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DIE ERSTEHUNG DES MENSCHEN

Die Auffassung der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage betreffs der Erstehung des Menschen unterscheidet sich wesentlich von den meisten neuzeitlichen Traditionen. Es geht ihr hauptsächlich darum zu bekräftigen, dass Gott den Menschen zuerst nach seinem Ebenbild als Geist-Kind erschaffen hat. Demgemäß ist seine menschliche Gestalt und sein Wesen bestimmt worden lange bevor es als irdisches Lebewesen erschienen ist. Fragen wie und wann biologische und kulturelle Mechanismen den Homo Sapiens erzeugt haben sollen dominieren zwar die sekuläre Diskussionen, sind jedoch für Heilige der Letzten Tage im allgemeinen nebensächlich.

Die aufschlussreichste Klarstellung über den Standpunkt der Kirche ist höchst-wahrscheinlich die 1909 veröffentlichte Erklärung unter dem Titel „Erstehung des Menschen.” Sie beinhaltet vier wesentliche Punkte: (1) Gott erschuf Menschen (Gen. 1:27-28); (2) Gott erschuf Adam, „den ersten Menschen” und den „Ursprung der Menschheit;” (3) Der Schöpfungsvorgang verlief einer bestimmten Ordnung nach: zuerst geistig, dann physisch; und (4) jeder menschliche Körper manifestiert die Charaktereigenschaften des individuellen, vorirdischen Geistes, der in ihm wohnt. Weiter ist klarzustellen, dass der Mensch nicht einer „Entwickelung niedrigerer Ordnung entsprungen ist,” sondern dass man es hier mit einem „Fall” aus einem höheren Daseinszustand zu tun hat. Ferner erläutert diese Aussage, dass ein allumfassendes Verständniss jedes Details des menschlichen Ursprungs – obwohl sie mit weiteren Wahrheiten verbunden ist – für des Menschen Errettung unwesentlich ist. Und schließlich, dass dieses Thema, der Auffassung der Kirche nach, nicht allein durch menschliche Erkenntnis völlig klargestellt werden kann; dass bis jetzt nur wenige bedeutsamen Fakten bestehen, die für die Kirche von Belang sind. 

Nachträgliche amtliche Erklärungen deuten an, dass die Einzelheiten der Erstehung Adams als „erster Mensch” noch nicht deutlich genug durch Offenbarung abgeklärt worden sind, um einen Schlussstrich unter das Ganze ziehen zu können. Stattdessen legen sie Nachdruck auf eine ewige Perspektive aus deren Sicht das Individuum als „unentwickelter Nachwuchs himmlischer Abstammung fähig ist, sich gemäß Erfahrungen über Äonen hinaus zu einem Gott zu entwickeln.” (IE 28:1091).

Weil der Standpunkt der Kirche über die Erstehung des Menschen in mancher Hinsicht noch nicht entschieden ist, haben sich seit dem Darwinismum in 1860 einige Heilige der Letzten Tage – Führer sowohl wie Mitglieder – gelegentlich an öffentlichen Evolutionsdiskussionen beteiligt. Anhänger der Kirche haben eine Vielfalt von Ansichten geäußert, die an wohlbekannte Debatten unter Christen erinnern. Da anfangs des 20. Jahrhunderts eine stattliche Anzahl Heiliger der Letzten Tage in der Wissenschaft Karriere machte, versuchten einige von ihnen gewisse wissenschaftlicheTatsachen und Ideen mit den Aussagen der Schriften und der prophetischen Führerschaft der Kirche in Einklang zu bringen, die traditionsgemäß innerhalb der Mitgliedschaft belichtet worden waren. Andere sind der Auffassung, dass der wissenschaftliche Bereich nichts weiter als „Theorien des Menschen” darbietet und somit außer Acht gelassen werden sollte.

Viele, die der Wissenschaft sympatisch gegenüberstehen, sind der Auffassung, dass bestimmte Aussagen in den Schriften der Heiligen der Letzten Tage ermessen, dass Gott geeignete Körper und umweltliche Bedingungen für die vorirdischen Geister in einer Weise erschaffen hat, die an eine Version der Evolution erinnert. Zum Beispiel, eine Schriftstelle erklärt, „Und die Götter formten die Erde, daß sie hervorbringe... was auf der Erde kriecht nach seiner Art” (Abr. 4:25). Gewisse Erläuterungen verschiedener Generalautoritäten der Kirche werden von Befürwortern dieser Idee dazu benutzt ihre Ansichten zu rechtfertigen. Andere Heilige der Letzten Tage akzeptieren eine buchstäblichere Exegese bestimmter Schriftstellen, die ihrer Ansicht nach auf eine plötzliche und abrupte Schöpfung hindeuten. Sie untermauern ihr Ansichten ebenfalls mit Schriftstellen und Äußerungen von Generalautoritäten. (Siehe Erde). 

Obwohl unter Heiligen der Letzten Tage der aktuelle Stand offenbarter Grundsätze in Verbindung mit der Erstehung des Menschen kleine Meinungsverschiedenheiten im Beziehungbereich zwischen Wissenschaft und Religion zulassen, bekräftigt dieser Stand jedoch deutlich, dass Gott den Menschen erschaffen hat. Ferner betonen diese Grundsätze, dass Gott den Fall Adams vorausgesehen hat und dass der Fall, tatsächlich geschehen ist, dass er wesentlich ist, und dass das Sühnopfer Jesu Christi vorordiniert und unerlässlich ist, um die Auswirkung des Fall Adams rückgängig zu machen. Vielleicht, gerade weil diese Grundsätze die fundamentale Kirchenlehre über den menschlichen Zustand miteinschließen, schenken die meisten Mitglieder und Autoritäten der Kirche der Beschreibung des Schöpfungsverfahren wenig Aufmerksamkeit.

BIBLIOGRAPHIE

Jeffrey, Duane E. “Seers, Savants and Evolution: The Uncomfortable Interface.” Dialogue 8, Nos. 3/4 (1973):41-75.

“Mormon View of Evolution.” IE 28 (Sept. 1925):1090-91; reprinted in MFP 5:244.

“The Origin of Man.” IE 13 (Nov. 1909):75-81; reprinted in MFP 4:199-206.

Packer, Boyd K. “The Law and the Light.” In The Book of Mormon: Jacob Through Words of Mormon, To Learn with Joy, ed. M. Nyman and C. Tate, pp. 1-31. Salt Lake City, 1990.

JOHN L. SORENSON