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GRUNDSÄTZE

Bezeichnende Lehren
Der Vergleich von Lehren Heiliger der Letzten Tage mit Andered Christlichen Grundsätzen
Harmonisierung von Paradoxon

BEZEICHNENDE LEHREN

Wenige religiöse Grundsätze sind einzigartig im strengsten Sinne des Wortes, aber viele kommen so selten in dieser oder jener Religion oder Konfession vor, daß sie als einzigartig betrachtet werden können. Mehere Grundsätze der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage sind diesem Sinne nach einzigartig, obwohl in den meisten Fällen andere Christen zu gegebenen Zeiten dieselben oder ähnliche Glaubens-vorstellungen hatten. Heilige der Letzten Tage bestehen darauf, daß ihre bezeichnenden Lehren von Gott in früheren DISPENSATIONEN, wie z. B. zur Zeit Adam, Enoch, Noah, usw. bis hin zur Zeit Jesu Christi schon offenbart worden sind. Es mag sein das diese Offenbarungen für die eine oder andere Konfession heutzutage als „neu” oder einzigartig gilt, wenn in Wirklichkeit sie schon vor alters Bestandteil der einzig-wahren Kirche Jesu Christi gewesen sind.

Ohnegleichen in der Theologie der Heiligen der Letzten Tage der Neuzeit ist ihre Auffasung von der Gottheit, nämlich das sie drei getrennte Person sind, zwei davon mit Körpern aus Fleisch und Gebein und die andere im Besitz eines Geistkörpers. Folgendes wird durch eine amtliche Erklärung über die Gottheit klargestellt: “Der Vater hat einen Körper aus Fleisch und Gebein, so fühlbar wie der eines Menschen, ebenso der Sohn; aber der Heilige Geist hat keinen Körper aus Fleisch und Gebein, sondern ist eine Person aus Geist” (LuB, 130:22) Heilige der Letzten Tage nehmen das Alte und Neue Testament in einem buchstäblichen und anthropomorphischen Sinne wahr und schreiben Gott menschliche Wesenszüge und Gefühle zu. Sie akzeptieren beides, die „Einigkeit” und die „Dreiheit” der Gottheit so wie es in der Bible gelehrt wird. Jedoch lehnen sie die althergebrachte Lehre der „Dreieinigkeit” ab und glauben stattdessen an eine Gottheit, die in ihren Ansichten, Absichten und ihrem Zeugnis wohl eins ist, aber als Wesen drei getrennte Personen sind. Sie erkennen, daß Gott Geist ist weil er mit Geist erfüllt ist, und das in diesem Sinne der Heilige Geist ein Geist ist. Aber sie limitieren deswegen nicht den Vater und seinen Sohn als unkörperlich.

Heilige der Letzten Tage idendifizieren Jehova, der Gott des Alten Testamentes, mit Jesus Christus. Sie glauben das der Gott Abrahams, Isaaks und und Jakobs, der Gott der mit Enoch wandelte und mit Mose auf dem Berg Siani gesprochen hat, der vorirdische Christus, der Sohn Gottes ist, der als Beauftragter seines Vaters wirkt.

Auch gibt es unter Heiligen der Letzten Tage bezeichnende Grundsätze über das Wesen des Universums und dessen Anfang. Sie unterteilen zwar das Universum als physisch und geistig aber nicht in einem wiedersprüchlichen Sinn. Geist und Materie ist für sie ein und dasselbe, weil sie Geist für nichts weiteres als unterschiedliche verfeinerte Materie wahrnehmen. (LuB 131:2) Sie verwerfen deswegen eine Geist/Materie Dichotomie oder Zweiteilung und bestehen darauf das Geist und Materie die Inhaltsstoffe eines einheitlichen ewigen Universums sind.

Außerdem verstehen Heilige der Letzten Tage den Genesis Ausdruck „Im Anfang,” im Sinne von „im Anfang von unserem Teil der Geschichte.” Im Rahmen der Präexistenz würde es „als Gott anfing unsere Erde zu erschaffen,” verstanden werden. Sie glauben auch nicht an einen absoluten Anfang, denn in der theologischen Denkweise der Heiligen der Letzten Tage sind Geist, Materie und Elemente ewig. Schöpfungen können sich von einer niederigen zu einer höheren Ordnung weiterentwickeln und es ist des Herren Werk und Herrlichkeit diese Weiterentwickelung „zustande zu bringen” (Moses 1:39). Heilige der Letzten Tage weisen somit das allgemeine Dogma einer Erschaffung aus dem Nichts (creatio ex nihilo), oder daß Gott aus dem Unstofflichen Stoffliches erschaffen hat von vornherein ab, denn für sie hat es noch nie eine Zeit gegeben, wo Materie nicht ein Bestandteil des Universums war. Stattdessen stellen sie klar, daß Gott alles aus existierender, obschon ungeordneter Materie, erzeugt hat. Somit organisierte er ungeordnete Materie zur Erschaffung seiner Welten und organisierte präexistierende Intelligenz um das was Geist ist zu zeugen. Infolgedessen, lebte der Geist eines jeden Menschen als Geistkind schon lange vor seiner Geburt auf Erden.

HLT Eschatologie erwähnt weitere einzigartige Doktrinen. Zum Beispiel glauben sie an einen temporären Zustand zwischen TOD und AUFERSTEHUNG, den die Schriften als Geisterwelt bezeichen. Diese zwischenzeitliche Geisterwelt beinhalted das Paradies wo die Geister der Rechtschaffenden auf ihre glorreiche Auferstehung warten, aber auch eine Hölle, wo die Seelen der Schlechten Qualen für ihre Sünden leiden und wo sie danach mit einer geringeren Herrlichkeit auferstehen werden (Alma 40:11-14; vgl. Lukas 16:22-23). HLT Grundsätze erörtern ferner, daß jeder Mensch auferstehen wird. Viele sind kurz nach der Auferstehung Christi mit ihm auferstanden. Andere Reschaffenden werden zur Zeit des zweiten Kommen Christ auferstehen, aber die Schlechten erst nachdem Christus tausend Jahre auf der Erde gewaltet hat. Da die Hölle kein andauernder Zustand ist, wird sie ihre Gefangenen in der Auferstehen frei lassen müssen, genauso wie der Tod ihre Körper freigeben wird (2 Ne. 9:10-14; vgl. Offenb. 20:13-14). In der Auferstehung wird alles Leiden ein Ende haben (LuB 76:84, 88-89) und alle Menschen, außer den Söhnen des Verderbens, werden Erben der Errettung in einem der drei Reiche oder Grade der Herrlichkeit sein: celestial, terrestrial oder telestial. (LuB 76:1-19; 88:29-32; vgl. 1 Kor. 15:4-42).

Einzigartige Grundsätze der Heiligen der Letzten Tage in bezug auf das Wesen der Kirche beinhalten die Erkenntnis, daß die Kirche Jesu Christi – mit Vater Adam angefangen – schon öfters auf der Erde mit ähnlicher Struktur und denselben Grund- prinzipien wie heute vorhanden war. Die Kirche Jesu Christi und ihre Lehre sind ewig. Sie wurde an Adam, Enoch, Noah, Abraham, Moses, Jared, Lehi, sowie deren und anderen Nachkommen offenbart. Adam kannte das Evangelium, war durch untertauchen im Namen Jesu Christi getauft worden und erhielt die Gabe des Heiligen Geistes in derselben Art und Weise, wie Heilige anderer Dispensationen sie empfangen haben. Zuweilen hat der Mensch dieses Evangelium entweder geändert oder verworfen und verfiel somit dem Glaubensabfall. Aber letztendlich wurde das Evangelium durch Propheten, die berufen wurden eine neue Dispensation einzuleiten, in seiner ursprünglichen Reinheit wiederhergestellt. In unserer Dispensation wurde dieses ewige Evangelium durch den neuzeitlichen Propheten Joseph SMITH restoriert. Somit war das moderne Erstehen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage weder folge einer langwierigen religösen Entwickelung noch lediglich eine Neuerstehung des urzeitlichen Christentums, sondern eine endgültige Wiederherstellung des seit dem Anfang immerwährenden, vormals an die Menschheit offenbartes, Evangelium.

Was die „wahre und lebendige Kirche” von allen anderen Glaubensgemeinschaften absondert, ist der Besitz der Priestertumschlüssel des Himmelreiches (siehe Matth. 16:19). Der Glaube, daß das Innehaben von Priestertumsschlüssel von großer Wichtigkeit in der wahren Kirche ist, ist nicht einzigartig in Verbindung mit der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Aber das beharren, daß einer dieser Schlüssel zur Schenkung der Gabe der Prophezeiung und Offenbarung unentbehrlich ist, das macht sie einzigartig. Diese Schlüssel des Reiches innezuhaben, wie es bei Petrus der Fall war, bedeutet ein Prophet, Seher und Offenbarer wie Petrus zu sein. Um eine „wahre und lebendige” Kirche zu sein, müssen die apostolischen Schlüssel durch die Hände ihrer lebende Propheten übermittelt und von ihr empfangen werden. Ein Baum lebt nur so lange wie der Stamm und die Wurzeln mit ihm verbunden sind und eine Kirche ist nur solange „lebendig” wie sie durch eine offene und unversehrte Zuleitung Offenbarungen von ihrer göttlichen Urquelle empfängt. Wo Kirchenführer keine solche prophetische Verbindung mit dem Himmel besitzen, kann sie nicht „wahr und lebendig sein”, selbst wenn es bei ihr wahre Grundsätze geben sollte, eben weil die notwendige Kommunikation mit ihrer eigenen göttlichen Wurzelstrukture fehlt. (LuB 1:30; 27:12-13)

Bei dem hohen Wert, den man auf die Notwendigkeit lebender Propheten legt, ist es offensichtlich, daß das gesprochene Wort Gottes prinzipiell dem lebenden Propheten eingegeben und von ihm an andere vermittelt wird. Der schriftliche Text – d.h. die heiligen Schriften – verliert dadurch aber nicht an seiner Wichtigkeit und historischen Präzedenz, denn er vermittelt was der Herr voralters seinem Volk offenbart hat. Das Geschriebene sollte aber als ergänzend betrachtet werden und ist dem was der Herr dem lebenden Propheten heutzutage mitteilt, untergeordnet. Da Heilige der Letzten Tage ernsthaft an die authentische Gabe des Heiligen Geistes glauben, läßt sich daraus schließen, daß die durch lebende Propheten erhaltene Offenbarungen zumindest genau so hoch geschätzt werden sollten, wie die voralters. Infolgedessen sollten die maßgebenden Schriften der Heiligen der Letzten Tage nie als abgeschlossen betrachtet werden: „Wir glauben alles was Gott offenbart hat, und alles, was er jetzt offenbart; und wir glauben, daß er noch viel Großes und Wichtiges offenbaren wird, was das Reich Gottes betrifft.” (GA, 9)

Heilige der Letzten Tage stehen auch ohnegleichen in ihrem Verständnis über verschiedene Aspekte der Erlösungslehre. Obwohl anderen Christen viele Evangeliumsprinzipien bekannt sind – wie z. B. die Lehre vom Sühnopfer, der Rechtfertigung, Heiligung und der Gnade – gibt es besondere Merkmale in der Erlösunglehre Heiliger der Letzten Tage. Sie differenzieren zwischen allgemeiner „Erlösung” und „Erhöhung.” Allgemeine Erlösung besagt vom Grab, der Macht Satans und der Hölle durch das Sühnopfer Christi befreit zu sein und in einen Grad der Herrlichkeit eingelassen zu werden. Der Grundsatz der Erhöhung bedeutet durch das Sühnopfer Christi und dem persönlichen folgen der Lehre und den Verordnungen des Evangeliums Jesu Christi den höchsten Grad der Herrlichkeit zu erlangen und an der Macht und den Rechten Gottes teilzuhaben, ja auf seinem Thron zu sitzen und in Ewigkeit zu regieren (LuB 76:1-119; 88:22-23; vgl. Offb.1:6; 3:21). Erhöht zu sein meint so zu werden wie Gott ist. (siehe VERGÖTTLICHUNG).

Gläubige Heilige der Letzten Tage erhalten in den HLT Tempeln Verordnungen und Kenntnisse, die für eine celestiale Verherrlichung notwendig sind. Ein Teil dieser heiligen Handlungen werden als das Tempel ENDOWMENT bezeichnet, da es ein durch das Sühnopfer Christi für den Menschen bestimmter Hauptbestandteil einer unermeßlichen Gabe ist. Eine weitere Verordnung des Tempels ist die SIEGELUNG von Mann und Frau, Eltern und Kindern als eine ewig-währende Familie. Das celestiale Reich besteht aus Gottes himmlischer Familie; Ehepartnern, Eltern und Kinder, Brüder und Schwestern, die alle in Liebe miteindander verbunden sind. Alleinstehende Personen können wohl zu gewissen Graden der Herrlichkeit errettet werden, aber nur Familien können erhöht werden.

In diesem Leben steht nicht jedem die Möglichkeit offen das Evangelium Christi zu hören und die erhöhenden Verordnungen zu empfangen. Heilige der Letzten Tage lehren, daß Gott es allen ermöglicht hat das Evangelium entweder anzunehmen oder abzulehnen. Diejenigen, die in diesem Leben diese Gelegenheit nicht wahrnehmen konnten, werden sie in der Geisterwelt erhalten. Das Neue Testament lehrt, das Jesu nach seinem Kreuzestod die Geisterwelt besuchte und dort den Geistern das Evangelium predigte: „Denn auch Christus ist der Sünden wegen ein einziges Mal gestorben, er, der Gerechte, für die Ungerechten, um euch zu Gott hinzuführen. Dem Fleisch nach wurde er getötet, dem Geist nach lebendig gemacht. So ist er auch zu den Geistern gegangen, die im Gefängnis waren, und hat ihnen gepredigt” (1 Petr 3:18-19) Der Zweck seines Wirkens unter den Geistern wird im darauffolgenden Kapitel klargestellt: „Denn auch Toten ist das Evangelium dazu verkündet worden, daß sie wie Menschen gerichtet werden im Fleisch, aber wie Gott das Leben haben im Geist.” (1 Petr 4:6) Diese Lehre wurde durch neuzeitliche Offenbarungen verstärkt und erläutert (LuB 137; 138; siehe ERLÖSUNG DER TOTEN).

Andere spürbare Unterschiedsbereiche zwischen Heiligen der Letzten Tage und anderen zeitgenössischen Religionen sind die Grunsätze von ZEIT UND EWIGKEIT, das LICHT CHRISTI, die GABE DES HEILIGEN GEISTES, die positive Einschätzung der SCHÖPFUNG und der physischen ERDE, die ewig-währende Notwendigkeit heiliger VERORDNUNGEN, die zentrale Lehre vom BUND ABRAHAMS in bezug auf die neuzeitliche Christenheit, und der Begriff des Himmels als das CELESTIALE REICH was sich zukünftig auf dieser erneuerten und verherrlichten Erde befinden wird.

BIBLIOGRAPHIE

Keller, Roger R. Reformed Christians and Mormon Christians Let’s Talk. Ann Arbor, Mich., 1986

Madsen, Truman G. “Are Christians Mormon?” BYU Studies 15 (Autumn 1974):73-94.

McConkie, Bruce R. Mormon Doctrine. Salt Lake City, 1966.

Robinson, Stephen E. Are Mormons Christians?, chaps. 6-8. Salt Lake City, 1991.

Talmage, James E. Articles of Faith. Salt Lake City, 1924.

ALMA P. BURTON

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DER VERGLEICH VON LEHREN HEILIGER DER LETZTEN TAGE MIT ANDEREN CHRISTLICHEN GRUNDSÄTZEN

Der Bibelwissenschaftler W. D. Davies wies schonmal darauf hin, daß die Lehren der Heiligen der Letzten Tage den Lehren des biblischen Christentums entsprechen und dass sie mit dem hellenistischen Christentum unvereinbar sind. Vielmehr lassen sie sich als eine Konjunktion von Judaismus und dem Christentums des ersten Jahrhunderts verstehen. Heilige der Letzten Tage akzeptieren die Bibel und ihre apostolischen Lehren als das Wort Gottes, aber sie lehnen viele der späteren Auslegungen der Bibel, die auf griechisch-philosopische Ideen beruhen, ab – sie akzeptieren Johannes und Paulus aber verwerfen Augustinus. Zum Beispiel, Heilige der Letzten Tage nehmen den auf die Bibel beruhenden Grundsatz einer „Dreiheit” und „Einheit” Gottes an. Der Vater, Sohn und Heilige Geist sind drei göttliche Wesen, die zusammen eine GOTTHEIT bilden. Aber sie verweigern jegliche Bestrebung nach-biblischer und nach-apostolischer Lehren des „Einsseins” und des „Dreiseins” und wie sie miteinander verwandt sein sollen. Sie glauben an die biblische Dreieinigkeitslehre weisen aber die philosophischen Interpretation, wie sie im Nizäaischen Konzil und danach ausgelegt wurden, zurück. Kurzum, Heilige der Letzten Tage verneinen die AUTHORITÄT und die Beschlüsse der Theologen und Philosophen, die klarzustellen versuchen was die Bibel, die Apostel und Propheten nicht klargestellt haben. HLT sehen sich im Einklang mit dem biblischen Christentum aber nicht mit außer-biblischen Kredos und Traditionen. Für Christen, die die Bibel mit späteren Interpretationen verschmelzen und keinen Unterschied zwischen Plato und Augustin, Petrus und Paulus beanstanden, und auch nicht an ein „wahres” Christentum des ersten Jahrhunderts denken, werden wahrscheinlich das Unterscheiden Heiliger der Letzten Tage zwischen biblischer Lehre und „traditionellen” Auslegungen des biblischen Textes als ikonoklastisch betrachten. Wie dem auch sei, Heilige der Letzten Tage glauben, daß es den Mitgliedern der neutestamentlichen Kirche genauso unbehaglich bei diesen philosophischen Kredos des späteren Christentums zu Mute gewesen wäre, wie es Mitgliedern heute ist.

Die Rückweisung mancher Aspekte des nach-biblischen Christentums beruht auf der Realität eines altertümlichen ABFALL, der im Neuen Testament vorausgesagt und von dem auch berichtet wurde (z. B. 2 Thess 2:1-5; Joh 9-10). Apostolische Befugnis hörte kurz nach der neutestamentarischen Periode auf, und ohne apostolische Führung and Authorität wurde die Kirche bald von fremden intellektuellen und kulturellen Ideen überwältigt. Die einfachen Bekräftigungen biblischen Glaubens wurden in komplexe Propositionen der THEOLOGIE verwandelt. Obwohl spätere Kirchen sich noch stets als
“Christen” bezeichneten, besaßen sie weder die Fülle des EVANGELIUM JESU CHRISTI noch apostolische Authorität. Heilige der Letzten Tage würden dem anglo-katholischen Protestantismus und Katholiken zustimmen, daß apostolische Befugnis in der wahren Kirche absolut notwendig ist. Sie würden aber auch Protestanten zugestehen, daß apostolische Authorität der mittelalterlichen Orthodoxie abhanden gekommen war. Eng parallel laufend ist die protestantische Absage der Katholischen Lehre von einer bindenden apostolischen Amtsgewalt. Während Heilige der Letzten Tage den Abfall etwa dem zweiten Jahrhundert zuschreiben, würden die meisten protestantischen Kirchen ihn mehr in das fünfzehnte Jahrhundert und der anschließenden Verwerfung des Katholizismus verlegen.

Protestanten, die die Notwendigkeit einer apostolischen Nachfolge ablehnen, oder nicht glauben das diese Glieder durch die Reformation abgetrennt wurden, stehen im allgemeinen dazu, daß die Fülle des Evangeliums durch ein Reformieren der römischen Kirche erreicht werden sollte. Heilige der Letzten Tage, die auf die Notwendigkeit einer apostolischen Nachfolge bestehen, aber daran glauben, daß diese Verbindung schon sehr früh zu Nichte ging, sehen die Reformation als unzulänglich zur Wiedererlangung der Fülle des Evangeliums und der Wiederherstellung des urprünglichen Christentums. Nur eine völlige Wiederherstellung der apostolischen Lehre und Authorität hätte das wahrhaftige Christentum des ersten Jahrhunderts re-etablieren können. Die Kirche Jesu Christi sieht sich somit als der Bewirker dieser Wiederherstellung.

Diese Antipathie an Hand Heiliger der Letzten Tage wider hellenistischer Philosophie in Sachen Doktrine erklärt die wesentlichen Unterschiede im nachvollziehen von religiösen Grundsätzen zwischen Heiligen der Letzten Tage und anderen Christen. Zum Beispiel, Heilige der Letzten Tage verwerfen die platonische Geist/Materie Dichotomie welche beinhaltet, daß Geist und Materie gegensätzlich und einander feindlich gesonnen sind. Stattdessen, glauben sie, daß Geist verfeinerte Materie ist und das beide Geist und Materie ewig sind, weil sie weder erschaffen noch zerstört werden können. Der Prophet Joseph SMITH lehrte, „Aller Geist ist Materie, aber er ist feiner oder reiner und kann nur von reineren Augen erkannt werden” (LuB 131:7)

Somit besteht für Heilige der Letzten Tage keine entgültige Unvereinbarkeit zwischen Geist und Materie oder zwischen Sphären geistiger und physischer Existenz. In der Theologie der HLT sind die physischen Elemente gleich ewig mit Gott. Der Gedanke, daß physische Materie vergänglich, verderblich, und unvereinbar mit Geist oder ewigem Leben ist, ist für sie unannehmbar. Heilige der Letzten Tage definieren „geistig” als „das was mit Geist durchdrungen ist,” und keineswegs als etwas „Nicht-Physisches.” Dieses Verständnis einer Einheit von Geist und Materie, wie es in den Schriften deutlich auffindbar ist, ermöglicht ihnen den Vater und den Sohn als konkrete, körperliche Wesen zu akzeptieren und Erläuterungen über Gott als ein abstraktes, gänzlich tranzendentes und „nicht-seiendes” Wesen der philosophischen Theologie, abzuweisen. In der Vorstellung Heiliger der Letzten Tage exestiert Gott innerhalb von Zeit und Raum und nicht in einem abstrakten, platonisch-erdachten Jenseits von Zeit und Raum. Diese altherkömmliche Herabsetzung von Materie und dem physischen Zustand läßt sich kaum aus den Schriften ermitteln und Heilige der Letzten Tage sind davon überzeugt, daß es hellenistischen Ursprungs ist. Auch denken sie, daß die Vortstellung eines Gottes ohne „Leib, Glieder und Regung” zuviel biblisches Datenmaterial außer acht läßt oder es übermäßig allegorisiert.

Da „Mormonen” es für wahr befinden, daß die Elemente ewig sind, läßt sich daraus schließen, daß sie die Idee einer Schaffung aus dem Nichts (creatio ex nihilo) vollkommen ablehnen. Eher wurde für sie das Universum aus präexestierender, von Gott geordneter Materie erschaffen indem er von physischen Gesetzen gebrauch machte. Der Prophet Joseph Smith lehrte das Intelligenz ewig und unerschaffen ist: „Die Intelligenz der Geister hatte keinen Anfang, noch wird sie je ein Ende haben... Intelligenz ist ewig und besteht aus sich selbst” (LPJS, 298-299; 2nd ed., 1963).

Genauso wie Gott präexistierende Materie ordnete um dieses Universum zu schaffen, so ordnete er präexistierende Intelligenz um Geister zu zeugen, die letztendlich Mensch wurden. Darum betrachten Heilige der Letzten Tage Gott nicht als die all-entscheidende entgültige Ursache im Werden des Menschen; denn menschliche Intelligenz ist nicht von Gott erschaffen, ist deshalb eigenständig und steht in diesem Sinn nicht unter seiner Kontrolle. „Mormonen” bestehen darauf, daß der Mensch im vollsten Sinne des Wortes, eigene Entscheidungsfreiheit hat, und sie negieren beides, die Lehre der prevenienten und der unwiederstehlichen Gnade Gottes, da sie Gottes Bestimmung in Sachen ERLÖSUNG und Verdammung determinatif machen würde. Ihren Ansichten nach wird Gott den unabhängigen und selbst-existierenden Willen nie zu etwas zwingen. Obwohl er die Erhöhung aller erwünscht und er sie allen gleichmäßig anbietet, fordert die Erhöhung des Menschen individuelle Mitwirkung durch das schließen eines Bündnisses mit Gott. Auf diese Weise entweicht die Theologie der Heiligen der Letzten Tage das klassische Dilemma der Prädestination und Theodizee, welches miteinbezieht, daß ein Gott der aus dem Nichts erschafft alleinig für seine Enderzeugnisse verantwortlich ist. Ihre radikale Lehre der individuellen Entscheidungsfreiheit ermöglicht Heilige der Letzten Tage den theoretischen Begriff von menschlicher Verderbtheit und Unfähigkeit zu entwerten. Für sie hindert der Fall Adams den Menschen nicht daran Gutes zu tun – d.h. sie bleiben fähig Gutes oder Schlechtes zu unterscheiden und zu bewirken. Ferner akzeptieren Heilige der Letzten Tage das Konzept eines „freudigen” oder „seeligen” Fall Adams (mea culpa), da der Fall Adams notwendig zum Fortschritts des Menschen ist. „Adam fiel, damit Menschen sein können, and Menschen sind, damit sie Freude haben können.” (2 Ne. 2:25)

Eine positive Vorstellung vom physischen Menschen und Universum ermöglicht Heilige der Letzten Tage einem physischen Leben nach dem Tode entgegenzusehen: das CELESTIALE REICH, eine Gemeinschaft körperlich auferstandener, transformierter und vollkommener Wesen. Im Gegensatz zu den Kirchenvätern der Antike sehnen sich HLT nicht danach dem fleischlichen Bereich zu entliehen, sondern es zu heiligen. Daher ihre Überzeugung, daß selbst die physischen Beziehungen von FAMILIE und EHE auch in der Ewigkeit in einem geheiligten Zustand weiterhin Bestand haben werden. Deswegen sind asketische Ausübungen kaum und der Begriff des ZÖLIBAT überhaubt nicht in der Theologie der Heiligen der Letzten Tage auffindbar, eben weil diese beiden Tendenzen für sie eine Verneinung der Güte von Gottes Schöpfung darstellen. (Gen 1:31). Darum vermeidet ihre Theologie auch die althergebrachte Herabsetzung des menschlichen Körpers und menschlicher SEXUALITÄT, da diese Verunglimpfung in hohem Maße dem Neoplatonismus der späten Antike entspringt.

Obwohl die Anerkennung der Bible ein gemeinsamer Berührungspunkt für Heilige der Letzten Tage und andere Christen ist – Probleme der Exegesis beiseite – steht der „Mormonismus” mehr auf Seiten gewisser orthodoxen Strömungen in der englischen „Hochkirche” (Angelikanischer Katholizismus) und wider dem konservativen Protestantismus in Sachen „Hinlänglichkeit der Schriften.” Obschon Heilige der Letzten Tage die Bibel akzeptieren, glauben sie, wie die Römisch-Katholische und orthodoxe Ostkirche, daß der biblische Text zur Erlösung unzulänglich ist. Biblische Lehren, obwohl wahr und anerkannt, haben ihre Sicherstellung und Erhaltung nicht fehlerfrei überstanden und können nur mit Hilfe von Offenbarung vollkommen wiederhergestellt werden. Dies ist nicht so weil etwas an der neutestamentarischen Christenheit mangelte, sondern weil die neutestamentarische Christenheit in der heutigen Bible nur teilweise erkennbar ist. Jene Grundsätze, die nicht erhalten geblieben sind, müssen demnach wiederhergestellt werden und aus diesem Grund lehnen Mormonen beides, das Dogma der Unfehlbarkeit und der Hinlänglichkeit der Bibel ab. Da die Apostel und Propheten der frühsten Christenheit direkte Offenbarung von Gott empfingen, glauben Heilige der Letzten Tage, daß eine Kirche, die Anspruch auf eine Evangeliumsfülle erhebt, die Gabe der Offengarung innehaben muß. (sieh z.B. Apg 10:16-28)

Dieser entscheidende Grundsatz fortdauernder Offenbarung erweist sich in den Erfahrungen des Propheten Joseph Smith, dessen Visionen und Offenbarungen die wesentliche Lehre der Heiligen der Letzten Tage ausmacht. So wie das Magisterium maßgebend in der Katholischen Kirche ist und die heiligen Schriften das ad fontes des Protestantismus sind, so gilt für Heilige der Letzten Tage in Sachen Religion die fortdauernde, durch lebende Apostel und Propheten verbreitete, mit Joseph Smith angefangene und durch die heutige Führerschaft der Kirche noch stets vermittelte Offenbarung Gottes, als die höchste Authorität.

Heilige der Letzten Tage bestehen darauf, daß beides, der KANON DER HEILIGEN SCHRIFTEN und die Gestaltung der Theologie offen bleibt und dass Gott durch seine erwählten PROPHETEN immer neues hinzufügen wird. (GA, 9) Durch diese Mittel haben sie Klarstellungen biblischer Lehren empfangen können, die in anderen Konfessionen noch in Abrede gestellt sind, wie z. B. das Wirken Christi unter den Toten im 1 Petrus 3:18 und 4:6 (sieh LuB 128; 137; 138). Aber durch neuzeitliche Offenbarung gibt es bei den HLT auch Lehren, die nicht unbedingt in der Bibel vorhanden sind. In solchen Fällen hat neuzeitliche Offenbarung einen undeutlichen Grundsatz nicht nur rehabilitiert sondern hat diese durchweg verloren gegangene Lehre wieder neu zum Vorschein gebracht.

Heilige der Letzten Tage teilen mit anderen Christen die Überzeugung, daß Erlösung nur durch das Sühnopfer Jesu Christi, welches von Grund auf vorsorglich, beispielhaft und stellvertretend ist, zu Stande gebracht werden kann. Christus, und nicht Adam in seinem gefallenen Zustand ist der Mittler zwischen dem Vater und der Menschheit. Er ist das Beispiel dem der Mensch nacheifern sollte, denn er, anstelle der Menschenheit, hat für ihre Sünden gelitten.

Von ihrer CHRISTOLOGIE ausgehend sind Heilige der Letzten Tage Monophysiten, d.h. sie glauben das Christus eines Wesens ist: zugleich göttlich und menschlich. Diese Möglichkeit besteht für Heilige der Letzten Tage, weil das Menschliche und das Göttliche nicht, wie in der duophysitischen Christologie der Orthodoxen öfters der Fall ist, gegenseitig ausschließende Kategorien darstellen. Lorenzo Snow drückte es so aus: „Wie der Mensch jetzt ist, war Gott einst, wie Gott jetzt ist, kann der Mensch einst sein. (Snow, 46) Die meisten Christen würden den ersten Teil dieses Reimpaares – was Christus betrifft – ohne weiters akzeptieren können, aber für Heilige der Letzten Tage bezieht sich dieser Aphorismus auch auf den Vater. Der zweite Teil dieses Sinnspruches ist, konfessionell gesehen, orthodoxer wie es weder bei Prostestanten noch bei Katholiken der Fall ist, denn Heilige der Letzten Tage stehen, wenn es um die althergebrachte biblische Lehre der Vergöttlichung (Apotheose) geht, im Einklang mit der orthodoxen Ostkirche. Etliche Theologen der früh-christlichen Kirche erwähnten essenziell dasselbe wie Lorenzo Snow. Irenaeus erklärte, „Wenn das Wort [Christus] Mensch wurde war es sodass der Mensch ein Gott werden kann.” (Gegen die Häresien, Buch 5, Pref.) Athanasius bestand darauf das „[Christus] Mensch wurde sodass wir wie Gott werden können” (On the Incarnation, 54) Und somit vereinigen Heilige der Letzten Tage beide Hälften dieses Reimpaares um die für sie einzigst mögliche Schlussfolgerung erschliessen zu können, nämlich, daß das Menschliche und Göttliche keine gegenseitig außschliessenden Kategorien sind. Im Gegenteil, sie beharren in ihrer Überzeugung, daß beide Bereiche eins sind: der Mensch enstammt dem Geschlecht der Götter, und in diesem Sinne würden Heilige der Letzten Tage vollkommen mit C. S. Lewis’ Mere Christianity übereinstimmen, wenn er schreibt:

Er sagt (in der Bibel) das wir „Götter” sind und er wird zu seinem Wort stehen. Wenn wir es zulassen – denn wir können es verhindern, wenn wir wollen – wird er den Schwächsten und Schmutzigsten unter uns in einen Gott oder Göttin umwandeln: brilliant, strahlend; eine unsterbliche Kreatur, die von solch einer Kraft, Freude, Weisheit und Liebe durchdrungen ist, daß wir es uns hier überhaubt nicht vor Augen führen können. (p. 175)

BIBLIOGRAPHIE

Dodds, Erwin. Pagan and Christian in an Age of Anxiety. New York, 1970.

Keller, Roger. Reformed Christians and Mormon Christians: Let’s Talk. Ann Arbor, Mich., 1986.

Lash, Symeon. “Deification.” In The Westminster Dictionary of Christian Theology, ed. A. Richardson and J. Bowden. Philadelphia, 1983.

Madsen, Truman, ed. Reflections on Mormonism: Judaeo-Christian Parallels. Salt Lake City, 1978.

Robinson, Stephen. Are the Latter-day Saints Christians? Salt Lake City, 1991.

Snow, Eliza R. Biography and Family Record of Lorenzo Snow. Salt Lake City, 1884.

STEPHEN E.ROBINSON

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HARMONISIERUNG VON PARADOXON


Da Heilige der Letzten Tage den Einfluß des Neuplatinismus in der althergebrachten christlichen Theologie verwerfen, bewirkt es für sie nicht dasselbe Dilemma wie es bei verschiedenen Paradoxon der herkömmlichen christlichen Theologie der Fall ist. Das will aber nicht besagen, daß sie in ihrer Lebensethik oder in ihrer religiösen Denkweise frei von gewissen Paradoxon sind. Es ist die Erkenntnis von notwendiger Gegensätzlichkeit und das Gott und Mensch dem gleichen Realitätsbereich beigehören – obwohl der Mensch sich in unterschiedlichen Phasen des Wissens und Fortschrittes befindet – was die Ansichten Heiliger der Letzten Tage dazu neigen lässt gewisse Paradoxon in Einklang zu bringen.

Im normalen Sprachgebrauch bezieht sich „Paradox” auf eine Aussage, die anscheinend etablierten Tatsachen-, der Vernunft-, oder allgemein-akzeptierten Vorstellungen wiederspricht und als unglaubwürdig eingestuft wird. Obwohl sich viele Paradoxon tatsächlich als falsch erweisen, ist es bei manchen nicht der Fall. Viele der für falsch gehaltenen Paradoxon in der Geschichte menschlichen Denkens sind mit der Zeit zu Fall gebracht und auf breiter Ebene als wahr anerkannt worden – „zur Zeit ein Paradox, jetzt zum Beweis verwandelt” (Shakespeare, Hamlet, 3.1.115).

Die altherkömmliche Theologie des Christentums ist selber in mancher Hinsicht ein Paradox. Das kommt schon daher, daß man in den ersten Jahrhunderten des Christentums a) die bedeutungsvollen Einsichten von gefühlsnahen jüdisch-christlichen Offenbarungen durch b) einer Mischung von unbeständigen und unpersönlichen neu-platonischen Ideen umgestaltete und integrierte. Zu erwähnen wären:

1. (a) Der liebende Vater, der von unseren Schwächen zutiefst berührt ist, soll (b) ohne Regung sein und außerhalb jeglichen Einflusses walten.

2. (a) Der Gott, der innerhalb der menschlichen Geschichte wirkt und unsere Gebete erhört, soll (b) zeitlos und unveränderbar sein.

3. (b) Der Gott ohne Leib und Glieder wurde in Jesus Christus von Nazareth verkörperlicht.

4. Der Gott, der (b) absolut unbegrenzt und gut ist und der aus dem Nichts alles erschaffen hat, soll (a) eine Welt erschaffen haben, die voll des Schlechten ist.

5. (a) Die aus drei separaten und vollkommenen Wesen bestehende Gottheit soll (b) kollektiv ein einziges metaphysiches Wesen sein.

Die Lehren der Heiligen der Letzten Tage bekräftigen die unter der Rubrik (a) erwähnten jüdisch-christlichen Propositionen über Gott. Aber sie verwerfen – Bezeichnung (b) – die neuplatonische Struktur und Metaphysik als historisches Mittel in der Deutung von jüdisch-christlichen Offenbarungen. Dementsprechend sind diese Paradoxon, die durch die Verschmelzung dieser beiden unvereinbaren Glaubensvorstellungen erzeugt wurden, unter Heiligen der Letzten Tage und deren Ansichten über die eigentliche Lehre Christi nicht vorhanden.

Die Glaubensgrundsätze der Heiligen der Letzten Tage schlagen Brücken zwischen Enditäten und Quantitäten, die normalerweise als wiedersprüchlich gelten (sieh METHAPHYSIK). Sie sehen die Wirklichkeit nicht als eine Dichtonomie sondern als ein gestaffeltes Kontinuum: somit wird GEIST als eine Art von Materie – wenn auch höchst verfeinerte Materie – verstanden: Zeit ist ein Teil der Ewigkeit. Ein verkörperter Gott ist durch das Licht was von ihm austrahlt und das in allem und durch allem ist allgegenwärtig (LuB, 88:12-13).

In Diskursen der Ethik verlangt der axiomatische und ewige Grundsatz der Entscheidungsfreiheit eine „Gegensätzlichkeit aller Dinge” (2 Ne. 2:11) um sinnvolle Wahlmöglichkeiten abzusichern – nicht nur zwischen Gut und Böse sondern auch durch eine ganze Palette von rechtschaffenen Alternativen (sieh SITTENLEHRE, DAS BÖSE, LEIDEN IN DER WELT, THEODIZEE). Das Schwache besteht um das Starke zu ermöglichen. (Ether 12:27) Folglich haben Heilige der Letzten Tage in ihrer Ethik Wahlentschlüsse zu treffen, die als paradoxisch gelten könnten: Das Imperative zur Selbstverbesserung und das von Menschen zu dienen; Zeit für die Familie und Zeit für den Kirchendienst; das Bevorziehen zwischen Individualität und Institutionalität; das Erlangen von Reichtum oder die Versorgung von Armen und Lebenserlangung durch das sich Selbst-verlieren im Dienste der Menschheit (Mat. 10:39).

Diese Spannungen hindern jedoch HLT nicht daran zu handeln und die Mystik, Ironie, oder Resignation (optimistisch oder pessimistisch) werden diese Spannungen nicht übersteigen können. Sie sind eben Bestandteil einer Serie von wechselbeziehenden Evangeliumsgrundsätzen, die zu Christus führen, einschließlich:

  • Persönliche Offenbarung (Durch den Heiligen Geist kann jeder Mensch erkennen was zu Christus führt (Moroni 7:12-13; 10:5-6).
  • Den Erlaß zu handeln (Rechtschaffenheitserkenntnis kommt durch das leben der Evangeliumsgrundsätze (Joh. 7:17)
  • Freiwilliges eingehen von Bündnissen (Menschen verpflichten zu Dingen, denen sie zugesagt haben)
  • Ein erweiterter Begriff des Selbstseins (anderen behilflich sein ist gleichbedeutend mit Selbsthilfe)
  • Das Sühnopher Jesu Christi (sein Richtspruch wird beides, göttliche Gnade und menschliches Wirken, ausgleichende Gerechtigkeit und Barmherzigkeit beinhalten)
  • Das ewig Relative von Reichen und des Fortschrittes (mit all deren Unterschiedlichkeiten, alle Menschen befinden sich auf dem gleichen Weg zur Vollkommenheit)

Für Heilige der Letzten Tage werden die im Wissen bestehenden Paradoxon generell durch das Mittel „fortdauernder Offenbarung” überwunden. (sieh ER-KENNTNISTHEORIE, OFFENBARUNG). Obwohl sie in ihrem Glauben dazu neigen jede Wahrheit als etwas in sich Selbst-übereinstimmendes und Einheitliches im Zusammenhang mit anderen Wahrheiten zu sehen, räumen Heilige der Letzten Tage aber auch ein, daß menschliche Erkenntnis unvollkommen ist. Das Streben des Menschen göttliche Wahrheit verstehen oder vermitteln zu können ist aus zweierlei Gründen von Natur aus fehleranfällig: (1) die Fakten innerhalb eines linguistischen Strukturenkonzeptes stehen deutlich unter kulturellbedingten Einflüssen und sind schon aus diesem Grund unzulänglich wenn sie geäußert und erläutert werden. (2) Das menschliche Gewahrwerden dieser Fakten ist fragmentarisch und lückenhaft denn „so hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken” (Jes. 55:8-9), und während wir in der Sterblichkeit verweilen sollten wir zugeben „daß der Mensch nicht alles erfaßt, was der Herr erfaßt” (Mosia 4:9). Aber durch Offenbarung kann sich das Wissen des Menschen steigern denn „kein Mensch kennt seine Wege, außer es werde ihm offenbart” (Jakob 4:8). „Der irdisch gesinnte Mensch aber läßt sich nicht auf das ein, was vom Geist Gottes kommt...[denn] er kann es nicht verstehen weil es nur mit Hilfe des Geistes beurteilt werden kann.” (1 Kor. 2:14)

Wenn eindeutig klare Offenbarungen den Vermutungen, dem Menschenverstand, oder anscheinend feststehendenTatsachen wiedersprechen, dann geben Heilige der Letzten Tage Offenbarung den Vorrang und vertrauen darauf, daß sich mit der Zeit diese Paradoxon klarstellen werden, oder das sich innerhalb von Gottes vollkommener Erkenntnis schlichtende und vermittelnde Prinzipien befinden durch denen zwei anscheinend gegensätzliche und unvollständige Wahrheiten ausgesöhnt werden können. Dieses Vertrauen und diese Hoffnung auf weitere Offenbarung beruhigt solch unergründliche Paradoxon wie das Versöhnen von Gottes allumfassendem Wissen mit der Entscheidungsfreiheit des Menschen; oder das Harmonisieren der Schöpfungsgeschichte in den heiligen Schriften mit den Forschungsbelegen der Naturwissenschaft, oder, sagen wir mal ganz generell, vernunftbasiertes Studium und Glaube; VERNUNFT und OFFENBARUNG, Symbolismus und Visionen wider praktisches Denken und buchstäbliche Deutung. All dies wird sich eines Tages gleichzeitig und reibungslos einreihen lassen. Die Lehren der Heiligen der Letzten Tage widerstehen Extremen: Ihre bekräftigende Wahrheiten sind weder durch Abstraktion oder das Absolute umgestaltet worden, noch haben sich ihre göttlichen Eingebungen in das Mystische oder Verschwommene verfahren. Auf diese Weise werden die Offenbarungen des ewigen Evangeliums ihre eigenen Spannungspaarungen in dieser Welt beibehalten.

BIBLIOGRAPHIE

Hafen, Bruce C. “Love Is Not Blind: Some Thoughts for College Students on Faith and Ambiguity.” In BYU Speeches of the Year, pp. 8-17. Provo, Utah, 1979.

DAVID L. PAULSEN