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JAKOB, SOHN LEHIS

Jakob war der fünfte Sohn Lehis und Sarias und der ältere der zwei Söhne, die während der Tage der Drangsal ihrer Eltern in der Wildnis geboren wurden. Seine Geburt geschah offensichtlich bald, nachdem seine Familie  Jerusalem verlassen hatte (ca. 9 vor Chr.) Jakobs Leben zeigt, dass er ein geistiger Führer war: Er war ein Verteidiger des Glaubens, Verwahrer der heiligen Berichte, Seher, Lehrer, ausdrucksvoller Schreiber und deutlich sprechender Diener Christi.

Von Geburt an war Jakob Leiden unterworfen. Als Lehis Erstgeborener in der Wildnis kannte er nicht das frühere Leben der Familie in Jerusalem oder irgendeine Zeit anhaltender Familienharmonie. Stattdessen wuchs er nur mit den Schwierigkeiten eines Nomadenlebens vertraut auf, zusammen mit sich verschlimmernden Auseinandersetzungen zwischen seinen zwei ältesten Brüdern und dem Rest der Familie, Konflikten, die, bevor Jakob vierzig Jahre alt war, in offene Gewalttätigkeit umschlugen (2 Ne. 5:34). Dieser bittere Familienstreit, der seine Eltern auf der Seereise vom Nahen Osten in die westliche Hemisphäre vor Kummer beinahe umbrachte, quälte auch den jungen Jakob zutiefst. Nephi berichtet, dass Jakob und sein jüngerer Bruder Joseph auf dem Schiff „wegen der Bedrängnis ihrer Mutter betrübt“ waren (1 Ne. 18:19). Lehi sagte dem jungen Jakob in einem abschließenden Segen, dass er „wegen der Rohheit seiner Brüder Bedrängnis und viel Mühsal ertragen musste“ (2 Ne. 2:1). Dennoch versichterte ihn Lehi, dass Gott „seine Bedrängnisse weihen werde, dass sie ihm zum Gewinn gereichen“ (2 Ne. 2:2).

Anhaltender Kummer scheint Jakob desto mehr geistig empfindlich gemacht zu haben, und er wurde einer der tiefsinnigsten Lehrer im Buch Mormon. Kurz vor seinem Tod fasste er seine harten, melancholischen  Lebensumstände in wunderschönen Worten voller Menschlichkeit zusammen: „Unser Leben ist vergangen, als sei es für uns gleichsam ein Traum gewesen; denn wir sind ein einsames und ernsthaftes Volk – Wanderer, aus Jerusalem ausgestoßen, geboren in Drangsal, in der Wildnis, und von unseren Brüdern gehasst, woraus Kriege und Streitigkeiten entstanden sind; darum haben wir unsere Tage vertrauert“ (Jakob 7:26).

Lehi segnete Jakob damit, sein Leben im Dienst Gottes zu verbringen und sicher bei Nephi I zu leben (2 Ne. 2:3). Von seiner Jugend bis zu seinem Tod stand Jakob tatsächlich im Dienst des Herrn (2 Ne. 5:26, Jakob 1:18) und arbeitete viele Jahre lang eng mit Nephi zusammen. Nephi weihte ihn als Priester und Lehrer (Jakob 1:18, 2 Ne. 5:26, 6:2), hielt eine seiner Predigten fest (2 Ne. 6-10) und gab ihm Treuhandschaft der Aufzeichnungen auf den kleinen Tafeln und anderer heiliger Gegenstände (Jakob 1:2). Dieser letzte Tatbestand hatte sichtliche Konsequenzen für das Buch Mormon, denn alle späteren Autoren der kleine Tafeln waren direkte Nachfahren Jakobs (Siehe Buch Mormon: Buch Enos, Buch Mormon: Buch Jarom, Buch Mormon: Buch Omni).

Jakob war ein starker persönlicher Zeuge für den erwarteten Erlöser, und dies war sein Hauptthema. Nephi bemerkte: „Jakob hat ihn [den vorirdischen Christus] gesehen, wie ich ihn gesehen habe“ (2 Ne. 11:3). Und Lehi sagte, dass Jakob in seiner Jugend die Herrlichkeit Gottes geschaut hatte (2 Ne. 2:4). So fest war Jakobs Glauben an Christus, dass Scherem, ein Antichrist, ihn nicht durch Schliche davon abbringen konnte, denn, so verkündete Jakob, „ich hatte wahrhaftig Engel gesehen, und sie hatten mir gedient. Ich hatte auch von Zeit zu Zeit die Stimme des Herrn gehört, die zu mir mit wirklichen Worten sprach“ (Jakob 7:5; 7:12). Jakob offenbarte als erster nephitischer Prophet, dass der Heiland Christus genannt werden würde, da er diese Information von einem Engel erhalten hatte (2 Ne. 10:3). Er sagte, seine Aufgabe sei es, sein Volk dazu zu bringen, zu Christus zu kommen (Jakob 1:7). Ebenso erklärte er, dass er auf die Tafeln schrieb, damit zukünftige Generationen „wissen mögen, dass wir von Christus gewusst haben und viele hundert Jahre vor seinem Kommen auf seine Herrlichkeit gehofft haben“ (Jakob 4:1-4). (Anmerkung: „Christus“ ist ein griechisch-deutscher Titel, gleichbedeutend mit dem hebräischen „Messias“ und es bedeutet „gesalbt“, das heißt, von Gott als Erlöser der Menschheit bestimmt.)

Ein zweites prominentes Thema im Buch Jakob ist die Zerstreuung und spätere Sammlung Israels. Jakob sprach oft und sehnsüchtig von den Verheißungen des Herrn an das zerstreute Israel. In seiner ersten Predigt im Buch Mormon zitierte und kommentierte Jakob ausführlich Jesaja 50 über Israels Wiederherstellung (2 Ne. 6-8), er versicherte sein Volk, dass „der Herr all derer gedenkt, die abgebrochen worden sind; darum gedenkt er auch unser“ (2 Ne. 10:22). Ebenso zitierte Jakob die Worte eines Propheten namens Zenos, in denen Gottes Liebe zu den zerstreuten Zweigen Israels durch eine Allegorie des Olivenbaums dargestellt wurde. „Wie barmherzig ist unser Gott zu uns“, rief Jakob aus, als er seinem Volk die Allegorie auslegte, „denn er gedenkt des Hauses Israel, der Wurzeln und der Zweige“ (Jakob 6:4).

Jakob verwendete einen einzigartigen Stil, dessen Charakteristiken sich deutlich in einer Ermahnung zeigen, in der er den Stolz, Materialismus und die Unmoral seines Volkes verurteilt. Er begann seine Predigt, indem er seine „Sorge“ für sein Volk und für seine schmerzhafte Pflicht, sie wegen ihrer Sünden zurecht zu weisen, bekanntgab (Jakob 2:3). Auf ähnliche Weise leitete Jakob seine zwei anderen Ansprachen mit einer Anspielung auf seine „Sorge“ ein (2 Ne. 6:3, Jakob 4:18). Kein anderer Prophet im Buch Mormon beginnt seine Predigten so. Tatsächlich erscheint die Hälfte der Verweise auf „Sorge“ im Buch Mormon in seinen Schriften.

Jakobs stylistisches Markenzeichen zeigt sich auch in anderen Eigenschaften überall in seinen Schriften, die einen lebhaften, intimen Wortschatz aufweisen, der entweder nur ihm eigen oder überproportional vertreten ist. Zwei Drittel der Erscheinungen von „schmerzen“ und „empfindsam“ (oder ihrer Ableitungen) gehen auf Jakob zurück. Auch ist er der einzige Buch Mormon-Autor, der „empfindlich“, „Verachtung“, „einsam“, „Schluchzen“, „Furcht“ und „Dolche“ benutzt. Er verwendet diesen letzten Ausdruck in einer Metapher über geistige Bedrängnis: „Dolche angesetzt, die ihnen die Seele durchdringen und das empfindliche Gemüt verwunden“ (Jakob 2:9). In ähnlicher Weise benutzt nur Jakob „verwunden“ in Bezug auf Gefühle, und er benutzt es nie (wie so viele andere es tun), um körperliche Verletzungen zu beschreiben. Jakob benutzt „durchdringen“ oder seine Varianten viermal, wobei es insgesamt nur neunmal im Buch Mormon erscheint, und nur er benutzt es im geistigen Sinne.

Solche stylistischen Hinweise legen nahe, dass Jakob mit seinen Gefühlen vertraut war und die Gabe hatte, sie auszudrücken. Zudem bestätigt die komplexe Beständigkeit seines Stils, die auch weit voneinander getrennte Passagen aus zwei verschiedenen Büchern miteinander verbindet (2 Nephi und Jakob), das Portrait des Mannes, das aus der Erzählung entsteht. Die Geschichte, der Stil und die Themen zeigen alle, dass Jakob, Lehis Kind in seiner Drangsal, ein sensibler und effektiver Poet-Prophet, Prediger, Schreiber und machtvoller Zeuge Jesu Christi geworden ist.

BIBLIOGRAPHIE

Matthews, Robert J. „Jacob: Prophet, Theologian, Historian.“ In The Book of Mormon: Jacob through Words of Mormon, To Learn With Joy, Hg. M. Nyman und C. Tate, S. 33-53. Provo, Utah, 1990.

Tanner, John S. „Literary Reflections on Jacob and His Descendants.“ In The Book of Mormon: Jacob through Words of Mormon, To Learn With Joy, Hg. M. Nyman und C. Tate, S. 251-69.

Warner, C. Terry. „Jacob.“ Ensign 6 (Okt. 1976):24-30.

JOHN S. TANNER

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