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MORMONISMUS, EINE UNABHÄNGIGE INTERPRETATION

Zwei Methoden können zur Untersuchung des Mormonismus als Religion angestellt werden.  Das erste Verfahren, welche reifliche Überlegung und eine sorgältige Überprüfen jener Behauptung verlangt, dass der Mormonismus wahr sei, ist hauptsächlich ein religiöses Unterfangen.  Forscher versuchen Antworten auf die wesentliche Frage zu ermitteln, ob, oder ob nicht, die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (oder die Reorganisierte Kirche Jesus Christi der Heiligen der Letzten Tage – wie immer es sein mag), die einzig wahre christliche Kirche ist, und ob, in Wirlichkeit, die Heiligen das einzig rechtmäßige Priestertum Jesu Christi (das Aaronische und Melchizedekische) besitzen. 

Einer zweiten Methode, den Glauben Heiliger der Letzten Tage zu erforschen, geht es weniger um das Etablieren seiner Wahrheit und mehr um das Verständnis.  Hierbei untersuchen Gelehrte – innerhalb oder außerhalb der Institution – die Theologie der Heiligen der Letzten Tage; ihre Lehren, Rituale, Kirchenkunde, organisatorische Strukturen und die Erfahrungen des Mormonismus, um festzustellen, was für eine Art Bewegung der Mormonismus ist, und wo und wie er in das umpfangreiche Mosaik der Weltreligionen passt. 

Eine beträchtliche Anzahl Journalisten und Kleriker, die keine Mitglieder der Kirche waren –  ganz zu schweigen von den vielen Bekehrten der Kirche – führten während des 19. und frühen 20. Jahrhunderts Erkundungen durch, die der ersten Methode Folge leistete.  Viele Journalisten waren der Auffassung, dass Mormonismus nichts mit Religion zu tun habe.  Betreffs akademischer Verfahrensweisen Mitte des 20. Jahrhunderts haben sich nur wenige Gelehrte ernsthaft darum bemüht verstehen zu wollen, wo Heilige der Letzten Tage unter den Weltreligionen eingestuft werden sollen.   

Eine Handvoll akademischer Forschungsarbeiten über Mormonismus war schon vor dieser Zeit beendet worden.  Im Anhang seines Artikels über „Scholarly Studies of Mormonism“, verzeichnete der Historiker Leonard J. Arrington zweiunddreißig bis 1950 abgeschlossene Dissertationen über die Geschichte und Kultur der Mormonen (S. 30).  Hinzu kommt, dass sobald Gelehrte akademischer Vereine Untersuchungsarbeiten und Verfahrensweisen nach journalistischem Format veröffentlichten, sobald erschienen auch Artikel über Heilige der Letzten Tage in derartigen Fachzeitschriften.  Aber trotz ernsthaften und systematischen Ermittelungsversuchen, die Bestandteil dieser Dissertationen und Fachartikeln waren, zogen sich nur wenige Autoren von ihren Befunden zurück den Mormonismus einem breiteren Religionsbereich zuzuordnen. 

Diese Situation änderte sich nach dem 2. Weltkrieg, als gelehrte Mitglieder der Kirche und Akademiker, die keine Mitglieder dieser Kirche waren, gleichsam die Grenzen intensiven Forschens betreffs diskreter Aspekte des Mormonismus und der Mormonen überschritten; zu erwähnen wären Ansiedlungsschemen, Migrationsmuster, und Beziehungen zwischen Staat und Kirche. Die Resultate dieses neuen Forschungsverfahrens entfalteten sich als Analysen, die den Mormonismus aus einer sekulären Sicht der Soziologie und aus sozialen, kulturellen, politischen und wirtschaflichen Aspekten der Geschichte her betrachtete.  Dann, in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts, schlugen Systematiker etwas Neues vor.  Sie wollten neben den alten Methoden, aus der Perspektive der Geschichte und Religionssoziologie arbeitend, modernere Klassifikationsschemen einführen, um feststellen zu können ob Mormonismus christliche Häresie sei oder nicht. 

In dieser Hinsicht standen sie nicht allein, denn es gab schon Belege für ein solches Verfahren.  Der schottische Historiker Rober Baird, der 1844 die erste systematische Beschreibung amerikanischer Christen in Religion in America veröffentlichte, teilte die Kirchen dieser Nation in evangelikalische und liturgische Lager auf, und wies Mormonismus dem Letzteren zu.  Obschon diese Anlyse im Grunde genommen, d.h. soweit es ging, richtig war, spiegelte diese offensichtlich oberflächliche Untersuchung, die Befangenheit des Autoren mit Formen von Gottesverehrung, Kirchenorganisation, und seine Vernachlässigung wesentlicher Lehren der Kirche, wider. Weitere Forscher amerikanischer Religionen sahen die Mormonenbewegung mehr als eine unrechtmäßige Kreuzung von puritanischen, kongregationalen, evangekalischen und anti-konfessionellen (bzw. campbellitischen) Aspekten an, und somit als eine abweichende Variante des Protestantismus.  Diese Charakterisierung des Mormonismus als ungleichmäßig oder anomal war die typische Darlegung, die ihren Weg in Befragungen bis weit über die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts hinaus fand (Siehe Handy).

Nach dem 2. Weltkrieg traten Veränderungen im Bereich religiöser Geschichte – oder Kirchengeschichte, wie es damals hieß, auf. Immer mehr Forscher bewirkten ihren wissentschaflichen Ansatz außerhalb konfessioneller Bereiche und ohne protestantische Bevorzugung.  Abfällige Darstellungen des Mormonismus von Untersuchern amerikanischer Religionen ebbte langsam ab.  Mit dem gleichlaufenden prominenten Aufstieg der sozialen Wissenschaften im akademischen Bereich, und dem enormen Anstieg von Absolventen, die akademische Grade in Geschichte anstrebten, befasste sich eine beträchtliche Gruppe von Gelehrten mit den  Heiligen der Letzten Tage. Anstatt Mormonismus als falsch entlarven zu wollen, behandelten sie die Bewegung der Heiligen der Letzten Tage als Fallstudie von wo aus sie über Religion und Kultur – oder Politik und Wirtschaft – pauschalisieren konnten. 

Obwohl diese neue Generation von Gelehrten ähnliche Grundhaltungen miteinander teilten, kamen sie nicht zu gleichen Schlussfolgerungen. Die fachliche Art und Weise, und die Agenden der Geschichts- und Sozialwissenschaftler, die sich mit Mormonismus befassten, waren so unterschiedlich, dass ihre Resultate nicht nur unähnlich sondern widersprechend waren. Anstatt Klarstellung brachten sie Verwirrung. Als der angesehene Geschichtsforscher Sydney Ahlstrom seine Religious History of the American People (New Haven, Conn., 1972) vorbereitete, war er außerstande zu entscheiden, wie der Mormonismus kategoriert werden solle. „Man kann sich nicht einmal sicher sein,“ meinte er, „ob [Mormonismus] eine Sekte, ein Mysterienkult, eine neue Religion, eine Kirche, ein Volk, eine Nation, oder eine amerikanische Unterkultur sei; in der Tat, zu gegebenen Zeiten und Orten ist es dies alles zugleich“ (S. 508).

Zurzeit als Ahlstrom schrieb, hatte ein universeller Einigungsmangel über Mormonismus die Auffassung der Nicht-Mormonen, dass diese Glaubensrichtung eine christliche Abirrung sei, verdrängt. Während der Erstellung einer Synthese, musste er sich mit breiten Spektren unterschiedlicher Interpretationen und Klassifizierungen dieser  wissenschaftlichen Bewegung auseinandersetzen. Zur Verfügungen standen ihm die Forschungsarbeiten von Gelehrten, die auf die Beziehungen zwischen dem Propheten der Mormonen, seinen Nachfolgern, und auf die Mitgliedschaft der Mormonen konzentrierend in ihren Argumenten dazu neigten, dass Heilige der Letzten Tage letztendlich nur eine Gruppe von vielen sei, über die ein charismatischer Anführer unzulässige Macht ausübe.  Egal wie sorgsam gestaltet, wissentschaftliche Veröffentlichungen dieser Richtung, legten Schlussfolgerungen an den Tag, die schlussendlich mit der Begriffserklärung des Anthony Hoekma übereinstimmten, nämlich dass der Mormonismus ein Kult sei. 

Untersuchungen derjenigen hingegen, die sich hauptsächlich mit den Lehren der Heiligen der Letzten Tage auseinandersetzten, stimmten der Klassifizierung William A. Clebsch zu. Clebsch lehnte eine Kultdefinition ab.  Er war der Auffassung, dass Glaube an die Kirche Jesu Christi als einzigwahre Kirche, und an das „wiederhergestellte“ Aaronische und Melechzidekische als einzig rechtmäßiges Priestertum, den Mormonismus in eine Sekte verwandelt, die „allen Sekten ein Ende macht.“  Timothy L. Smith beschrieb die Bewegung der Mormonen als eine primitive Art Christenheit eigenständiger Form (idiosynkratisch) und somit sekterisch.  

Mario de Pillis schlug eine andere Richtung ein, er erkannte in der frühen Geschichte der Heiligen der Letzten Tage eine „Suche nach Vollmacht,“ und ermittelte somit einen weit breiteren Schluss.  In seinem einflussreichen Werk Protestant-Catholic-Jew, behauptet der Soziologe Will Herberg, dass die Form dieser drei ausgestalteten Religionen, das zufriedenstellenste Medium Amerikas betreffs des Etablieren eigener Identität innerhalb der nationalen Kultur sei; De Phillis fügte Mormonismus der Triade Herbergs „als die vierte allgemein-akzeptierte Hauptreligion der amerikanischen Gesellschaft,“ hinzu.

Studien über den Ursprungs dieser Bewegung in Neuengland und im westlichen Teil New Yorks, sowohl wie der große Treck zum Westen Amerikas und die Etablierung eines Reiches der Heiligen der Letzten Tage in den Gebieten der Rocky Mountains, verwirrte das Ganze noch mehr, weil geographische Verhältnisse die Idee generierte, dass Mormonismus eine „amerikanische Religion“ sei (Thomas J. Yates, „Count Tolstoi and the ‚American Religion’“ IE 42 [Jan. 1939]:94).  Diese vielzitierte, dem Comte Leo Tolstoi zugeschriebene Aussage, war einer der Ecksteine auf dem Thomas F. O’Deas einflussreiche soziologische Arbeit betreffs Mormonismus ruhte (1957).  Auch wurde diese Aussage durch Klaus Hansen in seine Forschungsschrift Mormonism and the American Experience (1981) eingeflochten; danach erschien sie abermals in R. Laurenece Moores Religious Outsiders and the Making of Americans (1986). 

Nachdem eine Unmenge historischer und soziologischer Unterfangen im selben Viertel Jahrhundert veröffentlich worden waren, fand eine neue Disziplin, Religious Studies (Studien über Religion), ihren Weg in die Blätter der amerikanischen Akademie. Indem man die geschichtlichen und soziologischen Erkenntnisse mit denen der Anthropologie, Psychologie, Theologie, und der Vergleichenden Religionswissenschaft vereinte, ermöglichte es der Methodik der „Religionsstudien“ Untersuchungen in Sachen Glauben auszuführen, ohne fragen zu müssen ob er wahr ist.  Bezeichnenderweise, obwohl Religionisten (eine zunehmende Bestimmung für Gelehrte der Studien über Religion), sich mit der Frage befassten, wie Religion als Medium die Möglichkeit verschafft kulturelle Aufgaben zu leisten, bewerteten sie Religion durchgängig nicht als ein Produkt der Kultur. Von zentraler Bedeutung bei dieser Vorgehensweise Religion zu analysieren, ist die Unterscheidung zwischen dem Sakralen und dem Weltlichen (d.h. das Alltägliche, das was nicht heilig ist), und die Unterteilung von Religion in seine manigfaltigen Dimensionen: mythologisch, dogmatisch, ritualistisch/liturgisch, ethisch, sozial/institutionell und experimentell. 

Diese neue Verfahrensmethode stellte dem Studenten des Mormonismus einen nachträglichen Satz konzeptioneller Werkzeuge zur Verfügung. Wenn man aus dieser Sicht den Mormonismus betrachtet, erkennt man, dass R. Laurence Moore möglicherweise Recht hat, wenn er behauptet, dass Mormonen religiöse Außenseiter sind und es weit gebracht haben in den eingeweihten Kreis amerikanischer Religionen aufgenommen zu werden, ohne zum Schluss kommen zu müssen, dass es eine amerikanische Religion sei. Geographische Gebiete und soziale Bereiche erstellten genausowenig einen Mormonimus als amerikanische Religion, wie die Gebiete des frühen Christentums in Palestina, Griechenland und Rom ein palästinensisches oder griechisch/römisches Christentum erzeugten.  

Natürlich hatte die amerikanische Kultur einen gewissen Einfluss auf den Mormonismus. Aber Fawn McKay Brodie, eine Biografin Joseph Smiths, stellte klar, dass der Mormonismus keinenfalls ein amerikanischer Kult oder eine neue Unterteilung des Christentums sei.  Brodie sah eine gewisse Beziehung zwischen Mormonismus und Christentum, eine Verbindung wie sie zwischen dem Christen- und Judentum besteht.  Diese Einsicht ahnte die Methodik der Religionsstudien voraus.  Ferner sprach sie dafür, dass Mormonismus ein Produkt des Schöpfergeistes Joseph Smiths sei, was, ironischerweise, den Mormonismus soziologisch gesehen, wieder in die Kultkategorie der alten Religionsansichten eingliedert. Die Vorgehensweise der Religionsstudien bewirkt eine Analyse, die Mormonismus größer als die Summe seiner Teile sieht.  Diesem Gesichtspunkt gemäß wäre eine Charakterisierung dieser Bewegung als Produkt ein oder zwei machtvoller, charismatischer Führer, zu allerwenigst, etwas Unvollendetes.  Die zahlreichen Begriffsbestimmungen, die diese Bewegung als „Sekte, Mysterienkult, neue Relgion, Kirche, Volk, Nation oder amerikanische Unterkultur bezeichnen, verbleiben ebenfalls unvollständig.  Alles in allem ist Mormonismus, den Ansichten der Religionsstudien nach, eine neue religiöse Tradition.  Sie ruht auf einem dreibeinigem Stativ von Propheten, Heiligen Schriften und Erfahrung – Joseph Smith, das Buch Mormon, und das Gemeinschaftsleben der frühen Heiligen.  Ein Verständnis dieses Zusammenspiels festigt dem Mormonismus einen sicheren Platz im weiten Panorama der Religionsgeschichte.  

Die Rolle Joseph Smiths als Prophet wurde unter seinen Mitdienern schon etabliert, bevor die Veröffentlichung des Buches Mormon (diesem wundersamen Werk, welches behauptet alten Ursprungs zu sein) seine prophetische Berufung weiter förderte. Es enhält Aussagen, die darauf hinweisen. dass Joseph Smiths Bewegung alttestamentarische Prophezeiungen erfüllen würde, womit es zugleich ein modernes Phenomen sowohl wie ein Fortsatz des alten Israels ist.  Dieser Zuordnung folgend erkennt man, dass Joseph Smiths Offenbarungen eine Eröffnung der Dispensation der Fülle der Zeiten, die Wiederherstellung der wahren Kirche Jesu Christi, und die des Aaronischen und Melchizedekischen Priestertums verkündeten.  Beides, jene Offenbarungen und das Buch Mormon, stellte seinen Anhängern ein Mittel zur Verfügung sich mit der apostlischen Epoche und mit dem alten Israel dermaßen verbunden zu fühlen, dass es zur gleichen Zeit solch intensive „millennialen“ Erwartungen in ihnen hervorrief, dass sie meinten sie lebten nahe der End-Zeit, in der letzten „Abwicklungszene der Welt“. 

Die Offenbarung zur Sammlung der Heiligen stärkte die von Joseph Smiths verkündete Botschaft und seine Berufung als Oberhaupt dieser Bewegung noch mehr.  Es brachte seine Anhänger an einem Ort zusammen, wo sie die Kundgebungen des Propheten mit eigenen Ohren hören und mit eigenen Augen die Erstellung des Haus des Herrn sehen konnten.  Ferner konnten sie sich an den täglichen Aktivitäten ihrer Gemeinschaft, die gänzlich aus Heiligen der Letzten Tage bestand, beteiligen.  Ob in New York, Ohio, Missouri oder Illinois, die Verbindung zu einem „lebenden Propheten“ und das routinemäßige Zusammenwirken unter den Heiligen, war von solch tranzendenter Bedeutung für die Begebnisse ihres täglichen Lebens, dass Joseph Smith und seine Anhänger, gemeinsam in eine „sakrale Zeit“ eingeführt wurden. Dieses Erlebnis, dieses bewusste Aus-leben sakraler Geschichte, war genau so ausschlaggebend für das Erstehen einer neuen Tradition, wie die erste Veröffentlichung des Buches Mormon und die Offenbarungen des Propheten Joseph Smith. 

Die Wichtigkeit der Offenbarungen sollte nicht unterschätzt werden.  Es war durch das Medium göttlicher Kundgebungen, dass die Heiligen ihre neuzeitlich gegründete ekklasiastische Institution als Kirche Jesu Christi wahrnahmen, eine Instutition, die als  Gemeindschaft christlicher Heiliger in einer neuen Dispensation zusammengerufen worden war.  Offenbarung förderte auch das weit radikalere Konzept einer „Wiederherstellung aller Dinge“ über das einer Reformation.  Es wurde nicht nur die Kirche, das Priestertum, und die primitive Ekklesia wiederhergestellt, sondern auch die Hebräische Patriarchie; ein politisches Reich dem „solomonischem“ Modell nach, sowie auch die heiligen Handlungen voralters (das Endowment, Taufe für die Toten, und die Ehe für Zeit und alle Ewigkeit).  Dies alles war jetzt das Auffallende und wahrhaft Absondernde. Ein Miteinbeziehen dieser Ideen in ihre Bewegung, zuerst in die politische Organisation des Reich Gottes und danach in Form von Hinzufügungen betreffs des Tempelrituals und kulturellem Leben (durch die Vielehe), trennte den Mormonismus für immer von den katholischen und protestantischen Manifestationen des Christentums.

Von da ab waren Heilige der Letzten Tage nicht nur mit dem Christentum verwandt, wie jenes mit Judaismus verwandt war, d. h. als Reformation und Vollendung, sondern es bestand eine direkte Beziehung zur jüdischen Tradition.  Schrittweise wurde die christliche Auffassung mit Israel via Adoption verwandt zu sein – oder in ihrem Stamm eingepfropft zu sein – mit einem neuen Verständnis betreffs der Beziehung der Heiligen und Israel ersetzt. Die Entgegennahme des Evangeliums der Heiligen der Letzten Tage  wurde als Beweis gesehen, dass das Blut Abrahams durch die Adern der Mitglieder dieser Kirche floss – ein Beleg der durch das Ritual des patriarchalischen Segens bestätigt wurde.  Dieser Segen informierte den Heiligen betreffs seiner Mitgliedschaft via Adoption in eine Familie der Söhne Israels (Jakobs).  Obwohl dieser Glaube letztendlich eine rhetorische Konstruktion der Abstammung ist, erteilte es den Heiligen die Identität eines „erwählten Volkes“, etwas was einen machtvollen Effekt auf das Verständnis ihrer selbst hatte.  

Die Unterschiede zwischen Mitgliedern der her-gestellten Kirche Jesu Christi und anderen Christen vergrößernd, wurde die Idee einer Wiederherstellung aller Dinge innerhalb der Mormonengemeinschaft nicht durchgängig willkommen geheißen.  Viele von Joseph Smiths erster Gefolgschaft, die zunächst von der Idee eines Ur- oder einfachen Christentums begeistert war, fühlte sich hin und her gerissen Auf Grund dieser Neuerungen, die eine Verbindung zur Antike herstellte.  In Missouri und Illinois wehrten sich einige gegen die Erstellung eines politischen Reiches der Mormonen, welches eine physische, sowohl wie psychische Trennung von denen die keine Mormonen waren, erforderlich machte.  

Diese Ambivalenz führte schließlich zu einer Entzweiung, die diese Bewegung 1844, dem Mord an Joseph Smith nachstehend, in zwei Gruppen spaltete.  Während die Geschichte, der in der Salzseestadt ansässigen Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage nur durch die Linse ihres Glaubens an eine „Wiederherstellung aller Dinge“ erfasst werden kann, trifft das nicht auf die „Reorganisierte Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ zu, deren Hauptquartier sich in Independence, Missouri befindet. Reorganisiert (d.h. wieder-organisiert) in 1860 als Joseph Smith III, der älteste Sohn von Joseph Smith, das Amt des Präsidenten und Propheten der Reorganisierten Kirche akzeptierte, lehnte diese Fraktion ein politisches Reich Gottes ab  und auch viele, wenn nicht alle, der Neuerungen, die der erste Prophet der Kirche Jesu Chrisi unter der Rubrik „Wiederherstellung aller Dinge“ eingeführt hatte.  Den Akzent auf das Reformatorische verlegend, pflegt diese Kirche ein viel engeres Verhältnis mit althergebrachten Formen des Christentums als die Heiligen, die Brigham Young, nach den Rocky Mountains folgten.  

In der Geschichte der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und in der besonderen Glaubensausübung, die sie von den Heiligen, die nicht westwärds gezogen waren trennte, stieg der Mormonismus als eine neue Religion in seiner reinsten und unverwässerten Form empor. Die „Utah“ Heiligen der Letzten Tage hatten eine Wanderung durch „die Wüste“ miterleben und für längere Zeit abgesondert in einem Land der Verheißung leben können, dessen innenpolitische Struktur und soziales System von Wiederherstellungslehren beherrscht wurde.  Abgeschiedenheit inmitten ihrer bergigen Festigkeit und das Gefühl von der Außenwelt belagert zu sein erschnellte die Systematisierung ihrer besonderen Lehren, sowohl wie die Entwickelung einer Kultur, die den Tempel als Mittelpunkt hat.  All dies steigerte das Gefühl der Abgeschiedenheit und Auserwähltheit unter den Heiligen lange nachdem die politische, soziale und wirtschaftliche Abgesonderheit ein Ende genommen hatte.   

Einen Vorteil angesichts des Mormonismus als Tradition anstatt Kirche, Glaubensrichtung, Sekte, oder Kult ist der, dass es die Unterteilungen innerhalb dieser Bewegung klarstellt.  Der Bruch, der sich zwischen den „Utah“ Heiligen und denjenigen im Mittleren Westen nach dem Tod des Propheten entwickelte, kann genau so wenig als normaler sektarianischer Riss verstanden werden, wie die Spaltung des Christentums in orthodoxe Ostkirche und römischen Katholizismus, oder der Spaltungen des Islams in Sunni und Shi’ite Muslims. Somit gibt es auch innerhalb der Tradtion des Mormonismus zwei Spaltungen oder zwei Kirchen.  Und weil weitere Spaltungen innerhalb beider Unterteilungen vorkamen, befinden sich auch Sekten unter den Mormonen. Die fundamentalistischen Mormonen, die der Ausübung der Vielehe noch stets nacheifern, sind die auffallendste Gruppe dieser Sekten. 

Heilige der Letzten Tage aller Art sind sich ihrer Identität als Christen genau so bewusst, wie irgendein römischer Katholik or evangekalischer Protestant.  Aber sie verweilen in einer eigenen Dispensation.  Ihre eigenständige Geschichte, ihre einzigartigen Lehren und rituale Ausübungen, und ihr Bewusstsein als erwähltes Volk, sondert sie nicht einfach von anderen Christen als eine zusätzliche Unterteilung dieser Tradition ab.  Mormonismus wird separat bleiben und lässt sich am besten als eine neue religiöse Tradition verstehen so lange Heilige der Letzten Tage daran glauben, dass ihre Kirchenorganisation, die ihnen einzig und allein 1830 wiederhergestellt wurde, die der Urkirche Jesu Christi ist.  Auch wird sich in dieser Beziehung nichts weiteres ändern solange sie darauf bestehen, dass im Mormonismus die Wiederherstellung aller Dinge zu finden ist. 

BIBLIOGRAPHIE

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JAN SHIPPS