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VATERSCHAFT UND SOHN SCHAFT JESU CHRISTI

Die Schriften der Heiligen der Letzten Tage nennen Jesus Christus sowohl den Vater als auch den Sohn. Erwähnenswert ist besonders die Stelle im Buch Mormon, wo Christus sich selbst Jareds Bruder vorstellt und sagt: „Ich bin der Vater und der Sohn“ (Ether 3:14). Nephi bezeichnete das Lamm Gottes als “den ewigen Vater“ (1 Nephi 11:21, Auflage von 1830) und der Prophet Abinadi sagte, dass der Messias „der Vater...und der Sohn“ (Mosia 15:3) sein wird. Dieser Sprachgebrauch ist auf verschiedene Weise erklärt worden und stimmt mit dem fundamentalen Verständnis der Gottheit als drei verschiedene Wesen überein.

Es gibt keinen Zweifel an der Sohnschaft Christi. Jesus ist zumindest auf dreierlei Weise der Sohn Gottes. Erstens ist er das erstgeborene Geistkind Gottes und daher der ältere Bruder aller anderen Geistkinder, sowohl Männer als auch Frauen. Gott Vater, der auch den verherrlichten Titel Elohim trägt, ist demnach der geistige Vater der gesamten Menschheit (Num. 16:22; Heb. 12:9; Johannes 20:17). Daher nehmen Heilige der Letzen Tage an, dass sich die Bezeichnung Christi als der Erstgeborene (siehe z.B. Römer 8:29; Kolosser 1:15; LuB 93:21) wahrscheinlich auf die geistige Geburt Christi bezieht. Zweitens ist er buchstäblich der physische Sohn Gottes, der Einziggezeugte im Fleische (siehe z.B. Johannes 1:14; 3:16; 2 Nephi 25:12; Jakob 4:11; LuB 29:42; 93:11; Mose 1:6; 2:26). Drittens ist er auch ein Sohn im Geiste, weil er sich dem Willen des Vaters unterworfen hat (Hebräer 5:8).

Jesus Christus ist auch als Vater bekannt. Die Bedeutung der Schriftstellen, die diese Namensgebung verwenden, ist nicht immer direkt klar verständlich. Dies liegt besonders daran, dass Christus und sein Vater in Absicht, Zeugnis, Herrlichkeit und Macht nahezu untrennbar sind. In den meisten Fällen jedoch kann der Sprachgebrauch in den Schriften auf verschiedene Weise erläutert werden:

Christus wird manchmal aufgrund seiner Rolle als Erschaffer von Anfang an als Vater bezeichnet. Vor seiner sterblichen Geburt und seinem Wirken gemäß der Anweisung des Vaters war Jesus Jehova, der allmächtige Herr, durch den Gott Welten ohne Zahl schuf (Mose 1:33; 7:30; Johannes 1:1-3; Hebräer 1:2). Aufgrund seiner schöpferischen Rolle wird Christus Jehova im Buch Mormon „der Vater des Himmels und der Erde, der Schöpfer aller Dinge von Anfang an“  genannt (Mosia 3:8; siehe auch 2 Nephi 25:16; Alma 11:39; 3 Nephi 9:15). Jesu Rolle als Schöpfer wird auf ähnliche Weise in der Bibel (siehe z.B. Johannes 1:3; Epheser 3:9, Kolosser 1:16) und in Lehre und Bündnisse (siehe z.B. LuB 38:1-3; 45:1; 76:24; 93:9) bezeugt.

Jesus Christus ist auch wegen der geistigen Neugeburt der Menschen (vgl. aus Gott geboren) als der Vater bekannt. Als der vorherordinierte Erlöser ist er „für alle, die ihm gehorchen, der Urheber des ewigen Heils geworden“ (Hebräer 5:9). Er ist der Erlöser. Niemand kann zum Vater kommen, außer durch ihn und durch seinen Namen (Johannes 14:6; Apostelgeschichte 4:12; Mosia 3:17). Diejenigen, die das Evangelium Jesu Christi annehmen, dessen bindende Verordnungen erhalten und so leben, dass sie der reinigenden und erleuchtenden Kräfte würdig sind, werden in Christus „von neuem geboren“ und werden Kinder Christi, „seine Söhne und Töchter bzw. „seine Nachkommen“ (Mosia 5:5-8; 15:10-13; 27:25-26; Alma 5:14). Christus wird somit der Vater ihres Heils, der Vater des Lebens im Geiste und der Vater der Geburt von neuem. In diesem Sinne ist er ebenfalls der Vater aller Menschen, da er die Auferstehung der gesamten Familie der Menschen zustande bringt (Sperry, S. 35).

Darüber hinaus wird Jesus aufgrund der Vollmacht, die ihm Gott gegeben hat, um sie im Namen des Vaters auszuüben, Vater genannt. In Jerusalem sagt er: „Von mir selbst aus kann ich nichts tun...Ich bin im Namen meines Vaters gekommen“ (Johannes 5:30, 43). Eine führende Persönlichkeit der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage hat folgendes klargestellt: „Jede Offenbarung seit dem Fall Adams ist durch Jesus Christus gegeben worden, der der Jehova des Alten Testaments ist.... Der Vater hat sich niemals selbst mit den Menschen direkt auseinandergesetzt. Auch ist er nie erschienen, außer um seinen Sohn vorzustellen und von ihm Zeugnis zu geben“ (DS 1:27). Heilige der Letzten Tage verstehen darunter, dass Gott, immer durch Jesus Christus handelt und durch ihn zu den Menschen spricht, es sei denn er stellt den Sohn vor. Demgemäß hat der Vater seinen Namen auf den Sohn übertragen und ihn beauftragt und bevollmächtigt sogar in der ersten Person für ihn zu sprechen, als wäre er selbst der Vater. Ein Beispiel dafür sind die Worte, die der Herr Jehova (der später als Jesus von Nazareth zur Erde kommen würde) zu Moses spricht: „Mose, mein Sohn;...du bist im Ebenbild meines Einziggezeugten; und mein Einziggezeugter ist der Erretter und wird es sein“ (Mose 1:6). Es kommt manchmal vor, dass der Erlöser in derselben Offenbarung sowohl als der Vater (Elohim) als auch als der Sohn (Jesus) spricht (siehe z.B. LuB 29:1, 42; 49:5, 28).

Zudem ist Christus der Vater, da er buchstäblich Eigenschaften und Vollmachten von seinem Vater (Elohim) geerbt hat. Von seiner Mutter Maria erbte Jesus Sterblichkeit, das Vermögen zu sterben. Von seinem Vater Gott erbte Jesus Unsterblichkeit, das Vermögen für immer zu leben: „Denn wie der Vater das Leben in sich hat, so hat er auch dem Sohn gegeben, das Leben in sich zu haben“ (Johannes 5:26; vgl. Helaman 5:11). Christus ist „der Vater, weil er durch die Macht Gottes empfangen worden ist“ (Mosia 15:3). „Dies kommt dadurch, dass sein Ewiger Elternteil ihn mit Macht vom Himmel ausgestattet hat. So wird er der Vater, weil er die Macht dieses Ewigen Wesens ausübt (McConkie, S. 371).

Christus ist auch der Vater, da er geistig alles vom Vater erhalten hat: „und daß ich im Vater bin und der Vater in mir und der Vater und ich sind eins – der Vater, weil er mir von seiner Fülle gegeben hat, und der Sohn, weil ich in der Welt gewesen bin“ (LuB 93:3-4).

Andere Erklärungen sind ebenfalls möglich. Jede Person hat mehrere Rollen in ihrem Leben. Ein Mann kann ein Vater, Sohn und Bruder sein. Eine Frau kann eine Mutter, Tochter und Schwester sein. Diese Bezeichnungen beschreiben Rollen oder Funktionen zu einer gegebenen Zeit sowie Beziehungen zu anderen. So ist es für die Heiligen der Letzten Tage auch mit Christus. Er trägt viele Namen und Titel. Er wirkt sowohl als Vater als auch als Sohn. Nachdem er erklärt hatte, dass der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs zur Erde kommen würde, einen Körper empfangen und sowohl als Vater als auch als Sohn predigen würde, fasste Abinadi nochmal zusammen: „und sie sind ein Gott, ja, wahrhaftig der ewige Vater des Himmels und der Erde“ (Mosia 15:4; siehe auch Mosia 7:26-27; LuB 93:14). Vater und Sohn, Geist und Fleisch, Gott und Mensch – alle diese Titel, Rollen und Eigenschaften verschmelzen auf wundersame Weise in einem Wesen, nämlich Jesus Christus, „denn in ihm allein wohnt wirklich die ganze Fülle Gottes“ (Kolosser 2:9).

BIBLIOGRAPHIE

“‘The Father and the Son’: A Doctrinal Exposition of the First Presidency and the Twelve,” June 30, 1916. In MFP 5:26–34. Salt Lake City, 1971.

McConkie, Bruce R. The Promised Messiah chaps. 4, 9, 20. Salt Lake City, 1978.

Smith, Joseph Fielding. DS 1:26–34. Salt Lake City, 1954.

Sperry, Sidney B. Answers to Book of Mormon Questions, pp. 31–38. Salt Lake City, 1967.

ROBERT L. MILLET