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KOLONISATION

Der folgende Artikel stellt einen Überblick über die Besiedelung des “Great Basin” durch die Heiligen der Letzten Tage dar. Das im Westen der USA gelegene “Great Basin” erstreckt sich von der Sierra Nevada bis zum Wasatch-Gebirge und umfaßt beinahe ganz Nevada, Teile Kaliforniens, Idaho, Utah und Wyoming. Die Flüsse des Great Basin entleeren sich nicht in das Meer. Detailfragen im Zusammenhang mit der Kolonisierung werden in den Artikeln STADTPLANUNG und EINWANDERUNG UND AUSWANDERUNG angesprochen. Die Besiedelung der Gebiete außerhalb Utahs wird in den Artikeln PIONIERSIEDLUNGEN IN ARIZONA, KALIFORNIEN, KANADA, COLORADO, IDAHO, MEXIKO, NEVADA, NEW MEXICO und WYOMING geschildert. Siehe auch WIRTSCHAFTSGESCHICHTE DER KIRCHE und BRIGHAM YOUNG.

Die Heiligen der Letzten Tage waren eifrige Besiedler des amerikanischen Westens. Allein während der Amtszeit von Brigham YOUNG <Young, Brigham> wurden beinahe vierhundert Siedlungen gegründet, denen später noch dreihundert andere folgten. Auch wenn viele dieser Siedlungen weit von SALT LAKE CITY entfernt lagen, waren sie doch keine isolierten Dörfer, sondern blieben mit benachbarten Ortschaften und dem Hauptsitz der Kirche in engem Kontakt. Gemäß dem Beispiel der Gemeinden während des erstens Jahrzehnts der Kirche wurden die Siedlungen gegründet, um Schutz zu bieten und gemeinsame Wertvorstellungen zu bewahren.

Zwischen 1830 und 1846 hatten sich die Heiligen der Letzten Tage immer rund um den Hauptsitz der Kirche niedergelassen. Nach den Konflikten und Verfolgungen in New York, Ohio, Missouri und Illinois suchten sie nun Zuflucht im buchstäblichen Niemandsland des amerikanischen Westens. Nach Gründung des Hauptsitzes der Kirche in dem bislang unbesiedelten SALZSEETAL, trachteten sie nach Selbstregierung, indem sie die Herrschaft über ein riesiges geographisches Gebiet beanspruchten, zu dem die heutigen Bundesstaaten Utah, Nevada sowie Teile Wyomings, Idahos und Kaliforniens gehören. Die neubekehrten Zuwanderer, die aus den USA und Großbritannien stammten (nach 1852 auch aus Europa), stärkten die Zahl der Kolonisten gewaltig. Unter Brigham Youngs Führung wurden Erkundungstrupps ausgesandt und in einem Korridor, der sich vom Salzseetal aus südöstlich nach Las Vegas in Nevada, und San Bernadino in Kalifornien erstreckte, Siedlungen errichtet. Missionsreisen zu den Indianern führten zur Gründung zahlreicher Siedlungen rund um das Einzugsgebiet der Mormonen, z.B. im Nordwesten das am Salmon-Fluß gelegene Fort Limhi in Idaho, die Elk-Mountain-Mission im Südosten (nahe der heutigen Stadt Moab in Utah), Harmony und Santa Clara in Utah sowie Las Vegas im Südwesten. Die Siedlungen in Carson Valley, Nevada, entstanden durch den kommerziellen Unternehmungsgeist der Heiligen der Letzten Tage und lagen entlang der Goldgräber-Route Richtung Kalifornien. Die Kirchenführung hatte die Gründung dieser Siedlungen sehr gefördert. Im Nordosten sollten Fort Bridger und Fort Supply in Wyoming Zwischenstationen entlang der ROUTE DER MORMONENPIONIERE zwischen Salt Lake City und dem Missouri bilden und die Zuwanderung und den Handel erleichtern. Die Stadt San Bernadino sollte übergangsweise ein Sammlungsort für die Heiligen der Letzten Tage sein, die von der Pazifikküste anreisten.

Aus verschiedenen Gründen waren die äußeren Kolonien nicht sehr erfolgreich und wurden bis 1858 alle geschlossen. Der Marsch der UTAH-EXPEDITION in Richtung Utah und die durch das MOUNTAIN-MEADOWS-MASSAKER entstandenen Feindseligkeiten hatten die Rückkehr der Siedler in das Kernland zur Folge. Nach Ende des sogenannten Utah-Krieges wurde die Kolonisierung wieder aufgenommen, jedoch innerhalb eines eingeschränkteren Bereiches. Der Ort St. George, Hauptsitz der Cotton-Mission im Jahr 1861, wurde zur wichtigsten Siedlung im Südwesten Utahs. Durch Präsident Youngs eifrige Unterstützung überlebte dieser Ort den Niedergang der örtlichen Baumwoll-Industrie nach Ende des amerikanischen Bürgerkrieges und das Ende der Versuche, einen Handels- und Reiseweg über den unteren Colorado-Fluß zum Golf von Kalifornien zu schaffen. Durch den Zuwachs an Siedlungen im nördlichen Utah und südlichen Idaho entstand im nördlichen Teil des Territoriums eine Bevölkerungskonzentration.

Die Ausdehnung der Siedlungen jenseits des Großen Salzsees beraubte die Indianer ihrer besten Jagd- und Fischereigründe. Nach anfänglichen Konflikten gab Präsident Young <Young, Brigham> die Richtlinie aus, die Indianer zu versorgen anstatt sie zu bekriegen, riet den Siedlern jedoch, sich trotzdem auf Verteidigung einzustellen und ihre Dörfer dementsprechend zu rüsten. Die Heiligen der Letzten Tage bemühten sich, die Indianer zur Kirche zu bekehren und ihnen den Ackerbau schmackhaft zu machen, aber sogar mit Hilfe der von der amerikanischen Regierung subventionierten Landwirtschaft gelang nur ganz wenigen Indianern die Umstellung. Der ständige Zuwachs an HLT-Siedlern sowie das Versagen der Kirche und der Regierung, die zunehmende Verarmung der Indianer zum Stillstand zu bringen, führten in den fünfziger Jahren zum Walker-Krieg <Walker-Krieg> und in den sechziger Jahren zum Black-Hawk-Krieg <Black-Hawk-Krieg>. Die darauffolgende Umsiedelung der überlebenden Indianer in Reservate beseitigte eines der größten Hindernisse bei der weiteren Besiedelung des Landes.

Vor Brigham Youngs Tod im Jahr 1877 wurden am Little Colorado-Fluß in Arizona weitere Siedlungen gegründet, ebenso in Colorado, New Mexico, Kanada und Mexiko. Die Heiligen der Letzten Tage auf Hawaii errichteten Sammlungsorte (die ersten dieser Art außerhalb Nordamerikas) im Pakawai-Tal auf Lanai und später in Laie auf der Insel Oahu.

Die Kolonisierung wurde meistens von der Kirchenführung geplant und organisiert, wobei wichtige geographische Gebiete ausgewählt und die Pioniere genau ausgesucht wurden. Manche Siedler meldeten sich freiwillig, während andere dazu berufen wurden. Wenn Familien auf eigene Initiative hin neue Siedlungen gründeten, wurden diese Siedlungen schon bald von Kirchenführern zwecks Kontrolle besucht, um zu gewährleisten, daß es keine Schwierigkeiten gab. Daher war jede Siedlung im Prinzip eine Kolonie der Mutterkolonie in Salt Lake City. Die Heiligen der Letzten Tage besiedelten auf diese Art und Weise das ganze bebaubare Land und gründeten neue Orte.

Ab 1880 entstanden entlang der Trasse der Utah Railway und der Northern Railway und am Upper-Snake-River-Tal in Idaho neue Siedlungen, von denen viele aus eigener Initiative entstanden und nicht von der Kirche geplant worden waren. Die Kirchenführung hatte einige Mühe, das Ortsbild dem der anderen Siedlungen anzugleichen, d.h. die Häuser sollten eng zusammen gebaut werden und nicht verstreut liegen.

Die Kolonien in Alberta (Kanada) und in Chihuahua (Mexiko) entstanden in den achtziger Jahren aufgrund der Notwendigkeit, Unterschlupfgelegenheiten für die vor der US-Regierung flüchtenden Polygamisten zu schaffen. (Siehe MEHREHE, GESETZGEBUNG GEGEN DIE MEHREHE.) In den Jahren 1900 und 1901 entstanden noch Kolonien im Big-Horn-Becken in Wyoming und in Kelsey, Texas. Obwohl Kelsey nur eine von ganz wenigen HLT-Siedlungen war, die außerhalb des unmittelbaren Einflußbereiches des Kirche gegründet wurden, war dieser Ort ein typisches Mormonendorf.

In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts hörte die Kolonisierung auf, und nun wurde der Schwerpunkt darauf gelegt, die Mitglieder der Kirche überall auf der Welt zu stärken, anstatt sie zur Sammlung in Mormonensiedlungen aufzufordern.

BIBLIOGRAPHIE

Arrington, Leonard J. Great Basin Kingdom. Cambridge, Mass., 1958.

Campbell, Eugene E. “Brigham Young’s Outer Cordon - A Reappraisal.” Utah Historical Quarterly 41, Sommer 1973, S. 220–253.

Hunter, Milton R. Brigham Young the Colonizer. Santa Barbara, Calif., 1973.

Sherlock, Richard. “Mormon Migration and Settlement After 1875.” Journal of Mormon History 2 (1975), S. 53–68.

RICHARD L. JENSEN