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GRANT, HEBER J.

Heber J. Grant (1856–1945), der siebte Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, kam aus der Führungsetage der Wirtschaft und war ein treuer Anhänger des Evangeliums Jesu Christi, der seine Talente im Dienst der Kirche einsetzte. Nach der Panik und Wirtschaftskatastrophe des Jahre 1893 hatte er als Apostel großen Anteil an der Erhaltung des guten finanziellen Rufes und der Bonität der Kirche; als Präsident war er für seinen vorbildlichen Charakter bekannt und war stets Botschafter des guten Willens in einer Welt, die dem Mormonismus sehr oft feinlich gesinnt war.

Heber J. Grant wurde am 22. November 1856 in Salt Lake City als Sohn von Jedediah M. Grant <Grant, Jedediah und Rachel Ridgeway Ivins Grant> und Rachel Ridgeway Ivins Grant geboren. Bereits von Jugend an pflegte er Umgang mit den Führern der Kirche und des Utah-Territoriums. Sein Vater war Brigham Youngs Ratgeber und Bürgermeister von Salt Lake City, und seine Mutter war mit vielen Frauen in Führungsämtern der Kirche befreundet.

Heber J. Grant lernte jedoch seinen Vater nie persönlich kennen, da dieser neun Tage nach Heber Geburt an einer Lungenkrankheit verstarb. Seine Mutter Rachel wurde zum wichtigsten Einfluß in seinem Leben. Rachel Grant war sehr förmlich und zurückhaltend, und stammte aus einer eifernd-religiösen Kaufmannsfamilie in New Jersey. Kurz vor ihrem zwanzigsten Geburtstag wurde sie Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, was zum Teil auf den Feuereifer des Missionars zurückzuführen war, der sie belehrte und den sie später heiratete: Im Jahr 1855 heiratete Rachel den in Mehrehe lebenden Jedediah Grant.

Nach Jedediahs Tod zwang ihre finanzielle Lage sie dazu, mit ihrem Sohn Heber aus dem großen Grant-Haus an der Main-Street auszuziehen und einige Häuserblocks weiter in ein “Witwenhaus” einzuziehen. Der Unterschied war überwältigend. Hilfe seitens der Kirche lehnte sie ab und lebte mit ihrem Sohn von Schneiderarbeiten und Vermietung. Viele Abende lang saß Heber auf dem Boden und trat das Pedal der Nähmaschine, um seine Mutter zu entlasten.

Rachel und Heber Grant wohnten seit ihrem Umzug innerhalb der Gemeindegrenzen der Gemeinde Salt Lake City 13, einer der größten und kulturell vielfältigsten HLT-Gemeinden des Utah-Territoriums. Daher wurde Heber das Beste geboten, was der damalige Mormonismus zu bieten hatte. Heber war einer der wenigen Jugendlichen, die als Heimlehrer berufen wurden, und bereits als Fünfzehnjähriger wurde er zum Amt eines Siebzigers berufen.

Da es keine öffentlichen Schulen gab, verschaffte Rachel Grant sich die Mittel, ihren Sohn auf eine gute Privatschule schicken zu können, so z.B. auf die Brigham-Young-Schule an der State-Street. Grant bezeichnete sich selbst als guten Schüler in Rechnen, Auswendiglernen und freiem Vortrag, aber weniger begabt auf dem Gebiet der Grammatik, Rechtschreibung und in Fremdsprachen. Wie damals üblich, war die Schulbildung beschränkt, und Heber J. Grant ging als Sechzehnjähriger von der Schule ab.

Als die 13. Gemeinde im Jahr 1875 die erste Gemeinschaftliche Fortbildungsvereinigung Junger Männer gründete, wurde Grant im Alter von neunzehn Jahren Ratgeber des GFV-Leiters. Die wöchentlichen Versammlungen der GFV gaben ihm die Möglichkeit, sich weiterzubilden und die Kunst der freien Rede zu erlernen. Er las religiöse Literatur des Mormonismus und Protestantismus, Samuel Smiles Bücher über das Ideal des Self-Made-Mannes und viele Bücher über feste, traditionelle Wertvorstellungen. Als junger Mann war er aktives Mitglied der “Wasatch Literary Association”, einem Bildungsverein, der sich Mittwoch abends zu kulturellen Tätigkeiten traf, zu denen unter anderem Gedichtdeklamationen, Vorträge, Diskussionen, Lesungen, musikalische Vorträge und sogar kleinere Theateraufführungen gehörten. In späteren Jahren hat Heber J. Grant wiederholt darauf hingewiesen, wie sehr die “Wasatcher” zu seiner kulturellen und geistigen Bildung beigetragen haben.

Heber J. Grant war viele Jahre in der Wirtschaft tätig. Außer im Versicherungswesen war er im Buchhandel tätig, vermittelte Einzelhändler in Utah an den Lebensmittelgroßhandel in Chicago, arbeitete für die Deseret-Nationalbank und war Lehrer für Schreibkunst. Mit Brigham Youngs Hilfe wurde er Kassierer der im Kircheneigentum stehenden Bank “Zion’s Savings and Trust Company”, und sein Fleiß begann sich langsam bezahlt zu machen. Damals betrug das durchschnittliche Jahreseinkommen in Utah 500 Dollar. Heber J. Grant verdiente schon als unter Fünfundzwanzigjähriger das Zehnfache. Bald gründete er in Ogden eine weitere Versicherungsgesellschaft und begann sich seinen Traum von einer in Utah bodenständigen Industrie zu erfüllen. Gemeinsam mit einem Geschäftspartner kaufte er in Ogden eine Essigfirma.

Am 30. Oktober 1880 wurde Grant als Präsident des Pfahles Toole berufen. (Tooele liegt ca. 40 Kilometer westlich von Salt Lake City.) Er war noch nicht einmal vierundzwanzig Jahre alt und für über ein halbes Dutzend Gemeinden zuständig, die aus nicht immer ganz willfährigen, hartgesottenen Siedlern bestanden, denen er geistigen und zeitlichen Rat geben sollte. Zudem hatte jenes Gebiet ein Besonderheit aufzuweisen, die seine Aufgabe nicht erleichterte: Mit dem Beginn des Bergbaus in West-Utah waren Nichtmormonen zugezogen, die den Mormonen im Landkreis die Zügel der Lokalpolitik entrissen hatten.

Zu Grants kirchlichen Aufgaben kamen auch noch persönliche Schwierigkeiten hinzu. Am 1. November 1877, drei Wochen vor seinem einundzwanzigsten Geburtstag, hatte er seine langjährige Freundin aus der 13. Gemeinde, Lucy Stringham <Stringham, Lucy> geheiratet. Kurz nach dem Umzug des Ehepaares nach Tooele wurde Lucy magenkrank, woran sie zwölf Jahre später starb. Dann begannen Hebers Firmen in Salt Lake City unter seinem mangelnden Arbeitseinsatz zu leiden; die Essigfabrik in Ogden brannte ab und er war schlecht versichert.

Obwohl ihm seine kirchliche Arbeit in Tooele Freude bereitete, litt er sehr unter seinen persönlichen Belastungen. Jahre später berichtete er, daß er während jener Zeit “so deprimiert war, daß ich nicht wußte, was ich tun oder wohin ich mich wenden sollte”. (Grant an B.F. Grant, Brief vom 21. Juli 1896, Grant-Papiere, HLT-Archiv.) Sein 1,80m großer und 70 kg schwerer Körper konnte diese Belastung fast nicht mehr ertragen. Sein Arzt diagnostizierte “Nervenkrämpfe” und warnte den jungen Mann, daß er sich “eine Gehirnerweichung zuziehen werde”, wenn er sich keine Erholung gönne. (Grant-Tagebuch, 1. Nov. 1887; Francis M. Lyman-Tagebuch, 7., 15., 16., 23., Jan. 1882, Kirchenarchiv.)

Im Jahr 1882, zwei Jahre nach seinem Umzug nach Toole und zehn Monate nach seinem Nervenzusammenbruch, wurde Grant gebeten, an einer Sitzung im Büro von John TAYLOR, dem damaligen Präsidenten der Kirche, teilzunehmen, wo dieser bekanntgab, es sei ihm offenbart worden, wie zwei der offenen Apostelstellen zu besetzen seien. Beim Verlesen dieses Dokuments erfuhr Grant von seiner Berufung in das Apostelkollegium. Er fühlte sich für diese seiner Ansicht nach so hohe und wichtige Berufung unvorbereitete und fragte sich, wie sich seine wirtschaftlichen Interessen mit Religion in Einklang bringen ließen. Grants lange “Nacht der Seelenpein” fand im Verlauf einer seiner Predigtreisen ein Ende. Während seiner Reise durch Arizona empfing er eine Kundgebung des Geistes, in der seine Berufung bestätigt wurde und seinen Selbstzweifeln ein Ende bereitete. In dieser Kundgebung wurden auch andere Segen inhaltsmäßig wiederholt, die Grant als Jugendlicher erhalten hatte. Mehrere Male war ihm von Kirchenführern gesagt worden, daß er eines Tages ein hohes Amt in der Kirche bekleiden würde.

Während seiner ersten Amtsjahre als Apostel gelangte Grant zu dem Schluß, daß Geld und finanziellem Erfolg nichts Unehrenhaftes anhaftete, wenn man beides dem Wohl der Allgemeinheit weihte, worunter er zweierlei verstand: das Geben von Spenden und die Gründung von Wirtschaftsunternehmen, um der Kirche und dem Gemeinwesen helfen zu können. Während seiner Jahre als junger Apostel hielt er sich an beides. Seine Geschenke an seine Freunde und seine Spenden für wohltätige Zwecke überstiegen häufig ein Drittel seines Einkommens. Während andere Apostel in ihrer Freizeit privaten Vergnügungen nachgingen, beschäftigte er sich unermüdlich mit der Gründung von bodenständigen Unternehmen zum Wohl des Gemeinwesens. Unter anderem gründete er einen Einzel- und einen Großhandelsbetrieb, einen Mietstall, zwei Versicherungsfirmen, eine Bank, eine Zeitung in Salt Lake City, das berühmte Theater von Salt Lake City, eine Zuckerfirma und viele kleinere Betriebe.

Als Mitglied des Finanzkomitees für Gehälter, des Sonntagsschulausschusses und des Ausschusses für die Gemeinschafttliche Fortbildungsvereinigung war er auch kirchlich gleichermaßen ausgelastet. Zweimal ging er zu den als gefährlich bekannten Yaqui-Indianern Mexikos auf Mission, und seine vielen kirchlichen Reisen in den amerikanischen Südwesten trugen ihm den Namen “Arizona-Apostel” ein.

Grant war insgesamt mit drei Frauen verheiratet, die ihm zwölf Kinder gebaren. Außer mit Lucy Stringham war er noch mit Huldah Augusta Winters <Winters, Huldah Augusta> und Emily Wells <Wells, Emily> in Mehrehe verheiratet. Seine drei Frauen waren sich alle sehr ähnlich. Für damalige Verhältnisse waren sie gebildet, waren von Beruf Lehrerin und stammten von alteingesessenen Pionierfamilien ab. “Der Reichtum eines Menschen besteht aus denjenigen, die er liebt und denen er dient, und die ihn lieben und ihm dienen”, sagte Heber J. Grant sehr oft. Seine vielen Reisen trennten ihn oft von seiner Familie, was er durch lange und persönliche Briefe wettzumachen versuchte. In den Archiven der Kirche befinden sich über 50.000 von Heber J. Grant verfaßte Briefe, von denen viele an seine Kinder und Enkel gerichtet sind.

Die Wirtschaftspanik des Jahres 1893 traf sowohl Grant als auch die Kirche finanziell unvorbereitet, und er mußte nach New York City, um sich und der Kirche Kredite zu verschaffen, wodurch sowohl er als auch die Kirche in den finanziell harten neunziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts immer solvent blieben. Die wirtschaftlichen Auswirkungen führten für ihn schließlich doch zu schweren finanziellen Verlusten, von denen er sich nie wieder ganz erholte

Grants Aufgabenbereiche änderten sich, als Utah und die Kirche das 20. Jahrhundert beschritten. Die wachsende Kirche forderte immer mehr seiner Zeit. Zweimal fuhr er ins Ausland auf Mission: Er gründete die Japan-Mission (1901–1903) und präsidierte über die Europäische Mission (1903–1905). Nach seiner Rückkehr in die USA wurde ihm die Aufsicht über das Bildungswesen der Kirche, die Genealogische Gesellschaft und die Zeitschrift der Kirche (Improvement Era) übertragen. Er opferte auch Zeit für Dienst am Gemeinwesen, indem er die Alkohol-Prohibition und während des Ersten Weltkriegs die Werbung für Kriegsanleihen unterstützte.

Im Jahr 1916 wurde er infolge seines Dienstalters Präsident des Kollegiums der Zwölf Apostel. Zwei Jahre danach ergriff der damalige Präsident der Kirche, Joseph F. SMITH <Smith, Joseph F.> auf dem Totenbett Grants Hand und sagte: “Der Herr segne dich, mein Junge, der Herr segne dich. Du trägst eine große Verantwortung. Vergiß nie, daß dies das Werk des Herrn ist und kein Menschenwerk. Der Herr ist größer als alle Menschen zusammen. Er weiß, wen er an der Spitze dieser Kirche haben möchte und er begeht dabei nie einen Fehler. Der Herr segne dich.” (Conference Report, April 1941.) Am 23. November 1918 wurde Heber J. Grant als Präsident der Kirche bestätigt.

Im Laufe seiner sechsundzwanzigeinhalbjährigen Amtszeit - die zweitlängste in der Kirchengeschichte - gewöhnten sich die Kirchenmitglieder an Präsident Grants festen, von Pioniergeist beseelten Führungsstil. Immer wieder sprach er Themen wir Nächstenliebe, Pflichtbewußtsein, Ehrgefühl, Dienen und Fleiß an und rief die Heiligen der Letzten Tage zu Bescheidenheit und dem Befolgen des Wortes der Weisheit (=die Gesundheitsregeln der Kirche) auf. Für diejenigen Heiligen der Letzten Tage, die infolge der raschen gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen des neuen Jahrhunderts die Orientierung verloren hatten, waren Präsident Grants feste Stimme, seine kerzengerade Haltung und seine mit Bestimmtheit vorgetragenen und manchmal scharfen Ansprachen ein Vorbild an Kraft und Stärke. Er war die Verkörperung unumstößlicher, wetterfester Grundsätze.

Nach Jahren vieler Mißverständnisse und eines negativen Bildes der Kirche in der Öffentlichkeit nahm Präsident Grant die Einladungen gerne an, überall in den USA vor Nichtmormonen zu sprechen. Er reiste mit der einzigen ihm verbliebenen Ehefrau, Augusta, in der Hoffnung, das Ansehen der Kirche verbessern zu können. Seine Reden bestanden meistens aus persönlichen Erinnerungen, Wirtschaftsthemen und einer Aussage über die Kirche. Sein Einflußbereich blieb aber nicht auf Reden beschränkt. Er knüpfte persönliche Kontakte mit Wirtschaftsfachleuten, der Filmindustrie, den Medien und Politikern an in der Hoffnung, die Kirche vor einem breiten Publikum in einem besseren Licht erscheinen lassen zu können. Die Produktion mormonenfreundlicher Hollywood-Filme wie Union Pacific und Brigham Young waren der Erfolg seines Wirkens. Er unterstützte amerikaweite Tourneen des Tabernakelchors und das politische Wirken des Senators und Apostels Reed Smoot, dessen wachsender nationaler Einfluß sich auf Utah und die Kirche als Ganzes günstig auswirkte.

Angesichts der lokalen und später allgemeinen wirtschaftlichen Depression im Laufe der späten zwanziger und dreißiger Jahre, sah sich die Grant-Führung der Kirche schweren Zeiten gegenüber. Dank der Erfahrungen, die er während der Wirtschaftskrise der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gesammelt hatte, kürzte Präsident Grant die Ausgaben der Kirche, wo er nur konnte. Seine Erfahrung auf wirtschaftlichem Gebiet und besonders seine Kontakte im Osten der USA waren ihm bei der finanziellen Stabilisierung der Kirche behilflich. Er half vielen örtlichen Firmen (sowohl innerhalb als auch außerhalb der Kirche), ohne ihnen dies in Rechnung zu stellen und sicherte dadurch ihren Fortbestand. Im Jahr 1936 begann die Kirche, durch Gründung des sogenannten “Church Security Program”, das später in “Wohlfahrtsprogramm” umbenannt wurde, bedürftigen Mitgliedern zu helfen. Dies war eine der wichtigsten Leistungen seiner Amtszeit. Um das Wohlfahrtsprogramm auf die Beine zu stellen, schenkte Präsident Grant der Kirche seine Farm in West-Utah, in die er mehr als 80.000 Dollar investiert hatte.

Während seiner Amtszeit weihte Präsident Grant drei Tempel: Den Hawaii-Tempel in Laie (1919), den Cardston-Tempel in Kanada (1923) und den Mesa-Tempel in Arizona (1927). Während seiner Amtszeit wurden Hunderte Gemeindehäuser errichtet, viele davon außerhalb des eigentlichen Mormonen-Kerngebietes in Utah. Im Jahr 1933 wurde das Gemeindehaus in Washington D.C. geweiht - ein Zeichen des amerikaweiten Wachstums der Kirche.

Für viele Schwerpunkte der Kirche des 20. Jahrhunderts wurden während Heber J. Grants Amtszeit die Weichen gestellt. Durch die Gründung des Seminar- und Institutswesens wurde die Bedeutung der religiösen Bildung hervorgehoben, durch die die Ausbildung der Jugend eine geistige Dimension vermittelt bekam. Unter Grants Führung wurde besonderer Wert auf die Teilnahme an der Abendmahsversammlung, Tempelarbeit, das Wort der Weisheit, Familienforschung und das monatliche Heimlehren gelegt. Um organisatorisch mit dem Wachstum der Kirche Schritt halten zu können, gründete er eine neue Gruppe von Generalautoritäten, die “Assistenten der Zwölf Apostel”.

Gegen Ende seines Lebens äußerte sich die Erste Präsidentschaft unter Heber J. Grant zur moralischen Zwiespältigkeit eines Krieges. Die zu Beginn des Eintritts der USA in den Zweiten Weltkrieg veröffentlichte Stellungnahme der Ersten Präsidentschaft lautet auszugsweise folgendermaßen: “Die Kirche ... kann einen Krieg nicht als rechtschaffenes Mittel zur Beilegung internationaler Zwistigkeiten ansehen.” Dennoch wurde in dieser Stellungnahme “Gehorsam gegenüber verfassungsmäßigem Recht” und der Gehorsam der Mitglieder der Kirche gegenüber der Wehrpflicht ihres Landes gefordert, gleichgültig in welchem Land sie auch leben mochten. (Improvement Era 45, Mai 1942, S. 348,349.) Diese so gewissenhaft-neutrale Stellungsnahme war eine Widerspiegelung der Zweifel Präsident Grants an der Richtigkeit des Eintritts der USA in den 2. Weltkrieg und seines zunehmenden persönlichen Pazifismus.

Die Mitglieder der Kirche lernten Präsident Grants neue Methoden schätzen. Bis ihn seine vielen Pflichten und seine schwindende Gesundheit daran hinderten, stand seine Bürotür allen Generalautoritäten, Pfahl- und Gemeindeführern und sogar Mitgliedern mit persönlichen Problemen immer offen. Er bereiste ganz Amerika und beging im Jahr 1937 das hundertjährige Bestandsjubiläum der Kirche in Europa mit einer Reise durch die Missionen in Großbritannien und Westeuropa. Er war der zweite Präsident der Kirche, der während seiner Amtszeit den Atlantik überquerte. Er bemühte sich, seinem Amt einen Beigeschmack des Persönlichen zu verleihen, indem er tausende Heftchen mit seinen Predigten verteilte, die er alle eigenhändig unterschrieb und wichtige Stellen unterstrich. Im Andenken an die Not seiner Mutter als Witwe, verteilte er großzügige persönliche Spenden, besonders an Witwen, und richtete für seine zahlreichen Nachkommen einen Missionsfonds ein.

Während einer Reise nach Südkalifornien im Jahr 1940 erlitt er mehrere Schlaganfälle, die ihn zum Nachlassen zwangen. Er übertrug die Aufgaben der eigentlichen Verwaltung der Kirche hauptsächlich seinem Ersten Ratgeber J. Reuben Clark jun. Präsident Grant starb am 14. Mai 1945 in Salt Lake City.

Während seiner Amtszeit verdoppelte sich die Mitgliederzahl der Kirche. Er reiste über 600.000 Kilometer, berief 1500 Personen zu verschiedenen Ämtern, hielt 1250 Ansprachen und 28 Reden vor Gruppen in Utah, in anderen Bundesstaaten, vor Bürger- und Berufsorganisationen. Seine größte Leistung ist aber statistisch nicht erfaßbar. Während seiner insgesamt 65 Dienstjahre hat er die Kirche von einer ins Abseits gedrängten, mißverstandenen Pionierreligion in eine anerkannte, pulsierende Kirche im Amerika des 20. Jahrhundert verwandelt.

BIBLIOGRAPHIE

Es gibt keine umfassende, zeitgenössische Biographie über Heber J. Grant. Sein Leben wird in folgenden Werken überblicksweise behandelt: Bryant S. Hinckley, Heber J. Grant: Highlights in the Life of a Great Leader. Salt Lake City, 1951; Francis M. Gibbons, Heber J. Grant: Man of Steel, Prophet of God. Salt Lake City, 1979; Ronald W. Walker, “Heber J. Grant”, in The Presidents of the Church, Leonard J. Arrington, Hrsg. Salt Lake City, 1986.

Verschiedene Ereignisse in Präsident Grants Leben werden in folgenden Werken behandelt: Ronald W. Walker, “Crisis in Zion: Heber J. Grant and the Panic of 1893”, Arizona and the West 21, Herbst 1979, S. 257–278, Neudruck in Sunstone 5, Jan./Febr. 1980, S. 26–34; “Heber J. Grant and the Utah Loan and Trust Company”, Journal of Mormon History 8, 1981, S. 21–36; “Young Heber J. Grant: Entrepreneur Extraordinary”, The Twentieth Century American West, Charles Redd Monographs in Western History, 1983, S. 85–119; und “Young Heber J. Grant’s Years of Passage”, BYU Studies 24, Frühjahr 1984, S. 131–149.

Heber J. Grants Rolle bei der Stabilisierung der Kirchenfinanzen im frühen 20. Jahrhundert wird beschrieben in Thomas G. Alexander, Mormonism in Transition. Urbana, Illinois, 1986.

RONALD W. WALKER