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INDIANER

HLT-GLAUBENSVORSTELLUNGEN. Das 1830 veröffentlichte Buch Mormon richtet eine wesentliche Botschaft an Indianer. Der Titelseite ist einer der Gründe zu entnehmen, warum es geschrieben wurde, nämlich dass die heutigen Indianer wissen sollen, „was der Herr Großes für ihre Väter getan hat.“

Das Buch Mormon erzählt, wie Lehi mit einer kleinen Gruppe Israeliten um 600 v.Chr. von Jerusalem in die westliche Hemisphäre zog. Als Lehi starb, teilte sich seine Familie in zwei gegnerische Lager, eines unter Laman, Lehis ältestem Sohn (Siehe Lamaniten) und das andere unter Nephi 1, einem jüngeren Sohn (Siehe Nephiten).

Während der tausendjährigen Geschichte, die das Buch Mormon erzählt, gingen Lehis Nachkommen durch einige Phasen der Teilung, des Krieges, der Anpassung, der Vereinigung und erneuten Teilung. Anfänglich verbot Gott den Nephiten, die Lamaniten mit ihrer dunklen Haut zu heiraten (2 Ne 5:23; Alma 3:8-9), so wie er den Israeliten im alten Verheißenen Land verboten hatte, die Kanaaniten zu heiraten (Ex 34:16; Deut 7:3). Als jedoch im ersten Jahrhundert vor Christus eine große lamanitische Bevölkerung das Evangelium Jesu Christi annahm und den Nephiten zugezählt wurde, war die Hautfarbe nicht länger ein Unterscheidungsmerkmal. Nach den Besuchen des auferstandenen Christus bestand für 200 Jahre keine Unterscheidung in irgendeine Art von „iten“. Dann kamen jedoch Ungläubige auf und nannten sich selbst Lamaniten, um sich von den Nephiten oder den Gläubigen abzusetzen (4 Ne 1:20).

Die abschließenden Kapitel des Buches Mormon beschreiben einen elenden Krieg. Um 231 n.Chr. kamen alte Feindschaften erneut auf und zwei feindliche Bevölkerungen bildeten sich (4 Ne 1:35-39), was letztendlich in der Vernichtung der Nephiten endete. Die Lamaniten, von denen viele der heutigen Indianer abstammen, bevölkerten weiterhin den amerikanischen Kontinent. Auch Völker anderer Abstammung wanderten dorthin aus. 

Das Buch Mormon beinhaltet viele Verheißungen und Prophezeiungen über die Zukunft, die sich an diese Überlebenden richten. Zum Beispiel betete Enos, Lehis Enkelsohn, aufrichtig für seine Angehörigen, die Lamaniten, zu Gott. Der Herr verhieß ihm, dass ein nephitischer Bericht aufbewahrt würde, „damit er eines künftigen Tages für die Lamaniten hervorgebracht werde, so daß sie vielleicht zur Errettung geführt würden“ (Enos 1:13). 

Einige Propheten im Buch Mormonen erwähnten die Rolle, die die Indianer in den letzten Tagen spielen würden. Nephi1 prophezeite, dass die Lamaniten in den letzten Tagen das Evangelium annehmen und ein „reines und ein angenehmes Volk“ sein würden (2 Ne 30:6). Ebenso wurde dem Propheten Joseph Smith gezeigt, dass die Lamaniten in der Zukunkft wie eine Rose blühen werden ( LuB 49:24).

Nachdem Jesus in Jerusalem auferstanden war, erschien er den rechtschaffeneren Lamaniten und Nephiten, die nach der gewaltigen Zerstörung übriggeblieben waren. Er prophezeite ihnen, ihr Same werde „des Übeltuns wegen in Unglauben verfallen“ (3 Ne 21:5). Er sagte außerdem: „wenn sie umkehren und auf meine Worte hören und ihr Herz nicht verhärten, werde ich unter ihnen meine Kirche aufrichten und sie werden in den Bund eintreten und dem Überrest von Jakob zugezählt werden [die Abkömmlinge der Buch Mormon Völker], dem ich dieses Land als sein Erbteil gegeben habe“; zusammen mit anderen des Volkes Israel werden sie das Neue Jerusalem bauen (3 Ne 21:22-23). Das Buch Mormon verkündet, dass die Nachkommmen Lehis Erben der Segnungen Abrahams sind (Siehe Bund Abrahams) und sie dem Haus Israel versprochenen Segnungen empfangen werden.

DIE LAMANITEN MISSION (1830-1831). Lehre und das Gebot des Herrn bewegte die Heiligen der Letzten Tage dazu, den Indianern das Buch Mormon vorzustellen und sie über ihr Erbe und das Evangelium Jesu Christi zu unterweisen. Nur ein paar Monate nach der Gründung der Kirche wurden vier Älteste berufen, den Indianern, die an der westlichen Grenze des Flusses Missouri wohnten, zu predigen (Siehe Lamaniten Mission von 1830-1831).

Die Missionare besuchten die Cattaraugus in New York, die Wyandots in Ohio und die Shawnees und Delawares in den unorganisierten Territorien (heute Kansas). Die Mitglieder dieser Stämme waren für die Geschichte der Wiederherstellung empfänglich. Leider fürchteten bundesstaatliche Indianervertreter indianische Unruhen und glaubten, die Missionare stachelten diese Stämme dazu auf, sich der Regierung zu widersetzen. Sie ordneten daher unter der Behauptung, sie seien „Störer des Friedens“ (Arrington und Bitton, S. 146) den Abzug der Missionare an. Die befürwortenden Glaubensansichten der Heiligen der Letzten Tage bezüglich der Indianer blieben weiterhin ein Faktor in den Spannungen zwischen den Heiligen und ihren Nachbarn in Ohio, Missouri und Illinois. Diese führten 1846 schließlich zu der Verfolgung und Vertreibung der Heiligen der Letzten Tage aus Illinois (Siehe Missouri Konflikt).

BEZIEHUNGEN IM GROSSEN BECKEN. Als die Heiligen der Letzten Tage 1847 im Großen Salzseetal ankamen, fanden sie dort und in abgelegenen Dörfern einige Stammesgruppen von Indianern. Die Kirchenmitglieder sahen sich bald einem Konflikt gegenüber: Einerseits mussten sie das begrenzt landwirtschaftlich nutzbare Land für die Errichtung Zions bebauen. Andererseits hatten sie die Verpflichtung, ihren indianischen Nachbarn entgegenzukommen und ihnen die einzigartige Botschaft des Buch Mormons zu bringen.

Brigham Young lehrte, Freundlichkeit und Fairness sei die beste Art, mit den Indianern zu leben. Wie viele andere weiße Amerikaner dieser Zeit hoffte auch er, die Indianer schließlich vollkommen in die Breitenkultur zu integrieren. Er ermahnte die Siedler dazu, Freundschaft anzubieten, fair zu handeln, Gepflogenheiten der Weißen zu lehren und großzügig von dem zu teilen, was sie besaßen. Einzelne und Kirchengruppen gaben, wo es möglich war, von ihrem begrenzten Besitz an Lebensmitteln, Kleidung und Viehbestand. Jedoch standen die rasche Ausbreitung von HLT-Siedlern an der Wasatch-Gebirgskette, der beherrschende Gedanke, Zion zu errichten und die Verbreitung europäischer Krankheiten diesen Vermittlungsbemühungen im Weg.

Ein dominierender Faktor, der zu Missgunst und Feindseligkeiten führte, war der begrenzte Zugang zu lebenserhaltenden Ressourcen im Großen Becken, welches sich hauptsächlich durch Wüsten und Bergterrain auszeichnete mit kleinen Taloasen, die grün waren. Obwohl die Indianer gelernt hatten, zu überleben, war dies eine sehr empfindliche Balance, die durch die Ankunft der Heiligen 1847 aufgehobent wurde. Die Stammeshäuptlinge hießen die Mormonen ursprünglich willkommen, fanden sich und ihre Völker jedoch bald von den endlos scheinenden Horden der Mormonen enteignet. Mit der Zeit fingen sie an, Viehbestände und Felder in HLT-Besitz zu plündern. Dase waren alle Ressourcen, die in den Oasen übriggeblieben waren, die einst Pflanzen und Wildtiere gegeben hatten, die die  Grundnahrungsmittel der Indianer darstellten. Die Heiligen der Letzten sorgten sich um ihr Überleben in der Wildnis und reagierten wie andere Eindringlinge des westlichen Grenzlandes hin und wieder mit Gewalt.

Ein wichtiger Faktor in dem Konflikt war die gewaltige kulturelle Kluft zwischen den zwei Völkern. Indianer im Großen Becken konzentrierten sich darauf, in einem kargen Land ums Überleben zu kämpfen. 1848 hätten die Mormonen deren verblüffenden Überlebensfähigkeiten nutzen können, als Dürre und Seuche beinahe die erste Ernte der Pioniere zerstörte und Hunger ernsthaft ihr Überleben bedrohte. 

Die Uten, Shoshonen und andere Stammesgruppen hatte wenig Interesse daran, Bauern oder Kuhhirten zu werden oder in stickigen Grassoden- oder Holzhäusern zu leben. Sie zogen ein Leben als Jäger und Sammler unter freiem Himmel vor und widerstanden und verspotteten manchmal sogar, die ihnen angebotene kulturelle Anpassung. Auch hatten sie kein Konzept für Landbesitz oder die Akkumulation von Besitz. Sie teilten sowohl das Land als auch dessen Hervorkomnisse - ein Phänomen, welches europäische Amerikaner nie ganz verstanden haben. Die kulturelle Kluft bewirkte alles außer die Hinderung einer bedeutenden kulturelle Anpassung oder eines Entgegenkommens.

Innerhalb einiger Jahre bevölkerten die HLT-Siedler fast das gesamte Ackerland in Utah. Indianer hatten demnach wenige Optionen: Sie konnten das Land verlassen, sie konnten ihre eigene Kultur aufgeben und sich den Mormonen anpassen, sie konnten betteln, sie konnten die Hervokommnisse nehmen, die sie kriegen konnten oder sie konnten kämpfen. Konflikt war unausweichlich. Für viele Jahre herrschte in Utah Konflikt gepaart mit Entgegenkommen. Zwischen Mormonen und Indianern kamen in den folgenden Jahren gewaltsame Auseinandersetzungen auf: 1849, 1850 (Häuptling Sowiette), 1853 (Häuptling Walkara), 1860 und 1865-1868 (Häuptling Black-Hawk) – alle aus demselben vorrangigen Grund und alle entlang ähnlicher Grenzen. Erst als die Indianer von der Regierung der Vereinigten Staaten in Reservate gezwungen wurden, klangen die Konflikte ab und verschwangen schließlich.

Trotzdem vermehrte sich die HLT-Anhängerschaft kontinuierlich. Leonard Arrington kommentiert akkurat: „Das berühmteste Thema in Brigham Youngs Indianerpolitik in den 1850ern war Geduld und Langmut....Er betonte immer wieder, ständig bereit zu sein, alle Möglichkeiten zu nutzen, sich mit den Indianern zu versöhnen und nur defensiv zu handeln“ (Arrington, S. 217). Bereits 1851 wurden für Indianer Farmen eingerichtet, um Pflanzen für ihren Gebrauch zu ziehen und sie zu unterweisen, wie man Land bebaut. Die meisten dieser „Indianer Farmen“ hatten jedoch keinen Erfolg, da es auf beiden Seiten an Hingabe fehlte und nicht Genug Gelder vorhanden waren. HLT-Abgesandte (wie Jacob Hamblin, Dudley, Leavitt und Dimmick Huntington) fuhren trotzdem damit fort, den Zwecken der Indianer zu dienen, und Missioanre kontaktierten sie weiterhin in Utah und in angrenzenden Staaten. Eine geringe Anzahl von Uten, Shoshonen, Paiuten, Goisuten und Navajos passte sich der Breitenkultur an und einige von diesen wurden Heilige der Letzten Tage. Insgesamt waren aber gegenseitiger Kontakt und Entgegenkommen minimal. Um die Jahrhundertwende ging der Kontakt gegen Null, da die meisten Indianer in weit von den HLT-Siedlungen entfernten Reservaten wohnten. Ihr Kontakt zu Weißen war hauptsächlich auf Soldaten und Beamte sowie nicht-mormonische christliche Missionare beschränkt. 

BEZIEHUNGEN IN JÜNGERER ZEIT. In den 1940ern versuchte die Kirche erneut, ihre Hand zu Indianern auszustrecken. 1943 wurde die Navajo-Zuni Mission, später die Indianermission Südwest, gegründet. Ihr folgte die Indianer Mission Nord mit Hauptsitz in Süd Dakota. Schließlich wurden Missionare in viele indianische Reservate geschickt. Die Missionare bekehren nicht nur, sondern helfen den Indianern auch bei ihrer Farmarbeit, Viehhaltung und der Entwicklung ihrer Kommunen. Weitere lamanitische Missionen sind eröffnet worden, darunter mehrere in Zentral- und Südamerika und in Polynesien. Viel nordamerikanische Indianer sind von den Reservaten weggezogen. Heute lebt mehr als die Hälfte der Indianer in Städten. Als Reaktion sind einige der rein indianischen Missionen mit den Missionen für Mitglieder aller Rassen und ethnischer Gruppen geographischen Gebieten entsprechend zusammengeschlossen worden.

Um indianischen Kindern in Reservaten das Evangelium zu lehren, sind Seminarprogramme für Indianer ins Leben gerufen worden. Wo es notwendig ist, finden sie in ihren eigenen Sprachen statt (Siehe Seminare). Ursprünglich wurden Indianerkinder jeden Alters in abgesonderten Schulen über die Grundsätze des Evangeliums unterwiesen. Diese Schulen lagen in den Reservaten abseits von staatlichen öffentlichen Schulen und in abgelegenen indianischen Kommunen. Das Seminarprogramm für Indianer ist nun in das reguläre Seminarprogramm integriert und Kinder nehmen von der 9. bis zur 12. Klasse am Seminarprogramm teil, so wie es die nicht-indianischen Kinder tun. 

Die Indian Student Placement Services (ISPS – Vermittlungsdienste für indianische Schüler) hat den Zweck, den Bildungsabschluss indianischer Kinder zu verbessern. Dazu schicken sie indianische Kinder während des Schuljahres in HLT-Familien. Die Pflegefamilien qualifizieren sich aufgrund ihrer emotionalen, finanziellen und geistigen Stabilität und zahlen alle Ausgaben für das Kind, welches während des neunmonatigen Schuljahres bei der Pflegefamilie wohnt und den Sommer mit seiner natürlichen Familie in den Reservaten verbringt. Normalerweise treten die Kinder dem Programm bei, wenn sie noch sehr jung sind und kehren jedes Jahr in dieselbe Pflegefamilie zurück, bis sie ihren High School Abschluss machen.

Das Programm fing 1954 klein an und gipfelte 1970 mit einer Einschreibung von fast 5000 Schülern. Die Entwicklung zufriedenstellender Schulen in Reservaten hat seitdem den Bedarf für das Programm zurückgehen lassen und somit ist auch die Zahl der Teilnehmer kleiner geworden. 1990 nahmen ungefähr 500 Schüler teil. Mehr als 70.000 indianische Heranwachsende haben bei ISPS teilgenommen. Evaluationen haben gezeigt, dass eine Teilnahme bedeutend ihren Bildungsabschluss erhöht hat.

In den 1950ern ermutigte Elder Spencer W. Kimball, damals noch ein Apostel, die Brigham Young Universität, aktives Interesse an der Ausbildung von Indianern zu zeigen und dabei zu helfen, die wirtschaftlichen und sozialen Probleme zu lösen. Stipendien wurden eingerichtet sowie ein Programm, welches den indianischen Studenten helfen soll, sich an das Universitätsleben anzupassen. Während der 1970er Jahre immatrikulierten sich an der Brigham Young Universität jedes Jahr mehr als 500 indianische Studenten aus 71 Stämmen. Jedoch ist die Immatrikualtionsrate zurückgegangen, so dass ein neues Programm für indianische Studenten in Entwicklung ist, welches das Anwerben indianischer Studenten für die BYU verstärken und die Prozentzahl der Universitätsabschlüsse erhöhen wird. Das Ausbildungs Outreach Programm für Indianer an der BYU bietet Bildungsseminare für Stammesführer und indianische Jugendliche quer durch Amerika an. Es bietet außerdem Stipendien. American Indian Services (Amerikanische Indianer Dienste) ist ein weiteres Outreach Programm, welches ursprünglich der BYU angehörte. Es stellt Erwachsenenbildung sowie technische und finanzielle Hilfe für indianische Kommunen zur Verfügung. 1989 wurde American Indian Services von der BYU an die Lehi Stiftung übertragen, welche mit der Aktivität fortfährt.

1975 wurde George P. Lee, ein Vollblut-Navajo und früher ISPS Teilnehmer als Generalautorität berufen. Er war der erste Indianer, der diesen Status erhielt und diente gläubig für über zehn Jahre. Elder Lee nahm die Überzeugung an, die Kirche missachte ihre Mission zu den Lamaniten. Als er starken Widerspruch gegen Kirchenführer äußerte, wurde er 1989 exkommuniziert. 

Die Kirche hat immer starke Hingabe bei der Verkündigung des Evangeliums an Indianer sowie der Unterstützung von Einzelnen, Familien, Kommunen und Stämmen gezeigt, um ihre Bildung, Gesundheit und religiöses Wohlbefinden zu verbessern. Von Zeit zu Zeit ändern sich die Programme, da sich Umstände und Bedürfnisse ändern. Aber der zugrundeliegende Glaube und das Wohlwollen der Heiligen der Letzten Tage gegen diese Menschen bleibt stark und lebendig. 

THOMAS GARROW

BRUCE A. CHADWICK