungen zu Handarbeiten und Musik für Kinder enthalten. 1913 richtete die Primarvereinigung eine Kindergemeinde im Grove´s Latter-day Saint Hospital in Salt Lake City ein. Es war die erste einer Reihe von Bemühungen der Primarvereinigung kinderärztliche Krankenhauspflege bereitzustellen. Als die 1890 eingeführten, wöchentlich stattfindenden Religionsklassen für Kinder 1929 eingestellt wurden, übernahm die Primarvereinigung mehr Verantwortung für die geistige Erziehung der Kinder. Dreimal monatlich plante man Unterricht. Aktivitäten wurden auf einmal monatlich reduziert, außer während des Sommerprogramms. Pfahlausschüsse hielten monatliche Schulungsversammlungen für Gemeindeleiter ab. Die Mitglieder des Generalausschusses kamen regelmäßig zu Besuch.
1940-1974. Unter der Präsidentschaft von May Green Hinckley (1940-1943) und Adele Cannon Howells (1943-1951) blieb die geistige Erziehung weiterhin der Schwerpunkt des Programms der Primarvereinigung. Kurze Lektionen wurden für die zunehmende Zahl an Primarvereinigungen in Missionsgebieten der Kirche auf der ganzen Welt geschrieben. Diese wurden aufgrund der eingeschränkten Reisemöglichkeiten während des Zweiten Weltkriegs auch für die Primarvereinigungen in Hunderten von Heimen und Nachbarschaften entwickelt. Unter Präsident LaVern Watts Parmley (1951-1974) gestaltete man die Lektionen der Primarvereinigung so, dass sie in allen Einheiten der wachsenden Kirche verwendet werden konnten. Dazu zählten auch Primarvereinigungen in Missionsgebieten. Als man ein allumfassendes und voneinander abhängiges Kirchenprogramm in den 1960ern erstellte, übernahmen Priestertumsführer und professionelle Institute die Verantwortung für das Unterrichtsmaterial der Primarvereinigung.
Das Krankenhaus für Kinder der Primarvereinigung wurde 1949 von Kirchenführern genehmigt und 1952 vollendet. Präsident Parmley wurde der erste Vorsitzende des Ausschusses von Treuhändern (Siehe Krankenhäuser). Während die Mehrheit aller Patienten aus dem Intermountaingebiet stammten, kamen andere von vielen Orten der Welt. Kinder aller Rassen und Glaubensrichtungen waren willkommen. Die Angehörigen der Patienten zahlten gewöhnlich die medizinischen Kosten, jedoch viele erhielten wohltätige Geldmittel.. Dieses Krankenhaus, welches 1975 in Privatbesitz überging, ermöglichte einige der bedeutendsten Beiträge der Primarvereinigung zum Leben vieler Kinder.
1952 empfing die Primarvereinigung die Verantwortung für das Wölflingsprogramm für Jungen im Alter von acht, neun und zehn Jahren sowie für das Pfadfinderprogram für Elfjährige. Seit dieser Zeit besteht eine enge Arbeitsbeziehung zwischen der Primarvereinigung und den Pfadfindern Amerikas. Die Primarvereinigung ist auch sehr engagiert bei den Pfadfindern in Kanada, im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland und in Neuseeland.
Bis 1952 konnten Frauen nur als Lagermütter bei den Wölflingen mitwirken. In diesem Jahr empfing die Primarvereinigung vom Nationalen Pfadfinderkomitee die Erlaubnis für Frauen als Leiter der elfjährigen Pfadfinder zu dienen. Seitdem sind Frauen registrierte Pfadfinder geworden und dienen in örtlichen und nationalen Ausschüssen.
1974-1990. Mit dem Wachstum einer geographisch weiter verbreiteten Kirche endeten 1975 jährliche Generalkonferenzen der Hilfsvereinigungen der Kirche. Unter den Präsidentinnen Naomi M. Shumway (1974-1980), Dwan J. Young (1980-1988) und Michaelene P. Grassli (1988-) blieb die Kommunikation mit örtlichen Leitern durch Material für Regionalkonferenzen, ein Handbuch der Primarvereinigung, veröffentlichte Informationen in amtlichen Bekanntmachungen und durch die regelmäßige Teilnahme an regionalen Trainingsseminaren bestehen. 1977 empfing wiederum der Generalausschuss der Primarvereinigung die Verantwortung für die Planung von Unterrichtsideen für die Leitfäden der Primarvereinigung.
Im zusammengefassten, sonntäglichen Versammlungsplan (1980) verschob man die Versammlungen der Primarvereinigung von Mitte der Woche auf Sonntag und führte die Juniorsonntagsschule nicht mehr fort. Die Primarvereinigung empfing die Verantwortung für alle offiziellen Religionsklassen der Kinder in der Kirche. Mit dieser Veränderung wurden nun auch Männer als Lehrer in der Primarvereinigung berufen. Jedoch dienten weiterhin nur Frauen in der Präsidentschaft der Primarvereinigung. Aktivitäten für alle Kinder der Primarvereinigung unter der Woche fanden nur noch viermal jährlich statt. Die geistige Erziehung und Belehrung wurde weiter hervorgehoben. Die Kinder wurden ermutigt regelmäßig in den Schriften zu lesen. Lektionen der Primarvereinigung lehrten Evangeliumsprinzipien, die auf den Schriften basierten. Musik und Aktivitäten fanden ihren Höhepunkt in Präsentationen in der jährlichen Abendmahlsversammlung, die von der Primarvereinigung gestaltet wurde und sich auf die Schriften und Evangeliumsprinzipien konzentrierte (z.B. "Das Buch Mormon-Ein Zeuge von Jesus Christ," 1988; "Ich bin ein Kind von Gott," 1989; and "Ich gehöre zur Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage," 1990).
GEGENWÄRTIGER AUFBAU. Seit 1990 dienen Primarvereinigungen über anderthalb Millionen Kindern mit Lektionen in vielen Sprachen. Versammlungen der Primarvereinigung finden jeden Sonntag für etwa anderthalb Stunden statt. Für Kinder im Alter von 18 Monaten bis 3 Jahren gibt es ein Kindergartenprogramm. Kinder im Alter von drei und elf Jahren versammeln sich gemeinsam unter der Leitung der Präsidentschaft der Primarvereinigung der Gemeinde. Die Kinder sprechen Gebete, lesen in den Schriften und geben kurze evangeliumsbezogene Ansprachen. Sie lernen Evangeliumsprinzipien durch Rollenspiele, Lesetheater, gemeinsames Lesen, informelle Gesprächssessionen, Diskussionsforen und andere Aktivitäten. Sie lernen und singen auch eine Auswahl an Liedern aus einem Liederbuch für Kinder.
Die Kinder teilen sich nach Alter in kleinere Klassen auf. Altersgemäße Lektionsmaterialien helfen den Kindern im Verständnis von Evangeliumsprinzipien zu wachsen. Sie lernen, dass der Himmlische Vater und Jesus sie lieben, bereiten sich auf die Taufe vor, empfangen den Heiligen Geist und halten ihre Taufbündnisse. Klassenpräsentationen und Diskussionen helfen den Mädchen sich darauf vorzubereiten, ihre Rollen als rechtschaffene junge Damen zu erfüllen und anderen in ihrem Leben zu dienen. Die Klassen helfen den Jungen sich darauf vorzubereiten, das Priestertum zu empfangen und würdig zu sein, diese Macht auszuüben und das Leben anderer zu segnen.
Zusätzlich zu den Versammlungen der Primarvereinigung am Sonntag finden zweimal im Monat Aktivitäten unter der Woche für zehn- und elfjährige Jungen und Mädchen statt. In manchen Ländern führen die elfjährigen Jungen an diesen Tagen Pfadfinderaktivitäten durch. Für alle Kinder der Primarvereinigung gibt es eine vierteljährliche Aktivität. Die Aktivitäten unter der Woche und die vierteljährlichen Aktivitäten regen die Kinder zum Zusammenspiel und zu förderlichem Spaß an, wobei sie sich an körperlichen, kreativen, kulturellen und dienstleistenden Aktivitäten beteiligen.
Kinder mit Behinderungen empfangen Unterricht in der Primarvereinigung. Sie haben die Gelegenheit am gesamten Programm teilzunehmen. Die Leiter testen ihre Bedürfnisse induviduell und passen Programme den spezifischen Belangen an. Diese Kinder werden wenn immer möglich in das reguläre Programm einbezogen. Dazu erhalten ihre Lehrer, Leiter und Klassenkameraden zusätzliche Unterstützung und Schulung.
Kirchenführer berufen und setzen Laien in Ämter und als Lehrer für die Beaufsichtigung der Primarvereinigung ein. Die Generalbeamten und Kirchenkomitees für Lehrpläne stellen Handbücher, Lehrmittel, Anschauungsmaterial, Unterrichtsleitfäden und eine Anzahl von Trainingsvideos für ihren Gebrauch zur Verfügung. Monatliche Gelegenheiten zu unterrichten helfen den Lehrern ihre Lehrfähigkeiten zu verbessern und angemessen mit den Kindern zu arbeiten. In regelmäßigen Zeitabständen führen die Generalpräsidentschaft der Primarvereinigung und Vorstandsmitglieder Schulungen für mehrere Pfähle oder Regionen durch. Leiter und Lehrer trachten nach und empfangen Inspiration in ihrem Dienst in der Primarvereinigung.
Die Mission der Primarvereinigung, der Impuls ihrer geschichtlichen Entwicklung und der Zweck ihrers gegenwärtigen Aufbaus werden in der Schrift zusammengefasst und sind ihr Leitgedanke geworden: „Und alle deine Kinder werden vom Herrn belehrt werden; und groß wird der Friede deiner Kinder sein“ (3. Nephi 22:13). [Siehe auch Hilfsorganisationen; Kinder: Rollen von Kindern.]
SHUMWAY, NAOMI M.