Das Buch Jeremia enthält zahlreiche Einsichten, die für Heilige der Letzten Tage von Bedeutung sind. Dazu gehören wichtige Lehrpunkte in Verbindung mit Jeremias Berufung genauso wie seine Prophezeiungen in Bezug auf die Letzten Tage. Vor allem offenbart sein Werk mehr über ihn als Person, als was die meisten anderen prophetischen Werke über ihre Autoren angeben. Zudem ist seine durch jahrelange Verfolgung hart errungene Definition eines Zeugnisses ein Klassiker: Das Wort Gottes war, „als brenne in meinem Herzen ein Feuer“ (Jer. 20:9).
Als der Herr Jeremia zum Propheten berief, erklärte er, dass er Jeremia vor seiner Empfängnis und Geburt gekannt und zum Propheten ordiniert hatte (Jer. 1:4-10). Heilige der Letzten Tage glauben, dass sich dies auf Jeremias vorirdisches Leben bezieht, in dem der Herr ihn und andere für besondere Aufgaben ordinierte. Obwohl Jeremia zum Propheten vorordiniert worden war, war er nicht gezwungen zu dienen, und seine erste Reaktion war, es abzulehnen (1:6). Jedoch ist klar, dass sich Jeremia, als er seine Entscheidungsfreiheit ausübte, entschied, die durch seine Vorherordinierung und spätere irdische Berufung als Prophet übertragenen Verantwortungen anzunehmen.
Ein Höhepunkt in Jeremias Werk ist seine Darstellung der liebevollen Antworten des Herrn an sein Volk. Obwohl er durch Jeremia das Verhalten seines Volkes verurteilt und es zulässt, dass es gefangen genommen wird, bekräftigte der Herr dennoch seine Zuneigung zu seinem Volk. Diese Eigenschaft zeigt sich in den göttlichen Klagen in Jeremia 4:19-22, 8:18-9:3 und womöglich 10:19-22. In Jeremia 8:19 sagt der Herr zum Beispiel: „Horch! Die Tochter, mein Volk, schreit aus einem fernen Land: Ist denn der Herr nicht in Zion? oder ist sein König nicht dort?“ Der Herr beantwortet dann seine eigene Frage: „Der Zusammenbruch der Tochter, meines Volkes, hat mich gebrochen“ (8:21).
Ein weiterer Lehrbeitrag ist Jeremias Offenbarung über die Vorauskenntnis des Herrn in Bezug auf zukünftige Ereignisse. Heilige der Letzten Tage sehen in Jeremias Werk den Beweis, dass der Herr die Zukunft kennt und seinen Propheten deren relevante Dimensionen offenbaren kann. Als Jeremia zuerst berufen wurde (627/6 vor Chr.), war Assyrien die Herrschermacht im Nahen Osten. Aber er sagte korrekt voraus, dass Babylon die Vorherrschaft gewinnen würde (Jer. 27:2-11), und warnte sein Volk, dass die babylonischen Könige Jerusalem erobern (32:28), viele gefangen nehmen (32:31-32) und es dann an eine andere Macht fallen würden (25:12), die es den Juden schließlich erlauben würde, nach Jerusalem zurückzukehren und es wieder aufzubauen (29:10).
Unter Inspiration sah Jeremia auch die Letzten Tage und sagte: „Es werden Tage kommen“ (Jer. 30:3). In jenen Tagen, verkündete er, würde der Herr einen „neuen“ und „ewigen Bund“ schließen (31:31, 32:40). Eine bedeutende Charakteristik dieses neuen Bundes sei die von Gott genehmigte Sammlung Israels in die früheren Länder ihre Erbteils (23:5-8).
Ein interessantes Element in Jeremias prophetischem Werk ist die Art und Weise, wie er es mit Anschauungsunterricht hielt (Siehe Lehrer, Aaronisches Priestertum, Lehrerfortbildung). Zum Beispiel lenkte Jeremia die Aufmerksamkeit auf den bevorstehenden Fall Jerusalems und die Gefangennahme ihrer Einwohner, indem er ein Ochsenjoch trug (Jer. 27:2). Er zeigte seinen Glauben an die letztendliche Wiederherstellung Israels in sein Heimatland, indem er ein Stück Land kaufte (32:1-15). Einige seiner Botschaften vermittelte er durch Parabeln. In Jeremia 18:1-10 inspirierte ihn der Herr, seine Zuhörer zu bitten, einem Töpfer zuzuschauen, der aus etwas „missratenem“ Ton etwas Neues arbeiten musste. Er bemerkte, dass der Töpfer den Herrn darstellte und der missratene Ton die Einwohner von Jerusalem. Diese Parabel war derart erschüttend und beunruhigend, dass einige von Jeremias Zuhörern begannen, ein Attentat auf ihn zu planen (18:18-23). In Jeremia 24:1-10 verkündete er, dass der Herr ihm zwei Körbe mit Feigen zeigte, einen mit guten Feigen und einen mit nicht genießbaren Feigen. Die guten Feigen repräsentierten die Gefangengenommenen, die der Herr „erkennen“ würde. Die ungenießbaren Feigen, die der Herr wegwerfen oder „entfernen“ würde, repräsentierten König Zedekia, seine Prinzen und jene Judäer, die nach Ägypten geflohen waren.
Jeremias Zeitgenosse Lehi und spätere Propheten im Buch Mormon, die eine Abschrift einiger Prophezeiungen Jeremias auf den Messingtafeln besaßen ( 1 Ne. 5:13;7:14), respektierten ihn und seine Schriften sehr. Ein späterer Prophet im Buch Mormon, Nephi II, sagt, dass Jeremia das erste Kommen des Messias prophezeit hatte (Hel. 8:13-20). Jedoch besitzen heutige Jeremiatexte keine klaren Verweise auf dieses Ereignis, was die Beobachtung unterstreicht, dass einige Teile von biblischen Texten in der Übertragung verloren gegangen sein mögen oder dass Lehi eine vollständigere Version besessen hat. Dies überrascht nicht, weil alte Beweisstücke von den Toten Meer-Fragmenten und von der Septuaginta Version des Buches Jeremia nahe legen, dass der Text seines Buches nicht gut erhalten geblieben ist.
Das Buch Jeremia zeigt tiefe Einsichten in die Eigenschaften Gottes auf, die Charakteristiken von Propheten und Prophezeiungen und verschiedene Lehrtechniken. Der verfügbare Jeremiatext legt allerdings nahe, dass der Schreiber oder andere zuließen, dass einige Teile, die „klar und kostbar“ waren ( 1 Ne. 13:20-42), ausgelassen wurden.
BIBLIOGRAPHIE
Bezüglich HLT-Gedanken über Jeremia siehe Sidney B. Sperry, The Spirit of the Old Testament (Salt Lake City, 1970) und S. Kent Brown, „History and Jeremiah's Crisis of Faith“, in Isaiah and the Prophets, M. Nyman, Hg. (Provo, Utah, 1984). Textübertragung, siehe William J. Adams, Jr., „Some Ways in which the ‚Plain and Precious Parts’ Became Lost (1 Ne. 13:20-42)“, Newsletter and Proceedings of the Society for Early Historic Archaeology (Nr. 159 [Juli 1985]:1-6) und Ernst Würthwein, The Text of the Old Testament (Grand Rapids, Mich., 1979). Bezüglich neuerer Ansichten über Jeremia siehe Alexander Rofé, „Jeremiah, the book of,“ in Harper's Bible Dictionary, Hg. P. J. Achtemeier (San Francisco, 1985) und John Bright, Jeremiah, The Anchor Bible (Garden City, N.Y., 1965).
WILLIAM J. ADAMS, JR.