Heilige der Letzten Tage verstehen den Ausdruck „natürlicher Mensch“ als eine umkehrunwillige Person. Er unterstellt den Sterblichen nicht, sie seien von Natur aus verdorben oder schlecht, sondern sagt nur, sie seien in einem gefallenen Zustand. Natürlicher Mensch beschreibt Personen, die „ohne Gott in der Welt [sind], und...sich gegen die Natur Gottes gewandt“ haben (Alma 41:11). Der Herr erklärte Joseph Smith: „Der Geist jedes Menschen war im Anfang unschuldig; und nachdem Gott den Menschen vom Fall erlöst hatte, wurden die Menschen in ihrem Kindeszustand wiederum unschuldig vor Gott“ (LuB 93:38).
Das Sühnopfer Jesu Christi befreit nicht automatisch die ganze Menschheit aus dem gefallenen Zustand, obwohl es jedem eine körperliche Auferstehung garantiert. Vielmehr gibt es Männern und Frauen die Möglichkeit, dem Zustand des gefallenen Menschen zu entfliehen, indem sie das Sühnopfer annehmen und das Licht Christi in ihnen nähren. Ein Engel sagte zu König Benjamin: „Der natürliche Mensch ist ein Feind Gottes und ist es seit dem Fall Adams gewesen.“ Aber eine Person kann den „natürlichen Menschen ablegen“, indem sie „den Einflüsterungen des Heiligen Geistes nachgibt....und durch das Sühnopfer Christi, des Herrn, ein Heiliger wird und so wird wie ein Kind, fügsam, sanftmütig, demütig, geduldig, voll von Liebe“ (Mosia 3:19). Der Ausdruck natürlicher Mensch beschreibt demnach nicht einen Zustand, der Sünde verursacht, sondern einen Zustand, der die Folge von Sünde ist, nämlich sich gegen die Gebote Gottes zu erheben. Der Prophet Abinadi lehrte, „daß der, der in seiner eigenen fleischlichen Natur beharrt und weiter auf den Wegen der Sünde und Auflehnung gegen Gott geht, in seinem gefallenen Zustand verbleibt“ (Mosia 16:5). Wer sich in solche Rebellion begibt, hat keine Entschuldigung. Samuel der Lamanit erklärt: „Wer Übles tut, der tut es sich selbst an; denn siehe, ihr seid frei; ....denn siehe, Gott hat euch die Erkenntnis gegeben und er hat euch frei gemacht. Er hat euch gegeben, Gut von Böse zu unterscheiden, und er hat euch gegeben, das Leben zu wählen oder den Tod (Hel 14:30-31; Siehe auch Entscheidungsfreiheit).
Der Apostel Paulus beschreibt den natürlichen Menschen als unfähig, geistige Wahrheit zu verstehen: „Der irdisch gesinnte Mensch aber läßt sich nicht auf das ein, was vom Geist Gottes kommt. Torheit ist es für ihn und er kann es nicht verstehen, weil es nur mit Hilfe des Geistes beurteilt werden kann“ (1 Kor 2:14). Überdies wird der natürliche Mensch „von den Begierden unseres Fleisches beherrscht“ (Eph 2:2-3).
Da der natürliche Mensch halsstarrig und zügellos ist, muss er diesen Zustand durch Umkehr und Fügsamkeit gegenüber dem Geist Gottes überwinden. Präsident Brigham Young sagte, dass Gott „uns auf die Erde gesandt hat, damit wir uns bewähren, regieren, kontrollieren, bilden und uns selbst, unseren Körper und Geist, heiligen“ (JD 10:2, in Discourses of Brigham Young, ed. J. Widtsoe, S. 57, Salt Lake City, 1971). Der Apostel Parley P. Pratt erklärt, wie der Heilige Geist in diesem Prozess behilflich ist: “Er verstärkt, erweitert, vermehrt und reinigt alle natürlichen Leidenschaften und Zuneigungen; er bearbeitet sie durch die Gabe der Weisheit zu ihrem gesetzmäßigen Gebrauch. Er inspiriert, entwickelt, kultiviert und reift alles feinklingende Mitgefühl, Freude, Geschmäcker, gleichgesinnte Gefühle und Zuneigungen unserer Natur [Key to the Science of Theology, 10th ed., S. 101, Salt Lake City, 1973].
Umkehr äußert sich darin, dass man „den Einflüsterungen des Heiligen Geistes nachgibt...und willig [ist], sich allem zu fügen, was der Herr für richtig hält, ihm aufzuerlegen, so wie ein Kind sich seinem Vater fügt“ (Mosia 3:19) Neal A. Maxwell vom Kollegium der Zwölf Apostel wies darauf hin, dass Demut und Selbstlosigkeit die Fähigkeit entwickeln, Disziplin und Kontrolle über natürlichen Appetit zu haben. Dies ist ein schwieriger Prozess, der erfordert, dass „Männer und Frauen ihre Berufung groß machen, ohne sich selbst groß zu machen“ (S. 16).
BIBLIOGRAPHIE
Maxwell, Neal A. "Put Off the Natural Man, and Come Off Conqueror." Ensign 20 (Nov. 1990):14-16.
Millet, Robert L. Life in Christ, pp. 23-35. Salt Lake City, 1990.
R. J. SNOW