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DANIEL, PROPHEZEIUNGEN VON

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage betrachtet das Buch Daniel als die Aufzeichnungen des Daniels, der von Jerusalem nach Babylon verschleppt wurde (ca. 606 v. Chr.). Sie erkennt das Werk als Schrift an und sieht darin kennzeichnende Prophezeiungen in Bezug auf die letzten Tage, einschließlich des Abfalls vom Glauben und der Wiederherstellung des Evangeliums Jesu Christi.

Gemäß Wilford Woodruff zitierte der Engel Moroni aus Daniel Kapitel 2, als er zu Joseph Smith sprach. Darin ist eine Prophezeiung über die Wiederherstellung des Evangeliums in den letzten Tagen enthalten, nämlich in Nebukadnezzars Traum in Bezug darauf, „was am Ende der Tage geschehen wird“ (Daniel 2:28; Whittaker, S. 159). Daniel bestimmte in dem Traum „das goldene Haupt“ als ein Symbol des Reiches Nebukadnezzars. Propheten der Heiligen der Letzten Tage erklärten, dass der Stein, der  sich „wie ohne Zutun von Menschenhand [...] von einem Berg löste“ (Daniel 2:34), das Reich Gottes der letzten Tage repräsentiert (LuB 65:2; HC 1:xxxiv-xl). Die restlichen Symbole wurden folgendermaßen interpretiert: Die „Brust und Arme [...] aus Silber“ stellen das Persische Reich dar, das Babylon ersetzte. Der „Körper und die Hüften aus Bronze“ kündigen die darauffolgenden Hellenistischen Staaten an. Die zwei „Beine [...] aus Eisen“ weisen auf das Römische Reich hin und lassen eine Teilung zwischen Rom und Konstantinopel vorrausahnen. Die Füße dieser Darstellung waren „zum Teil aus Eisen, zum Teil aus Ton“ und symbolisierten die Europäischen Königreiche, die aus dem sich auflösenden Römischen Reich ab dem 5. Jahrhundert entstanden. Diese Königreiche vermischten die Kultur Roms mit der von Nord- und Osteuropäischen Stämmen, daher das symbolische Gemisch aus Eisen und Ton.

In den Tagen dieser Königreiche sagte Daniel vorraus, dass „der Gott des Himmels ein Reich errichten [wird], das [...] in alle Ewigkeit bestehen [wird]“ (2:44). Dieses finale Reich, nämlich der Stein, der „ohne Zutun von Menschenhand [aus] einem Berg [gelöst wurde]“, ist die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Sie wurde der Erde im Jahre 1830 wiederhergestellt, als noch europäische Monarchen herrschten. Aus „dem Stein, der gegen das Bild schlug, ein großer Berg wurde und die gesamte Erde füllte“ (2:34-35; Kimball, S. 8) wird ersichtlich, dass sich die Kirche auf der ganzen Welt ausbreiten würde.

Daniels Vision in Kapitel 7 wird auch im Zusammenhang mit den letzten Tagen gedeutet. Die „vier große[n] Tiere“ (Daniel 7:3) scheinen die aufeinanderfolgenden Reiche Babylon, Persien, Mazedonien und Rom zu repräsentieren. Die „zehn Hörner“ (7:7) des vierten Tiers scheinen wiederum das Königreich zu symbolisieren, welches auf das Römische Reich folgte. Propheten der Heiligen der letzten Tage identifizieren den „Hochbetagte[n]“ (7:22) als Adam, der bei einer Versammlung präsidieren wird, die in Adam-ondi-Ahman in Missouri vor dem zweiten Kommen Jesu abgehalten werden soll (LuB 116). Bei dieser Versammlung wird Jesus, „der Menschensohn“, erscheinen. Adam wird stellvertretend für alle Priestertumsführer aus allen Evangeliumszeiten dem auferstandenen Jesus die Schlüssel des Priestertums zurückgeben, welche ewige Herrschaft repräsentieren.

Die Prophezeiung der „siebzig Wochen“ in Kapitel 9 interressiert Heilige der Letzten Tage, weil es andeutet, dass die Kirche des Neuen Testaments vom Glauben abfallen würde. Die 69 Wochen (Daniel 9:24-26) könnten die Zeitperiode zwischen der Rückkehr der Juden nach Jerusalem (537 v. Chr.) und dem Kommen Jesu, des Messias, symbolisieren, der für sein Volk sühnen („abgeschnitten wird“) würde. Vers 27 berichtet, dass der Herr den Bund schwer [macht], eine Woche lang“. Diese siebzigte Woche könnte die Jahrzehnte versinnbildlichen, welche die wahre Kirche Christi ausharrt sowie die Zeit  ab dem geistlichen Wirken des Apostels Johannes bis kurz nach 100 v. Chr., als die Kirche von lebenden Aposteln und Propheten geführt wurde. Die Prophezeiung erwähnt auch die Zerstörung Jerusalems und dessen Tempel „in der Mitte dieser Woche“ (70 v. Chr.). Unheilvolle Gräuel und die Beendigung des Tempelopferns werden erwähnt (vgl. Markus 13:14).

BIBLIOGRAPHIE

Kimball, Spencer W. "A Stone Cut Without Hands." Ensign 6 (May 1976):4-9.
McConkie, Bruce R. The Millennial Messiah, chap. 11, 47. Salt Lake City, 1982.
Sperry, Sidney B. The Voice of Israel's Prophets. Salt Lake City, 1952.
Whittaker, David J. "The Book of Daniel in Early Mormon Thought." In By Study and Also by Faith, ed. J. Lundquist and S. Ricks, Vol. 1, pp. 155-201. Salt Lake City, 1990.

JEFFREY R. CHADWICK