Anders als das physische Leben und der Tod, über die einzelne wenig Kontrolle haben, sind das geistige Leben und der geistige Tod Extreme, zwischen denen man wählen muss. Moderne Schriften besagen, dass allen Menschen „gewährt ist, sich durch den großen Vermittler aller Menschen Freiheit und ewiges Leben zu wählen—oder aber Gefangenschaft und Tod gemäß der Gefangenschaft und Macht des Teufels“ (2 Ne. 2:27). Dieser Gegensatz zwischen Leben und Tod wird als die fundamentale Zweiteilung aller Existenz angesehen.
Das eine Extrem ist Jesus Christus, der überall in den Schriften als Licht und Leben bezeichnet wird (z.B. Joh. 1:4, 3 Ne. 15:9, LuB 10:70). Er ist der Urheber des physischen Lebens und auch der Schöpfer der Erde und ihrer lebenserhaltenden Sonne (LuB 88:7) und der Schöpfer des geistigen Lebens, als Spender des ewigen Lebens (3 Ne. 15:9). Das Leben zu wählen, bedeutet, ihm auf einem Pfad zu folgen, der zu Freiheit und ewigem Leben führt.
Der Satan, das andere Extrem, ist Finsternis und Tod (z.B. Röm. 6:23, Alma 15:17, LuB 24:1). Er ist der Urheber des zeitlichen Todes, als derjenige, der Adam und Eva zum Fall und somit zum geistigen Tod verleitete, und als der Versucher, der Menschen dazu bringt sich von Gott durch Sünde zu trennen. Sich zu entscheiden dem Satan zu folgen, indem man der Sünde erliegt und Christi dringenden Bitten umzukehren widersteht, bedeutet den Tod zu wählen.
Die Freiheit, wirkungsvoll zwischen Leben und Tod zu wählen, ist das Resultat der Erlösung durch Christus (2 Ne. 2:27), und es ist Gottes Werk und Herrlichkeit, „die Unsterblichkeit und das ewige Leben des Menschen zustande zu bringen“ (Mose 1:39).
Die Schriften sprechen von zwei Arten des geistigen Todes. Der erste hat schon alle Menschen als eine Folge des Falls heimgesucht und „aus der Gegenwart Gottes ausgetilgt“ (Hel. 14:16). Den zweiten wird nur jener erfahren, der Christus, nachdem er ihn einmal gekannt hat, bewusst verleugnet und sich weigert umzukehren. So wird er „abermals von allem, was die Rechtschaffenhei betrifft, abgeschnitten“ (Hel. 14:18). Der geistige Tod bedeutet nicht, dass der Geist einer Person buchstäblich gestorben ist (der Geist ist unsterblich), sondern dass man sich in „einem Zustand geistiger Entfremdung von Gott“ befindet (Smith, Band 1, S. 45). Es ist ein Tod „in dem, was die Rechtschaffenheit betrifft“ (Alma 12:16, 40:26).
Da kleine Kinder nicht in der Lage sind zu sündigen (Moro. 8:10-14), beginnt der erste geistige Tod auf der Erde für jemanden erst im Alter der Verantwortlichkeit (acht Jahre alt, LuB 68:27). Im Allgemeinen beginnt jemand die Konsequenzen seines Handelns zu erkennen und wird dafür verantwortlich, wenn er heranreift (LuB 18:42). Soweit man nicht sein Verhalten mit dem Verständnis der Wahrheit und Güte in Einklang bringt, schafft man einen Abgrund zwischen sich selbst und Gott - den geistigen Tod.
Der erste Schritt, um diesen Zustand zu überwinden wurde paradoxerweise vor dem Fall unternommen: im vorirdischen Leben. Alle, die auf dieser Erde geboren worden sind oder noch geboren werden, wählten sowohl das physische als auch das geistige Leben, als sie sich als Geistkinder Gottes entschieden, dem Plan des Vaters für das Erdenleben zu folgen. Nachdem sie das Alter der Verantwortung im Erdenleben erreichen, müssen sie nochmals wählen.
Gemäß dem HLT-Verständnis wird die Wahl zwischen dem geistigen Leben und dem Tod zur Zeit der Taufe und Konfirmation getroffen. Dies sind Verordnungen, die jemanden symbolisch mit Gott aussöhnen und einen lebenslangen Prozess der geistigen Wiedergeburt einleiten. Sobald Taufbündnisse geschlossen sind und die Gabe des Heiligen Geistes übertragen und empfangen ist, muss die symbolische Wiedergeburt durch den täglichen Kampf vollzogen werden umzukehren und das Leben zu wählen - Christus und Rechtschaffenheit. Die Wahl wird nicht endgültig getroffen, sondern wiederholte Male während des Lebens.
Heilige der Letzten Tage betrachten die Rechtschaffenheit nicht einfach als ein Mittel, ein unangenehmes Jenseits zu vermeiden und einen himmlischen Lohn zu erhalten. Christus zu folgen ist auch der Weg zur Glückseligkeit im irdischen Leben. Wie die Menschen ihr Leben nach Gottes Gesetzen ausrichten, sind sie „gesegnet in allem, zeitlich sowohl als auch geistig“ (Mosia 2:41). In Christus besteht das Leben in Fülle (Joh. 10:10), „wenn du aber das Leben erhalten willst, halte die Gebote“ (Mt. 19:17).
In einem tagtäglichen Sinne sollte für die Heiligen der Letzten Tage das Leben zu wählen Folgendes umfasen: andere zu lieben und anderen zu dienen, täglich zu beten und die Worte Gottes zu studieren, die Erkenntnis Christi und seines Planes mit anderen zu teilen, die Wahrheit zu sagen, vor der Ehe keusch und nach der Hochzeit treu zu bleiben, Kinder mit Geduld und Liebe aufzuziehen und in allem ehrlich zu sein. Der Genuss solcher Dinge macht ein erfülltes Leben aus.
Im nachirdischen Zeitraum hängt das „Leben“ wiederum von Christi Sühnopfer ab, das den ersten geistigen Tod überwindet, indem es alle Männer und Frauen befähigt, in Gottes Gegenwart zu gelangen, um gerichtet zu werden. Zu jenem Zeitpunkt wird jeder außer den Kindern des Verderbens einem Grad der Herrlichkeit und seiner Lebensqualität zugewiesen. Diese Personen erleiden den zweiten geistigen Tod aufgrund der unverzeihlichen Sünde, das heißt, sie verleugnen Christus trotz voller Erkenntnis und Wahrheit (LuB 76:30-38, HC 6:314). [Siehe auch Ewiges Leben, Lebensstil, Opposition, Geistiger Tod.]
BIBLIOGRAPHIE
Hunter, Howard W. „The Golden Thread of Choice“. Ensign 19 (Nov. 1989):17-18.
Smith, Joseph Fielding. DS, 3 Bände.
SUE BERGIN