Wie viele andere Christen glauben Heilige der Letzten Tage, dass nur die umgestaltete Jüngerschaft jener, die an Jesus Christus glauben und ihm folgen, zu einer Fülle der Freude und des Friedens in diesem Leben und im ewigen Leben in der kommenden Welt führt. Daher zeichnen sich wahre Jünger dadurch aus, dass sie den auferstandenen, offenbarenden Christus zum Mittelpunkt ihres Lebens machen, so, wie es die Treuen im Neuen Testament taten. Sie saßen zu Jesu Füßen, folgten ihm in seinen Fußstapfen, trauerten um seinen Tod und erfreuten sich an seiner Auferstehung.
„Glauben and den Herrn Jesus Christus”der erste Evangeliumsgrundsatz, wie er im vierten Glaubensartikel steht, ist die ausdrückliche Grundlage der Jüngerschaft. Von diesem Grundsatz leiten alle anderen Grundsätze und Verordnungen des Evangeliums ihre Wirksamkeit, Kraft und Harmonie ab.
Durch sein perfektes Erdenleben und endloses Sühnopfer wurde Jesus Christus nicht nur zum Vorbild und Mentor, sondern auch zum Heiland, zum Erlöser und zum Fürsprecher der Menschheit beim Vater im Himmel. Das Sühnopfer bedeutet auf Englisch „Wieder-eins-machen”. Es macht erst den Plan möglich, durch den alle Männer und Frauen eines Tages wie der Vater und die Mutter im Himmel werden können. Durch das Sühnopfer nahm Christus nicht nur die ursprüngliche Übertretung von Adam und Eva auf sich, sondern auch die individuellen Sünden der ganzen Menschheit, und auch die Folgen von Schwächen und Fehlern—einschließlich solcher, die über Generationen weitergegeben werden—und die sich auch im Leben von einzelnen zeigen, die ihren eigenen Weg gehen wollen. Als der Erretter der Menschheit setzte Jesus das Bespiel und stellte liebevoll die Segnungen des Sühnopfers und die persönliche Führung für jeden zur Verfügung, der mit einem reuigen (belehrbaren) Herzen und einem zerknirschten (umkehrwilligen) Geist zu ihm kommt (3 Ne. 9:20-22; 12:19-20).
Die Verpflichtung, ein Jünger Christi zu werden, ist vorbehaltlos „mit ganzem Herzen, aller Macht, ganzem Sinn und aller Kraft” (LuB 4:2). Diese Verpflichtung richtet das Leben einer Person auf Christus aus und macht Jesus zum höchsten Gesetzesgeber, zum Bezugspunkt, an dem alles andere gemessen wird. Christi Einfluss beginnt dann die Worte, Taten und selbst Gedanken einer Person zu bestimmen und ermöglicht es diesem einzelnen dadurch, Zeile um Zeile, Grundsatz um Grundsatz, an der göttlichen Natur Anteil haben zu können (2 Petr. 1:4).
Während einige Menschen glauben, dass sich eine volle Jüngerschaft fast sofort ergibt, sehen Heilige der Letzten Tage die Verpflichtung bei der Taufe als den Anfang eines lebenslangen Vorgangs, der eine aufsteigende Spirale des Lernens, Verpflichtens und Handelns auf immer höheren Ebenen beinhaltet. Der Kern dieses Vorgangs ist es zu lernen das Gewissen zu schulen und ihm zu gehorchen. Das Gewissen ist der Aufenthaltsort für den Geist Christi, der jedem Menschen gegeben ist (Joh 1:9; Moro. 7:16). Wenn der einzelne die allgemeinen Gebote befolgt, die durch seine ernannten Propheten gegeben werden, stimmt diese Person sich mehr darauf ein, die „leise sanfte Stimme” des Heiligen Geistes (1 Ne. 17:45) zu hören, die spezifisch persönliche Anweisungen erteilt und Einzelpersonen zur vollen Jüngerschaft leitet.
Das durch gebetserfülltes Studium der Schriften, den selbstlosen Dienst und das Schließen und Halten von Gottes Bündnissen geschulte Gewissen wird zu einer wachsenden Quelle innerer Sicherheit und des Wohlbefindens. Das bildet die Grundlage für das Fällen von Entscheidungen und ist das Wesen persönlicher Freiheit. „Wenn ihr in meinem Wort bleibt“, sagte Christus, „seid ihr wirklich meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch befreien” (Joh. 8:31-32). Wenn eine Person beginnt mehr so zu sehen wie der Herr und mehr vom „Geist Christi” (1 Kor. 2:16) zu erlangen, erhält dieser einzelne die Kraft von allen anderen Einflüssen unabhängig zu werden und sich über genetische, Umwelt- und Tendenzen aus den Kindertagen zu erheben.
Die Früchte, die natürlicherweise aus diesem göttlichen Kern wachsen, werden sowohl in alten als auch in modernen Schriften als Eigenschaften eines Jüngers beschrieben. Jünger empfangen die Gebote des Herrn und gehorchen ihnen (LuB 41:5). Sie sind „fügsam, sanftmütig, demütig, geduldig, voll von Liebe und willig, sich allem zu fügen, was der Herr für richtig hält [ihnen] aufzuerlegen” (Mosia 3:19). Sie gedenken der Armen und Bedürftigen, der Kranken und Bedrängten (LuB 52:40). Sie sind ein Licht für andere (3 Ne. 15:12), lieben einander, wie Christus liebt (Joh 13:34-35), und sind willig auf alles zu verzichten, um ihm zu folgen (Lk 14:33). Sie sind auch willig ihr Leben für ihn niederzulegen (LuB 103:28).
Die Rolle der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage im Prozess der Jüngerschaft ist es, wie Paulus in Bezug auf die damalige Kirche bemerkte, „die Heiligen für die Erfüllung ihres Dienstes zu rüsten” (Eph. 4:12) und Mitgliedern zu helfen die Lücke zwischen Theorie und Praxis zu überwinden, während sie sich bemühen wahre Jünger zu werden.
Wenn man auch zur Kirche gehen kann ohne im Evangelium aktiv zu sein, ist es für Heilige der Letzten Tage nicht möglich ein wahrer Jünger Christi zu sein, ohne in seiner Kirche aktiv zu sein. Die Kirche lehrt das Evangelium, vollzieht Verordnungen und bietet die Gelegenheit anderen Menschen zeitliche und geistige Segnungen zu bringen. Die Kirche ist das Königreich Gottes auf Erden, wofür der Jünger betet und worauf er hin arbeitet, während er danach trachtet, dies mit dem Himmelsreich Gottes zu vereinigen (Mt. 6:10). Evangeliumsgrundsätze und Verordnungen bemächtigen den Jünger Christi, Zeile um Zeile so zu werden, wie er ist.
BIBLIOGRAPHIE
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STEPHEN R. COVEY