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FAMILIENLEBEN

FAMILIEN-DEMOGRAPHIEN. Die in der Theologie der Heiligen der Letzten Tage verwurzelte Betonung auf Familie drückt sich in demographischen Mustern aus, die für HLT Mitglieder anders ausfallen als für die Allgemeinbevölkerung. Erstens sind Geburtenraten bei Kirchenmitgliedern durchweg höher als für den Landesdurchschnitt. Utah hat traditionell die höchste Geburtenrate von allen Staaten in den USA aufgrund des hohen Anteils an Heiligen der Letzten Tage in diesem Staat gehabt (etwa 70 Prozent).

Forschungsstudien zeigen, dass die überdurchschnittliche Familiengröße unter Heiligen der Letzten Tage nicht auf ihrer Abneigung verschiedener Verhütungsmethoden beruht. Heaton und Calkins Forschung (1983) zeigt, dass sie in einer landesweiten Stichprobe genauso oft Verhütungsmittel gebrauchen wie der Rest der Bevölkerung. Aber von Heiligen der Letzten Tage werden Verhütungsmittel meist erst gebraucht, nachdem Kinder erwachsen sind. Verhütungsmittel werden auch weniger dazu gebraucht, die gewünschte Familiengröße zu erlangen. Heaton schlussfolgert, dass die Familiengröße für Heilige der Letzten Tage mit Ansichten von HLT-Eltern in Bezug auf den Wert des Kinderkriegens, Engagement in einer HLT-Bezugsgruppe und Sozialisierung in einem Kontext, der Kinderkriegen befürwortet, in Zusammenhang steht(1988, S. 112).

In der allgemeinen Bevölkerung nimmt Zwangsdisziplin mit zunehmender Familiengröße zu. Zärtliche Familienbeziehungen nehmen ab. Aber Forschung unter Heiligen der Letzten Tage zeigt einen entgegengesetzten Trend: Bei größeren Familien wird mehr Zuneigung beobachtet (Thomas, 1983, S. 274).

Heilige der Letzten Tage geben niedrigere Raten als der Landesdurchschnitt für voreheliche Sexualerfahrungen, Teenageschwangerschaften und außereheliche Sexualerfahrungen an (Heaton, 1988). Allerdings berichtet Smith (1976) in seiner Studie, dass inaktive Mitglieder während der 1970er Jahre zu liberaleren Ansichten und Verhalten in Bezug auf Sex übergingen, während aktive Heilige der Letzten Tage das nicht taten. Der Prozentsatz derjenigen aktiven Heiligen der Letzten Tage, die derzeitig keine voreheliche sexuelle Aktivität angeben, stieg sogar zwischen 1950 und 1972 an: von 95 Prozent auf 98 Prozent für Männer und von 96 Prozent auf 98 Prozent für Frauen (S. 79-81).

Aktuelle Daten zeigen, dass ein größerer Prozentsatz an Heiligen der Letzten Tage heiraten wird als die Allgemeinbevölkerung. Sie werden auch jünger heiraten und eine niedrigere Scheidungsquote haben. Außerdem wird ein größerer Anteil von ihnen nach einer Scheidung wieder heiraten (Heaton, 1988, S. 110-11).

Hinsichtlich der Scheidung ist es klar, dass die sich am meisten religiös engagierenden Heiligen der Letzten Tage Scheidungsraten haben, die beträchtlich niedriger sind als inaktiver oder nicht engagierte Kirchenmitglieder, selbst wenn Utah einer der Staaten in den Rocky Mountains und den westlichen Vereinigten Staaten ist, die im Allgemeinen Scheidungsquoten über dem Landesdurchschnitt aufwiesen (Thomas, 1983, S. 277). Heaton und Goodmans Studie (1985) zeigt, dass von Heiligen der Letzten Tage, die regelmäßig zur Kirche gehen, 10 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen eine Scheidung angeben. Dies steht im Vergleich zu 21 Prozent bei Männern und 26 Prozent bei Frauen, die nicht regelmäßig gehen. Auch berichteten bei Männern mit Tempelehe 5,4 Prozent eine Scheidung im Vergleich zu 27,8 Prozent der Gruppe, die nicht im Tempel geheiratet hatte. Bei Frauen mit Tempelehe waren 6,5 Prozent geschieden, während 32,7 Prozent derjenigen geschieden waren, die nicht im Tempel geheiratet hatten.

FAMILIENROLLEN UND DIE KIRCHE. Weil die Familie in allen Kirchenorganisationen betont wird—von der Primarvereinigung bis zu den Priestertumskollegien—werden Ehemann und Ehefrau die Hauptkontaktpunkte zwischen der Familie und der Kirche. Das Engagement der Ehefrau in der Kirche ergibt sich höchstwahrscheinlich durch Aktivitäten in der Primarvereinigung und Frauenhilfsvereinigung. Der Kontakt des Ehemannes mit der Kirche kann sich durch fast jede Organisation ergeben, mit Ausnahme der Frauenhilfsvereinigung, die nur auf Frauen beschränkt ist.

Da die Kirche um ein männliches Laienpriestertum organisiert ist, werden mehr Führerschaftspositionen von Ehemännern als Ehefrauen besetzt. Darüber hinaus begann die Reorganisation der Vorgangsweisen der Kirche unter dem allgemeinen Thema „Priestertumskorrelation“. Sie betonte die Rolle des Vaters als Leiter bei Familienräten. Diese Familienbesprechungen wurden als Teil der Ratssitzungen angesehen, die die Kirche bis hinauf zum Rat der Ersten Präsidentschaft lenken sollten. Die Familie wird als die grundlegendste Einheit der Kirche angesehen. Und alle Kirchenprogramme sind so ausgelegt, dass sie die Familie stärken sollen.

Aufgrund der Rolle des Priestertums in der HLT-Kirchenführung und auch der Lehren über die Familie hat es allgemein den Anschein, dass Heilige der Letzten Tage die traditionelle Aufteilung der Aufgaben innerhalb der Familie gemäß Geschlecht ermutigen. Gleichzeitig betonen sie die Autorität des Vaters durch die Priestertumslinien. Wenn Forscher fragten, wer verschiedene Funktionen in der Familie ausüben sollte, tendierten Heilige der Letzten Tage stark dazu, traditionelle Ansichten in Bezug darauf zu vertreten, wer was in der Familie tun sollte (Brinkerhoff and MacKie, 1988). Jedoch tendieren Heilige der Letzten Tage stark zu egalitären Einstellungen in Studien (Thomas, 1983; Brinkerhoff und MacKie, 1983, 1988), die Ehemänner und –frauen fragen, wie sie tatsächlich  die Entscheidungen in der Familie aufteilen oder wie sie verschiedene Pflichten ausführen (die  traditionell entweder dem Mann oder der Frau zugewiesen wurden). Diese etwas paradoxen Muster sind noch nicht genügend erklärt. Eine verbreitete Erklärung ist, dass egalitärer Druck von der Gesellschaft im weiteren Sinne das Verhalten von HLT-Ehemännern und –frauen verändert. Das überzeugt aufgrund der neueren Forschungsbefunde aber nicht. Wuthnow rät jenen, die den religiösen Einfluss erforschen, jeglicher Beschreibung der Religion gegenüber „als Macht im Dienste des sozialen Konservativismus“ (1973, S. 128) einen gesunden Skeptizismus beizubehalten. Sein Rat scheint für das Thema HLT-Ansichten besonders relevant.

Zusätzlich zur gegebenen Verantwortung der Familienleitung wird von einem HLT-Vater erwartet, dass er dies auf eine Weise tut, die jedem Familienmitglied hilft zu wachsen und sich zu entwickeln. HLT-Grundsätze betonen auch die Gleichberechtigung in der Beziehung zwischen Mann und Frau. HLT-Lehre besagt, dass es sowohl eine Mutter im Himmel als auch einen Vater gibt, dass Gottes Plan der Erlösung (siehe Fall Adams) durch das Essen der verbotenen Frucht durch Eva vorangetrieben wurde, dass Frauen bestimmte wesentliche Priestertumsverordnungen im Tempel ausführen können und dass die höchste Ordnung des Priestertums und die vollständigen Segnungen der Erhöhung nur verheirateten Ehepaaren zur Verfügung stehen. Keiner von beiden kann ohne den anderen in die Erhöhung eingehen.

Diese egalitäre Beziehung zwischen Mann und Frau wird in der HLT-Darstellung von Beziehungen zwischen Adam und Eva nach ihrer Vertreibung aus dem Garten Eden symbolisiert. Die zwei müsssen ihr Brot im Schweiße ihres Angesichts verdienen und „Eva arbeitete mit ihm” (Moses 5:1). Beiden wurde geboten, Opfer darzubringen. Und sie belehren ihre Kinder über all dies (Moses 5:5, 12). Eva trauert mit Adam um die Schlechtigkeit ihrer Kinder und sie wenden sich gemeinsam im Gebet an den Herrn (Moses 5:13-16). Nachdem sie Informationen von Gott empfangen, unterrichtet dann Eva Adam über einige grundlegende Punkte des Evangeliums (Moses 5:11).

Eine weitere egalitäre Betonung kommt in Tempelzeremonien und Verordnungen zum Vorschein. Ohne dass Frauen heilige Priestertumsverordnungen im Tempel ausführten, könnten die höchsten, von Männern und Frauen auf der Erde vollzogenen, rettenden Verordnungen nicht erfüllt werden. Dies symbolisiert die Beziehungen von Männern und Frauen im Allgemeinen. Allein bleiben sie unvollständig, während Mann und Frau vereinigt ihr höchstes göttliches Potenzial entwickeln.

ELTERLICHER GLAUBEN UND FAMILIENVERHALTEN. Die Verpflichtung der Familie gegenüber wird für sowohl den Mann als auch die Frau als kritisch angesehen. Allerdings trägt die Frau gewöhnlich die größere Verantwortung für die Führung daheim und die Erziehung der Kinder. Thomas (1988) nahm eine Probe von HLT-Eltern und dokumentierte, dass das Maß, in dem Mann und Frau die Pflichten des Kinderaufziehens teilen, den zweitstärksten Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Ehe hatte. Neuere Studien (Thomas und Cornwall, 1990) dokumentieren, dass die eheliche Zufriedenheit der Ehefrau größer ist, wenn der Mann regen Anteil an der Kindererziehung nimmt.  Die Zufriedenheit des Mannes mit der Ehe allerdings steht in keinem Zusammenhang zur gemeinsamen Kindererziehung. Dieser Befund bestätigt ein allgemeines Muster in der Familienforschung. Und zwar: Was im Familienleben geschieht, beeinflusst die Definition dessen, was Zufriedenheit darstellt, mehr bei der Frau als beim Mann. Es zeigt auch, dass HLT-Männer erkennen müssen, dass ihre verstärkte Beteiligung bei der Kinderbetreuung eine der besten Beiträge zur Zufriedenheit ihrer Frau in der Ehe sein muss. Außerdem berichten jene Familien, die sich daheim stark religiös engagieren (Familiengebet, Schriftenstudium und Familienrat), auch den größten Anteil an gemeinsam getragener Kindererziehung.

In relevanten Befunden war die Frage, ob das Paar im Tempel geheiratet hatte, der beste Hinweis darauf, ob die Familie daheim ihre Religion leben würde. Diese Daten unterstützen die Schlussfolgerung, dass die Tempelehe in Bezug zum Familenverhalten steht. Dies umfasst mehr religiöse Aktivitäten daheim, vermehrte Teilnahme des Mannes an geteilten Kindererziehungsaktivitäten und dadurch erhöhte Zufriedenheit mit der Ehe.

Die Betonung auf Familie unter den Heiligen der Letzten Tage kann oft zu besseren Beziehungen mit Mitgliedern der erweiterten Familie führen. Die Kirche ermutigt Familien sich generationenübergreifend zu organisieren, um Familiengeschichte und genealogische Arbeiten zu fördern, die wesentlich sind für das Wohlergehen der Familie in der Ewigkeit. So etwas wird oft bei Familienzusammenkünften besprochen. Jedoch gibt es keine guten vergleichenden Studien, die uns sagen, in wieweit HLT-Familien sich von anderen Familien unterscheiden, wenn es um den Umgang mit der erweiterten Familie geht.

WIE KIRCHE UND FAMILIE FUNGIEREN. Diese demographischen Gegebenheiten bedeuten, dass HLT-Familien im Allgemeinen größer sind, eher eine Scheidung vermeiden, sich  religiös engagieren und dass sich Aktivitäten um die Kindererziehung drehen und viel Geld erfordern. Außer finanziell für die Familie zu sorgen, den Haushalt zu führen und die Kinder großzuziehen, haben Erwachsene gewöhnlich eine oder mehrere Kirchenberufungen, die oft viel Zeit im Dienst für andere erfordern. Und da die Anzahl der HLT-Frauen, die außer Hauses arbeiten, praktisch dem Landesdurchschnitt in den Vereinigten Staaten entspricht (siehe Mason, S. 103; Heaton, 1986, S. 184, 190), ist es eine wahre Herausforderung, das Zuhause an die erste Stelle zu setzen. Wenn die Kinder heranwachsen, wird den Eltern nahegelegt, sie in die Hausarbeit mit einzubeziehen. Das Ziel dabei ist, dass die resultierenden Fertigkeiten und Einstellungen, die sie entwickeln, zur Qualität des Familienlebens beitragen und auch auf Vertrauen und Kompetenz in der Welt außerhalb der Familie vorbereiten können. Kirchenführern wird angeraten, die Zeit, die sie und andere Mitglieder in ihren Berufungen verbringen, auf ein Minimum zu beschränken und Zeit mit der Familie vor ständig störenden Einflüssen zu schützen.

Manchmal täuscht der Fokus von Kirchenaktivitäten auf Familien mit zwei Eltern über die Wahrheit hinweg, dass sich nicht alle Mitglieder in einer Lebensphase befinden, in der sie Kinder gemeinsam mit einem hingebungsvollen Partner großziehen können. Jene, die nie geheiratet haben, geschieden, verwittwet, alleinerziehende Eltern oder mit jemandem, der nicht HLT ist, verheiratet sind, gehören immer zu HLT-Gemeinden. Idealerweise sind sie in die Gemeinschaft der Heiligen eingeschlossen. Priestertumskollegien und die Frauenhilfsvereinigung haben den Auftrag, sowohl solche Familie in Gemeindeaktivitäten zu integrieren, als auch für ihre besonderen Bedürfnisse zu sorgen. Und wenn Mitglieder irgendeiner Familie in Aktivitäten wie Drogenmissbrauch, Scheidung oder Gewalttätigkeit in der Familie verwickelt sind, beabsichtigt die Kirche, dass Führer ein Netz der emotionellen Unterstützung, Vorsorge und Rehabilitation bieten.

BIBLIOGRAPHIE

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DARWIN L. THOMAS