Als allgemeiner Ausdruck bezeichnet “Millennium” jeden tausendjährigen Zeitabschnitt. In der jüdisch-chrislichen Tradition jedoch sticht ein solcher Zeitabschnitt hervor, nämlich die in der Zukunft liegende Zeit, wenn Frieden und Rechtschaffenheit unter der direkten Vorsehung Gottes und seines Messias herrschen werden.
Der Prophet Jesaja sprach von dieser Zeit: „Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert Volk gegen Volk, und übt nicht mehr für den Krieg“ (Jes 2:4). Er erklärte weiter, dass die natürlichen Ängste und Feindschaften im Reich der Tiere weichen werden: „Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein“ (Jes 11:6-9; LuB 101:26). Ezechiel prophezeite, dass die Erde, die ihr makelloses Wesen infolge des Falles Adams verloren hat (vgl. Gen 3:17-19), in ihren paradiesischen Zustand zurückkehren wird (Ezech 36:35; vgl. 10. GA). Satan wird für die Dauer des Millenniums gebunden sein (Off 20:1-3). Anstelle der teuflischen Herrschaft des „Herrschers dieser Welt“ (Joh 12:31; 14:30; LuB 1:35) wird der Herr Jesus Christus persönlich unter den Einwohnern der Erde weilen und über das Reich Gottes regieren. Dabei werden ihn rechtschaffene Sterbliche und auferstandene Heilige aller Zeitalter unterstützen (Jes 35:2; Dan 7:14, 27).
Christus lehrte seine Jünger zum Vater zu beten, dass sein Reich komme, wenn sein Wille auf Erden und im Himmel getan sei (Matt 6:10). Jesus erkärte ihnen, der Vater werde ihn erneut auf die Erde senden, wenn das Ende der Welt gekommen ist. Er werde für den Tag des Gerichts und eine Ära paradiesischer Herrlichkeit kommen (vgl. Matt 25:31-46; Joh 5:22-29; Apostelg 1:3-8). Scheinbar hatten einige frühe Christen das Zweite Kommen Jesu Christi und den Einbruch des Millenniums unmittelbar erwartet – obwohl der Erretter warnte, niemand als nur der Vater wisse den Zeitpunkt seines Kommens. Er warnte ebenfalls gegen Verkündigungen von Engeln und Propheten über die Ereignisse, die dem Millennium vorausgehen müssen (vgl. Matt 24; Apostelg 3:19-21; 2 Thes 2:1-4). Zahlreiche Kirchenführer in der nachapostolischen (kirchenväterlichen) Periode, so wie Justus, Märtyrer von Rom, Papias von Hierapolis, Irenaeus von Lyon und Lactantius, akzeptierten die Vorstellung von einem buchstäblichen Millenium in Anschluss an die Auferstehung der Toten, wenn ein sichtbares und herrliches Reich Christi auf der Erde existieren würde. Im späten dritten und im vierten Jahrhundert hatten jedoch Kirchenväter wie Origenes (†254) und Augustinus (†429) die Vorstellung eines buchstäblichen Millenniums in ein sinnbildliches oder symbolisches verwandelt: Die tausendjährige Friedensherrschaft fand für sie in den Herzen von Männern und Frauen statt und begann mit der Ausgießung des Heiligen Geistes zu Pfingsten (vgl. Apostelg. 2:16-20). Von dieser Zeit an bis zur protestantischen Reformation im 16. Jahrhundert wurde der Glaube an ein buchstäbliches Millenium von der institutionellen Kirche als unorthodox bezeichnet. Die Wiederherstellung aller Dingen in dieser Zeit, der Dispensation der Fülle der Zeiten, bestätigt jedoch, dass Christus für eine tausendjährige Friedensherrschaft wiederkehren wird. Während des Millenniums werden Mitglieder der Kirche aus allen Zeitaltern unter der Leitung Christi bei der Regierung der Erde helfen (Dan 7:27; LuB 103:7; vgl. Matt 5:5).
Johannes der Offenbarer sah, dass beim Beginn des Millenniums ein Neues Jerusalem aus dem Himmel herabkommen werde. Das traditionelle Christentum assoziierte im Allgemeinen damit eine Erneuerung der Stadt, in der Jesus in der Mitte der Zeit unter den Juden wirkte. Die Offenbarungen an den Propheten Joseph Smith zeigen jedoch, dass in der westlichen Hemisphäre das Neue Jesrusalem neben dem alten Jerusalem existieren wird. Beide werden eine hemisphärische Hauptstadt sein. Von ihnen werden im Reich Gottes Gesetze, Erlasse und Führung ausgehen. Dementsprechend sind die Nuancen in Jesaja 2:3, „von Zion kommt die Weisung des Herrn, aus Jerusalem sein Wort“, die von zwei Orten sprechen, weder redundant noch nur rhetorisch gemeint. Laut den modernen Schriften wird in den Grenzen des Staates Missouri in Nordamerika ein Neues Jerusalem errichtet werden (LuB 84:2-4; vgl. 57:2-3; 10. GA).
Das Millennium symbolisiert ein Sabbatjahr in der Geschichte der Menschheit (vgl. LuB 77:12; Mose 7:64) und ist analog zu der Bedeutung des wöchentlichen Sabbats zu sehen (vgl. Ex 20:8-11). Der tausendjährige Zeitabschnitt ist nach dem Muster der Ruhezeit des Herrn anschließend an die sechs Schöpfungseinheiten gestaltet (vgl. Gen 2:1-3).
Für die auf der Erde Weilenden wird das Leben weitergehen: „Sie werden Häuser bauen und selbst darin wohnen, sie werden Reben pflanzen und und selbst ihre Früchte genießen, .... Was meine Auserwählten mit eigenen Händen erarbeitet haben, werden sie selber verbrauchen“ (Jes 65:21-22). Rechtschaffene Männer und Frauen, die nach Einbruch des Millenniums sterben, werden „nicht schlafen, das heißt in der Erde, sondern...in einem Augenblick verwandelt werden“ (LuB 101:31). Kinder, die in dieser Zeit geboren werden, werden „aufwachsen, bis sie alt werden“ (LuB 63:51; Jes 65:20). Der Teufel wird „keine Macht über das Herz der Menschen“ haben, da er wegen der Rechtschaffenheit der Bewohner der Erde gebunden ist und Kinder werden ohne Sünde aufwachsen (1 Ne 22:26; LuB 43:30-31; 45:58; 101:28-31). Die Schlechten werden jedoch solange nicht auferstehen oder zur Erde zurückkehren wie das Millennium der Rechtschaffenheit besteht (LuB 76:81, 85).
Obgleich schon vor dem Millennium zahlreiche Tempel die Erde übersäen werden, wird ihre Zahl und Verbreitung während dieser Zeit zunehmen. In ihnen werden die für die Errettung und das ewige Leben wesentlichen Priestertumsverordnungen in ungestörter Ruhe vollzogen werden. Die Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi an alle Einwohner der Erde wird unter seiner Führung fortgesetzt werden. Unterdessen wird ein ähnliches Unterweisungsprogramm unter den Geistern fortgeführt werden, die aus diesem Leben geschieden sind und auf den Tag ihrer Auferstehung warten (LuB 138). Während solche Geister das Evangelium der Errettung in der Geisterwelt hören und es entweder annehmen oder ablehnen, vollziehen Sterbliche auf der Erde stellvertrtend die errettenden Verordnungen wie die Tauf für sie (Siehe Taufe für die Verstorbenen). Während des Millenniums wird ein Zustand des Friedens und der Rechtschaffenheit andauern, um dieser Arbeit das Fortschreiten zu ermöglichen, bis die wesentlichen Verordnungen jedem Menschen, der seit der Zeit Adam und Evas auf dieser Erde gelebt hat, zugänglich gemacht worden sind (vgl. LuB 138). [Siehe auch Letzte Tage; Neuer Himmel und Neue Erde; Zeit und Ewigkeit.]
BIBLIOGRAPHIE
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Leonard, Glen M. "Early Saints and the Millennium." Ensign 9 (Aug. 1979):43-47.
McConkie, Bruce R. MD, pp. 492-501. Salt Lake City, 1966.
PAUL B. PIXTON