[Dieser Eintrag besteht aus zwei Artikeln:
Lehren bezüglich der Familie
Das Familienleben
Der erste Artikel behandelt die hauptsächlichen Lehren der Kirche über die Familie. Diese Lehren unterscheiden sich wesentlich von dem, was heute im allgemeinen über die Familie ausgesagt wird Der Artikel konzentriert sich außerdem auf neuzeitliche Schriften und die Weisungen der Kirchenführer. Der zweite Artikel erklärt wie Familien die Mitgliedschaft in der Kirche zusammen erfahren und weist darauf hin, dass die Kirchenprogramme auf die Familie ausgerichtet sind. Die Familie steht im Mittelpunkt der HLT Theologie, Religion, Gesellschaft und Kultur. Zusätzlich zu den folgenden Artikeln siehe auch: Kinder; Vaterschaft; Ehe; Mutterschaft; und Mutter in Israel. Kirchenpolitik, sowie Praktiken bezüglich der Familie betreffend siehe: Missbrauch; Ehepartner und Kind; Kinderadoption; Verhütung; Scheidung; Familienheimabend; und Familiengebet.]
LEHREN ÜBER DIE FAMILIE
Die grundlegende Einheit der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage ist die Familie: „Das Heim ist die Grundlage für ein rechtschaffenes Leben und nichts kann es ersetzen oder seine grundlegenden Funktionen erfüllen“ (McKay, Einleitung). Innerhalb der Familie erfahren Menschen viele der größten Freuden und Leiden des Lebens. Die Familienbeziehungen eines jeden Menschen auf dieser Erde sind von äußerster Wichtigkeit. Von allen gesellschaftlichen Organisationen, die für die Menschen geschaffen wurden, wird nur die Familie im nächsten Leben weiter bestehen.
Die irdische Familie spiegelt die göttliche Familie wider. Die Kirche lehrt, dass jeder Mensch ein Kind sowohl himmlischer als auch irdischer Eltern. Jeder wurde geistig und physisch nach dem Abbild Gottes und Christi geschaffen (Mose 2:27; 3:5). Die Erste Präsidentschaft hat folgendes verkündet: „Alle Männer und Frauen sind im Ebenbild eines universellen Vaters und einer universellen Mutter, und sind buchstäblich die Söhne und Töchter der Gottheit“ (MFP 4:203). Jeder Mensch lebte zusammen mit dem Himmlischen Vater und der Himmlischen Mutter bevor er auf diese Erde kam und wurde von ihnen, als Mitglied ihrer ewigen Familie, geliebt und unterwiesen (siehe Vorirdisches Dasein). Die Geburt vereint den Geist mit einem physischen Körper, so dass diese zusammen „eine Fülle der Freude empfangen können“ (LuB 93:33; cf. 2. Ne. 2:25).
Die Ehe ist von Gott verordnet. „Wer verbietet zu heiraten, ist nicht von Gott verordnet, denn die Ehe ist dem Menschen von Gott verordnet“ (LuB 49:15). Die Ehe, die von Gott gutgeheißen wird, macht es Männern und Frauen m öglich, ihr göttliches Potenzial zu erfüllen. „Doch im Herrn gibt es weder die Frau ohne den Mann noch den Mann ohne die Frau“ (1. Kor. 11:11). Ehemänner und Ehefrauen sind in vielerlei Hinsicht einzigartig, und sie die können ihre ewigen Gaben ungehindert entwickeln. Doch als Gleichgestellte in der Sicht ihrer himmlischen Eltern sind sie eins in den göttlichen Zielen, welche sie verfolgen, in ihrer Hingabe gegenüber ewigen Grundsätzen und Verordnungen, in ihrem Gehorsam gegenüber Gott und in ihrer göttlichen Liebe füreinander. Ein Mann und eine Frau, die in einem Tempel aneinander gesiegelt wurden, sind wahrhaft verheiratet, wenn sie geistig, mental, emotional und physisch verbunden sind und volle Verantwortung dafür übernehmen sich gegenseitig zu fördern. Zusammen streben sie danach, dem Vorbild ihres himmlischen Zuhauses, von welchem sie gekommen sind, nachzueifern. Die Kirche lehrt sie sich gegenseitig zu ergänzen, zu unterstützen und zu bereichern.
Die Familie kann eine ewige Einheit werden. Die Ehe von w ürdigen Mitgliedern der Kirche kann durch die Vollmacht des Priestertums in heiligen Tempeln für Zeit und Ewigkeit gesiegelt werden. Während ihrer Tempelsiegelung treten sowohl der Ehemann, wie auch die Ehefrau in „eine Ordnung des Priestertums nämlich den neuen und immerwährenden Bund der Ehe ein“ (LuB 131:1-4). Ohne Würdigkeit und Vollmacht kann eine Ehe nicht für die Ewigkeit bestehen und „hat bei der Auferstehung von den Toten und danach keinerlei Wirksamkeit, Kraft und Gültigkeit“ (LuB 132:7). Wenn ein Ehemann und eine Ehefrau ihrer Tempelehe treu bleiben, werden sie durch die Ewigkeiten hindurch als Mitschöpfer in Gottes Celestialem Reich fortbestehen. Sie werden die Angelegenheiten ihrer Familie in Eintracht mit der Führung des Heiligen Geistes verwalten. Präsident Spencer W. Kimball hat gesagt, dass Mitglieder der Kirche, die nicht in ein solches Heim geboren wurden oder ohne eigenes Verschulden nicht die Möglichkeit zur Ehe erhalten haben, “die [jedoch] darauf eingegangen wären, wenn sie eine entsprechende Gelegenheit erhalten hätten, alle diese Segnungen in der nächsten Welt empfangen werden“ (Kimball, S. 295).
Die Macht Leben zu schaffen ist eine Gabe Gottes. Weil die Macht der Fortpflanzung von Gott stammt, ist sexuelle Reinheit sowohl geistlich und geistig, als auch physisch und emotional (siehe Sexualität). Jesus sagte: „Wer auch immer eine Frau ansieht, dass es ihn nach ihr gelüstet, der hat in seinem Herzen schon Ehebruch begangen. Siehe, ich gebe euch das Gebot, nichts von diesen Dingen in euer Herz eindringen zu lassen“ (3. Ne. 12:28-29). Keuschheit ist heilig (cf. Jacob 2:28).
Die Fortpflanzung ist ein Gebot Gottes. Durch das sexuelle Erleben bereichern Ehemänner und Ehefrauen ihre Ehe und schaffen irdische Körper, damit Geister auf die Erde kommen und göttliche Absichten erfüllen können. Es ist sowohl eine Freude, als auch eine Verantwortung für Eltern, himmlische Geister auf die Welt zu bringen. Adam und Eva wurde geboten „fruchtbar zu sein und sich zu vermehren“ (Gen. 1:22). Neuzeitliche Offenbarung erteilt die gleichen Anweisungen. Mitglieder der Kirche sollen die Geburt von Kindern nicht aus selbstsüchtigen oder materialistischen Gründen aufschieben oder ablehnen. Wieviele Kinder sie haben wollen, den Abstand zwischen den Kindern und Verhütung müssen Heilige der letzten Tage selbst entscheiden. Sie werden angeleitet, ihre Entscheidungsfreiheit zu nutzen, nach der Bestätigung des Heiligen Geistes zu trachten, und gemeinsam als Ehemann und Ehefrau eine Entscheidung zu treffen, die im Einklang mit den göttlichen Grundsätzen steht.
Eltern sind dafür verantwortlich, ihre Kinder im Evangelium Jesu Christi zu unterweisen. „Wenn Eltern Kinder haben¼ und sie nicht lehren, die Lehre von der Umkehr, vom Glauben an Christus, den Sohn des lebendigen Gottes, und von der Taufe und der Gabe des Heiligen Geistes¼ zu verstehen, so sei die Sünde auf dem Haupt der Eltern¼ Und sie sollen ihre Kinder auch lehren, zu beten und untadelig vor dem Herrn zu wandeln“ (LuB 68:25,28). Eltern erkennen, dass ihre Kinder auch gleichzeitig ihre geistigen Brüder und Schwestern sind und werden dazu ermahnt, ihren Kindern ein Vorbild zu sein.
Eine Umgebung angefüllt mit Liebe ist für die Erziehung von Kindern notwendig. Der Geist eines rechtschaffenen Zuhauses ist Liebe. Der Herr sagt: „Ihr sollt liebevoll miteinander leben“ (LuB 42:45). [Gemeint ist] die Liebe himmlischer Eltern, [die Liebe] des Herrn Jesus Christus und des Heiligen Geistes; die Liebe zwischen Ehemann und Ehefrau; zwischen Eltern und Kindern und Geschwistern füreinander.
Es fordert Mühe, um das Zuhause zu einem Ort des Friedens und der Freude zu machen. Ein friedliches Zuhause zu schaffen, erfordert beständiges Planen, Beten und Zusammenarbeiten. Die Kirche ermutigt Familien wöchentliche Familienheimabende abzuhalten. Die Familienmitglieder besprechen ewige Evangeliumsgrundsätze und Verordnungen und unternehmen etwas, was ihnen Freude macht. Präsidenten der Kirche haben darauf hingewiesen, dass das, was man in seinem eigenen Zuhause macht, für den Herrn am wichtigsten ist (Lee, S.7) und „Kein anderer Erfolg kann für das Versagen [der Eltern] im Zuhause aufkommen“ (McKay, S. Iii).
Würdige Familienmitglieder freuen sich voller Glauben und Hoffnung auf ewige Familienbeziehungen. Irdische Familien, mit Vorfahren und Nachkommen, freuen sich darauf, als erweiterte Familien mit ihren verstorbenen Lieben wieder zusammenzuleben. Sie werden mit denen zusammensein, „die das Zeugnis von Jesus empfangen haben und an seinen Namen geglaubt haben... und vom Heiligen Geist der Verheißung gesiegelt sind, den der Vater über alle jene ausgießt, die gerecht und treu sind“ (LuB 76:51, 53).
Die Rechtschaffenen sind gesegnet. Allen rechtschaffenen Menschen, die würdig, liebevoll und treu bleiben, hat der Herr die Reichtümer der Ewigkeit versprochen. Darin sind Segnugen enthalten, wie die Siegelung an andere Familienmitglieder, die ebenfalls würdig sind das Celestiale Reich zu ererben.
BIBLIOGRAPHIE
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REED H. BRADFORD
DAS FAMILIENLEBEN
Familiendemographie. Der Schwerpunkt, der in der HLT- Theologie auf die Familie gelegt wird, äußert sich in demographischen (bevölkerungsstatistischen) Mustern, die sich bei den Mormonen von denen der allgemeinen Bevölkerung unterscheiden. Erstens, liegt die Geburten rate bei den Mormonen durchgehend über dem nationalen Durchschnitt. Utah hat traditionell die höchste Geburtenrate aller Staaten der Union, welches auf den hohen Bevölkerungsanteil der Heiligen der letzten Tage zurückzuführen ist (ungefähr 70 Prozent).
Untersuchungen zeigen, dass die über dem Durchschnitt liegende Familiengröße bei den Heiligen der letzten Tage nicht das Resultat einer Abneigung gegenüber dem Gebrauch verschiedener Verhütungsmethoden ist. Heaton und Calkins Untersuchung (1983) zeigt, dass diese in einer nationalen Auswahl genauso wie der Rest der Nation auf den Gebrauch von Verhütungsmethoden zurückgreifen. Diese Verhütungsmittel werden jedoch von den Heiligen der letzten Tage oftmals erst nach der Aufzucht von Kindern benutzt. Außerdem werden diese weniger häufig angewendet, so dass die gewünschte größere Familiengröße erreicht werden kann. Heaton folgert, dass die größere Familiengröße bei den Heiligen der letzten Tage mit dem Glauben der HLT- Eltern, bezüglich dem Wert des Kinderhabens, der Einbindung in eine HLT- Bezugsgruppe und mit der Sozialisierung in einem Umfeld, das das Kinderhaben befürwortet, zusammenhängt (1988, S. 112).
So wie die Familiengröße in der allgemeinen Bevölkerung ansteigt, steigt zwangsweise auch die Disziplin. Warmherzige Familienbeziehuungen nehmen ab. Untersuchungen unter den Heiligen der letzten Tage zeigen allerdings ein umgekehrtes Muster. Größere Familien weisen verstärkte warmherzige Beziehungen auf (Thomas, 1983, S. 274).
Die Heiligen der letzten Tage weisen durchgehend niedrigere Raten als der nationale Durchschnitt bezüglich vorehelicher sexueller Erfahrungen, Schwangerschaften von Minderjährigen und außerehelicher sexueller Erfahrungen auf (Heaton, 1988). Smiths Untersuchungen (1976) zeigen jedoch, dass sich das Verhalten inaktiver Mormonen während den 1970er Jahren veränderte und sich diese vermehrt einer liberalen, sexuellen Einstellung zuwendeten. Aktive Heilige der letzten Tage wiesen allerdings keine Verhaltensänderung auf und ihre Einstellung änderte sich nicht in liberale Richtung. Die Prozentsätze melden, dass der Nichtbestand derzeitiger vorehelicher sexueller Aktivitäten bei den aktiven Heiligen der letzten Tage sogar zwischen 1950 und 1972 von 95 auf 98 Prozent bei den Männern und von 96 auf 98 Prozent bei den Frauen angestiegen ist (S. 79-81).
Aktuelle Angaben zeigen, dass, verglichen mit der allgemeinen Bevölkerung, ein höherer Prozentsatz von Heiligen der letzten Tage heiratet. Sie heiraten zudem jünger, haben eine niedrigere Scheidungsrate und heiraten nach einer Scheidung häufiger wieder als die allgemeine Bevölkerung (Heaton, 1988, S. 110-11).
Scheidungen betreffend, wird deutlich, dass die stark religiös engagierten Heiligen der letzten Tage eine beträchtlich niedrigere Scheidungsrate haben, als inaktive, nichtengagierte Kirchenmitglieder, obwohl Utah einer der westlichen Staaten ist, die generell eine höhere Scheidungsrate als der nationale Durchschnitt haben (Thomas, 1983, S.277). Heaton und Goddmans Untersuchung (1985) zeigt, dass 10 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen, die regelmäßig zur Kirche gehen, eine Scheidung vermelden. Verglichen damit lassen sich 21 Prozent der Männer und 26 Prozent der Frauen, die nicht regelmäßig anwesend sind, scheiden. Ferner vermelden 5,4 Prozent der Männer mit Tempelehen, verglichen mit 27,8 Prozent mit Nicht-Tempelehen, eine Scheidung und 6,5 Prozent der Frauen mit Tempelehen, verglichen mit 32,7 Prozent mit Nicht-Tempelehen.
Familienrollen und die Kirche. Durch den Schwerpunkt, der in allen Organisationen der Kirche, von der Primarvereinigung bis zum Priestertumskollegium, auf die Familie gelegt wird, werden der Ehemann und die Ehefrau zu den Hauptverbindungspunkten zwischen Familie und Kirche. Die Einbindung der Frau in die Kirche erfolgt höchst wahrscheinlich durch PV- und FHV- Aktivitäten. Der Anschluss des Ehemannes an die Kirche erfogt durch fast jede Organisation, außer der FHV, welche auf Frauen beschränkt ist.
Da die Kirche um ein männliches Laienpriestertum herum organisiert ist, werden mehr Führungspositionen von Ehemännern als von Ehefrauen besetzt. Zusätzlich begann die Reorganisierung von Kirchenverfahrensweisen und Funktionen unter der generellen Leitung der „Priesterutmskorrelation“, die die Rolle des Vaters als Leiter der Familienräte wiederrum betonte. Diese wurden als Teil der Räte angesehen, die entwickelt wurden, um die Kirche bis hin zum Rat der Ersten Präsidentschaft zu leiten. Die Familie wird als die grundlegendste Einheit der Kirche betrachtet und alle Kirchenprogramme sind dazu entwickelt worden, um die Familie zu stärken.
Durch die Rolle, die das Priestertum in der HLT-Kirchenführung spielt und die Lehren über die Familie haben die Heiligen der letzten Tage generell die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in der Familie als viel versprechend betrachtet. Dabei heben sie gleichzeitig die Autorität des Vaters durch Priestertumslinien hervor. Als Forscher die Heiligen der letzten Tage fragten, wer die verschiedensten Tätigkeiten innerhalb der Familie verrichten sollte, tendierten diese verstärkt zu den traditionellen Vorstellungen hinsichtlich wer was in der Familie machen dürfte (Brinkerhoff und MacKie, 1988). In Untersuchungen, die Ehemänner und Ehefrauen befragten wie sie tatsächlich Entscheidungen innerhalb der Familie treffen oder wie sie verschiedenste Pflichten ausführen (welche traditionell dem Ehemann oder der Ehefrau zugeordnet wurden), hat sich jedoch herausgestellt, dass die Heiligen der letzten Tage hohe egalitäre Maßstäbe haben(Thomas, 1983; Brinkerhoff und MacKie, 1983, 1988). Diese etwas paradoxen Muster sind noch nicht angemessen erklärt worden. Eine allgemeine Erklärung, die besagt, dass der egalitäre Druck der größeren Bevölkerung das Verhalten der HLT-Ehemänner und –frauen verändere, ist im Lichte dieser neusten Forschungsergebnisse nicht sehr überzeugend. Wuthnow rät denjenigen, die religiöse Einflüsse studieren, eine gesunde Skepsis gegenüber jeglichen Religionsbeschreibungen „als eine Macht im Dienste des sozialen Konservatismuses“ zu behalten (1973, S.128). Sein Rat scheint besonders in dieser Angelegenheit bezüglich der HLT Einstellungen und Überzeugungen von Relevanz zu sein.
Obwohl der HLT- Vater die Verantwortung trägt seine Familie zu führen, wird von ihm zusätzlich erwartet dies auf eine Art und Weise zu tun, die jedem Familienmitglied hilft zu wachsen und sich zu entwickeln. Ferner betonen die Überzeugungen der Heiligen der letzten Tage die egalitäre Natur der Beziehung zwischen Mann und Frau. Die HLT-Lehre besagt, dass es eine Mutter, wie auch einen Vater im Himmel gibt, dass Evas Teilhabe an der verbotenen Frucht Gottes den Plan der Erlösung förderte (siehe Fall Adams), dass Frauen bestimmte, unentbehrliche Priestertumsverordnungen im Tempel vollziehen müssen und dass die höchste Ordnung im Priestertum und die vollständigen Segnungen der Erhöhung nur einem verheirateten Ehepaar zugänglich sind; keiner von beiden kann in die Erhöhung ohne den anderen eintreten.
Die egalitäre Beziehung zwischen Mann und Fau wird in der HLT-Darstellung der Beziehung zwischen Adam und Eva, nach ihrem Ausstoß aus dem Garten von Eden, symbolisiert. Die Beiden mussten sich ihr Brot im Schweiße ihres Angesichts verdienen und „Eva arbeitete mit ihm“ (Mose 5:1). Beiden wurde geboten, Opfer darzubringen und ihre Kindern die Gebote Gottes zu lehren (Mose 5:5, 12). Eva trauerte zusammen mit Adam über die Schlechtigkeit ihrer Kinder, und sie suchten den Herrn zusammen im Gebet auf (Mose 5:13-16). Nachdem Eva Kenntnis von Gott erhalten hatte, unterwies sie nun ihrerseits Adam in einigen Evangeliumsgrundsätzen (Mose 5:11).
Ein anderer egalitärer Schwerpunkt geht aus den Tempelzeremonien und-verordnungen hervor. Ohne Frauen, die heilige Priestertumsverordnungen im Tempel vollziehen, könnte die höchste errettende Verordnung, die hier auf der Erde von Männern unf Frauen vollzogen wird, nicht ausgeführt werden. Dies symbolisiert die Beziehung zwischen Männern und Frauen im Allgemeinen. Alleine verbleiben Mann und Frau unvollständig, während sie vereint ihr höchstes, göttliches Potenzial entwickeln können.
Die Überzeugungen der Eltern und das Familienverhalten. Die Verpflichtung gegenüber der Familie wird sowohl für Väter, wie auch Mütter als äußerst wichtig erachtet, obwohl die Ehefrau normalerweise die größere Verantwortung für die Leitung des Heims und die Pflege der Kinder trägt. Thomas (1988) befasste sich mit einer Auswahl von HLT- Eltern und belegte, dass das Ausmaß, mit dem sich Ehemänner und Ehefrauen die Pflichten der Kindererziehung teilten, den zweitgrößten Einfluss auf die eheliche Zufriedenheit hatte. Neuere Untersuchungen (Thomas und Cornwall, 1990) haben belegt, dass die eheliche Zufriedenheit der Ehefrau in hohem Maße mit einer geteilten Kindererziehung zusammenhängt, während die eheliche Zufriedenheit des Ehemannes nicht mit geteilter Kindererziehung in Zusammenhang steht. Diese Erkenntnis bestätigt ein langjähriges, allgemeines Muster in der Familienforschung, welches zeigt, dass alles, was im Familienleben vor sich geht, zentraler für die Definition von Zufriedenheit der Ehefrau ist, als für die des Ehemannes. Dies deutet auch auf die Notwendigkeit der HLT- Ehemänner hin zu erkennen, dass ihre verstärkte Beteiligung in der Kindeserziehung einer der besten Beiträge zur ehelichen Zufriedenheit ihrer Frau ist. Außerdem berichteten die Familien, die in hohem Maße in ihrem Zuhause religiöse Bräuche einhalten (Familiengebet, Schriftstudium, Familienrat), das größte Ausmaß geteilter Kindererziehung.
Ob das Ehepaar im Tempel geheiratet hatte, war in ähnlichen Erkenntnissen der beste Indikator dafür, ob die Familie ihre religiösen Bräuche zu Hause durchführen würde. Diese Angaben unterstützen die Schlussfolgerung, dass die Tempelehe in Beziehung zu einem Familienverhalten steht, welches mehr religiöse Aktivitäten zu Hause, gesteigerte Beteiligung des Ehemannes an gemeinsamen, kindererzieherischen Aktivitäten und dadurch eine gesteigerte eheliche Zufriedenheit, einschließt.
Der Nachdruck, der unter den Heiligen der letzten Tage auf die Familie gelegt wird, kann zu verstärktem Kontakt mit Mitgliedern des ausgedehnten Familienkreises führen. Die Kirche ermutigt Familien ihre vorangegangenen Generationen zu ordnen, um Familiengeschichte und genealogische Arbeit zu fördern, welche für das Wohlergehen der Familie in der Ewigkeit als unumgänglich gelten.. Solche Arbeit wird oftmals während Familientreffen besprochen. Es sind jedoch keine guten, vergleichenden Untersuchungen verfügbar, die darlegen, in welchem Ausmaß sich HLT-Familien von anderen Familien in Bezug auf die Interaktion mit der ausgedehnten Familie unterscheiden oder ähneln.
Die Kirche und die Familienfunktionsweise. Diese bevölkerungsstatistischen Gegebenheiten besagen, dass HLT-Familien gewöhnlich größer sind, Scheidungen eher vermeiden, durch religiöse Verpflichtung und kindererzieherische Aktivitäten charakterisiert werden, und große finanzielle Ressourcen beanspruchen. Zusätzlich zur Beschaffung des Lebensunterhalts, der Führung des Haushalts und der Erziehung der Kinder haben Erwachsene normalerweise eine oder mehrere Berufungen in der Kirche, die viel Zeit für den Dienst am Nächsten beanspruchen können. Und da die Anzahl der HLT- Frauen, die außerhalb des Hauses beschäftigt sind, nahezu dem nationalen Durchschnitt in den USA gleich kommt (siehe Mason, S. 103; Heaton, 1986, S. 184, 190), wird es zu einer echten Herausforderung das Zuhause zur obersten Priorität zu machen. So wie die Kinder heranwachsen, werden die Eltern dazu ermutigt diese in die Hausarbeit miteinzuschließen. Dies hat zum Ziel, dass die (daraus resultierenden) Fähigkeiten und Einstellungen, die sie entwickeln zur Qualität des Familienlebens beitragen können, und diese mit Vertrauen und Kompetenz für eine Welt außerhalb der Familie ausstatten. Kirchenführer werden dazu ermutigt die Zeit, die sie und andere Mitglieder mit ihren Berufungen verbringen auf ein Mindestmaß zu beschränken und Familienzeit neben beständigen, eindringenden Einflüssen sicherzustellen.
Manchmal täuscht der Fokus auf Kirchenaktivitäten, die auf Familien mit beiden Elternteilen ausgerichtet sind, über die Tatsache hinweg, dass sich nicht alle Mitglieder in einer Situation befinden, in der sie ihre Kinder mit einem engagierten Partner aufziehen können. Diejenigen, die niemals geheiratet haben, geschieden, verwitwet, alleinerziehende Eltern oder mit einem Nichtmitglied verheiratet sind, sind seit jeher in HLT Gemeinden zugegen und idealerweise in die Gemeinschaft der Heiligen integriert. Die Priestertumskollegien und die FHV sind damit beauftragt, solche Familien sowohl in Gemeindeaktivitäten miteinzubeziehen, als auch für deren spezielle Bedürfnisse zu sorgen. In dem Fall, dass Mitglieder einer Familie in Umtriebe (Aktivitäten) wie Drogenmissbrauch, Scheidung oder Familiengewalt verwickelt werden, sieht die Kirche vor, dass die Führer ein Netzwerk der emotionalen Unterstützung, Prävention und Rehabilitation zur Verfügung stellen.
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