Das Prinzip eines Rates in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage verkörpert sowohl eine Philosophie administrativen Verhaltens als auch eine organisatorische Körperschaft oder Einheit. Es gibt formell organisierte Räte wie beispielsweise den Rat der Zwölf Apostel (Siehe Kollegium der Zwölf Apostel). Hinzu kommen Hohe Räte in Pfählen und Räte, die aus Priestertumskollegium und Hilfsbeamten bestehen und als Gemeinde- oder Pfahlräte zusammenarbeiten. Diesen letzteren Räten werden manchmal zuständige Repräsentanten (Sportler, Alleinstehende Erwachsene, etc.) hinzugefügt. Kirchenräte koordinieren und planen Aktivitäten, sammeln Informationen, planen zukünftige Programme oder Veranstaltungen, treffen Entscheidungen und lösen Probleme für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich.
Auf der grundlegendsten Organisationsstufe – der Familie – verkörpert ein Familienrat idealerweise den Geist und die Funktion des gesamten Prinzips von Kirchenräten. In einem Familienrat kommen Familienmitglieder regelmäßig zusammen, um Pläne, Entscheidungen und Probleme zu diskutieren, die sie individuell und als ganze Familie betreffen. Familienräte bestärken die gemeinsame Verpflichtung sich für das Wohlergehen jedes Einzelnen einzusetzen und Gruppenaktivitäten effektiv zu managen.
Die Philosophie eines Rates ist was der Soziologe Thomas O´Dea in der Kultur der Heiligen der Letzten Tage eine „Demokratie der Teilnahme“ nannte (The Mormons [Chicago, 1964], p. 165). Bei den regelmäßigen Ratsversammlungen werden individuelle und auch organisatorische Bedürfnisse berücksichtigt. Indem ein Rat die einzigartigen Umstände einer bestimmten Einheit, eines geographischen Gebiets, oder einiger Individuen erkennt, wählt er die Programme und Aktivitäten aus, die geplant und aufeinander abgestimmt werden müssen. (Der Rat hat nicht die letzte Entscheidungskraft, sondern diese obliegt dem Einheitsleiter, wie beispielsweise dem Pfahlpräsidenten oder Bischof.)
Räte sind mehr als ein betriebsmäßiger, koordinierender Mechanismus. Sie dienen auch als Vermittler bei Familien-, Gemeinde-, Pfahl-, Regions-, Gebietsangelegenheiten, bei allgemeinen Kirchenlehren und –entwicklung.. Durch die Teilnahme an Räten sammeln Mitglieder Erfahrung über größere, organisatorische Angelegenheiten. Sie sehen Führerschaft im Einsatz, lernen wie man plant, Probleme analysiert, Entscheidungen trifft und mit verschiedenen Untereinheiten koordiniert. Die Beteiligung an Ratsversammlungen trägt zur Vorbereitung der Mitglieder für zukünftige Führungsverantwortungen bei.
Kirchenräte werden auch für Disziplinarverfahren einberufen. Solche Räte können auf Gemeinde-, Pfahl-, oder allgemeiner Kirchenebene abgehalten werden. Sie untersuchen ernsthafte Übertretungen, wobei Einzelne möglicherweise beim Umkehrprozess institutionelle Unterstützung benötigen über die persönliche Beratung mit einem Führer hinaus. Außerdem sind sie im Falle von Exkommunikationen oder anderen notwendigen disziplinären Maßnahmen erforderlich. Der Rat zieht individuelle Umstände in Betracht und der Bischof oder Präsident fällt die endgültige Entscheidung mit Zustimmung des Rates. Disziplinäre Räte bestehen zum Schutz sowohl des Einzelnen als auch der Kirche, weshalb Ratsmitglieder beauftragt werden, die Interessen beider Parteien zu vertreten (LuB 102:15).
J. BONNER RITCHIE