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GEHEIMNISSE GOTTES, DIE

„Geheimnisse Gottes“ ist ein Ausdruck in den Heiligen Shriften. Das Worte „Geheimnisse“ bezieht sich auf das Wissen Gottes, welches dem menschlichen Verständnis oft verborgen ist. Es bezieht sich nicht auf etwas grundsätzlich Unverständliches. Wie viele Menschen anderer Religionen auch, erachten Heilige der Letzten Tage das Wissen über einige Geheimnisse als notwendig (LuB 76:5-10) und eignen sich dieses Wissen teils durch Verordnungen und teils durch Offenbarung an (vgl. TPJS, S. 324).

Die Bibel und die Schriften der Heiligen der Letzten Tage geben Auskunft darüber, dass der Ausdruck „Geheimnisse“ eine Lehre beschreibt, die nur den Gläubigen, nicht aber der „Welt“ oder den Uneingeweihten zuteil wird. (Matt 13:11; 1 Kor 2:7; Eph 3:1-7; 1 Ne 10:11; LuB 42:61, 65).

Die Ausdrücke „Geheimnis“, „Geheimnisse“, „Geheimnis Gottes“ und „Geheimnisse der Göttlichkeit“ erscheinen im Neuen Testament mehr als zwölfmal. Jedes Mal weist es auf etwas hin, das Gott bekannt, aber den Menschen, die noch nicht göttlich unterwiesen wurden, unbekannt ist. Obwohl der englische Ausdruck für Geheimnis, „mystery“, nicht in der englischen Übersetzung des Alten Testaments zu finden ist, tritt der Ausdruck „secret“, der ebenfalls Geheimnis bedeutet, zweimal auf. Einmal in Daniel 2:28 („But there is a God in heaven that revealeth secrets” -  „Aber es gibt im Himmel einen Gott, der Geheimnisse offenbart“) und in Amos 3:7 („Surely the Lord God…revealeth his secret unto his servants the prophets" – „Nichts tut Gott, der Herr, ohne daß er seinen Knechten, den Propheten, zuvor seinen Ratschluß offenbart hat“). Das Wort „secret“ kann besonders deshalb als Synonym des Wortes „mysteries“ gesehen werden, weil beide mit göttlicher Offenbarung in Verbindung stehen (vgl. LuB 76:10).

Der Prophet Nephi1 (ca. 570 v.Chr.) im Buch Mormon verglich die klaren und kostbaren Wahrheiten des Evangeliums mit den Geheimnissen Gottes. Er stellte fest, dass die Halsstarrigen und Hartherzigen, darunter einige Mitglieder seiner eigenen Familie, sie schwer zu glauben fanden. Aber die Gläubigen nahmen solche Wahrheiten unter dem herzerweichenden Einfluss des Heiligen Geistes willig an (1 Ne 2:11-16; 10:17-22; 15:1-11). Nephi und seine Nachfolger glaubten, dass Jesus Christus kommen werde, Männer und Frauen getauft werden und den Heiligen Geist empfangen sollten und dass Gott zu den Suchenden spricht, indem er ihre Gebete beantwortet. Genau genommen eröffnet Nephi seinen Bericht mit Worten über sein Wissen über die Gehimnisse Gottes und bezeichnet dies als Teil seiner Fähigkeit, den Bericht zu schreiben (1 Ne 1:11).

In den HLT-Schriften hat das Wort „Geheimnisse“ typischerweise drei in Wechselbeziehung stehende Bedeutungen. Erstens bestehen die Geheimnisse aus Wahrheiten über Gott und seine Werke. Zweitens wird gläubigen, gehorsamen Mitgliedern der Kirche dieses heilige Wissen durch Offenbarung gegeben. Drittens erhalten diejenigen, die keine keinen Anteil an diesem besonderen Verständnis haben, nicht dieselbe Herrlichkeit wie diejenigen, die es tun. Die Geheimnisse Gottes zu verstehen, ist ein Evangeliumsprivileg für die Ehrfürchtigen, die Gott gläubig dienen (LuB 76:1-10; vgl. 1 Ne 10:17-19; Mose 1:5).

Dem Propheten Joseph Smith waren „die Schlüssel der Geheimnisse und der Offenbarungen“ (LuB 28:7; 35:18) in Verbindung mit dem Melchisedekischen Priestertum gegeben (LuB 84:19; 107:18-19). Dementsprechend ist das Erwerben verborgener Wahrheiten mit der Macht des Melchisedekischen Priestertums verbunden, „dieses größere Priestertum vollzieht das Evanglium und hat den Schlüssel der Geheimnisse des Reiches inne, nämlich den Schlüssel der Gotteserkenntnis“ (LuB 84:19).

Paradoxerweise verbirgt der Ausdruck „Geheimnis“ zwei Bedeutungen, nämlich enthüllen und verbergen. Für die Eingeweihten bezeichnet es etwas Glaubwürdiges und Verständliches. Für den Ungläubigen ist seine Bedeutsamkeit verborgen. Mit anderen Worten bestimmen das Vertrauen und der Glaube des potenziellen Wissenden zu einem großen Teil, ob das Wissen verstanden wird oder nicht (Alma 12:9-11).

Das Wissen, auf welches die Ausdrücke „Geheimnisse Gottes“ oder „Geheimnisse der Göttlichkeit“ anspielen, kann nicht nur ausschließlich verbal, sondern auch auf andere Weise empfangen werden. Während der ganzen Geschichte ist göttliches Wissen in Zeremonien, Riten, Läuterungen und so weiter vermittelt worden. Dies ist heute in den Tempeln der Heiligen der Letzten Tage der Fall. Dort eignen sich gläubige Mitglieder der Kirche Wissen und Verständnis über himmlische Wahrheiten an, wenn sie durch Bündnisse Verordnungen empfangen.

Die weite Bedeutung von „Göttlichkeit“ umfasst den Zustand, wie Gott zu sein, sich Gottes Natur oder Eigenschaften zu nähern. Das Gesetz der Ernte zeigt diese Möglichkeit auf. Wie Apfelsamen Apfelbäume hervorbringen, so werden auch die Abkömmlinge der Gottheit, menschliche Wesen, wenn sie ganz gereift sind – also heilig, wissend und tugendhaft – wie ihre göttlichen Eltern.

Die Aussage Jesu in Johannes 17:3, in der er eine Bitte an seinen Vater heranträgt, bekommt im Licht der Hinweise in den Schriften auf die Geheimnisse Gottes eine tiefgehendere Bedeutung: „Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast.“ Das „Erkennen“, auf das sich der Erretter bezieht, ist das höhere Wissen, welches oft „die Geheimnisse Gottes“ oder „die Geheimnisse der Göttlichkeit“ bezeichnet.

BIBLIOGRAPHIE

Brown, Raymond E. The Semitic Background of the Term "Mystery" in the New Testament. Facet Books Biblical Series 21. Philadelphia, 1968.

Welch, John W. "The Calling of a Prophet." In The Book of Mormon: The Keystone Scripture, ed. P. Cheesman. Provo, Utah, 1988.

CLARK D. WEBB