Der römische Katholizismus und die östliche Orthodoxie gründen auf derselben theologischen Tradition. Sie ähneln einander und unterscheiden sich in den Lehren vom Mormonismus.
GOTT. Sowohl der Katholizismus als auch die Orthodoxie betrachen Gott als den Schöpfer des Universums, und dass Gottes Wesen dreifaltig ist-dass die Personen Vater, Sohn und Heiliger Geist simultan in einer göttlichen Erscheinungsform existieren. Die HLT-Lehre andererseits ist tritheistisch, sie ist subordinationistisch. Der Sohn ist dem Vater untergeordnet, und der Heilige Geist wird „entsprechend dem Willen des Vaters durch Jesus Christus, seinen Sohn, gesandt“. Beide katholische Traditionen lehren, dass Gott ein selbstoffenbarendes Mysterium ist, dessen vollkommene Manifestation in Jesus Christus besteht, der für die Welt in der Kirche gegenwärtig ist. Heilige der Letzten Tage bekräftigen, dass Jesus Christus eine getrennte Erscheinungsform hat und ein getrenntes Wesen vom Vater ist und dass der Vater so wie Jesus Christus sichtbar, verkörpert und verherrlicht war und ist (Siehe Lehre: Unterschiedliche Lehren).
CHRISTUS. Gemäß dem katholischen Glauben wurde Jesus von einer Jungfrau geboren und ist der „Menschgewordene Sohn Gottes“. Als Gott und Mensch ist er der „Erretter der Welt“. Für Heilige der Letzten Tage war Christus nicht, ist er nicht jetzt und wird er niemals in der Erscheinungsform oder Substanz mit dem Vater eins sein. Sein Einssein mit dem Vater ist geistiger Art im Geist, Zweck und Verstand. Gemäß HLT-Lehren ist Jesus der Einziggezeugte Sohn des Vaters im Fleische. Er betrat die Sterblichkeit, war dem Wachstum wie auch dem Sein unterworfen und erfüllte den Willen des Vater als Vorbild, Erretter und Vermittler. Er erhielt erst alle Macht auf Erden und im Himmel, als er die Fülle der Herrlichkeit des Vaters empfing (Siehe Gottheit).
SÜHNOPFER. In beiden katholischen Traditionen verschafft Christi Sühnopfer Zugang zur erlösenden Gnade. Christi Tod-Auferstehung ist das errettende Ereignis und das Kreuz das Symbol der Errettung. Für Heilige der Letzten Tage bedeutete das Sühnopfer Jesu Christi unter alles herabzusteigen, um sich über alles zu erheben. Er litt „gemäß dem Fleische“, weil er auf keine andere Art und Weise die Seelenqual der Sünde und Sündhaftigkeit erfahren konnte, veranschaulicht erlösende Liebe und gleicht Gerechtigkeit und Gnade aus. Das Sühnopfer vereint den Menschen durch Heiligung und Auferstehung wieder mit Gott. Alles, was Christus vom Vater empfing, kann der Mensch vom Vater durch Christus empfangen. Diese Transformation ist mit der ost-orthodoxen Sicht der Vergöttlichung verwandt. Das Ziel der Jüngerschaft ist es, durch Christus das Abbild und Ebenbild Gottes zu werden (Siehe Sühnopfer Jesu Christi, Vergöttlichung, Frühchristliche Erlösung Jesu Christi, Deifikation, Frühchristliche).
AUTORITÄT. Katholiken glauben, dass Jesus seine seelsorgerische Vollmacht auf Petrus übertrug, der so der erste „Vikar Christi“ und das erste Oberhaupt der Kirche wurde, und dass diese Vollmacht zu lehren und zu heiligen in ununterbrochener Reihenfolge in der Einrichtung des Papsttums weitergegeben worden ist. Die östliche Orthodoxie lehrt, dass Petrus der erste unter Gleichen war, daher haben Patriarchen gleiche Vollmacht. Sie schreiben auch den ersten sieben ökumenischen Konzilen eine besondere Vollmacht zu. Heilige der Letzten Tage glauben, dass Petrus die Schlüssel der apostolischen Vollmacht hielt, die auch auf die Zwölf Apostel übertragen wurde. Die Macht des Priestertums ist nicht unlöschbar, sondern untrennbar mit Rechtschaffenheit verbunden. Die Fülle der Schlüssel des Priestertums gingen aufgrund gescheiterter Übertragung verloren. Ihre Übertragung in der Moderne geschah durch Petrus, Jakobus und Johannes (Siehe Aaronisches Priestertum: Wiederherstellung). Jeder würdige Mann in der Kirche soll seine Ordinierung zum Priestertum mit der Vollmacht errettende Verordnungen zu vollziehen empfangen und jeder Vater soll als Patriarch für seine eigene Familie fungieren.
SCHRIFTEN. Für Katholiken und Orthodoxe sind das Alte und Neue Testament die „unerschöpfliche Quelle christlichen Glaubens“. Der Kanon ist abgeschlossen. Für Heilige der Letzten Tage bleibt der Kanon offen. Schriften sind die Aufzeichnung unter Inspiration gegebener prophetischer Äußerung. Es gibt keine letzte Offenbarung. Offenbarungen fahren fort. Weder niedergeschriebene Schriften, noch natürliche Theologie ersetzen die „lebenden Wahrworte“ (Siehe Religiöse Erfahrung, Offenbarung, Schriften).
KIRCHE. Der Katholizismus und die Orthodoxie verstehen die Kirche als eine „Gemeinschaft der Heiligen“. Der Heilige Geist belebt die Kirche mit Gnade und ermächtigt sie das Werk Christi in der Geschichte zu tragen. Sie ist eine Gemeinschaft der Erlösung, wo das Evangelium verkündet und die Sakramente empfangen werden. Heilige der Letzten Tage glauben, dass mit der Wiederherstellung des höheren Priestertums drei in der Kirche des Neuen Testaments verloren gegangene Elemente zurückkehrten: (1) organisatorische Muster und ihre jeweiligen Ämter, einschließlich eines Kollegiums von zwölf Aposteln, (2) der Geist der Prophezeiung und alle geistigen Gaben und (3) der Tempel mit seinen wesentlichen Verordnungen und Praktiken (Siehe Gaben des Geistes, Organisation, Tempel). Katholiken behaupten, dass die Gnade das durch Christus in den Sakramenten angebotene freie Geschenk Gottes in den Mittelpunkt stellt und dass sie in die Seele eingeflößt wird. Die Taufe ist wesentlich für die Erlösung. Alle Sakramente sind das nötige Gnadenmittel zur Erlösung. HLT-Riten oder Verordnungen sind Prozesse geistiger Wiedergeburt, in denen die Mächte der Göttlichkeit offenbar werden. Alle empfangen sie und alle Verordnungen sind notwendig für die Erlösung, von der Taufe bis zu den höheren Verordnungen des Tempels. Ihre Wirkungskraft erfordert ordnungsgemäße Förmlichkeiten, ordinierte Priestertumsvollmacht und den Glauben und die Umkehr der Person. Es gibt Grade der Erlösung, und die Fülle der Erlösung oder Erhöhung erfordert die Fülle der Verordnungen (Siehe Taufe, Konfirmation, Endowment, Tempelverordnungen).
EUCHARISTIE. Für beide katholische Traditionen ist die Eucharistie ein heiliges Abendmahl, in dem der wahre Leib und das Blut Jesu physisch gegenwärtig sind, das heißt, die tatsächliche erlösende Realität des Herrn. Der liturgische Akt der Weihe ist ein echtes Opfer, in dem durch Transubstantiation die Elemente Brot und Wein der Leib und das Blut Christi werden. Orthodoxe assoziieren die Handlung des Priesters in dieser Liturgie mit der Ikonenverehrung, die ihr Urbild, Christus, repräsentieren. Heilige der Letzten Tage verstehen das Abendmahl als Erinnerung an den Körper und das Blut Christi. Die Heiligung erfolgt durch den Geist und findet in den Empfängern statt, die ein reuiges Herz und einen zerknirschten Geist mit zum Gebet und zur Teilnahme bringen (Siehe Abendmahl).
EHE UND FAMILIE. Obwohl der Katholizismus und die Orthodoxie unter dem Zölibat ein geistiges Ideal verstehen, ist die Ehe ein gnadenspendendes Sakrament, das die Bindung zwischen Christus und der Kirche symbolisiert. Katholiken sehen dies als einen lebenslangen Vertrag und erlauben keine Scheidung. Heilige der Letzten Tage lehren, dass die ewige Verherrlichung der Familie und der Gemeinschaft von Familien innerhalb der Kirche die höchste geistige Möglichkeit darstellt. Genauso wie der Hohepriester, der im Tempel des Altertums amtierte, verheiratet war, und so wie die Apostel heirateten, so ist die Ehe heutzutage eine fortgeschrittene Verordnung, auf die andere vorbereiten. Die Pflege und Liebe der Menschenfamilie, die letztlich die Familie Gottes ist, ist die angemessene Arbeit und Herrlichkeit im Leben eines Heiligen. Wenn sie durch die Vollmacht des Priestertums gesiegelt sind, bestehen die Bündnisse und Beziehungen und Pflichten der Elternschaft bis in die nächste Welt fort (Siehe Zölibat, Ehe: Ewige Ehe).
Während Heilige der Letzten Tage Maria respektieren, besitzen sie kein Gegenstück zu den Lehren der unbefleckten Empfängnis, fortwährenden Jungfernschaft und leiblichen Himmelfahrt Mariens, auch nicht für die orthodoxe Ikonenverehrung. Andere HLT-Lehren unterscheiden sich erheblich von der traditionellen katholischen Lehre: Modifizierungen klassischer Leseweisen der Allmacht und Allgegegenwart Gottes, die vorirdische Existenz der Geister aller Menschen, die Bekräftigung, dass Geist verfeinerter Stoff ist, der Fall als geplant, freiwillig und wesentlich für das Wachstum der Seele inmitten von Kontrast und Gegensatz, die Verneinung der Ursünde und Kindertaufe, die inklusive Natur Abrahams Bündnisses und der Ersatz der Unterscheidung zwischen Himmel und Hölle mit den Lehren über Grade der Herrlichkeit in der Auferstehung.
BIBLIOGRAPHI
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ALFRED BENNEY
ROGER R. KELLER