Joseph Smith unternahm seine erste diplomatische Mission für die Kirche als er 1839 nach Washington, D.C. reiste. Dort traf er sich mit Präsident Martin Van Buren, um im Namen der Kirchenmitglieder, die ihr Leben oder ihren Besitz während der Verfolgungen in Missouri verloren hatten, ein bundesstaatliches Eingreifen zu ersuchen. Seitdem konzentrieren sich die diplomatischen Kontakte zwischen der Kirche und den Regierungen der Welt größtenteils auf die Gewährleistung der legalen Anerkennung der Kirche. Dazu gehören auch die Freiheit ihrer Mitglieder anderen das Evangelium zu predigen, sich zum religiösen Gottesdienst zu versammeln und gemäß ihren religiösen Grundsätzen zu leben.
Anderthalb Jahrhunderte lang hatte die Kirche kein formales diplomatisches Büro. Missionspräsidenten oder Generalautoritäten hatten eine spezielle Aufgabe und waren dafür verantwortlich, eine positive Atmosphäre für die Missionsbemühungen der Kirche zu schaffen und Probleme mit den gastgebenden Regierungen zu lösen. 1842 trachtete der Apostel Lorenzo Snow danach, einen positiven Eindruck der Heiligen der Letzten Tage zu schaffen, indem er Königin Victoria und Prinzgemahl Albert ein schön gebundenes Exemplar der ersten britischen Ausgabe des Buches Mormon präsentierte. Als die Kirche die Vielehe zu praktizieren begann, wurde die Aufgabe einen positiven Ruf in der Öffentlichkeit aufrechtzuerhalten schwieriger. Ein Schreiben, das 1887 von der U.S. Regierung an die Regierungen Großbritanniens und Skandinaviens geschickt wurde, half bei dieser Bemühung nicht. Darin bat die U.S. Regierung darum, dass die Auswanderung von Heiligen der Letzten Tage nach USA eingeschränkt würden. Die Absicht dahinter war das Wachstum der Vielehe zu hemmen. Da die skandinavischen Länder wenig unternahmen und das Schreiben von der britischen Presse verhöhnt wurde, fand die Kirche es nicht notwendig irgendwelche diplomatischen Initiativen zu ergreifen.
Fünfzig Jahre später war eine Gesetzesbestimmung, die von der Legislative Tongas übernommen wurde und Missionaren der HLT die Einreise verweigerte, zum Thema eines politischen Protestes der Kirche bei der Britischen Regierung. Die Angelegenheit landete auf dem Schreibtisch von Winston Churchill, der damals Kolonialminister war. Er unternahm nichts, weil die britische Regierung gegen eine tongaische Gesetzesbestimmung kein Veto einlegen konnte. Außerdem informierte ihn das Außenministerium darüber, dass die U.S. Regierung nicht protestieren würde, wenn die Gesetzesbestimmung nicht rückwirkend auf die Missionare im Land angewandt würden, sondern nur auf diejenigen, die sich danach für die Einreise bewerben. Die Kirche unternahm nichts weiteres, da der Missionspräsident es schaffte, die Legislative Tongas zu überzeugen, die Maßnahme zu widerrufen.
Das Ausmaß der diplomatischen Beziehungen der Kirche mit den Regierungen Nordeuropas war eher begrenzt. Im 19. Jahrhundert hatten sich die Missionsbemühungen der Kirche dort konzentriert und bahnten sich im 20 Jahrhundert einen Weg zu umfangreicheren Kontakten, indem die Kirche mit ihrem Missionsprogramm ehrgeiziger wurde. Viele Länder begrenzten nicht nur durch Gesetzesbestimmungen das Recht zu missionieren, sondern auch informelle Praktiken und Traditionen. Dies kam teilweise von dem Einfluss einer bestehenden Staatskirche mit besonderem legalen Status. Darüberhinaus hatte die Ausbreitung des Kommunismus ideologische Grenzen für die allgemeine Missionsarbeit aufgestellt. Dennoch hielt die Kirche ihre Regelungen aufrecht, dass die Durchführung aller notwendigen, diplomatischen Beziehungen in den Händen von Missionspräsidenten oder Generalautoritäten lag, die entweder langfristig oder temporär im Land waren. Diese Regelung änderte sich nach 1975 als Spencer W. Kimball Präsident der Kirche wurde. Er war entschlossen die Missionsbemühungen der Kirche zu steigern. Dies schloss die Erreichung legaler Anerkennung in den Ländern mit ein, wo eine solche Anerkennung bisher verweigert worden war, entweder als eine Angelegenheit von Regelungen der Regierung oder durch den Widerstand der bestehenden Staatskirche. Die Entscheidung resultierte in einer Regelung, die organisatorische Änderungen im Hauptsitz der Kirche erforderte. Solche Änderungen waren während der Amtszeit von Präsident Harold B. Lee diskutiert worden, aber vor seinem Tod ergiff man keine Maßnahmen. N. Eldon Tanner, der als erster Ratgeber sowohl für Präsident Lee als auch für Präsident Kimball diente, überdachte mit Präsident Kimball diese vorherigen Diskussionen. Sie entschieden sich dazu einen besonderen Vertreter zu berufen, der für die Erste Präsidentschaft verantwortlich war. Er sollte mit Regierungen außerhalb der Vereinigten Staaten verhandeln, um einschränkende Visaregelungen abzuschaffen und sich für die legale Anerkennung der Kirche dort einzusetzen, wo sie bisher abgelehnt wurde. Der besondere Vertreter sollte auch als Kontaktperson zwischen der Kirche und den U.S. Botschaften in fremden Ländern dienen.
Präsident Kimball berief David M. Kennedy als den besonderen Vertreter der Ersten Präsidentschaft. Kennedy hatte ausgiebige Arbeitserfahrung mit internationalen Regierungen und Regierungschefs. Er war zuvor als internationaler Bänker, als U.S. Finanzminister unter U.S. Präsident Richard M. Nixon, als Botschafter ohne speziellen Auftrag und als Botschafter für die Nordatlantikvertrag-Organisation (NATO) tätig gewesen.
Da die Kirche legale Anerkennung so schnell wie möglich erreichen wollte, untersuchten die Erste Präsidentschaft und ihr besonderer Vertreter ein Land nach dem anderen und die sich jeweils bietenden Möglichkeiten. In jedem Land bestanden Begrenzugen. In manchen schränkten Gesetzesbestimmungen die Religionsfreiheit ein. In anderen bestanden langjährige religiöse und kulturelle Begrenzugen. In manchen Ländern war eine legale Anerkennung möglich, aber Gesetzesbestimmungen schränkten das Recht zu missionieren stark ein. Als Präsident Kimball entschied, dass die legale Anerkennung das erste Ziel sein sollte, sandte er Kennedy nach Griechenland, wo eine Anerkennung trotz eifriger Bemühungen der Kirchenführer lange Zeit vorenthalten worden war. Kennedy lernte von seinen Kontakten in der griechischen Regierung und der dortigen U.S. Botschaft, dass der Schlüssel zur Anerkennung als „ein Haus des Betens“ die Zustimmung des Erzbischofs von Athen und ganz Griechenlands, seine Seligkeit Seraphim, erforderte. In einem bedeutenden Interview machte Kennedy darauf aufmerksam, dass die Griechisch Orthodoxe Kirche in den Vereinigten Staaten absolute Religionsfreiheit hatte, dass die griechische Regierung Präsident David O. McKay für die Hilfe ehrte, welche die Kirche nach dem verheerenden Erdbeben von 1953 nach Griechenland geschickt hatte und dass die Kirche von den meisten anderen Ländern Westeuropas gänzlich anerkannt war. Griechenland gewährte der Kirche schließlich legale Anerkennung. Andere Ländern, in denen die Kirche nach Anerkennung trachtete und diese schließlich empfing, waren Jugoslawien, Portugal und Polen.
Als bekannt wurde, dass die Kirche nach Anerkennung kommunistischer Länder trachtete, begannen Vertreter der Medien zu fragen, wie solch ein Handeln mit der ideologischen Opposition der Kirche gegenüber dem Kommunismus vereinbar sein könnte. Kennedy antwortete auf diese Fragen, indem er auf den Glauben der Kirche verwies, „daß es recht ist, Königen, Präsidenten, Herrschern und Obrigkeiten untertan zu sein und dem Gesetz zu gehorchen, es zu achten und für es einzutreten“ (12. Glaubensartikel). Die wesentliche Tatsache, betonte Kennedy, ist, dass die Kirche in ein jedes Land gehen und darin gedeihen könnte, das „uns erlaubt unser Abendmahl anzubieten...uns erlaubt in unseren Heimen unsere Familienorganisation zu haben und nach unseren religiösem Muster zu leben“ (Hickman, S. 340). Diese minimalen Freiheiten waren, dass alle Heiligen der Letzten Tage beständig nach ihrem allgemeinen Glauben leben mussten. Kennedy unterschied außerdem zwischen den ökonomischen und politischen Systemen, welche die Kirchenmitglieder als private Bürger bevorzugten, und den Einschränkungen individueller Freiheiten, welche der Kirche eine Existenz als Institution ermöglichen, oder ihre Mitgliedern vor dem Befolgen ihrer grundlegenden Prinzipien zu bewahren würden. Durch Kennedy betonte die Kirche erneut ihre Mission, nämlich das Evangelium in der ganzen Welt zu predigen und den Mitgliedern zu helfen, damit ihr Leben von moralischem und geistigem Wachstum geprägt ist. Politische und wirtschaftliche Systeme einzuführen gehört nicht dazu.
In jedem besuchten Land war das höchste Ziel der Kirche Anerkennung zu erhalten. Dies beinhaltete das Recht eine Mission zu eröffnen, Einreiserechte für Missionare, das Recht öffentlich zu predigen und Gottesdienste abzuhalten. Der erwähnenswerteste Erfolg beim Erreichen dieser Ziele begab sich in Portugal. Dort hatte die Revolution von 1974 zur Annahme einer Gesetzesbestimmung geführt, welche die Religionsfreiheit brachte. In anderen Ländern, vor allem in Polen, war die Kirche erfolgreich und erlangte legale Anerkennung. Dadurch war es der Kirche möglich Grundstücke zu besitzen, religiöse Versammlungen abzuhalten und Kirchenvertreter ins Land zu schicken. Das Recht zu predigen wurde jedoch verweigert. Trotz dieser Beschränkung glaubten Kirchenführer, dass die legale Anerkennung ein bedeutender Schritt vorwärts war und dass das Angebot der Regierung Polens angenommen werden sollte, obwohl es nicht das Recht zu predigen miteinschließ. In Jugoslawien erhielt die Kirche im Grunde mit denselben Bedingungen legale Anerkennung. In jedem Land, in dem die Kirche verhandelte, betonte Kennedy als besonderer Vertreter der Ersten Präsidentschaft die Anerkennung der Kirche in vielen Ländern der Welt. Er betonte auch, dass Mitglieder in den Vereinigten Staaten wichtige Positionen in der Regierung, im Bildungssystem und im Geschäftsleben besetzen und dass die Kirchenmitglieder dort für ihre Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Arbeitsmoral anerkannt sind.
In jüngst vergangenen Jahren fanden einige Veränderungen statt, welche die diplomatischen Beziehungen der Kirche verbesserten. Änderungen in Osteuropa machten es für die Kirche einfacher Anerkennung zu bekommen als zuvor im Jahre 1975. Einschränkungen zu predigen wurden ebenfalls aufgehoben. Seit Präsident Kimball 1978 die Prophezeiung verkündete, welche das Priestertum jedem würdigen, männlichen Mitglied der Kirche zugänglich machte, wurden in Afrika weitere Missionen eingerichtet (Siehe Afrika, die Kirche in; Lehre und Bündisse: Amtliche Erklärung 2). Aufgrund dieser Veränderungen entschied die Erste Präsidentschaft, dass ihr besonderer Vertreter seinen Auftrag erfüllt hatte. Daher wurde Kennedy 1990 aus dieser Berufung entlassen und kein Nachfolger ernannt. Die Verantwortungen dieses besonderen Vertreters übernahmen die Gebiets- und Missionspräsidentschaften.
BIBLIOGRAPHIE
Hickman, Martin
Kimball, Edward L., and Andrew E. Kimball. Spencer W. Kimball. Salt Lake City, 1977.
Palmer, Spencer J., ed. The Expanding Church. Salt Lake City, 1978.
MARTIN B. HICKMAN