In der Bibel wird der Name Getsemani (aus dem Hebräischen für „Ölpresse“) zweimal im Neuen Testament erwähnt (Matthäus 26:36; Markus 14:32). In beiden Fällen wird es als ein „Ort“ bezeichnet (Griechisch chorion, „Stück Land“), wohin sich Jesus Christus und seine Apostel nach ihrem letzten Abendmahl zurückzogen. Das vierte Evangelium bezeichnet das Gebiet als „einen Garten“ (Johannes 18:1). Heilige der Letzten Tage glauben, dass Getsemani der Ort war, wo Jesus seine größte Qual erlitt, welche sogar sein Leiden am Kreuz überstieg. Markus beschreibt die Erfahrung Jesu auf eine Weise, die dieses Verständnis untermauert (Markus 14:33-39).
Gemäß Lukas 22:43-44 erlitt Jesus solch tiefe Schmerzen, dass „sein Schweiß wie Blut [war], das auf die Erde tropfte“. Diese Beobachtung harmoniert mit der Ansicht, dass Jesus während seines Sühnopfers am furchtbarsten in Getsemani litt. Auch wenn diese Verse in manchen der am frühsten erhaltenen Manuskripten vom Lukasevangelium fehlen, bestätigen neuzeitliche Offenbarungen dessen Inhalt (z.B. LuB 19:18). Der Beweis für die immense Qual Jesu in Getsemani stützt sich auf eine Prophezeiung im Buch Mormon und eine Aussage des auferstandenen Erlösers, die im Buch Lehre und Bündnisse aufgezeichnet wurde. Um etwa 125 v. Chr. erzählte Benjamin, ein König im Buch Mormon, in einer wichtigen Rede von einer Prophezeiung über den kommenden Messias, die ihm in der zuvorigen Nacht von einem Engel gegeben wurde. Der Engel verkündete in Bezug auf die sterbliche Erfahrung des Messias, dass „er Versuchungen erleiden [wird] und körperliche Pein, Hunger, Durst und Erschöpfung, selbst mehr, als ein Mensch ertragen kann, ohne daran zu sterben; denn siehe, Blut kommt aus jeder Pore, so groß wird sein Schmerz wegen der Schlechtigkeit und der Greuel seines Volkes sein“ (Mosia 3:7). In Lehre und Bündnisse stehen die folgenden ergreifenden Worte des auferstandenen Jesus: „Denn siehe, ich, Gott, habe das für alle gelitten, damit sie nicht leiden müssen, sofern sie umkehren; [...] und dieses Leiden ließ mich, selbst Gott, den Größten von allen, der Schmerzen wegen zittern und aus jeder Pore bluten und an Leib und Geist leiden“ (LuB 19:16, 18).
Neuzeitige Kirchenführer der HLT betonen, dass die herausfordernste Erfahrung Jesu in Getsemani stattfand. Bei seiner Ansprache in der Generalkonferenz der Kirche im Jahre 1982 bemerkte Marion G. Romney, ein Mitglied der Ersten Präsidentschaft, dass Jesus „die Leiden aller Menschen vornehmlich in Getsemani, dem Schauplatz seiner größten Qual, [erlitt]“ (Ensign 12 [Mai 1982]:6). Als Präsident der Kirche schrieb Ezra Taft Benson: „In Getsemani nahm Jesus die Sünden der Welt auf sich, in Getsemani entsprach sein Leiden der gesamten Bürde aller Menschen, in Getsemani ließ er sich unter alle Dinge erniedrigen, so dass alle umkehren und zu ihm kommen könnten“ (Benson, S. 7).
Während man traditionell die unteren Hänge des Ölbergs als den Ort Getsemani bestimmt, verbleibt der genaue Ort unbekannt. Lukas bringt ihn mit dem Ölberg in Verbindung (Lukas 22:39) und Johannes erwähnt, dass er auf der anderen Seite des Baches Kidron liegt (Johannes 18:1), welcher von Norden entlang der Ostseite Jerusalems fließt. Der spezielle Gebrauch von „Ort“ (Griechisch topos) im Lukas- und Johannesevangelium zur Beschreibung der Stelle weist darauf hin, dass der Ort mit dem Schicksal Jesu verbunden ist und daher eine heilige Wesensart besitzt (Lukas 22:40; Johannes 18:2). Es war eine Stelle, die Jesus und seine Jünger üblicherweise besuchten (Lukas 22:39). Daher konnten Judas und die anderen ihn in der Nacht seiner Festnahme finden (Johannes 18:2).
BIBLIOGRAPHIE
Benson, Ezra Taft. Come Unto Christ. Salt Lake City, 1983.
Maxwell, Neal A. "The New Testament-A Matchless Portrait of the Savior." Ensign 16 (Dec. 1986):20-27.
Wilkinson, John. Jerusalem as Jesus Knew It, pp. 125-31. London, 1978.
S. KENT BROWN