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MATERIELLE KULTUR

Die Kunstgegenstände einer Gesellschaft sind als ihre materielle Kultur bekannt. Heilige der Letzten Tage, wie alle anderen kulturellen Gruppen, haben ihre physische Umgebung geändert, um ihre eigene Weltanschauung widerzuspiegeln. Jedes Objekt, das Angehörige einer Gruppe geschaffen oder verändert haben, ist Teil der materiellen Kultur dieser Gruppe. Die materielle Kultur der Heiligen der Letzten Tage umfasst eine besondere Anordnung von Objekten, von denen nur wenige tatsächlich einzigartig sind. Aber als Ganzes schaffen sie ein HLT-Umfeld.

In Teilen des amerikanischen Westens, die im 19. Jahrhundert dicht von Heiligen der Letzten Tage besiedelt waren, zeigt die Landschaft ihre besondere Methode des Städtebauens (Siehe Gemeinschaft, Kolonisierung). Eine der wichtigsten Prioritäten für frühe Siedler war die Anlegung ausgedehnter Bewässerungssysteme, die Gebirgswasser zu jeder Farm leiteten. Gräben wurden gelegt, und Dämme verschiedener Art wurden und werden immer noch benutzt, um Wasser auf ein Grundstück nach einem Rotationskalender für „Wasserrechte“ abzulenken. Den Einfluss der Bewässerung kann man in von Heiligen der Letzten Tagen besidelten Gebieten bis heute sehen, wo grüne Felder, schattige, mit Blumen gefüllte Gärten und Reihen von lombardischen Pappeln die Landschaft auszeichnen, selbst in den trockensten Wüstengebieten (Siehe Landwirtschaft).

Ein häufig von Mormonenpionieren benutztes Siedlungsmuster wurde als Mormonen-Dorf bekannt (Siehe Stadplanung, Gemeinde). Häuser und Geschäfte standen eng um einen zentralen Platz, die Straßen verliefen in den Haupthimmelsrichtungen und Farmland erstreckte sich um diese Siedlung herum. Farmer gingen aus dem Dorf hinaus auf Felder zur Arbeit, die ihnen von ihren Kirchenführern zugewiesen worden waren. Designs für Nebengebäude und Häuser basierten auf der früheren Erfahrung der Siedler oder auf Erkenntnissen, die sie von ihren Nachbarn durch mündliche Überlieferung und Vorbild erlangten (Siehe Folklore). Heu wurde mit einem „Mormonen-Ladebaum“ aufgestapelt. Dies ist ein Gerät, das man im von Heiligen der Letzten Tage besiedelten Westen immer noch in mehreren Varianten sehen kann, obwohl sie nicht mehr benutzt werden.

Religiöse Gebäude zeigen die typische HLT-Architektur am deutlichsten: Tempel, Zehntenhäuser und Gemeindehäuser zum Beispiel. Wichtige HLT-Symbole wie der Bienenkorb, die Sonne, der Mond und die Sterne und das all-sehende Auge erscheinen auf vielen dieser Strukturen.

Die meisten materiellen Gegenstände in frühen HLT-Häusern waren denen in anderen amerikanischen Häusern ähnlich. Der ethnische Ursprung der Hersteller beeinflusste oft das Möbeldesign. Einige von HLT-Handwerkeren hergestellte Möbel trugen kulturelle Symbole ähnlich denen auf den Gebäuden. Vor der Ankunft der Eisenbahn unterschieden sich die vor Ort hergestellten Möbel, hauptsächlich weil sie aus lokalem Weichholz statt aus Hartholz vom Osten hergestellt werden mussten. Somit mussten Spindeln, Beine und andere Teile dicker sein als normal, um dasselbe Gewicht zu stützen. Ein Möbelstück, eine Chaiselonge mit einem herausziehbaren Teil, der zwei Schläfern Platz bot, wurde wegen seiner Beliebtheit als die „Mormonencouch“ bekannt.

Heutzutage umgeben sich Heilige der Letzten Tage weiterhin mit Objekten, die für ihre Heimatländer typisch sind. Darüber hinaus enthält das HLT-Heim vielleicht Elemente, die zeigen, dass die Bewohner praktizierende Heilige sind. Oft gibt es ein Bild von einem Tempel; gewöhnlich ist es der Tempel, wo die Bewohner ihr Endowment empfangen oder geheiratet haben. Das Tempelmotiv findet sich vielleicht auch in anderen Gegenständen wie Quilts und Stickereien (Siehe Volkskunst). Man findet oft zahlreiche Fotos von Familienangehörigen, was die kulturelle und persönliche Betonung auf die Familie widerspiegelt.

Die Betonung der Kirche auf Bereitschaft für den Notfall, besonders auf  den Lebensmittelvorrat daheim, hat Mitglieder dazu veranlasst, Wege zu finden, wie sie in kleineren Häusern Speicherplatz schaffen können. Was wie ein runder Tisch mit einer langen Tischdecke aussieht, ist vielleicht tatsächlich ein großer zylindrischer Behälter mit Weizen, Bohnen oder Reis. Essensgewohnheiten der Heiligen der Letzten Tage, auch Teil einer materiellen Kultur, konzentrieren sich oft darauf, die Essensvorräte im Rotationssystem aufzubrauchen.

HLT-Frauen tragen zu ihrer materiellen Kultur durch monatliche Heimgestaltungsversammlungen der Frauenhilfsvereinigung bei, wo sie Rezepte, Handarbeitsideen und Arbeitsmethoden mit anderen teilen. Besonders beliebt sind preiswerte Projekte, die Gebrauchgegenstände verschönern. Zum Beispiel wird ein kleines Küchensieb eine Rentier-Weihnachtsdekoration, indem man farbige Filzstücke aufklebt. Eine Handarbeit, die Anklang findet, kann in Heimgestaltungsversammlungen in der ganzen Kirche auftauchen und wird dann eine Zeitlang bei einer Vielzahl von HLT-Familien daheim zu sehen sein.

Selbst nach dem Tod kann man materielle Erinnerungen an die religiösen Wertvorstellungen der Heiligen der Letzte Tage auf ihren Grabsteinen finden. Obwohl Symbole wie gefaltete Hände und Tauben nicht nur zur HLT-Kultur gehören, erinnern sie Heilige der Letzten Tage an die Ewigkeit und spiegeln ihre Überzeugungen wider. Moderne Grabsteine haben oft ein Bild eines Tempels auf der einen Seite und eine Liste der Kinder des Ehepaares auf der anderen Seite. Dies betont wiederum die Vorstellung, dass eine gute Ehe und Familie die besten Anzeiger für ein gut gelebtes Leben sind.

Die Kirche selber trägt zu der materiellen Kultur ihrer Mitglieder bei. Sie produziert oder hat Schriften, Bilder, Journale, Unterrichtsleitfäden, Videokassetten, Abendmahlstabletts, Primarvereinigungsbanner, Erinnerungs-Schmuck und andere Gegenstände produziert, die Mitglieder beim Praktizieren ihrer Religion benutzen. Einige, wie gedruckte Programme für Abendmahlsversammlungen der Gemeinden, sind kurzlebig, aber dennoch Teil der materiellen Kultur.

Während sich die Kirche heutzutage in der ganzen Welt ausbreitet, ist es schwieriger spezifische HLT-Objekte zu identifizieren. Der Salt Lake Tempel ist ein Symbol, das man häufig im Kunsthandwerk vieler Kulturen findet, dazu gehören auch Tapa-Leinwand aus Tonga und indianische Perlenarbeiten. Einige Symbole und Objekte mögen für alle Kirchenmitglieder universell sein, während andere örtlich begrenzt auftreten. Ein Glas selbst eingemachter Pfirsiche ist an sich nicht etwas Einzigartiges, aber der Sinn der religiösen Pflicht, „Obst einzumachen“, und die Andeutung, dass die Person, die die Pfirsiche eingemacht hat, rechtschaffen ist, sind dieser Kultur eigen. Alle Objekte, die man als „mormonisch“ identifizieren kann, drücken die Wertvorstellungen ihrer Schöpfer aus. Heilige der Letzten Tage werden weiterhin ein tastbares Umfeld verändern und ihre religiösen Wertvorstellungen mit Einflüssen ihrer ethnischen oder nationalen Kulturen mischen, um eine Landschaft zu schaffen, die typisch für sie ist.

ELAINE THATCHER