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PRÄSIDENTSCHAFT, NACHFOLGE IN DER 

Nach dem Ableben des Präsidenten der Kirche Jesus Christi der Heiligen der Letzten Tage wird der dienstälteste Apostle des Kollegiums der Zwölf Apostel (Siehe Erste Präsidentschaft; Kollegium der Zwölf Apostel) präsidierender Beamte der Kirche (Siehe Präsident der Kirche).

Was diesem Nachfolgerverfahren zugrunde liegt wurde erst 1844 nach Joseph Smiths Tod eingeführt. Da es zu jenem Zeitpunkt noch keinen vergleichbaren Präzedenzsfall gegeben hatte, oder für klare Vorgehensweisen betreffs eines neuen Kirchenpräsidenten vorgesehen worden war, kam es zu Meinungsverschiedenheiten. Brigham Young, damaliger Präsident des Kollegium der Zwölf Apostel, war der Ansicht, dass in Joseph Smiths Abwesenheit ordinierte Apostel alle notwendigen Priestertumsschlüssel innehaben und deshalb als berechtigte Führer bestätigt werden sollten die Kirche zu leiten.  Was dafür sprach war die Tatsache, dass Joseph Smith die Zwölf in Nauvoo sorgfältig in allen Aspekten der Kirchenführung geschult- und sie ihm als rechte Hand gedient hatten.  Auch war sich die Kirche darüber im Klaren, dass diese Haltung mit der 1835 erhaltenene Offenbarung bezüglich des Priestertums übereinstimmte (LuB 107).  Nachdem sie die Erste Präsidentschaft beschreibt („drei präsidierende Hohe Priester,“ die von der Körperschaft der Kirche erwählt, zum Amt bestimmt, ordiniert und vom Vertrauen, Glauben und Gebet der Kirche getragen werden), bezeugt diese Offenbarung, dass die zwölf Apostel „ein Kollegium [bilden], das den drei vorerwähnten Präsidenten an Vollmacht und Macht gleich ist“ (LuB 107:22-24).

Dem Vorhaben der Zwölf innewohnend liegt das Verständnis, obwohl das Kollegium der Zwölf Apostel an Vollmacht dem Kollegium der Ersten Präsidentschaft gleichsteht, sind es nicht die Zwölf, die die nötige Zuständigkeit besitzten die Kirche zu führen, sondern es ist die Erste Präsidentschaft, solange sie intakt ist und ihre Funktion erfüllt. Jedoch der Tod des Präsidenten bewirkt die Auflösung der Ersten Präsidentschaft und das automatische Entlassen der Ratgeber. Er verleiht an das Kollegium der Zwölf Apostel die nötige Autorität von den Schlüsseln, die sie besitzen, Gebrauch zu machen. Von jetzt an übernehmen sie die volle Führerschaftsverantwortung für die Kirche – einschließlich die Reorganisation der Ersten Präsidentschaft. 

Als Repräsentant der zwölf Apostel, forderte Brigham Young die Heiligen 1844 auf sich an „den letzten großen Auftrag“ Joseph Smiths zu erinnern.  Der Prophet hatte  vereinbart, falls ihm etwas zustoßen sollte, dass dann die Zwölf dafür verantwortlich sein würden das Werk, welches er begonnenn hatte, weiterzuführen (Esplin, 319-20). 

Sidney Rigdon, ehemaliger Ratgeber Joseph Smiths, sah das Ganze aus anderer Sicht.  Er erklärte, dass das Ableben Joseph Smiths weder die Kirche noch die Erste Präsidentschaft aufgelöst habe.  Demzufolge, solle man ihn, da er ja Joseph Smiths erster Ratgeber gewesen war, als „Wächter und Hüter“ der Kirche bestätigen. Das widersprach aber der Haltung der Zwölf, dass der Tod des Präsidenten die Erste Präsidentschaft automatisch auflöst und die Ratgeber über keinerlei Macht hinsichtlich der Kirche mehr verfügen.  

Obschon es außer diesen beiden Nachfolgemöglichkeiten andere, theoretisch gesehen, hätte geben können, waren die konkurrierenden Behauptungen Sidney Rigdons und Brigham Youngs, Fürsprecher der Zwölf Apostel, damals die einzig praktische Möglichkeit, die zur Wahl stand. Nach meheren privaten Treffen, wo man wiederum diese Möglichkeiten besprach, versammelten sich am 8. August 1844 Tausende von Mitgliedern im Hain beim Nauvoo Tempel, um via einer öffentlichen Abstimmung zu enscheiden ob Sidney Rigdon oder das Kollegium der Zwölf die Kirche leiten sollte. (Siehe Allgemeine Zustimmung).  

Rigdon, ein wortgewandter Redner, nahm zuerst vom Podium Besitz and sprach ausgiebig bezüglich seines Rangs und seiner Rechte. Dann war der weniger zungenfertige Brigham Young an der Reihe und erklärte seine Haltung, zuversichtlich, dass die Zwölf nicht nur die wahre Vollmacht besaßen sondern auch vorbereitet worden waren „alle Dinge zum Rechten zu lenken.“  Die überwältigende Mehrheit stimmte der Anerkennung des Kollegium der Zwölf Apostel als bevollmächtigte Führer der Kirche zu, versehen mit Autorität und den speziellen Schlüsseln im Sinne der Ersten Präsidentschaft zu handeln. Sie hätten die Vollmacht die Kirche zu reorganisieren. Obwohl diese Entscheidung schon deutlich in der Offenbarung von 1835 sanktioniert und im Einklang mit der Haltung der Zwölf in Nauvoo stand, beriefen sich viele Heilige der Letzten Tage noch auf einen anderen entscheidenden Faktor: Als Brigham Young am 8. August sprach ähnelte seine Stimme und sein Äußerliches dem von Joseph Smith.  Wilford Woodruff, der anwesend war, sagte hernach, „Wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, hätte es niemanden gegeben, der mich hätte überzeugen könnte, dass es nicht Joseph Smith gewesen wäre“ (Deseret News, March 15, 1892; vgl. JD 15:81).

In den drei darauffolgenden Jahren wurde die Kirche durch das Kollegium der Zwölf Apostel geleitet, mit Brigham Young als Kollegiumspräsidentt. Im Dezember 1847, d.h. nach der Pioneerwanderung zu den Rocky Mountains, wurde die Erste Präsidentschaft reorganisiert und Brigham Young zum Präsidenten der Kirche bestimmt.

Obwohl das Recht, die Erste Präsidentschaft durch das Kollegium der Zwölf Apostel wiederherstellen zu können fest verankert war, gab es dennoch kurze Zeitspannen, wo das Kollegium der Zwölf Apostel die Kirche führte, bevor eine neue Erste Präsidentschaft ins Leben gerufen wurde. John Taylor, der Präsident des Kollegium der Zwölf Apostle war als Brigham Young 1877 starb, ließ das Kollegium erst 1880 eine Erste Präsidentschaft offiziell reorganisieren.  Ähnlich war es zu seinem Tode 1887.  Wilford Woodruff leitete die Angelegenheiten der Kirche auf diese Weise bis 1889.  Einige Jahre später unterwies er Lorenzo Snow, derzeitiger Präsident der zwölf Apostel, dass es der Wille des Herrn war, die Erste Präsidentschaft so schnell wie möglich nach dem Ableben des Präsidenten zu organisieren (Lorenzo Snow, Notes, Dec. 3, 1892, Church Archives). Demzufolge wurde Präsident Lorenzo Snow elf Tage nach Wilford Woodruffs Tod als Präsident der neuen Ersten Präsidentschaft ernannt.  Diesem Verfahren einer schnellen Reorganisation der Präsidentschaft folgt man auch heute noch.

Obgleich fortwährende Offenbarung ein wesentlicher Grundsatz der Kirche ist und alle Apostel als Propheten, Seher und Offenbarer schon bestätigt worden sind, gibt es keinen offensichtlichen Grund, von diesem Präzedenzfall  abzuweichen. Falls der Herr jedoch eine neue Offenbarung geben sollte, würden etablierte Grundsätze verlangen, dass (1) eine zur Abweichung führende Offenbarung jener bewährten Vorgehensweise durch den dienstältesten Apostel dieses Gremiums kommen- und einstimmig, gemäß den Mitgliedern seines Kollegiums, anerkannt werden muss.  (2) Dass der dienstälteste Apostel des Kollegiums, auf Grund seines Amtes, umgehend nach dem Ableben des Präsidenten der Kirche den Vorsitz hat.  

Das grundlegende Organisationsprinzip der Kirche beruht auf der Tatsache, dass es durch direkte Gebote des Herrn an Joseph Smith erstellt worden ist und dass ihre Kirchenführer speziell von Gott zu diesen Ämtern berufen worden sind.  Die gegenwärtige Vorgehensweise verletzt diesen Grundsatz nicht.  Anders wäre es, wenn die Nachfolge eines Präsidenten durch eine umstrittene Wahl, entweder innerhalb des Kollegiums der Zwölf Apostel oder der Körperschaft der Kirche, entschieden werden würde.  Im Einklang mit dem Prinzip der allgemeinen Zustimmung, wird der Name eines jeden neuen Präsidenten der Mitgliedschaft der Kirche zur Bestätigung vorgelegt.  Dieser Vorgang sollte aber nie als eine Wahl verstanden werden, denn sie würde auf keinerlei Weise die Rechtmäßigkeit einer göttlichen Beauftragung beinflussen können.  Anstatt den neuen Führer zu befähigen, ist diese Handlungsweise Ausdruck der Mitgliedschaft die Rechtmäßigkeit einer göttlichen Berufung anzuerkennen und ist für sie bindend.  Den Präsidenten zu bestätigen verpflichtet die Mitgliedschaft dazu, dass sie nie ihren zum Erfolg führenden Beistand untersagen- und seinem Aufwand keine Schranken in den Weg räumen wird.    

BIBLIOGRAPHIE

Arrington, Leonard J. Brigham Young: American Moses, pp. 113-16. New York, 1985.

Durham, Reed C., Jr., and Steven H. Heath. Succession in the Church. Salt Lake City, 1970.

Esplin, Ronald K. "Joseph, Brigham and the Twelve: A Succession of Continuity." BYU Studies 21 (Summer 1981):301-341.

MARTIN HICKMANN