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FAMILIENGESCHICHTE, GENEALOGIE

Die Begriffe „Familiengeschichte“ und „Genealogie“ haben für die Heiligen  der letzten Tage die gleiche Bedeutung. Dallin H. Oaks, ein Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel, sagte: „Der Prozess, durch den wir unseren Platz in unserer ewigen Familie bestimmen, heißt Genealogie. Genealogie ist Familiengeschichte“ (Regional Representatives Seminar, 3. April 1987). Um die familiäre Natur der Genealogie hervorzuheben, änderte die Erste Präsidentschaft im Jahre 1987 den Namen der genealogischen Abteilung zur Familiengeschichtsabteilung und den Namen der genealogischen Bibliothek zur Familiengeschichtsbibliothek.

Das Interesse der Heiligen der letzten Tage an Familiengeschichte basiert auf den grundlegenden Lehren der Erlösung, Entscheidungsfreiheit und Erhöhung. Es ist der Plan Gottes, dass alle Menschen, ungeachtet zu welcher Zeit sie auf der Erde lebten, die Möglichkeit erhalten, das Evangelium Jesu Christi zu hören und die errettenden Verordnungen zu empfangen. Wenn sie das Evangelium nicht in diesem Leben von bevollmächtigten Dienern des Herrn hören, werden sie die Möglichkeit dazu nach dem Tode in der Geisterwelt erhalten. Die Heiligen der Letzten Tage ermitteln ihre Vorfahren und machen es möglich, dass die Taufe und andere Verordnungen durch Stellvertreter in einem Tempel vollzogen werden. Das bedeutet, dass eine lebende Person an der Stelle einer verstorbenen Person steht. Das ist nicht nur eine Empfehlung für Mitglieder der Kirche, sondern vielmehr ein Gebot Gottes. Wie Elder Oaks weiter erklärte: „Wir betreiben Genealogie nicht als Hobby. Wir befassen uns mit Familiengeschichte, um die Verordnungen  der Errettung für die Lebenden und die Verstorbenen bereitzustellen“ (1989, S. 6; Siehe auch Erretung der Verstorbenen).

Die Mitglieder der Kirche wurden im Jahre 1894 unterwiesen, dass die Familiengeschichtsforschung eine heilige Funktion einnimmt. Präsident Wilford Woodruff erklärte: „Wir rufen die Heiligen der Letzten Tage dazu auf, von dieser Zeit an ihre Stammbäume so weit wie möglich zurückzuverfolgen und an ihre Väter und Mütter gesiegelt zu werden. Siegelt Kinder an ihre Eltern und durchlauft diese Kette soweit es für Sie möglich ist. Das ist der Wille des Herrn bezüglich seines Volkes“ (S. 543; Siehe auch Sieglung). Präsident Woodruff erklärte, dass der Zweck der Familiengeschichte darin besteht, Namen und statistische Daten zu sammeln, so dass Tempelverordnungen für verstorbene Vorfahren, die nicht die Möglichkeit hatten das wiederhergestellte Evangelium zu Lebzeiten zu hören, vollzogen werden können. Er sagte bei einer anderen Gelegenheit, dass „wir in die Tempel eintreten müssen, um unsere Verstorbenen zu erlösen – nicht nur die Verstorbenen unserer eigenen Familien, sondern die Verstorbenen der ganzen Geisterwelt“ (JD 21:192).

Grundlegend für die Lehre der Erlösung der Toten ist die Ausübung der Entscheidungsfreiheit. Wenn Menschen sterben, lebt ihr Geist in der Geisterwelt weiter, und sie sind in der Lage Entscheidungen zu treffen. Die Heiligen der Letzten Tage vollziehen Taufen für die Verstorbenen, damit diejenigen die als Geister leben selbst entscheiden können, ob sie die Taufe in die wahre Kirche Jesu Christi in der Geisterwelt akzeptieren oder nicht. Wenn sie die Taufe nicht akzeptieren, hat diese keine Gültigkeit. Das gleiche gilt für die anderen errettenden Verordnungen, die die Mitglieder in Tempeln an Stelle der Verstorbenen vollziehen.  

Liebe ist der zentrale Beweggrund für Familiengeschichtsforschung. Vorfahren zu ermitteln und die errettenden Verordnungen für sie zu vollziehen, sind ein Ausdruck von Liebe. Es sind der Geist und die Macht Elijahs, welcher die Schlüssel seiner Macht Joseph Smith im Jahre 1836 im Kirtland Tempel übergab, die „das Herz der Väter den Kindern und der Kinder den Vätern zuwenden“ (D&C 110:15; Siehe auch Mal. 4:5-6; JS-H 1:39; D&C 2:2). Das Verlangen, seine Vorfahren ausfindig zu machen und die Tempelverordnungen für sie zu vollziehen, wird manchmal als der Geist des Elijah bezeichnet (Siehe Elijah, Geist des). Präsident Joseph Fielding Smith verbindet Familiengeschichte und Tempelarbeit mit Liebe für die Menschheit. Er erklärt, dass die Arbeit für die Verstorbenen „eine Arbeit ist, die die Seele des Menschen erweitert, seine Sicht bezüglich des Wohlergehens seiner Mitmenschen verbreitert und in sein Herz eine Liebe für alle Kinder unseres Himmlischen Vaters pflanzt. Es gibt keine Arbeit, die mit der Arbeit im Tempel für die Verstorbenen, die einen Menschen unterweist seinen Nächsten wie sich selbst zu lieben, gleichwertig ist.

Als Antwort auf Präsident Woodruffs Lehren bezüglich der Verantwortung in Familiengeschichte, gründeten Heilige der Letzten Tage im Jahre 1894 die genealogische Gesellschaft von Utah. Im Laufe der Jahre ist die Gesellschaft, durch die Familiengeschichtsbibliothek und deren weltweites Netzwerk, bestehend aus  über 1,500 Familiengeschichtszentren, zu einer bedeutenden Hilfe in den Bestrebungen der Kirche geworden, Anleitung in Familiengeschichte bereitzustellen. Die Gesellschaft stellt Forschungsinformationen (zuerst in Buchform und später auf Mikrofilm und dann auf CD), sowie geschultes Personal zur Verfügung, das Forschern hilft ihre Vorfahren zu ermitteln.

Das Interesse an Familiengeschichte ist nicht nur auf die Heiligen der letzten Tage begrenzt. Seit ungefähr 1836, dem Jahr in dem Elijah Joseph Smith die Schlüssel übergab, ist das Interesse an Genealogie und Familiengeschichte erheblich gestiegen. In vielen Ländern sind Tausende von Menschen genealogischen und historischen Gesellschaften beigetreten und mehr als die Hälfte der Förderer der Familiengeschichtsbibliothek und deren zugehörigen Familiengeschichtszentren sind Mitglieder anderer Glaubensrichtungen. Die Kirche hat sich in kooperativen Bestrebungen mit Hunderten von genealogischen und familiengeschichtlichen Gesellschaften, Archiven und Bibliotheken zusammengeschlossen, um Familiengeschichtsaufzeichnungen zu ermitteln  und die darin enthaltenen Daten zu erhalten (Siehe Weltkonferenzen bezüglich Aufzeichnungen).

Die moderne Technik hat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle im Fortschritt der Familiengeschichte gespielt. Die Kirche hat ein ausgedehntes, weltweites Mikrofilmprogramm entwickelt. Seit dem Jahr 1938 hat sie Mikroverfilmungen in mehr als hundert Ländern gemacht und mehr als 1,3 Milliarden Aufnahmen mit ungefähr 8 Milliarden Namen gesammelt. Mikrofilmaufzeichnungen haben die Grundlage für eine drastische Ausdehnung der Familiengeschichtsforschung gelegt. Sie haben ein schnelles Wachstum der Familiengeschichtsbibliothekssammlungen ermöglicht. Außerdem haben sie die Verteilung von Familiengeschichtsinformationen an die Familiengeschichtszentren der Kirche ermöglicht, sowie die Namensextraktionsprogramme, die die ausgedehnte Automatisierung der Familiengeschichtsinformationen, die in den FamilySearch Computersystemen enthalten sind.

Das Ergebnis besteht darin, dass es noch nie so einfach wie heute war, Familiengeschichtsforschung zu betreiben. Durch FamilySearch haben Kunden der Familiengeschichtsbibliothek sowie der Familiengeschichtszentren Zugang zu den 147 Millionen Namen in dem Internationalen Genealogischen Register und der wachsenden 9,67  Millionen Namen enthaltenden Ancestral File, welche Abstammungslinien verknüpft. Dadurch, dass die Namensextraktionsprogramme Informationen von Schriftstücken verarbeiten (wie zum Beispiel der 1880 U.S bundesstaatlichen Volkszählung und der 1881 britischen Volkszählung) und Leute aus aller Welt Informationen zu der Ancestral File beisteuern, machen die Computerquellen, die mit FamilySearch verknüpft sind, das Identifizieren von Vorfahren zu einer viel einfacheren Aufgabe.

Die Kirche lehrt, dass die Pflichten der Mitglieder bezüglich Familiengeschichte von dreifacher Natur sind. Zuerst müssen sie das Verlangen entwickeln, dabei mitzuhelfen, die Verstorbenen zu erlösen. Sobald Mitglieder ein Zeugnis von den Grundsätzen der Erlösung erhalten, fühlen sie eine persönliche Verantwortung zu helfen. Außerdem sorgen sie sich um diejenigen in der Geisterwelt, die darauf warten, dass Tempelverordnungen für sie vollzogen werden.

Zweitens müssen sie sich entscheiden, was zu tun ist. Jeder Heilige der Letzten Tage kann etwas tun, um die Familiengeschichtsarbeit voranzutreiben. Dallin H. Oaks riet: „Unser Bestreben besteht nicht darin, jeden dazu zu zwingen alles zu tun, sondern jeden dazu zu ermutigen etwas zu tun“ (1989, S.6). Dementsprechend werden die Heiligen der Letzten Tage darin bestärkt, an Aktivitäten teilzunehmen, die mit der Erlösung der Verstorbenen in Zusammenhang stehen. Was und wieviel ein Mitglied tut, ist abhängig von dessen Umständen und Fähigkeiten, von dem was seine Familie schon geleistet hat, von individueller Führung des Geistes und der Leitung von Kirchenführern. Aktivitäten in Zusammenhang mit Familiengeschichte beinhalten das Ermitteln von Vorfahren und das Vollziehen von Tempelverordnungen  für diese, Engagement in Familienorganisationen, freiwilliger Dienst im Namensextraktionsprogramm, die Führung eines persönlichen Tagebuchs, die Anfertigung von persönlicher und Familiengeschichte und die Bereitschaft Berufungen in Tempel- und Familiengeschichtsdienst anzunehmen. Das Ermitteln von Vorfahren der ersten paar Generationen bedarf normalerweise keiner ausgedehnten Bibliotheksforschung oder komplizierten Forschungswerkzeuge. Der Beginn der Familiengeschichtsforschung beinhaltet normalerweise das Überprüfen von bekannten Familienaufzeichnungen (Siehe Tagebuch), das mündliche oder schriftliche Befragen von Familienmitgliedern und das Anschauen von leicht zugänglichen, öffentlichen Aufzeichnungen, wie zum Beispiel Geburtsurkunden. Um Vorfahren über die ersten paar Generationen hinaus zu ermitteln, benötigt man normalerweise die Hilfsmittel von Bibliotheken, Computerwerkzeuge verfügbar durch Systeme wie FamilySearch und die Hilfe von Experten. Familienorganisationen befähigen Mitglieder, Informationen und Hilfsmittel zusammenzustellen, um die Familiengeschichtsarbeit zu fördern. Das Namensextraktionsprogramm macht es möglich Informationen, die auf Mikrofilmkopien von Schriftstücken, brüchigen Registern, Volkszählungen usw. gefunden wurden, in ein Computerformat zu konvertieren. Dieses wird zu einem Teil der FamilySearch Dateien oder liefert erforderliche Namen an Tempel.

Drittens müssen die Mitglieder damit fortfahren zu dienen. Die Arbeit der Familiengeschichtsabteilung ist nicht vollendet, bis jeder Name verzeichnet und jede Verordnung vollzogen ist.

BIBLIOGRAPHIE

Come unto Christ Through Temple Ordinances and Covenants, 2nd ed. Salt Lake City, 1988.
Greenwood, Val D. The Researcher's Guide to American Genealogy, 2nd ed. Baltimore, 1990.
Instructions for Priesthood Leaders on Temple and Family History Work. Salt Lake City, 1990.
Oaks, Dallin H. "Family History: "In Wisdom and Order'." Ensign 19 (June 1989):6-8.
Smith, Joseph Fielding. Church News (Oct. 24, 1970):3.
Woodruff, Wilford. Deseret Weekly (April 21, 1894):543.

DAVID H. PRATT