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MISSIONSPRÄSIDENT

1990 befanden sich 257 Missionspräsidenten mit ihren Frauen und manchmal auch ihren Familien in geographischen Missionsgebieten in über hundert Ländern. Für einen Missionspräsidenten dauert eine Mission normalerweise drei Jahre. Innerhalb der Kirche wird es als ein herausfordernder und beschwingender geistiger Auftrag angesehen, Missionspräsident zu sein, als eine Querverbindung zum Herrn. Die Berufung geht von der Ersten Präsidentschaft aus. Sowohl der Mann als auch seine Frau werden durch das Händeauflegen einer dazu beauftragten Generalautorität, oftmals einem Mitglied der Ersten Präsidentschaft oder des Kollegiums der Zwölf Apostel, als Missionare eingesetzt und erhalten einen Segen und Rat für ihre Aufgabe.

Die Berufung ist keine bezahlte Stelle, sondern stellt eine Unterbrechung des normalen Berufslebens dar; eventuelle finanzielle Verluste sind ein Teil des erwarteten persönlichen Opfers. Die betreffende Familie setzt ihre Zeit und Tatkraft ohne Entlohnung ein, allerdings wird eine maßvolle Entschädigung  für die Lebenhaltungskosten geleistet. Männer und Frauen aus allen Gesellschaftsschichten, Ländern und Verhältnissen werden sozusagen von überallher überallhin berufen. Normalerweise ist der Missionspräsident ein Hoherpriester, der schon ein umfassendes Spektrum an Berufungen in der Kirche erfüllt hat. Seine Frau ist ebenfalls in Führungsaufgaben und als Lehrerin innerhalb der Kirche erfahren. Beide machen sich mit der Sprache und Kultur des ihnen zugewiesenen Landes durch Seminare und Schulungen für den Missionspräsidenten enger vetraut.

Missionspräsidenten haben einen festen Platz in den Biographien und Autobiographien, den mündlichen Überlieferungen, der Literatur und Folklore der Kirche. Die vielfältigen Geschichten umfassen einerseits Erzählungen über ungeheuren und sogar lebensbedrohlichen Widerstand und Märtyrium und andererseits erhabene Berichte darüber, wie sich Menschen zu Christus bekehrten. Es ist eine weit verbreitete Ansicht, dass der Heilige Geist bei der Missionsarbeit mehr als bei jeder anderen Arbeit zugegen ist.

Das Hauptinteresse des Missionspräsidenten und seiner Frau besteht verständlicherweise darin, sich weiterhin um ihre eigenen Kinder, die sie mit sich bringen, zu kümmern. Ihre weitere Sorge gilt den Missionaren, die meistens jung sind, ihrem heimatlichem Umfeld entrissen wurden, oftmals mit dem Erlernen einer neuen Sprache ringen und völlig neuen Belastungen ausgesetzt sind. Der Missionspräsident ist dafür verantwortlich, jeden Missionar zu schulen und ihm Rat, Aufgaben und geistigen Beistand zu geben. Seine Frau spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei den Schulungsprogrammen und dabei, sich um die Gesundheit, das Wohlergehen und die Sicherheit eines jeden Missionars zu kümmern.

Eine Mission erhält normalerweise 120 bis 250 Vollzeitmissionare, wobei die jungen Männer zwei Jahre und  die jungen Frauen achtzehn Monate lang bleiben. Daneben gibt es einige Teilzeit-Missionare und ältere Ehepaare. Die Dauer der Mission eines älteren Ehepaars beträgt normalerweise zwischen zwölf und achtzehn Monaten. Alleinstehende Missionare arbeiten paarweise mit Vertretern des gleichen Geschlechts, während verheiratete Ehepaare zusammen bleiben. Führungsaufgaben werden den dienstälteren Mitarbeitern und den Distrikts- und Zonenleitern zugeteilt. Jede Mission besitzt ein zentrales Büro, in dem verschiedene Missionare zeitweilig arbeiten, und zwar normalerweise als Sekretär, Protokollführer und Geschichtsschreiber, Inventar-Manager und Reisekoordinator. Da jeden Monat neue Missionare eintreffen und erfahrene Missionare entlassen werden, ist es ein fortwährender Vorgang Missionare zu schulen, umzuschulen, zu versetzen und ihnen neue Aufgaben zu geben.

Der Missionspräsident stellt unter der Aufsicht der Hauptverwaltung der Kirche Regeln, Lernpläne und Ziele auf und sorgt dafür, dass diese beachtet werden. Sein Amt bringt es mit sich, dass er mindestens alle sechs bis acht Wochen zu Zonenkonferenzen, die gleichzeitig als Zeugnisversammlungen dienen, reist. Der Präsident und seine Frau stehen über das Telefon, Briefe und persönliche Besuche in direktem Kontakt mit den Missionaren. Sie organisieren und unterstützen Fürsorge- und Dienstprojekte und Veranstaltungen, die das Verständnis der Kirche in der Öffentlichkeit fördern.

Nach drei Jahren gehen der Missionspräsident und seine Familie nach Hause, um ihr reguläres Berufs- und Familienleben wieder aufzunehmen.

GERALD J. DAY