Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ermutigt ihre Mitglieder aller Altersgruppen, nicht nur ihren Glauben und ihr Zeugnis öffentlich zum Ausdruck zu bringen, sondern auch ihre Weisheit, Humor und Dankbarkeit. Jeder kann dazu aufgefordert werden, in einer Versammlung der Heiligen der Letzten Tage zu sprechen, sei es ein Mann, eine Frau oder ein Kind. Kinder machen ihre ersten Erfahrungen mit dem Reden in der Öffentlichkeit, indem sie zwei bis drei Sätze sagen, die sie zu Hause gelernt haben; später geben sie selbst konstruierte, längere Ansprachen. Das Thema wird entweder zugeteilt oder vom Sprecher selbst ausgesucht. Obwohl manche Heilige der Letzten Tage ihre Ansprachen ausformulieren und vorlesen, ist diese Praktik eher ungewöhnlich, da die Mitglieder in ihren Evangeliumserfahrungen zunehmen und mehr Selbsicherheit beim Sprechen entwickeln. Erfahrene Sprecher, so wie Kirchenbeamte machen sich oft im Voraus „keine Sorgen“ (Matt 10:19), was genau sie sagen werden, sondern „studieren das Wort des Herrn“ und sprechen dann „wie sie vom Geist geleitet werden“ (LuB 42:12-14). Tausende junger Leute, die auf Mission gehen, werden im öffentlichen Sprechen sehr versiert.
Normalerweise reden die Sprecher die Versammelten als „Brüder und Schwestern“ an und leiten ihr Thema mit einer Geschichte, einem lustigen Vorfall oder einer persönlichen Erfahrung ein. Anschließend präsentiert der Sprecher den Inhalt seiner Ansprache. Dies geschieht manchmal in traditioneller rhetorischer Form, indem er generelle Aussagen macht und diese mit Daten belegt und manchmal auf sehr informelle Weise. Die Informationen gründen sich normalerweise auf Beobachtungen, Logik, die Schriften, persönliche Erfahrung, Aussagen von Kirchenführern und manchmal auf vergleichende soziale oder religiöse Ansätze (z.B. Warum Mormonen länger leben). Zusammenfassend erklärt der Sprecher meistens Glauben an die besprochenen Grundsätze und bezeugt ihre Wahrheit. Er schließt die Ansprache im Namen Jesu Christi ab und sagt Amen. Die Zuhörer drücken ihre Zustimmung aus, indem sie ein hörbares „Amen“ von sich geben.
Heilige der Letzten Tage glauben, dass man in das Himmelreich gelangt, indem man Gehorsam gegenüber den Verordnungen ausübt und persönliche Volkommenheit entwickelt. Dieses geistige Wachstum kommt teilweise durch persönliche Erleuchtung, welche der Grund für den Empfang des gesprochenen oder geschriebenen Wortes ist. Inspiration kommt oft durch das Hören des Zeugnisses einer anderen Person, denn wenn Menschen das Wort nicht nähren, können sie „niemals die Frucht vom Baum des Lebens pflücken“ (Alma 32:40).
So ist öffentliches Sprechen für Heilige der Letzten Tage eine Übung, denn „wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie hören, wenn niemand verkündigt?“ (Röm 10:14-17). Wenn sich die Gelegenheit bietet, stellt ein Sprecher das wiederhergestellte Evangelium anderen vor und predigt bedeutenderweise das Evangelium in den Versammlungen der Kirche. Wer in de Kirche spricht, trägt die Verantwortung, andere zu belehren und zu inspirieren. Der Sprecher wird eine Stimme für Gott und es wird von ihm eine Vorbereitung erwartet, die ihm eine wirksame Bekundung des Wortes Gottes erlaubt. Der Sprecher wird also dazu ermahnt, mit „großem Freimut“ (2 Kor 3:12) zu reden und so, wie er „vom Heiligen Geist dazu bewegt“ (LuB 68:3) wird.
Öffentliches Reden wird auf lokaler Ebene hin und wieder durch Redner-Festivals und -Wettbewerbe ermutigt. Diese Ereignisse konzentrieren sich auf die Kunst des Sprechens, involvieren die Mitglieder darin, ihre Sprechfähigkeiten im Kirchenkontext zu verfeinern und sind eine angemessene Arena, öffentliches Sprechen zu genießen und wertzuschätzen.
LAEL J. WOODBURY