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HEILPRAKTIKEN

Als die Kirche (1830) gegründet wurde, stand die medizinische Wissenschaft noch in ihren Kinderschuhen. Man begann gerade fundamentale Mechanismen von Krankheiten zu verstehen, und moderne diagnostische Methoden und Begriffe in Bezug auf Infektionen befanden sich im Anfangsstadium. Die medizinische Behandlung der meisten Umstände war ineffektiv und manchmal schädlich. Frühe Kirchenführer, einschließlich dem Propheten Joseph Smith und Präsident Brigham Young, drängten darauf, sich auf Glauben und Priestertumssegen und Behandlungen mit Kräutern und milder Kost zu verlassen. Im Einklang mit Fortschritt in der Medizin und Erziehung begannen Kirchenführer, einschließlich Brigham Young, um 1870 herum, sich mehr als in den früheren Jahren auf professionell geschulte Ärzte zu verlassen. Seit jener Zeit legen die Kirchenführer den Heiligen der Letzten Tage nahe, die bestmögliche medizinische Versorgung zu nutzen und sich auch angebrachte Priestertumssegen zu holen.

Anfang des 19. Jahrhunderts verließen sich in orthodoxer Medizin geschulte Praktitiker stark auf den Aderlass und Calomel (Quecksilberchlorid)-Entschlackungen, Anwendungen, die manchmal tödlich waren. Joseph Smith verlor seinen Bruder Alvin im Jahre 1823, als ihm Calomel für möglicherweise eine Blinddarmentzündung verschrieben wurde. Der Stoff setzte sich in seinen Gedärmen fest und führte zu Fäulnis. Dies war eine von mehreren unglücklichen Erfahrungen, die eine Familienabneigung gegen diese Methoden (manchmal „heroische Medizin“ genannt) aufrecht erhielten.

Andere Praktiker, einschließlich Willard Richards, ein frühes Mitglied des Kollegiums der Zwölf, wurden im Thomsonischen System geschult (meist selbst-geschult), das verschiedene botanische Produkte, Wasser und Massage benutzte. Zwar war die Thomsonische Medizin weder allopathisch noch homöopathisch in ihrer Ausrichtung, aber sie war vielleicht der heutigen Naturpathie am nächsten. Obwohl sie nicht aggressiv gefährlich waren wie viele der damals verbreiteten Quacksalber oder einige der orthodoxen Praktiker, konnten meist die Thomsonianer nicht viel mehr tun, als ihren freundlichen Dienst anzubieten.

1831 empfing Joseph Smith die folgende Offenbarung in Bezug auf die Gesundheitsfürsorge: „Und wenn unter euch jemand krank ist und nicht den Glauben hat, um gesund zu werden, aber doch gläubig ist, soll er voller Besorgheit mit Kräutern und leichter Kost ernährt werden, aber nicht von einem Feind…. Und weiter, es wird sich begeben: Wer den Glauben an mich hat, gesund zu werden, und nicht für den Tod bestimmt ist, wird gesund werden“ (LuB 42:43, 48). Viele Heilige der Letzten Tage jener Ära vermerkten bemerkenswerte Heilungserfahrungen nach Priestertumssegen.

Vor diesem Hintergrund warnte Brigham Young, der Nachfolger von Joseph Smith, Kirchenmitglieder vor heroischer medizinischer Betreuung und betonte, dass man sich auf den gesunden Menschenverstand, sichere und konservative Behandlungen und Segen durch das Priestertum verlassen sollte. Obwohl er dem Ärztewesen und einzelnen Praktikern gegenüber ab und zu kritisch eingestellt war, gestand er ihren Wert bei Brüchen und einigen anderen Umständen zu.

Die Medizin machte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts riesige Fortschritte, und Brigham Young begann seine eigene medizinische Betreuung immer mehr Ärzten anzuvertrauen. Während des mit 1867 beginnenden Jahrzehnts war er dafür verantwortlich, einige der begabtesten jungen Männer und Frauen in der Kirche, darunter seinen Neffen Seymour Young, an Medizinfakultäten im Osten zu schicken. Brigham Young starb 1877 an dem, was sein Neffe später als Blinddarmentzündung schlussfolgerte.

Heutzutage sind viele HLT-Frauen und Männer in der Gesundheitsfürsorge und Forschung tätig. Kirchenmitglieder, denen nahe gelegt wird, sich von kompetenten lizensierten Ärzten betreuen zu lassen, glauben im Allgemeinen, dass Fortschritt in der Medizin und in der Gesundheitsfürsorge durch die Inspiration des Herrn erfolgt sind. Sie bitten auch weiterhin um Priestertumssegen, zusammen mit angemessener medizinischer Betreuung. [Siehe auch Krankenhäuser, Entbindungspflege und Kindergesundheitsfürsorge.]

BIBLIOGRAPHIE

Bush, Lester E. „The Mormon Tradition“. In Caring and Curing: Health and Medicine in Western Religious Traditions, Hg. R. Numbers und E. Amundsen, S. 397-420. New York, 1986.

Divett, Robert T. Medicine and Mormons: An Introduction to the History of Latter-day Saint Health Care. Bountiful, Utah, 1981.

CECIL O. SAMUELSON, JR.