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GEMEINSCHAFT DER HEILIGEN DER LETZTEN TAGE

Für die Heiligen der Letzten Tage ist die Gemeinschaft ein grundlegender und ewiger Teil des Lebens in dieser und der nächsen Welt. Seit der Gründung der Kirche (1830) betonten ihre Lehren Grundsätze der Einigkeit, Zusammenarbeit, gegenseitigen Hilfe und Verschönerung der Umgebung. Die Gemeinschaft der Heiligen, die der Prophet Joseph Smith vorhersah, hält bis heute an und basiert hauptsächlich auf seinen Grundsätzen. Es fanden jedoch Veränderungen statt, als die Kirche in den Westen zog, wo Dörfer und Städte entstanden, und später als sich die Kirche in viele Teile der Welt ausbreitete. Mit dem Wachstum der Kirche ist die Gemeinschaft, die durch die Gemeinde verkörpert wird, ein Schwerpunkt des geistigen und gesellschaftlichen Lebens der Mitglieder der Kirche geworden. Dabei kommt es nicht darauf an, wie klein oder abgelegen die Gemeinde ist. Wo auch immer sich Heilige der Letzten Tage zusammenfinden, bilden sie eine Gemeinschaft von Gläubigen, die sich auf langwierige, zwischenmenschliche Beziehungen gründet.

LEHREN VON JOSEPH SMITH UND BRIGHAM YOUNG. Joseph Smith beschrieb die Vorteile des Dorflebens als eine Erweiterung des Lebens in einer neuenglischen Stadt. Die Smiths brachten ihren neuenglischen Hintergrund mit sich ins Grenzland. Dieser betonte die Gemeinschaft und deren Wichtigkeit eine Ausbildung, gegenseitige Hilfe und politische sowie wirtschaftliche Organisationen bereitzustellen. Joseph Smiths Vorstellungen über die Wichtigkeit des Gemeinschaftslebens stammten von einer Offenbarung, die er im Februar 1831über das Gesetz der Weihung und Treuhandschaft empfing (LuB 42). Diese Offenbarung ermutigte die Mitglieder der Kirche sich zusammenzuschließen und ein gemeinschaftliches Leben zu führen, in dem die Wohlhabenden freiwillig von ihrem Überfluss mit den Armen teilen würden. Im Jahre 1831 wurden diese Vorstellungen von Gemeinschaft teilweise in Kirtland in Ohio eingeführt. Die Beteiligten zogen bald nach Jackson County in Missouri und waren an Joseph Smiths Plan für eine Zionsstadt beteiligt. Durch diesen sah er viele soziale, erzieherische, intellektuelle, wirtschaftliche und berufliche Vorteile für die Heiligen voraus. Diese stammten von einem Leben in Gemeinschaften von 15,000 bis 20,000 Menschen, anstatt eines Lebens auf weitverstreuten Farmen wie es der damalige Brauch im Grenzland war (CHC 1:311-12; Siehe auch Stadtplannung).

Zwischen den Jahren 1838 und 1839 trieben Verfolgungen um die 12,000  Heiligen von Missouri nach Nauvoo in Illinois. Auf dem Plan der Zionsstadt basierend wurde Nauvoo ein allgemeines Vorbild für eine Gemeinschaftsentwicklung, die später von den Heiligen der Letzten Tage bei der Besiedelung des Westens benutzt wurde. 

Ein wichtiger Teil in der Organisation der Gemeinschaften, die von den Heiligen der Letzten Tage zwischen 1830 und 1846 gegründet wurden, war die Teilung der größeren Gemeinschaften in Gemeinden und Pfähle mit eigenen Führern. Der Bischof jeder Gemeinde war eine bedeutende Persönlichkeit innerhalb dieser Organisation. Nauvoo wurde letztendlich in verschiedene Gemeinden eingeteilt, die jeweils ein geographisches Gebiet der Stadt und der darumliegenden Landschaft repräsentierte. Der Bischof und seine Ratgeber waren für die zeitlichen und geistigen Anglegenheiten der Familien innerhalb ihrer Gemeindegrenzen zuständig. 

Die Richtlinien, die Joseph Smith interließ und die fünfzehnjährige Erfahrung in der Gemeinschaftsbildung in Ohio, Missouri und Illinois lieferten die Grundlage für die Grundsätze, denen Präsident Brigham Young während der Auswanderung nach Utah und der Gründung und Entwicklung der Siedlungen folgte.

Der erste Grundsatz basierte auf einer Überzeugung Joseph Smiths. Er hielt es für angebracht, dass die Heiligen der Letzten Tage in einem Dorf leben und zu umliegenden, ländlichen Farmgegenden hinfahren sollten.

Zweitens, die Grundstücksrechte der Einwohner wurden durch Treuhandschaften verwaltet, die nahelegten, dass das Interesse der Gruppe wichtiger war, als das des Einzelnen. Dieser Grundsatz  wurde später von Brigham Young angewendet der dreißig Jahre lang versuchte diese gemeinschaftlichen Lehren in die Siedlungen des Westens zu integrieren.

Drittens, war es die Pflicht der Heiligen für die Erde zu sorgen und diese zu verschönern (Nibley, S. 3-29). Als die Kirche in das wasserarme Große Becken zog, war der Glaube, dass die Erde durch die Anstrengungen einer fleißigen Gemeinschaft von Heiligen verbessert werden könnte, von großer Bedeutung. 

Der vierte Grundsatz befürwortete Genügsamkeit und die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Heiligen. 

Der fünfte Grundsatz betonte die Wichtigkeit  der Einheit und Zusammenarbeit der Kirchenmitglieder. Die gemeinschaftliche Zusammenarbeit erlaubte ihnen Hunderte von Siedlungen im trockenen Westen zu gründen. Diese basierten auf den Grundsätzen von Glauben, Liebe, Nächstenliebe, Güte, Dienst und dem Tragen der Lasten anderer.  

DIE BESIEDLUNG DES WESTENS. Die gemeinschaftlichen Grundsätze, die während den Gründerjahren der Kirche aufgestelllt und entwickelt wurden, wurden bei der Besiedlung des Großen Beckens institutionalisiert. Eines der Unterscheidungsmerkmale des Westens ist die Anwesenheit der kirchlichen Gemeinschaften, die auf diesen Grundsätzen basieren. Historisch erstreckten sich diese Siedlungen von Südidaho, Südwestwyoming, Utah, Nevada, Kalifornien und Arizona bis nach Nordwest Mexiko und Südcolorado. Die Religion spielte bei ihrer Gründung eine einzigartige Rolle.

Die Gemeinde wurde zur Hauptzentrale für die Organisation der Zusammenarbeit, der wirtschaftlichen Entwicklung, des geistigen und zeitlichen Wohlergehens und der Justitzverwaltung in der neuen Siedlung. Salt Lake City war zum Beispiel geographisch in Gemeinden eingeteilt. In ihrem Zuständigkeitsbereich waren die Bischöfe für das Wohlergehen ihrer Mitglieder verantwortlich. In jeder Gemeindeeinheit vereinten die Gläubigen ihre Anstrengungen für Aktivitäten wie die Errichtung eines Zaunes, um die neu ausgesäte Saat zu schützen, das Graben von Bewässerungsgräben, um Wasser für die Grundstücke innerhalb der Gemeindegrenzen bereitzustellen, die Betreuung von Witwen und Familien von Männern, die Missionen für die Kirche erfüllten, die Hilfe bei Geburten, die Bestattungen der Verstorbenen und die Einbindung in das Gemeindeleben. Das Priestertum innerhalb der Gemeindegrenzen regelte außerdem Streitigkeiten um Wasser und Grundstücke.

Die Wichtigkeit gemeinsamer Bemühungen in Kirchengemeinschaften ist für Betrachter dieser kleinen, westlichen Städte noch immer erkennbar. Demzufolge ist die Meadow Utah Gemeinde auch die Stadt Meadow in Utah. Die Aktivitäten der Gemeinde stellen den Mittelpunkt des gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Lebens der Gemeinschaft dar und schließen sogar die wenigen Nicht-Mormonen mit ein, die dort leben. In größeren Städten und in Gebieten, in denen es weniger Heilige der Letzten Tage gibt, verbleibt die Gemeinde der Mittelpunkt im Leben der Gläubigen.

DAS ZWANZIGSTE JAHRHUNDERT. Die heutigen Gemeinschaften operieren im Wesentlichen noch immer auf gleiche Art und Weise wie die frühen Gemeinschaften, die unter der Führung von Joseph Smith gegründet wurden. Die wesentlichen Grundsätze der Zusammenarbeit, Gleichheit, Verschönerung der Erde, Genügsamkeit, Unabhängigkeit, Einheit und Treuhandschaft materiellen Eigentums wurden einzig in ihrem Schwerpunkt und nicht in ihrem Prinzip verändert. Das fortgeführte Vertrauen auf ihre unbezahlte Führerschaft erlaubt der Mehrheit der Gemeindemitglieder in den Dienst der örtlichen Gemeinde eingeschlossen zu sein. Vom Bischof bis zu den Heim- und Besuchslehrern, die regelmäßig jedes Heim der Mitglieder besuchen, sind alle Mitglieder eingeladen sich aktiv am Wohlergehen der gesamten Gemeinde zu beteiligen. Die Gemeinde bietet nicht nur Gottesdienste, sondern auch Freunde, wirtschaftliche Hilfe und eine Hilfsgruppe, die einer Familie Beistand leisten kann. Dies gilt besonders für eine Gesellschaft, in der die Verwandschaft nicht in der Nähe wohnt, um solchen Beistand zu leisten. Auf diesem Weg wird die Gemeinde für viele Mitglieder eine Ersatzfamilie und die übliche Adressierung der Heiligen mit „Bruder“ und „Schwester“ nimmt eine erweiterte und geistige Bedeutung an. Ungeachtet anderer Zugehörigkeiten oder einem Mangel an diesen gehört man der Gemeinschaft der Heiligen an und ist in der Gemeinde willkommen, selbst wenn man anderswo als Außenseiter gilt. 

Die Leistungsfähigkeit einer jeden Gemeinde unterscheidet sich von Ort zu Ort und hängt von den Fähigkeiten und dem Engagement der Gemeindeführer und Mitglieder ab. Das Ausmaß an Einigkeit unter den Gemeindemitgliedern und deren Verpflichtung zur gegenseitigen Hilfe und Sorge umeinander beeinflussen außerdem die Leistungsfähigkeit einer Gemeinde. Im Allgemeinen funktionieren die Gemeinden jedoch als eine sofortige Gemeinschaft für die Heiligen der Letzten Tage, egal wo diese hinziehen. 

Die Mitgliedschaft in der Kirchengemeinschaft ist nicht auf langjährige Mitglieder der Kirche beschränkt. Die Kirche ist aktiv im Missionsdienst involviert. In der ganzen Welt machen fast 50,000 Missionare potenzielle Mitglieder mit der Gemeinde- oder Zweiggemeinschaf bekannt. Die Missionare ermutigen sie die Gemeinde zu besuchen und sich zu involvieren. Die Organisationen der Kirche dienen zur Eingliederung der neuen Mitglieder in die Gemeinschaft. 

Die Gemeinde strebt danach, die Führung in der Kirche auf Joseph Smiths Lehren zu gründen: Lehre die Mitglieder richtige Grundsätze und lasse sie sich selbst beherrschen (JD 10:57-58). Obwohl der Grundsatz gleicher Mittel heutzutage nicht wie in den 1830er und 1870er Jahren praktiziert wird, widmen die Mitglieder der Kirche noch immer ihre Zeit und ihre Talente dem Wohlergehen der Gemeinschaft. Sie werden außerdem ermutigt, ihren Zehnten zu zahlen und zur Armenhilfe beizutragen. 

DAS LEBEN IN DER KIRCHENGEMEINSCHAFT. Die Wichtigkeit der Kirche im Leben ihrer Mitglieder kann nicht überbewertet werden (Siehe Mitgliedschaft). Die Grundsätze und Praktiken der Kirche stellen einen Teil des täglichen Lebens in Angelegenheiten wie Kleidung, Ernährung, persönlichen Angewohnheiten und Finanz- und Zeitmanagement dar. Durch die gegenseitige Hilfe, die die Gemeindemitglieder leisten, entwickeln sie außerdem ein starkes Band untereinander. Die Kirche betont die Integrität der Familie und lehrt, dass es eine wesentliche Aufgabe der Kirche ist die Familie zu stärken. Zusätzlich zu förmlichen und informellen, religiösen Bräuchen in der Familie, trifft sich die Gemeinde am Sonntag zu drei einstündigen Versammlungen (seit 1990). Den Mittelpunkt bildet die Abendmahlsversammlung, in der Mitglieder Ansprachen über Evangeliumsgrundsätze geben und am Abendmahl teilnehmen. Der Abendmahlsversammlung folgen die Sonntagsschule, die Priestertumsversammlung, die Frauenhilfsvereinigung, Junge Damen und Junge Männer und die Primarvereinigung. In früheren Jahrzehnten wurden verschiedene Hilfsvereinigungen, Jugendaktivitäten und Gemeindeveranstaltungen unter der Woche abgehalten und das Versammlungshaus war fast jeden Tag ein geschäftiges Zentrum für Gemeinde- und Pfahlaktivitäten. 

Die Mitglieder stehen außerdem durch die Heimlehr- und Besuchslehrprogramme und die anderen Versammlungen und Aktivitäten der Kirchenhilfsvereinigungen in Kontakt. In Notsituationen leisten sie sich gegenseitige Hilfe. Die Gemeinde- und Pfahlmitglieder können an Sportaktivitäten teilnehmen. Die Gemeinde veranstaltet regelmäßig gesellige Treffen, Pfadfinderaktivitäten und kulturelle Veranstaltungen, die die Mitglieder der Gesellschaft (sowohl Mormonen als auch Nichtmormonen) miteinbeziehen. Die Hilfe, die die Gemeindemitglieder den Witwen, Armen, Kranken, Alten und anderen mit besonderen Bedürfnissen leisten, liefern zusätzliche Möglichkeiten der Interaktion. Die Aktivitäten und Möglichkeiten zum Nächstendient unter den Mitgliedern einer Gemeinde stärken die Bindungen der Kirchengemeinschaft und fördern ihr Bekenntnis „einander zu lieben“ wie Christus es geboten hat (Joh. 13:34-35). 

EWIGE PERSPEKTIVEN. Der Glaube, dass menschliche Beziehungen für die Ewigkeit anhalten, prägt die Einstellung der Heiligen der Letzten Tage über die Gemeinschaft. Menschen sind von Natur aus gesellige Wesen, deren Leben und Gefühle auf ewig mit denen anderer verflochten sind. Im vorirdischen Dasein wurden alle Menschen als Geistkinder in die Familie Gottes geboren. Dadurch wurden sie zu Mitgliedern einer ewigen und göttlichen Gesellschaft. In diesem Leben können Menschen zu Mitgliedern der Kirche werden, indem sie, durch die Taufe, in den neuen und immerwährenden Bund eintreten. Dieser bindet Menschen als Mitglieder des Reichs Gottes zusammen. Die Vorstellung der Heiligen der Letzten Tage über die zukünftigen Reiche der Herrlichkeit beschreibt unsterbliche Wesen, die zusammen für die Ewigkeit leben. Der Himmel stellt also ein Leben mit anderen Menschen und mit Gott dar. Im höchsten Grad der celestialen Herrlichkeit findet man eine Fülle der Freude durch die ewige Ehe und familiäre Beziehungen. Tatsächlich ist die Natur der Gottheit in ihrer Zusammenstellung als drei Personen, die durch eine gemeinsame Sache auf ewig verbunden sind, ein Vorbild für persönliche Beziehungen. 

Die Heiligen der Letzten Tage glauben, dass alle Menschen am Tag des jüngsten Gerichts auferstehen und danach auf verschiedenen Ebenen weiterleben werden. Diese Erwartung verleiht Freundschaft, Gemeinschaft und nahezu allen Kontakt mit anderen Menschen in örtlichen und weltweiten, religiösen und bürgerlischen Gemeinschaften, ein beständiges und feinfühliges Ausmaß. Das Ideal der menschlichen Existenz strebt nach der Errichtung eines Zionsvolkes nach dem Vorbild der Stadt Enochs und nach der Gründung einer vollkommenen Gemeinschaft, einem Neuen Jerusalem, unter der persönlichen Herrschaft Jesu Christi. [Siehe auch Bruderschaft; Schwesternschaft; Gesellschaft; Einheit.]

RICHARD H. JACKSON