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HARRIS, MARTIN

Martin Harris (1783-1875), ein Farmer aus dem Bundesstaat New York, war einer der drei Zeugen, die den göttlichen Ursprung des Buches Mormon bezeugten. Er finanzierte im Jahr 1830 den dreitausend Dollar teuren Erstdruck des Buches Mormon und unterstützte später den Druck des »Buches der Gebote« finanziell.

Martin Harris wurde am 18. Mai 1783 in Easton (dem heutigen Saratoga) im Kreis Washington des US-Bundesstaates New York geboren und starb am 10. Juli 1875 in Clarkston, Kreis Cache, in Utah. Am 27. März 1808 heiratete er seine Cousine Lucy Harris. Das Ehepaar Harris hatte mindestens sechs Kinder. Im Krieg von 1812 nahm der Gefreite Harris an der Schlacht von Buffalo als Kutscher teil. Im Mai 1814, als die Schlacht von Puttneyville stattfand, war er bereits Feldwebel in der 39. Milizeinheit des Bundesstaates New York und kehrte am Kriegsende als dekorierter Kriegsteilnehmer heim. Nicht lange danach erbte er etwa 60 Hektar Land, das er bis zum Jahr 1828 mehr als verdoppelt hatte. Seine Frau beschrieb ihn als einen fleißigen Menschen, aufmerksamen Ehemann und hervorragenden Ernährer und Vater.

Harris war ungefähr 1,70m groß, von sehr heller Gesichtsfarbe, hatte blaue Augen und braune Haare und trug einen Backen- und Kinnbart. Zu offiziellen Anlässen trug er seinen Lieblingsanzug aus grauem Stoff und einen großen, steifen Hut. Von Zeitgenossen außerhalb der Kirche wurde seine Aufrichtigkeit, seine Ehrlichkeit, sein gutes Gedächtnis, seine Großzügigkeit, sein Nachbarschaftssinn, sein Geschäftssinn und sein Gemeinschaftsgeist gelobt.

Harris unterstützte den Bau des Erie-Kanals durch Palmyra entlang einer Trasse, die in der Nähe seines Hauses vorbeiführte. Die Bürger Palmyras wählten ihn sieben Jahre lang zum Straßenaufseher. Er war auch Mitglied des Bürgerschutzverbandes von Palmyra. Harris hatte eine Vorliebe für politischen Hausverstand, zog die Münzwährung Geldscheinen vor, mißtraute Banken, Föderalisten und Autoritätlern. Er war aktiver christlicher Demokrat, Bewunderer der griechischen Kultur und finanzieller Förderer der Griechen im griechisch-türkischen Krieg.

Harris betrachtete sich als kirchlich-ungebundener Christ und suchte Gott auf seine eigene Art und Weise. Als Anhänger des Wiederherstellungsgedankens wartete er auf die Wiederherstellung des biblischen Christentums: »Im Jahr 1818 … inspirierte mich Gott, und der Heilige Geist ließ mich wissen daß ich keiner Kirche beitreten solle.« (Interview mit Edward Stevenson, 4. Sept. 1870, Stevenson-Mikrofilmsammlung, Bd. 32, Historische Abteilung der Kirche.)

Martin Harris lernte Joseph Smith nicht lange nach 1816 kennen, und zwar als die Familie Smith nach Palmyra umzog. Noch vor 1824 erzählte Jseph Smith sen. ihm von den goldenen Platten und dem Besuch des Engels Moroni und im Herbst 1827 sagte Harris zu, bei der Veröffentlichung des Buches mitzuhelfen. Er half Joseph Smith, die Platten vor Diebstahl zu schützen und bezahlte, als die Verfolgungen immer stärker wurden, den Umzug des Propheten von Manchester nach Harmony in Pennsylvanien.

Im Februar 1828 besuchte Harris Joseph Smith in Harmony und ließ sich von ihm eine Transkription sowie eine Übersetzungsprobe der Schriftzeichen von den Platten geben und suchte damit »gelehrte Männer« in Utica, Albany und in New York City auf, nämlich Samuel Latham Mitchill und Charles Anthon, die eine Textanalyse vornahmen. Harris und Smith glaubten, daß sich dadurch die Prophezeiung aus Jesaja 29:11-14 erfüllte, in der steht, daß ein unbelesener Mensch ein Buch übersetzen werde. Harris erhoffte sich, daß der Kommentar der Wissenschaftler zu einer finanziellen und theologischen Förderung des Buches Mormon führen würde.

Vom 12. April bis zum 14. Juni 1828 arbeitete Martin Harris als Joseph Smiths Schreiber, wobei 116 Manuskriptseiten entstanden. Um sich die Unterstützung seiner Familie zu sichern, überredete er Joseph Smith, ihn die 116 Seiten nach Palmyra mitnehmen zu lassen, um sie seiner Familie zu zeigen. Während Martin Harris in den folgenden drei Wochen Verwandte besuchte, Geschäftliches erledigte und seiner Bürgerpflicht als Geschworener vor Gericht nachkam, wurden die 116 Manuskriptseiten gestohlen. Lucy Harris soll sie ihrer eigenen Aussage nach verbrannt haben. Da sie krank war und zunehmend an Hörkraft verlor, befürchtete sie angeblich, daß ein Boykott des Buches Mormon in Palmyra zum finanziellen Ruin für ihren Mann und dadurch auch für sie führen würde. Nach dem Verlust des Manuskripts stellte Harris seine Tätigkeit als Joseph Smiths Schreiber ein.

Im Juni 1829 sprachen Martin Harris, Joseph Smith, Oliver COWDERY und David Whitmer ein gemeinsames Gebet, das jedoch unbeantwortet blieb. Harris wies sich selber die Schuld daran zu und zog sich zurück. Der Prophet, Cowdery und Whitmer beteten noch einmal, worauf ihnen der Engel Moroni erschien und ihnen die goldenen Platten des Buches Mormon zeigte. Kurze Zeit danach erschien ihnen der Engel noch einmal und zeigte sich Martin Harris und Joseph Smith. Im Verlauf dieser Vision vernahm Harris die Stimme Gottes, die bezeugte, daß Joseph Smiths Übersetzung des Buches Mormon richtig sei. Jesus Christus gebot Harris, von dem Gehörten und Gesehenen Zeugnis abzulegen. Das Zeugnis der drei Zeugen ist im Buch Mormon abgedruckt.

Nach Abschluß der Übersetzung des Buches Mormon gelang es Joseph Smith zunächst nicht, einen Drucker zu finden, der den Druck des Buches Mormon wagen würde, da die Drucker infolge örtlicher Opposition einen Geschäftsrückgang befürchteten. Schließlich erklärte sich Egbert B. Grandin ein Drucker aus Palmyra, dazu bereit, das Buch Mormon zu drucken, aber erst nachdem sich Harris dazu verpflichtet hatte, einen Teil seiner Farm mit einer Hypothek in Höhe von dreitausend Dollar zu belasten. Am 7. April 1831 verkaufte Harris einen Teil seiner Farm, um die Druckkosten erlegen zu können. Es dürften aber auch andere Gründe beim Verkauf der Farm einer Rolle gespielt haben.

Martin Harris war am 6. April 1830 bei der Gründung der Kirche zugegen und wurde noch am selben Tag von Oliver Cowdery getauft. Im Mai 1831 zog er mit einer Gruppe fünfzig Neubekehrter von Palmyra nach Kirtland im Bundesstaat Ohio. Lucy Harris und die Kinder blieben in Palmyra zurück, was zur Gründung eines zweiten Haushaltes führte, so daß Harris zwischen den beiden Orten hin- und herreisen mußte.

Im Sommer 1831 begleitete Harris Joseph Smith und andere nach Missouri, wo sie Land kaufen und den Ort Zion zur Sammlung der Heiligen der Letzten Tage festlegen wollten. Harris war einer der ersten, die dazu aufgefordert wurden, nach dem Gesetz der Weihung zu leben, einem von Gott offenbarten Plan zur gerechten Verteilung von Eigentum und zur Armenfürsorge. Im selben Jahr half Harris auch bei der Verwaltung und Finanzierung der Veröffentlichungen der Kirche mit.

Im Jahr 1832 gingen Martin Harris und sein Bruder Emer zusammen in den Osten der USA auf Mission und tauften in Chenango Point (dem heutigen Binghamton) im Bundesstaat New York hundert Menschen. Im Januar 1833 wurde Harris bei einem Versuch, ihn am Predigen zu hindern, kurzzeitig in Springville (Pennsylvanien) eingesperrt.

Im Januar 1834 kehrte Harris nach KIRTLAND zurück und wurde Mitglied des ersten Hohenrats der Kirche. Im Laufe des Jahres meldete er sich als Freiwilliger, um mit dem ZIONSLAGER in den Kreis Jackson nach Missouri zu ziehen, um den verfolgten Mormonen zu helfen. Am 14. Februar 1835 erwählten die drei Zeugen gemäß einer früheren Offenbarung (siehe LuB 18:37,38) das erste Kollegium der Zwölf Apostel.

Im Jahr 1836 nahm Harris an der Weihung des Kirtland-Tempels teil. Im Sommer starb seine Frau Lucy, worauf Harris am 1. November 1836 Brigham Youngs Nichte Caroline YOUNG heiratete. Das Ehepaar hatte sieben Kinder.

Während des Jahres 1837, einer Zeit heftiger kircheninterner Auseinandersetzungen, zerstritt sich Harris mit Sidney RIGDON und weigerte sich, Mitglied der von der Kirche finanzierten Bank »Kirtland Safety Society« zu werden, die Papiergeld drucken ließ. Am 3. September 1837 wurde Harris vom Hohenrat entlassen und in der letzten Dezemberwoche 1837 aus der Kirche ausgeschlossen. Obwohl verschiedenes darauf hinweist, daß Harris nie offiziell ausgeschlossen wurde, nahm er den Spruch an und ersuchte am 7. November 1842 um Neutaufe.

Als Brigham Young die Heiligen der Letzten Tage in den Westen führte, ging Harris nach England, um vom Buch Mormon Zeugnis abzulegen. Die Strangiter, eine Splittergruppe der Kirche, die sich nach Joseph Smiths Tod gebildet hatte (siehe ABTRÜNNIGE GEMEINSCHAFTEN), finanzierten seine Reise, obwohl er weder an ihre Lehren glaubte noch diese verkündete. Im Jahr 1829 hatte Harris prophezeit, daß das Buch Mormon in England verkündet werden sollte, und er wollte dies unbedingt selber tun. Nach seiner Rückkehr nach England gelangte er zu Wohlstand und machte sich zu einem selbsternannten Fremdenführer und Hausmeister im verlassenen Kirtland-Tempel. Bei der Volkszählung des Jahres 1860 trug er sich als »Mormonenprediger« ein.

Noch vor 1856 hatten Brigham Young, die Familie Harris und HLT-Missionare, von denen einige bereits nach Utah gezogen waren, Martin und Caroline Harris eingeladen, zu den Heiligen der Letzten Tage nach Utah zu ziehen. Im Frühjahr 1856 reisten Caroline und die Kinder nach Utah, Martin Harris blieb jedoch bis 1870 in Kirtland. Während des Jahres 1860 lebte er bei seinem Sohn George aus erster Ehe. Von 1856 bis 1870 lebte er von der Pacht eines Teils seiner Ländereien in Kirtland.

Im Jahr 1869 bemühte man sich erneut verstärkt darum, Martin Harris nach Utah zu bringen. William H. Homer, Edward Stevenson, Brigham Young und viele andere Heilige der Letzten Tage unterstützten ihn finanziell bei seiner Reise. Martin Harris kam im Alter von 87 Jahren in Begleitung von Edward Stevenson noch immer aktiv und lebenslustig mit der Eisenbahn am 30. August 1870 in Salt Lake City an. Er beteuerte erneut seinen Glauben und ließ sich in diesem Sinne am 17. September 1870 wieder taufen und legte auf Brigham Youngs Einladung hin öffentlich Zeugnis vom Buch Mormon ab. Er ließ sich in Harrisville nieder, zog später nach Smithfield (Utah) um, wo er Caroline und ihren gemeinsamen Sohn Martin jun. wiedersah. Im Jahr 1874 zog er nach Clarkston, Utah, um, wo er am 10. Juli 1875 starb, nachdem er noch einmal öffentlich Zeugnis vom Buch Mormon abgelegt hatte.

Martin Harris und sein Leben hat zu einer Volksheldentradition geführt, die bis heute aufrechterhalten wird. Im Jahr 1983 wurde das HLT-Musical »Martin Harris: The Man Who Knew« in Clarkston uraufgeführt. Dieses Musical bildet den Versuch der vierten Generation, das Zeugnis des Martin Harris aufzuarbeiten: »Ja, ich habe die Platten gesehen, auf denen das Buch Mormon geschrieben wurde. Ich habe den Engel gesehen, ich habe die Stimme Gottes gehört und ich weiß mit Bestimmtheit, daß Joseph Smith ein wahrer Prophet Gottes ist, der die Schlüssel des heiligen Priestertums innehat.« («Das letzte Zeugnis des Martin Harris«, aufgezeichnet von William H. Homer in einer eidesstattlichen Aussage vor J. W. Robinson, 9. April 1927, Historische Abteilung der Kirche.)

BIBLIOGRAPHIE

Anderson, Richard Lloyd. Investigating the Book of Mormon Witnesses. Salt Lake City, 1981.

Gunnell, Wayne Cutler. »Martin Harris-Witness and Benefactor to the Book of Mormon.« Diplomarbeit, Brigham Young University, 1955.

James, Rhett Stephens. The Man Who Knew: The Early Years-A Play About Martin Harris, 1824-1830, and Annotated History of Martin Harris. Salt Lake City, 1983.

Shelton, Scott R. »Martin Harris in Cache Valley-Events and Influences.« Diplomarbeit, Utah State University, 1986.

Tuckett, Madge Harris und Belle Harris Wilson. The Martin Harris Story. Provo, Utah, 1983.

RHETT STEPHENS JAMES