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Lamaniten

[Dieser Eintrag besteht aus zwei Artikeln: Mission zu den Laminiten, und Die Laminiten.]

 

MISSION ZU DEN LAMANITEN (1830–1831)

Die in den Jahren 1830 und 1831 erfolgte Mission in das westliche Missouri war aus dreierlei Gründen wichtig: Sie war Ausdruck der Verpflichtung seitens der Kirche, den Nachkommen der Lamaniten aus dem Buch Mormon das Evangelium zu bringen, sie führte zum Entstehen der Mormonenhochburg KIRTLAND in Ohio, wo die Missionare unerwarteterweise viele Neubekehrte fanden, und sie führte Joseph SMITH <Smith, Joseph> in den Kreis Jackson nach Missouri, wo er den Grundstein für Zion, das Neue Jerusalem, legte.

Die Mission zu den Lamaniten, eine der frühesten Unternehmungen dieser Art, begann im Oktober 1830 im Bundesstaat New York, als Oliver COWDERY <Cowdery, Oliver> (der “zweite Älteste”der Kirche), Peter Whitmer jun. <Whitmer, Peter, jun.>, Parley P. PRATT <Pratt, Parley P.> und Ziba Peterson <Peterson, Ziba> (LuB 28:8; 32:1–3) als Missionare berufen wurden. Es war dies der Anfang der langjährigen Tradition der Kirche, den Indianern das Evangelium zu bringen. Das Buch Mormon, das teilweise ein Bericht der Vorfahren der Indianer ist, prophezeit, daß die Lamaniten beim Aufbau des Neuen Jerusalems mithelfen werden (3. Nephi 20, 21), das auf der westlichen Halbkugel errichtet werden soll. (Ether 13:3; siehe auch LuB 28:9.)

Anfang des neunzehnten Jahrhunderts begann die amerikanische Regierung mit der Zwangsumsiedlung der im Osten lebenden Indianern an die äußerste Grenze zum Westen jenseits aller damals existierenden US-Bundesstaaten. Im Mai 1830 verabschiedete der amerikanische Kongreß das Gesetz zur Umsiedlung der Indianer, wodurch die Missionare in das Gebiet westlich von Independence, Missouri, der letzten amerikanischen Niederlassung vor dem “Indianerland” reisen mußten. Um dorthin zu gelangen, legten die Ältesten mitten im Winter 2400 Kilometer zu Fuß von New York nach Missouri zurück.

Die Missionare fanden unter den weißen Siedlern und manchmal auch unter den Indianern Zuhörer. In der nahegelegenen Stadt Buffalo im Bundesstaat New York belehrten sie die Catteraugus-Indianer <Catteraugus-Indianer>, die ihnen zwei Exemplare des Buches Mormon abnahmen. Im nordöstlichen Ohio fanden sie viele Zuhörer und ihre Botschaft erregte die Neugier der Öffentlichkeit. In der Stadt Mentor in Ohio traten Cowdery <Cowdery, Oliver und Parley P. Pratt bekehren Sidney Rigdon> und Pratt <Pratt, Parley P. und Oliver Cowdery bekehren Sidney Rigdon> mit Sidney RIGDON, einem dynamischen Geistlichen der Reformierten Baptisten in Verbindung, der in seiner Gemeinde die neutestamentliche Lehre von der Wiederherstellung lehrte und Pratts früherer Freund und Pastor war. Pratt und Cowdery forderten Rigdon dazu auf, das Buch Mormon zu lesen, was dieser auch zu tun versprach. Außerdem gestattete Rigdon den Missionaren, vor seinen Glaubensanhängern in Mentor und seiner Gemeinde in Kirtland zu predigen. Die Reaktionen darauf waren fast ausschließlich positiv. Viele Mitglieder der Rigdonschen Gemeinde, darunter auch Rigdon selbst, ließen sich taufen. Die Nachricht vom Erfolg der Missionare verbreitete sich wie ein Lauffeuer, wodurch die Öffentlichkeit noch mehr auf sie aufmerksam gemacht wurde, was zu weiteren Bekehrungen führte.

Im nordöstlichen Ohio tauften die Missionare innerhalb eine Monats 130 Personen; 50 davon in der Stadt Kirtland. Diese neuen Mitglieder der Kirche machten Kirtland zum Hauptsitz der Kirche in ihrem Landesteil. Zu den damals Bekehrten zählten viele spätere Führer der Kirche, so zum Beispiel Sidney Rigdon, Frederick G. Williams <Williams, Frederick G., in Kirtland getauft>, Lyman Wight <Wight, Lyman, in Kirtland getauft>, Newel K. Whitney <Whitney, Newel K., in Kirtland getauft>, Levi Hancock <Hancock, Levi, in Kirtland getauft> und John Murdock <Murdock, John, in Kirtland getauft>. Zwei weitere bekannte Mitglieder der Kirche, nämlich Edward Partridge <Partridge, Edward, in Kirtland getauft> und Orson HYDE <Hyde, Orson> ließen sich kurz nach Abreise der Missionare taufen. Ende 1830 hatte die Kirche in Ohio bereits 300 Mitglieder - das Dreifache der Mitgliederzahl im Bundesstaat New York. Im Dezember empfing Joseph Smith, nachdem er von der hohen Bekehrtenzahl in Ohio erfahren hatte, eine Offenbarung, in der die Heiligen der Letzten Tage in New York dazu aufgefordert wurden, sich im Gebiet von Kirtland <Kirtland> zu sammeln (LuB 37:1, 3), was 1831 auch geschah.

Frederick G. Williams <Williams, Frederick G.>, ein aus Kirtland stammender Arzt, schloß sich den vier Missionaren an. Gemeinsam reisten sie im November 1830 weiter und predigten, wo sie nur konnten. Sie gingen zu den Wyandot-Indianern <Wyandot-Indianer> in Sandusky, Ohio, die sich über die Botschaft der Missionare freuten. Sieben Tage in der Stadt Cincinnati wiederum brachten ihnen keine Zuhörer. Im späten Dezember reisten die Missionare den Ohio-Fluß hinunter Richtung St. Louis, bis sie in der Nähe von Cairo in Illinois ihre Schiffsreise unterbrechen mußten, da der Fluß zugefroren war. Nun ging es wieder zu Fuß weiter, und die Reise wurde immer beschwerlicher. Wegen seiner selten schweren Stürme ist der Winter 1830/1831 in die Geschichtsbücher des Mittleren Westens als “Tiefschneewinter” eingegangen. Es gab kaum Nahrungsmittel, und die Missionare mußten sich von dürftigen Rationen aus gefrorenem Brot und Schweinefleisch am Leben erhalten.

Ende Januar 1831 - es herrschte noch immer tiefster Winter - erreichten die Missionare den Kreis Jackson (siehe MISSOURI: HLT-Ortsgemeinden in den Kreisen Jackson und Clay). Die Kreishauptstadt Independence war eine verwilderte Grenzstadt voll wüster Ausschweifungen, 20 Kilometer von der Bundesstaatsgrenze entfernt. Hier trennten sich die Missionare. Whitmer und Peterson machten eine Schneiderei auf, um Geld zu verdienen, während Cowdery, Pratt und Williams den Bundesstaat verließen und “zur Lamanitengrenze” reisten. Nachdem sie mit den Shawnee-Indianern <Shawnee-Ondianer> Kontakt aufgenommen hatten, überquerten die Missionare den zugefrorenen Kansas-Fluß und gingen zu Fuß zum Dorf der Delaware-Indianer <Delaware-Indianer>, das ca. 20 Kilometer westlich der Grenze von Missouri lag.

Die Delaware-Indianer waren nach einer langen und beschwerlichen Reise erst im vorigen November dort angekommen. Aufgrund ihrer Armut und der Mißhandlungen, die ihnen von Weißen zugefügt worden waren, stand ihr alter Häuptling William Anderson Kithtilhund <Kithtilhund, William Anderson, Häuptling der Delaware-Indianer> christlichen Missionaren äußerst mißtrauisch gegenüber. Nach anfänglichem Zögern rief Kithtilhund jedoch die Unterhäuptlinge zu einem Rat zusammen, wo Oliver Cowdery durch einen Dolmetscher den interessiert zuhörenden Delawares aus dem Buch Mormon die Geschichte ihrer Vorfahren vortrug.

Das Vorhaben, für die Delawares eine Schule zu bauen und Bekehrtentaufen durchzuführen, wurde durch den Indianeragenten der US-Regierung, Richard W. Cummins <Cummins, Richard W., Indianeragent>, sofort wieder zunichte gemacht. Nach seiner zweiten Warnung an die Missionare drohte er ihnen mit der Verhaftung, sollten sie das Indianerland nicht verlassen. Pratt vertrat die Ansicht, daß dieser Befehl eine Folge des Neides der Missionare anderer Kirchen und der Indianeragenten gewesen sei. In einem Brief an William Clark <Clark, William, Hauptkommisar für Indianerfragen>, Hauptkommissar für Indianerfragen in St. Louis, wies Cummins darauf hin, daß die Ältesten keine Aufenthaltsbewilligung für das sich in Regierungshand befindende Indianerland hatten. Später schrieb Cowdery aus Independence an Clark und ersuchte ihn um eine solche Bewilligung, die ihm jedoch verweigert wurde, wodurch die Mission zu den Lamaniten so gut wie zu Ende war.

Oliver Cowdery sandte Parley P. Pratt so schnell wie möglich in den Osten zurück, wo er über die Erfolge der Mission berichten sollte, während die vier zurückbleibenden Missionare unter den weißen Siedlern des Kreises Jackson missionierten. Im Sommer 1831 führte Joseph Smith <Smith, Joseph> eine Gruppe Heiliger der Letzten Tage aus Kirtland in den Kreis Jackson, wo sie auf die Missionare stießen. Durch eine Offenbarung bestimmte der Prophet die ungefähr einen Kilometer außerhalb der Stadt Independence gelegene Stelle des künftigen Tempelgrundstücks <Tempelgrundstück in Independence> für das Neue Jerusalem. (Siehe LuB 57:1–3.)

BIBLIOGRAPHIE

Backman, Milton V., jun. The Heavens Resound, S. 1–12. Salt Lake City, 1983.

Pratt, Parley P. Autobiography of Parley Parker Pratt, S. 47–58. Salt Lake City, 1983.

MAX H. PARKIN

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DIE LAMANITEN

Der Name Lamaniten bezieht sich auf ein israelitisches Volk, das im Buch Mormon erwähnt wird. Dieses stammt von Lehi und Ischmael ab, die beide Nachkommen von Joseph von Ägypten (1. Ne. 5:14) waren. Sie waren ein Teil von Lehis Kolonie, die der Herr anwies Jerusalem zu verlassen und in ein neues Verheißenes Land (in der westlichen Hemisphäre) zu ziehen. Während der ersten 600 Jahre ihrer Geschichte können alle lamanitischen Völker im Buch Mormon mit Laman und Lemuel, den ältesten Söhnen Lehis, in Verbindung gebracht werden. Zuzeiten bezieht sich der Name auf „das Volk Lamans“. Zu anderen Zeiten bezeichnet der Begriff Ungläubige und ignoriert Abstammungslinien, was von textlichen Besonderheiten abhängt, die Völker, Zeiten und Orte betreffen.

DIE LAMANITEN IM BUCH MORMON. Nach dem Tod des Propheten Lehi (582 v.Chr. auf dem amerikanischen Kontinent)) teilte sich die Kolonie in zwei Hauptgruppen, die Lamaniten und die Nephiten (2 Ne. 5), die die Namen ihrer Führer annahmen. Diese Patronyme entwickelten sich später zu königlichen Titeln (Mosia 24:3; Jakob 1:11). Obwohl das Buch Mormon einen nephitischen Bericht darstellt, konzentriert es sich durch umfangreiche Vergleiche der Lamaniten und der Nephiten, auf beide Gruppen. Andere Völker werden gewöhnlich einer dieser zwei Gruppen zugerechnet:

„Diejenigen nun, die nicht Lamaniten waren, die waren Nephiten; dennoch wurden sie Nephiten, Jakobiten, Josephiten, Zoramiten, Lamaniten, Lemueliten und Ischmaeliten genannt. Aber ich, Jakob, werde sie von nun an nicht mit diesen Namen unterscheiden, sondern ich werde diejenigen Lamaniten nennen, die das Volk Nephi zu vernichten trachten; und diejenigen, die Nephi freundlich gesinnt sind, werde ich Nephiten oder das Volk Nephi nennen, gemäß der Regierung der Könige“ (Jakob 1:13-14).

Zu Beginn traten politische und religiöse Unstimmigkeiten zwischen den Lamaniten und den Nephiten auf. Folglich trat eine verstärkt kulturelle Differenzierung zwischen den beiden Gruppen auf, die durch die unterschiedlichen Reaktionen auf Lehis religiöse Lehren verursacht wurde. Soziale Veränderungen fanden schnell unter den vielen Abstammungslinien statt. Somit bezieht sich der Name Lamaniten auf die Nachkommen Lamans und seiner Gruppe, auf eine Nationalität, die auf einer Ideologie mit eigener Abstammungsgeschichte und Religion basiert (Mosia 10:12-17), oder auf eine oder mehrere Kulturen. Das Buch Mormon beschreibt mehrere lamanitische Kulturen und Lebensweisen, wie z.B. Jäger und Sammler (2 Ne. 5:24), Händler (Mosia 24:7), sesshafte Viehzüchter, eine stadtstaatliche Regierungsform (Alma 17) und Nomadentum (Alma 22:28). Die Lamaniten akzeptierten nonkonformistische Nephiten, die unter ihnen Zuflucht suchten und sich bald mit ihnen identifizierten. Einige Lamaniten schlossen sich im Gegenzug den Nephiten an. Dies spiegelt den politisierten Charakter der frühen lamanitischen Gesellschaft wider.

Im frühen sechsten Jahrhundert der lamanitischen Geschichte (94-80 v. Chr.) spalteten weitläufige lamanitische Bekehrungen die lamanitischen Völker weiter. Viele nahmen den messianischen Glauben an Jesus Christus an, der von nephitischen Missionaren gelehrt wurde (Alma 17-26). Der lamanitische König Lamoni, sein Vater, der der König über das ganze Land war und viele ihrer Untertanen akzeptierten den prophezeiten Christus und sagten sich von ihrer früheren Lebensweise los. Sie nahmen ein Friedensbündnis auf sich, begruben ihre Waffen, schwörten dem Krieg ab und zogen aus Sicherheitsgründen in nephitisches Gebiet (Alma 27:21-26; 43:11-12). Die lamanitischen Bekehrungen hielten mindestens 48 Jahre und durch mehrere Generationen hindurch an (Alma 24:5-6, 15-19, 20-24; 26:31-34; 44:20; Hel. 5:51; 15:9). Diese große Spaltung der lamanitischen Gesellschaft brachte bedeutende, politische Auswirkungen mit sich: Einige Bekehrte behielten ihre lamanitische Identität. Sie unterschieden sich jedoch von den Lamaniten, die ihre neue Religion ablehnten. Andere entschieden sich den Nephiten zugezählt zu werden (3 Ne. 2:12, 14-16) und die unbekehrten Lamaniten erhielten Verstärkung durch zahlreiche Abtrünnige nephitischer Untergruppen (Alma 43:13). Einige von diesen entschieden sich deutlich ihre frühere Identität beizubehalten (3 Ne. 6:3).

Nach der Zerstörung, die während Christ Kreuzigung stattfand, und den folgenden Bekehrungen (3 Ne. 11:28) entstand eine neue Gesellschaft, in der es weder ethische noch wirtschaftliche Unterschiede gab. „[Es gab weder] Lamaniten, noch sonst irgendwelche -iten; sondern sie waren eins, die Kinder Christi“ (4 Ne. 1:17). Dieser Zustand dauerte fast bis zum Ende des 2. Jahrhunderts nach Christus an. Diejenigen, die, ungeachtet ihrer Abstammung, die Kirche Christi ablehnten „[hatten] sich gegen die Kirche aufgelehnt und den Namen Lamaniten auf sich genommen; darum fing es im Land wieder an, Lamaniten zu geben“ (4 Ne. 1:20). Spaltungen nahmen zu, so dass im Jahre 231 n. Chr. „ein Volk auf[kam], das Nephiten genannt wurde, und sie glaubten wahrhaftig an Christus; und unter ihnen waren diejenigen, die von den Lamaniten als Jakobiten und Josephiten und Zoramiten bezeichnet wurden ... und ... diejenigen, die das Evangelium verwarfen, wurden Lamaniten und Lemueliten und Ischmaeliten genannt“ (4 Ne. 1:36-45).

Es war prophezeit worden, dass es letztendlich nur lamanitische Völker und diejenigen, die sich ihnen angeschlossen hatten, von der ursprünglichen Gruppe übrigbleiben würden (Alma 45: 13-14). Nach den Endkämpfen zwischen den Lamaniten und den Nephiten überlebten nur diejenigen in den Ländern des Buches Mormon, die die lamanitische Herrschaft akzeptierten (Morm. 6:15).

DIE LAMANITEN IN DER FRÜHEN GESCHICHTE DER KIRCHE JESU CHRISTI DER HEILIGEN DER LETZTEN TAGE. Ein Grund für die Veröffentlichung des Buches Mormon zu Beginn der mormonischen Kirchengeschichte bestand darin, es den Lamaniten [den Ureinwohnern des amerikanischen Kontinents] zu bringen (LuB 19:26-27). Innerhalb der ersten sechs Monate während denen die Kirche bestand, wurden Missionare zu Menschen mit lamanitischen Vorfahren gesandt (LuB 28:8; 32:2; siehe auch Lamanitische Mission).

[Siehe auch Völker des Buches Mormon; Indianischer Studentenvermittlungsdienst; Ureinwohner Amerikas.]

BIBLIOGRAPHIE

“The Church and Descendants of Book of Mormon Peoples.” Ensign 5 (Dec. 1975); the entire issue devoted to this topic.

De Hoyos, Arturo. The Old and the Modern Lamanite. Provo, Utah, 1970.

Sorenson, John L. An Ancient American Setting for the Book of Mormon. Salt Lake City, 1985.

Tyler, S. Lyman. Modern Results of the Lamanite Dispersion: The Indians of the Americas. Provo, Utah, 1965.

Widtsoe, John A., and Franklin S. Harris, Jr. Seven Claims of the Book of Mormon. Independence, Mo., 1935.

GORDON C. THOMASSON